Wilhelm Herschel 1738-1822
Author D.Selzer-McKenzie
Video: https://youtu.be/Iah9Yvk5e2U
Friedrich Wilhelm Herschel (englisch William Herschel; * 15.
November 1738 in Hannover; † 25. August 1822 in Slough) war ein aus Deutschland
stammender britischer Astronom und Musiker.
Herschels Vater Isaak war Militärmusiker;[1] der Sohn trat
mit 14 Jahren als Oboist der kur-hannoverschen Fußgarde bei. Nach der Besetzung
Hannovers 1757 durch französische Truppen entkam er nach England (das damals
mit seinem Heimatland Hannover in Personalunion verbunden war). Dort wirkte er
als Musiklehrer, Komponist und Organist. Herschel arbeitete als Musiklehrer in
Leeds und danach als Organist in Halifax. 1766 wurde er Musikdirektor in Bath.
Durch das Studium der mathematischen Musiktheorie angeregt, befasste er sich
mit Mathematik sowie dem Bau und Verkauf astronomischer Instrumente. Mit dem
Studium astronomischer Werke wuchs sein Interesse an der Astronomie, die sich
für ihn nicht nur auf die Beobachtung von Mond, Planeten und Kometen
erstreckte. Vielmehr wollte er die Objekte des Fixsternhimmels studieren und
sogar eine vollständige Auflistung aller sichtbaren Sterne und Nebel erstellen.
Hierzu waren die um 1770 gängigen Fernrohre und Spiegelteleskope jedoch
technisch noch nicht imstande. So begann er, selbst Spiegelteleskope zu bauen,
was ihm nach anfänglichen Misserfolgen auch gelang, für den Spiegel wurde die
Legierung Speculum verwendet. Von 1766 an fertigte er zahlreiche Teleskope mit
ständig wachsendem Durchmesser (und damit größerer Auflösung) an. Bei seinen
Beobachtungen wurde Herschel von seinem Bruder Alexander und seiner Schwester
Caroline Herschel, die später eine anerkannte Astronomin wurde, unterstützt.
Schlagartig berühmt wurde Herschel, als er 1781 ein neues
Objekt im Sonnensystem entdeckte: den Planeten Uranus. Er wurde zum Mitglied
der Royal Society of London gewählt. König George III. sagte ihm eine jährliche
Vergütung zu. So konnte er sich völlig seiner Leidenschaft, der Astronomie,
zuwenden. Die Herschels siedelten von Bath nach Slough über. Herschel stellte
in der Folgezeit Teleskope nicht nur für den eigenen Gebrauch, sondern auch zur
Aufbesserung seiner Einnahmen her. 1788 wurde er in die American Academy of
Arts and Sciences gewählt. Ebenfalls 1788 heiratete er Mary Pitt, die Witwe
eines seiner Nachbarn. Sein einziger Sohn, John Frederick William Herschel,
wurde 1792 geboren. Im Jahr 1793 wurde er zum Mitglied der Leopoldina gewählt.
1816 wurde er vom Prinzregenten, dem künftigen König Georg IV., zum Ritter
geschlagen. 1817 wurde ihm das Ritterkreuz des Guelphen-Ordens verliehen.[2]
1820 wurde er zum ersten Präsidenten der Royal Astronomical Society gewählt,
die sein Sohn, der ebenfalls ein bedeutender Astronom war, mit Charles Babbage
und anderen gegründet hatte. In Slough lebte und arbeitete er bis zu seinem Tod
im Jahr 1822.
Herschel wurde in der St.-Laurence-Kapelle in Upton, Slough,
begraben. Auf seinem Grabstein steht der lateinische Satz Caelorum perrupit
claustra („Er durchbrach die Grenzen des Himmels“).
1935 wurde der Mondkrater Herschel nach ihm benannt.[3] Im
Jahre 1973 wurde der Marskrater Herschel gemeinsam nach ihm und seinem Sohn,
Sir John Herschel, getauft.[4] Der größte Krater auf dem von ihm entdeckten
Saturnmond Mimas trägt seit 1982 ebenfalls den Namen Herschel.[5] Auch der 1960
entdeckte Asteroid (2000) Herschel wurde nach ihm benannt.
Entdeckungen
Uranus, Monde, Ringe und Nebel
Dr. Herschel (1814) – Dieser Punktierstich von James Godby
nach einer Vorlage von Friedrich Rehberg zeigt Herschel vor dem Sternbild der
Zwillinge, in dem er 1781 den „neuen“ Planeten Uranus entdeckte. Der
winterliche Nachthimmel als Kulisse lässt Herschel als „romantischen Weisen“
erscheinen.[6]
Seit prähistorischen Zeiten kannten die Menschen lediglich
die fünf Planeten Merkur, Venus, Mars, Jupiter und Saturn. Am 13. März 1781
entdeckte Herschel bei einer systematischen Himmelsdurchmusterung mit einem
selbst hergestellten Spiegelteleskop ein Objekt, das ihm durch sein deutlich
flächenhaftes Aussehen auffiel. Er dachte zunächst an einen Kometen. Doch dann
entdeckte er, dass es sich um einen Planeten handeln musste, und nannte ihn
georgium sidus (Georgsgestirn), nach dem zu dieser Zeit regierendem englischen
König. Da aber alle zu dieser Zeit bekannten Planeten einen lateinischen Namen trugen,
wurde er in Uranus umbenannt. Mit dieser Entdeckung war der Umfang des
Sonnensystems auf das Doppelte angewachsen. Nach den zwei Monden Titania und
Oberon (beide 1787) entdeckte Herschel 1797 auch schon das Ringsystem des
Uranus, das bis zu seiner erneuten Entdeckung 1977 jedoch als Irrtum abgetan
wurde. Auch die Sichtungen der Saturnmonde Mimas und Enceladus gehen auf sein
Konto.[7]
Herschels Interesse jedoch lag bei den nebligen
Himmelsobjekten. Charles Messier hatte 1780/81 einen Katalog mit 103
nicht-punktförmig („neblig“) erscheinenden Objekten veröffentlicht; die
Fachleute waren sich nicht einig, ob es sich dabei jeweils um unzählige Sterne
oder aber um leuchtende Wolken oder Flüssigkeiten handelte. Vom Herbst 1782 an
suchte Herschel gezielt nach weiteren Objekten dieser Art (bis 1802). Mit
seinem überlegenen Gerät stellte er bald fest, dass er mehrere der „Nebel“ in
Einzelsterne auflösen konnte. Er vermutete, dass auch die übrigen Objekte
Sternhaufen seien und nur deshalb nicht aufgelöst werden könnten, weil sie viel
weiter entfernt – und damit auch viel größer – seien als bis dahin gedacht.
Diese im Jahr 1785 geäußerte Vermutung hat sich prinzipiell als zutreffend
erwiesen. Jedoch konnte Herschel noch nicht wissen, dass es sich um grundverschiedene
Typen handelte: echte leuchtende Gasnebel (wie der Orionnebel), Sternhaufen
(wie die Plejaden oder M13) und Galaxien (etwa der Andromedanebel).
Nebelklassifikation und Milchstraßenstatistik
Herschel führte als Erster eine Klassifizierung dieser Objekte
ein. Er unterschied sie nach der scheinbaren Helligkeit, der Größe, der
Regelmäßigkeit der Form und der Konzentration zur Mitte hin. Im Verlauf seiner
Untersuchungen entwickelte er eine Theorie der Entstehung der Sternhaufen: Die
Schwerkraft habe mit der Zeit aus losen Haufen dichter gepackte Systeme
entstehen lassen. So führte er das Konzept der Entwicklung (oder Evolution) in
die Astronomie ein: Der Sternhimmel war nunmehr nicht mehr ewig und
unveränderlich. Herschel wurde damit zum Begründer des Erkenntnisbereiches
Kosmologie.
Als er im Jahr 1790 einen Fixstern mit umgebender Wolke
beobachtete, revidierte er seine frühere Ansicht. Er hielt es nun für möglich,
dass sämtliche Sterne sich unter dem Einfluss der Schwerkraft aus einer Art
Wolke aus Gas oder Flüssigkeit zusammengezogen hätten.
Auch Statistik und Wahrscheinlichkeitsüberlegungen nutzte er
als erster Astronom: Er fand, dass ein Stück der Milchstraße, 15° lang und 2°
breit, mehr als 50.000 deutlich erkennbare Sterne enthält. Aus der Verteilung
der Fixsterne suchte er die Gestalt der Milchstraße abzuleiten. Er kam zu dem
Ergebnis, dass es sich um eine linsenförmige Ansammlung von Sternen handele. Da
er annahm, sämtliche Fixsterne hätten dieselbe absolute Helligkeit, glaubte er,
aus der scheinbaren Helligkeit auf den Abstand schließen zu können. Dieser
Ansatz erwies sich später als falsch. Von Herschel stammen auch die ersten
Versuche, die Bewegung des Sonnensystems im All zu bestimmen – eine Arbeit, die
allerdings erst von Argelander u. a. mit schärferen Teleskopen erfolgreich in
Angriff genommen werden konnte.
Auch stellte er fest, dass nicht alle Doppelsterne nur
zufällig so angeordnet sein konnten (visuelle Doppelsterne). Es musste vielmehr
eine beträchtliche Anzahl geben, die durch Schwerkraft aneinander gebunden sind
(physische Doppelsterne). Er war in der Lage, die Kreisbewegung bei einigen
dieser Sternpaare zu beobachten, und begann mit systematischen
Helligkeitsvergleichen der Komponenten.
Doppelsterne und Lichtspektrum
Im Laufe der Zeit erstellte er einen Katalog nebliger
Objekte mit mehr als 2500 Eintragungen („Herschel-Katalog“ genannt) sowie einen
Katalog mit 848 Doppelsternen. Ohne die selbstlose Mithilfe seiner Schwester
Caroline wären diese Kataloge nicht zustande gekommen.
Obwohl sein besonderes Interesse lebenslang dem
Fixsternhimmel galt, vernachlässigte er die Objekte des Sonnensystems nicht: er
entdeckte die Uranusmonde Titania und Oberon sowie die Saturnmonde Mimas und
Enceladus – womit er der einzige Mondentdecker des 18. Jahrhunderts war. Er
bestimmte beim Saturn die Rotationsperiode und wies beim Mars jahreszeitliche
Veränderungen nach. Aus der Beobachtung des Lomonossow-Effekts zog er den
Schluss, dass die Venus eine Atmosphäre haben müsse. Lomonossow hatte dies bereits
1761 vermutet, jedoch nicht publiziert.
Herschel entdeckte im Jahr 1800 die Infrarotstrahlung, indem
er Sonnenlicht durch ein Prisma lenkte und hinter dem roten Ende des sichtbaren
Spektrums ein Thermometer anbrachte. Die Temperatur stieg in diesem Bereich,
und Herschel schloss daraus, dass dort eine unsichtbare Form von Energie
wirksam sein müsse.
Herschels Beobachtungen waren nur durch die bis dahin
außergewöhnliche Lichtleistung seiner Teleskope möglich, jedoch beeinträchtigt
durch ihre unzureichende Schärfeleistung. Er war ein außergewöhnlich
talentierter und unermüdlicher Beobachter; seine Lösungsansätze waren (manchmal
allzu) kühn, jedoch immer wegweisend.
Sonnenflecken und Klima
Herschel brachte als erster Forscher einen Einfluss der
Sonne auf das Klima ins Gespräch. Er verglich historische Beobachtungen der
Sonnenflecken und als Indikator für das Klima die Entwicklung der Weizenpreise.
„The result of
this review of the foregoing five periods is, that, from the price of wheat, it
seems probable that some temporary scarcity or defect of vegetation has
generally taken place, when the sun has been without those appearances which we
surmise to be symptoms of a copious emission of light and heat.“
– Sir William Herschel: Phil. Trans. Roy. Soc. London, 91,
265 (1801), vgl.[8] zitiert nach [9]
Die These eines Zusammenhangs von Klima und Sonnenflecken
war zu Herschels Zeiten sehr umstritten und ist dies auch heute noch.
Herschels Teleskope
Lichtgang in einem Herschel-Lomonosov-Spiegelteleskop
18,7 Zoll-Teleskop mit 20 Fuß Brennweite
Wilhelm Herschels 48-Zoll-Spiegelteleskop
Herschel erfand eine Alternative zum seitlichen Einblick des
Newton-Teleskops, weil seine Spiegel dafür groß genug waren. Dazu schreibt
Meyers Konversationslexikon[10] 1885:
„Bei den
Riesenteleskopen von Herschel und Lord Rosse, deren Spiegel 1–2 m Durchmesser
hatten, war ein solches zweites Spiegelchen [Anm.: Fangspiegel] und somit auch
der von ihm herbeigeführte Lichtverlust durch einen einfachen Kunstgriff
vermieden. Der Hohlspiegel (ss, Fig. 5) ist nämlich gegen die Achse des Rohrs
ein wenig geneigt, so daß das Bildchen nahe an den Rand des Spiegels zu liegen
kommt und daselbst durch eine Okularlinse o betrachtet werden kann. Dabei tritt
freilich der Kopf des Beobachters teilweise vor die Öffnung des Rohrs, was aber
bei dem großen Durchmesser des Spiegels von geringem Belang ist. Herschel
nannte sein Instrument Front view telescop, d. h. Vornschaufernrohr.“
Das Verfahren setzt ein vergleichsweise niedriges
Öffnungsverhältnis (Spiegeldurchmesser/Brennweite) voraus. Die Verkippung des
Hauptspiegels gegen die optische Achse des Teleskops führt sonst zu starken
Abbildungsfehlern (vgl. Schiefspiegler).
Von der Vielzahl von Teleskopen, die Herschel baute und
benutzte, sind besonders zu erwähnen:
Den Planeten
Uranus entdeckte Herschel mit einem Spiegelteleskop von 6 Zoll (etwa 15 cm)
Durchmesser und 7 Fuß (etwa 210 cm) Brennweite.
Für seinen
Nebel-Katalog benutzte er hauptsächlich ein Gerät mit 18,7 Zoll (47,5 cm) Spiegeldurchmesser
und 20 Fuß (6,1 m) Brennweite (ab 1783).
Sein größtes
Teleskop (s. Abb.) wurde 1789 unter seiner Anleitung gebaut und hatte einen
Spiegeldurchmesser von 48 Zoll (122 cm) und eine Länge von 40 Fuß (12 m).[11]
Das Öffnungsverhältnis lag damit bei etwa 1:10. Es wurde erst zwei Generationen
später von Lord Rosses „Leviathan“ übertroffen. Das 48-Zoll-Teleskop wurde 1839
durch einen Sturm zerstört.
Herschel baute ausschließlich Spiegelteleskope. Ihre Spiegel
waren aus einer Metall-Legierung (Speculum) gegossen und mussten häufig
nachpoliert werden, da sie leicht anliefen.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.