Mittwoch, 6. Januar 2016

Rohstoffpreise 2016 vor der Kehrtwende


Rohstoffpreise 2016 vor der Kehrtwende

Author D.Selzer-McKenzie

Video: https://youtu.be/MikC33sz1lE

An vielen Rohstoffmärkten tobt der Preiskampf (Grafik 1). Schließlich hatten im Superzyklus viele Unternehmen in neue Kapazitäten investiert. Nun ist der Ölmarkt überversorgt, weil die OPEC ihre Marktanteile trotz neuer Schieferölproduzenten in den USA verteidigen will. Auf den Industriemetallpreisen lasten zudem neben dem teils zu hohen Angebot Sorgen um die Nach¬frage im mit Abstand größten Absatzmarkt China. Dabei zeigen die harten Zahlen einen deutlich robusteren Bedarf als von vielen Marktteilnehmern befürchtet. Doch die nun teilweise auf 7-Jah¬res-Tiefs gefallenen Preise fordern ihren Tribut: An den Industrie-metallmärkten haben viele Unternehmen deutliche Produktions-kürzungen angekündigt. Und am Ölmarkt lässt der Einbruch der Bohraktivitäten in den Schieferölformationen der USA einen deutlichen Rückgang der Produktion erwarten. Das knappere Angebot dürfte im Jahresverlauf eine deutliche Preiserholung anschieben. Auch die Preisentwicklung der Edelmetalle ent¬täuschte 2015: Der Ausblick auf die erste Zinserhöhung der US-Notenbank seit dem Jahr 2006 gab dem US-Dollar Auftrieb und setzte den Edelmetallen entsprechend zu. Mit dem ersten Zinsschritt dürfte die Fed aber den Startschuss für glanzvollere Zeiten gegeben haben. Die Preisentwicklung am Ölmarkt zählt 2015 wohl zu den grö߬ten Überraschungen. Hatten die meisten zu Jahresbeginn noch mit einer schwierigen ersten Jahreshälfte gerechnet, traf sie der Preiseinbruch von rund 30 Prozent in der zweiten Jahreshälfte vermutlich ganz unerwartet. Schließlich hatte sich der Preis für Brent-Öl bis Jahresmitte auf gut 60 US-Dollar je Barrel erholt. Die Ursachen für den folgenden Einbruch sind weniger auf der Nachfrageseite zu suchen. Denn auch wenn sich die Wirtschafts-dynamik in China abschwächte, wächst die globale Ölnachfrage unter anderem dank der niedrigeren Preise so stark wie zuletzt nach der Finanz- und Wirtschaftskrise. Doch das kräftige Nach-fragewachstum wurde von der Ausweitung des Angebots übertroffen: Die OPEC produziert heute gut 1,5 Millionen Barrel pro Tag mehr als Ende 2015, Russlands Ölproduktion ist auf ein neues Rekordhoch geklettert und selbst die US-Produktion hat sich als überraschend robust erwiesen. Die rekordhohen Ölvorräte bestätigen ein hohes Überangebot am Markt.

Doch diese Überversorgung dürfte 2016 abgebaut werden. Denn der Einbruch der US-Bohraktivität um mehr als 50 Prozent lässt einen deutlichen Rückgang der US-Rohölproduktion erwarten. Die Internationale Energieagentur IEA erwartet für 2016 den stärksten Rückgang des Nicht-OPEC-Angebots seit dem Jahr 1992 (Grafik 2). Durch den Rückgang des Nicht-OPEC-Angebots steigt der Bedarf an OPEC-Öl 2016 laut Schätzung der IEA auf durchschnittlich 31,3 Millionen Barrel pro Tag. Das ist nur etwas weniger als die derzeitige Fördermenge der OPEC. Behält die OPEC ihr gegenwärtiges Produktionsvolumen aufrecht, wäre der globale Ölmarkt ab Mitte 2016 sogar leicht unterversorgt und dies dürfte eine Preiserholung anschieben. Eine große Unbe¬kannte im neuen Jahr ist, wie schnell der Iran nach einer Aufhe¬bung der Sanktionen sein Ölangebot ausweiten wird. Bei einer stärkeren Ausweitung würde das Überangebot für längere Zeit bestehen bleiben und sich damit die Preiserholung weiter ver-zögern. Denn es ist unwahrscheinlich, dass die anderen OPEC-Länder freiwillig ihre Produktion zugunsten des Iran reduzieren.

Die meisten Industriemetallpreise sind im November auf den tiefsten Stand seit der Wirtschafts- und Finanzkrise 2008/2009 gefallen. Dabei haben sie sich unseres Erachtens von den Fun-damentaldaten abgekoppelt. Zu den Preisrückgängen kam es, obwohl sich die Industrie - gemessen am globalen Einkaufsma-nagerindex für das verarbeitende Gewerbe - zuletzt stabilisiert hat. Der Index liegt zudem weiter im expansiven Bereich (Gra¬fik 3). Die erwartete solide Entwicklung der Weltwirtschaft wird 2016 unserer Meinung nach auch durch die Industrie getragen. Der Preisrückgang wurde außerdem durch die spekulativen Finanzanleger verstärkt, die sich entweder im großen Stil bei Metallen zurückgezogen oder ihre Wetten auf fallende Preise ausgeweitet hatten. Wir halten daher den Preisrutsch für überzogen.

Der Wind, der in diesem Jahr den Metallpreisen entgegen¬schlug, sollte 2016 spürbar nachlassen. Denn die Metallmärkte haben unseres Erachtens mittlerweile eine sogenannte »harte Landung« Chinas, des mit Abstand größten Metallkonsumen¬ten, eingepreist. Hierzu wird es unserer Ansicht nach aber nicht kommen. Vielmehr dürfte sich die chinesische Wirtschaft weiter kontrolliert abkühlen. Dafür werden wohl die chinesische Regie¬rung und die Zentralbank sorgen. Wir erwarten sowohl die

 

Umsetzung weiterer Infrastrukturmaßnahmen als auch weitere Zinssenkungen und Reduzierungen des Mindestreservesatzes. Die Regierung strebt offenbar in den nächsten fünf Jahren ein durchschnittliches Wirtschaftswachstum von 6,5 Prozent an, welches im neuen, ab 2016 geltenden Fünfjahresplan verankert wird.

Ein weiterer Belastungsfaktor war 2015 der US-Dollar, der gegenüber fast allen Wäh¬rungen teilweise stark auf¬gewertet hat. Dieser Trend sollte sich 2016 nicht in die¬sem Ausmaß fortsetzen. Wir

erwarten zwar einen Anstieg

des US-Dollar auf Parität zum Euro, darüber hinaus sehen wir aber zunächst nicht mehr viel Aufwärtspotenzial. Analog dazu sollte sich auch die starke Abwertung der Währungen vieler Schwellenländer nicht wiederholen, die die Kostenseite der Minenproduzenten spürbar entlastet hat.

Da viele Produzenten bei den derzeitigen Preisen nicht mehr kostendeckend arbeiten können, wird es zu umfangreichen Pro-duktionskürzungen kommen. Dies wird das Angebot spürbar einschränken und zu merklich angespannteren Märkten führen. Einhergehend mit einer höheren Nachfrage sollten die Metall-preise daher 2016 zu einer Erholungsbewegung ansetzen. Für die Edelmetallpreise war 2015 ein erneut enttäuschendes Jahr. Nach einem starken Start gerieten die Preise in der zweiten Jahreshälfte unter Druck und markierten allesamt mehrjährige Tiefstände. Gold und Silber verbilligten sich seit Jahresbeginn um bis zu 11 Prozent. Noch ärger traf es Platin und Palladium, die beide mehr als 30 Prozent unter ihrem Jahreseinstands-niveau liegen. Auch unter den Edelmetallen kam es zwischenzeitlich zu starken Verschiebungen. So war Gold im November gegenüber Silber so teuer wie zuletzt im Januar 2009. Der Preis¬abschlag von Platin gegenüber Gold weitete sich im November auf ein Rekordniveau aus und Platin kostete gegenüber Palla¬dium im Oktober so wenig wie zuletzt Anfang 2002.

Bestimmendes Thema an den Edelmetallmärkten war die Dis-kussion über den Zeitpunkt der ersten Zinserhöhung der US-Notenbank Fed. Diese Debatte dürfte nach der Mitte Dezember erfolgten Zinserhöhung endgültig verstummen und damit ein

 

wesentlicher Belastungsfaktor für die Edelmetallpreise an Bedeu-tung verlieren. Auch der Großteil der ebenfalls preisbelastenden US-Dollaraufwertung dürfte hinter uns liegen. Denn die Fed dürfte die Zinsen nur in einem sehr gemächlichen Tempo anhe-ben und eine weitere starke Aufwertung des US-Dollar nicht tolerieren. Dennoch dürfte der US-Dollar eher weiter auf- als abwerten und damit 2016 ein Bremsklotz für die Edelmetall-preise bleiben. Da die EZB die Geldpolitik noch weiter lockert und damit den Euro schwächt, sollte sich dies eher in einem steigenden Goldpreis in Euro niederschlagen als in einem fallen-den Goldpreis in US-Dollar. Rückenwind für die Goldpreisent-wicklung erwarten wir durch die physische Nachfrage in China und Indien. Die Preisentwicklung der drei vornehmlich in der Industrie verwendeten Edelmetalle Silber, Platin und Palladium hängt neben der Entwicklung bei Gold stark von der Nachfrage der Elektro(nik)- und Autoindustrie ab. Im Gegensatz zu Gold spielt hier zudem die Angebotsentwicklung eine wichtige Rolle. Und diese spricht in den kommenden Monaten eher für stei¬gende Preise, da eine robuste industrielle Nachfrage auf ein stabiles oder fallendes Angebot treffen wird. Die Investment¬nachfrage dürfte im neuen Jahr bei allen Edelmetallen einen positiveren Beitrag leisten als in 2015.

 

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