Montag, 20. Juli 2015

Berühmtester Golfplatz


Berühmtester Golfplatz

Author D.Selzer-McKenzie

Video: http://youtu.be/t0TKaSraT1A

Der Old Course von St. Andrews ist der berühmteste Golfplatz.

Die Steinbrücke ist nur knapp zehn Meter lang, rund zweieinhalb Meter breit und erhebt sich noch nicht einmal zwei Meter über den Swilcan Burn, jenen kleinen Bachlauf, der sich quer über das erste und achtzehnte Fairway des Old Course von St. Andrews zieht. Und doch ist die mehr als 700 Jahre alte Swilcan Bridge eine Ikone des Golfs. Sie gilt als das Wahrzeichen des berühmtesten Golfplatzes der Welt. Das kleine Bauwerk mitten- auf der achtzehnten Spielbahn ist so markant, dass eine Nachbildung im Museum der World Golf Hall of Fame in St. Au-gustine in Florida ausgestellt wird. Jeder Golfer, der das erste Mal die ursprüng-lich für Schafherden erbaute Brücke überquert, bleibt für ein Erinnerungsfoto stehen, selbst Profis wollen diesen Moment festgehalten wissen. Denn jeder weiß, dass auf diesen alten Steinen alle Legenden des Spiels gestanden haben, dass auf diesem kleinen Steg, immer wenn die Bri-tish Open in St. Andrews gastiert, der Sieger des ältesten und wichtigsten Golfturniers der Welt mit der Trophäe posiert, dem Claret Jug, der Rotweinkanne, eine Tradition, die auch an diesem Montag am Ende des i44. Turnieres The Open Championship, wie es offiziell heißt, fortgeführt werden wird.

Warum die Swilcan Bridge als Fotomotiv so beliebt ist, vermittelt fast jede dort geschossene Aufnahme: Im Hintergrund sieht man das 1854 erbaute neo-klassizisti-sche Clubhaus des Royal and Ancient Golf Club of St Andrews (R&A), rechts daneben Hamilton Hall, ein ehemaliges Grand Hotel, das später als Studenten-wohnheim diente und in dem sich jetzt Luxus-Apartments befinden, die für mehr als eine Million Pfund (443 Millionen Euro) angeboten werden. Am rechten Bildrand ist die Links Road zu sehen, in der neben Clubhäusern weiterer Golfclubs, einem altehrwürdigen Hotel und Geschäften auch ein paar Privathäuser stehen, die zu Preisen gehandelt werden, die der kurzen Straße den Ruf eintrugen, die teuerste in ganz Schottland zu sein. Erst im April wurde ;The Wynd an The Links", ein Haus mit vier Schlafzim-mern, für 2,25 Millionen Pfund (3,22 Millionen Euro) verkauft. Mehr Geld wech-

 

selte in diesem Jahr bei keinem Immobiliengeschäft in Schottland den Besitzer. Dass die Apartments und Häuser, die einen freien Blick auf den Old Course bieten, so horrende Preise erzielen, daran trägt die British Open die Hauptschuld. Das dritte Major des Jahres ist auf diesem Platz nun schon zum 29. Mal zu Gast, mehr als auf jedem anderen der neun weiteren derzeitigen Austragungsorte. Seit 1990 kehrt es im Fünf-Jahres-Rhythmus nach St. Andrews zurück, nur für die 15o. Auflage des Turniers wird eine Ausnahme gemacht: Deshalb findet das nächste Open erst 2021 auf dem Old Course statt.

Während der Open-Woche bieten sich von Fenstern und Balkonen an der Links Road herrliche Blicke auf die erste und die achtzehnte Spielbahn, ohne dass man dafür Eintritt zahlen muss. Da nur die schmale, öffentliche Links Road Häuser und Platz trennen, kann die Aussicht nicht durch Tribünen verstellt werden. So beginnt und endet eine Runde auf dem Old Course mitten in der malerischen Kleinstadt an der Nordsee. Wenige Schritte hinter dem ersten Abschlag und dem achtzehnten Grün warten schon die ersten Pubs, um den Durst von Fans, Cad-dies und oft auch von Teilnehmern zu stillen. Ganz selbstverständlich begegnet man in der 18 000 Einwohner zählenden Stadt immer wieder den Stars des Sports.

"In St. Andrews herrscht bei einer Open eine einmalige Atmosphäre", sagt Bernhard Langer, der in diesem Jahr schon zum sechsten Mal in St. Andrews beim Saisonhöhepunkt mitspielte. Die

 

Stadt, in der seit dem 15. Jahrhundert die Schläger geschwungen werden, vermarktet sich stolz als „Home of Golf", ein Anspruch, der nicht nur durch die frühen urkundlichen Erwähnungen des Spiels an diesem Küstenstreifen belegt wird. The Open begann zwar 186o in Prestwick an der Westküste von Schottland. Aber seit der Royal and Ancient Golf Club of St Andrews (R&A) als Veranstalter fungiert und das Turnier 1873 erstmals in seinem Heimatort veranstaltete, wuchs das Turnier in seiner Bedeutung. Zudem wachte der R&A weltweit gemeinsam mit dem für die Vereinigten Staaten und Mexiko zuständigen amerikanischen Golfverband über die Golfregeln. Mittlerweile hat der Club beide Funktionen an die 2004 gegründete R&A Championship Limited abgeben, aber auch die Büros der R&A Ltd. befinden sich noch immer in dem herrschaftlichen Clubhaus des 2400 Mitglieder zählenden Vereins - darunter sind seit September vergangenen Jahres auch Frauen.

So dreht sich nicht nur in der Open-Woche in St. Andrews alles um das Spiel mit dem kleinen Ball. Der Old Course ist längst für jeden Golfer zu einer Art Pilgerstätte geworden. Mindestens einmal im Leben muss man auf den Spuren aller Golfgrößen wandeln. Ein Vergnügen, das während der Hochsaison 170 Pfimd (185 Euro) kostet. Trotzdem ist der Platz so stark nachgefragt, dass der Links Trust 2008 einen weiteren spektakulären Links-Platz, den Castle Course, bauen ließ. Ein paar Kilometer weiter entstanden im Jahr 2000 mit Hilfe des R&A die Kingsbarns Golf Links, ein Platz, der die landschaftliche Schönheit und Spielbahnen entlang der Nordsee aufweist, die man auf dem Old Course vergebens sucht.

Aber während moderne Golfplätze wie Kingsbarns „fair" sein wollen - das heißt, dass gute Schläge belohnt und schlechte bestraft werden -, verweigert sich der Old Course diesem Credo. Er kann eher als Metapher fürs Leben herhalten, in dem es ebenfalls nicht immer gerecht zugeht. Auf den Platz übertragen, heißt das: Auf den welligen Fairways kann der Ball auch nach einem guten Schlag in einer misslichen Lage, im dichten Rough aus Ginster und Heidekraut oder in einem der Potbunker landen, in einer der 112 tie-

         fen Sandkuhlen, die oft vom Abschlag aus gar nicht zu sehen sind. Doch auf die Spitze getrieben wird das alles am berühmt-berüchtigten siebzehnten Loch, dem Road Hole. Den Abschlag muss man über den ehemaligen Schuppen des Bahnhofs zirkeln, der heute als Verwal-tungsgebäude des Old Course Hotels fungiert. Wer dem Ball einen Slice (Rechtsdrall) mitgibt, landet im Garten des Hotels, manchmal sogar auf dem Dach. Beim zweiten Schlag gilt es, den tiefen Bunker vor dem Grün zu vermeiden und wer den Ball über das Grün schlägt, muss ihn vom asphaltierten Weg aus spielen. Wer gar auf dem Rasenstreifen vor der den Platz begrenzenden Mauer landet, dem bleibt meist keine andere Wahl, als den Ball gegen diesen Wall zu spielen und zu hoffen, dass er irgendwie aufs

Grün springt, so, wie es der Spanier Mi-,

viel Angel Jiminez 2005 zur Begeiste-

 

rung der Fans vorführte. „Wenn ich heute ein solches Loch auf einem Golfplatz bauen würde", behauptet der renommierte amerikanische Golfplatz-Architekt Robert Trent Jones jun., „würden mich die Auftraggeber für verrückt erklären."

Selbst für viele Weltklassegolfer ist die erste Runde auf dem Old Course deshalb meist keine Offenbarung. Nur selten ist es Liebe auf den ersten Blick, wie für Tiger Woods, der seit 1995 bei jeder Open in St. Andrews dabei war, 2000 und 2005 siegte und heute den Old Course als seit nen Lieblingsplatz auf der ganzen Welt bezeichnet. „Fast jeder, der den Old Cour-se zum ersten Mal spielt, versteht ihn nicht", behauptet Phil Mickelson, der Bri-tish-Open-Sieger von 2013. „Man weiß nicht, wo der Ball von den kleinen Hü-geln im Fairway hin springt. Aber je mehr man ihn spielt, desto mehr schätzt man ihn", behauptet Mickelson. Als Zeuge für diese Behauptung führt der 45 Jahre alte Linkshänder die Legende Bobby Jones an. Der Amateur aus Atlanta hatte 1921 bei der British Open in der dritten Runde die Nase von seinen Ausflügen in die Topfbunker gestrichen voll. Als er am elften Loch; einem Par 3, auch nach vier Bunkerschlägen immer noch nicht den Ball aufs Grün befördert hatte, verließ er frustriert den Platz und schimpfte kräftig über den Old Course. Sechs Jahre später kehrte er als Titelverteidiger auf den Platz zurück und gewann als erster Amateur zwei Mal nacheinander The Open Championship. Im Jahre 1930 holte sich Jones erst bei den British Amateur. auf dem Old Course den Titel und triumphierte dann bei der British Open im Royal Liverpool Golf Club. Nach seinen drei Erfolgen in St. Andrews hatte sich Jo-nes' Meinung über diesen Links Course um 18o Grad gedreht. Aus der tiefen Abneigung war eine große Liebe geworden: „Wenn man mir im Leben alles bis auf meine Erfahrungen in St. Andrews nehmen würde, hätte ich trotzdem ein reiches und erfülltes Leben geführt." Die Stadt erwiderte seine Zuneigung und überreichte ihm als zweitem Amerikaner nach Benjamin Franklin (1759) im Jahr 1958 den Schlüssel zur Stadt - eine Geschichte, die erklärt, warum der Old Course von St. Andrews als einer der magischen Orte des Golfs gilt.

 


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