Mittwoch, 6. Januar 2016

Wie Reverse-Bonus-Zertifikate funktionieren


Wie Reverse-Bonus-Zertifikate funktionieren

Author D.Selzer-McKenzie

Video: https://youtu.be/XnprR56Njwg

 

Ich habe gelesen, dass Reverse-Bonus-Zertifikate eine Hebelwirkung entfalten können. Wie ist das möglich? Reverse-Bonus-Zertifikate gehören doch zu den Anlage- und nicht zu den Hebelprodukten.

In der Tat zählen Reverse-Bonus-, genau wie Discount-, Bonus- oder auch Express-Zer-tifikate, zu den Anlageprodukten. Je nach Ausstattung und nach Veränderung der Marktfaktoren können sie jedoch einen Hebel entwickeln. Um die Hebelwirkung einschätzen zu können, muss man einen Blick auf die Funktionsweise und die Struktur dieser Produkte werfen.

Ein Reverse-Bonus-Zertifikat ermöglicht es Anlegern, positiv an fallenden Kursen des Basiswerts zu partizipieren. Es gibt bei die¬sen Produkten neben dem Bonuslevel und der Barriere noch ein weiteres wichtiges Ausstattungsmerkmal: den Reverselevel. Je nach Wahl von Barriere, Bonus- und Reverselevel können Reverse-Bonus-Zer-tifikate ihr Chance-Risiko-Profil ändern und auch eine Hebelwirkung entfalten. Über die Art der Auszahlung am Laufzeit¬ende entscheidet der Kursverlauf des Basis¬werts während der gesamten Laufzeit. Notiert der Basiswert stets unterhalb der Barriere, bekommt der Anleger bei Fällig¬keit mindestens den Bonusbetrag. Der Bonusbetrag berechnet sich aus der Diffe¬renz aus Reverselevel und Bonuslevel. Ab¬bildung 1 zeigt die Auszahlungsprofile von zwei Beispielprodukten.

Notiert der Basiswertkurs am letzten Be-wertungstag unter dem Bonuslevel, kann sich die Auszahlung noch erhöhen. Der In¬haber des Zertifikats bekommt dann die Differenz aus Reverselevel und Basiswert-kurs. Auf diese Weise berechnet sich auch die Auszahlung bei verletzter Barriere. Übersteigt oder berührt der Basiswert auch nur kurzzeitig die Barriere, geht die Bonuschance verloren. Sollte der Basis¬wert bei Fälligkeit auf oder über dem Re-

 

verselevel notieren, würde der Anleger ei¬nen Totalverlust erleiden. Das gleiche Ri¬siko droht im Fall einer Insolvenz von Goldman Sachs. Bitte beachten Sie hierzu die Hinweise auf Seite 52.

ZWEI BEISPIELE

Ein Reverse-Bonus-Zertifikat auf den DAX® soll einen Reverselevel von 22.600 Punkten haben. Die Barriere beläuft sich auf 14.400, der Bonuslevel liegt bei 6.000 Punkten. Demnach errechnet sich ein Bo¬nusbetrag von (22.600 — 6.000) x 0,01 (Bezugsverhältnis) = 166 Euro. Dieser Be¬trag steht dem Anleger mindestens zu, wenn der DAX® während der Laufzeit nie

 

auf 14.400 Punkte oder höher klettert. Bei einem Kurs von 15.000 Punkten am letz¬ten Bewertungstag bekäme der Inhaber des Zertifikats (22.600 — 15.000) x 0,01

76 Euro. Bei einem DAX®-Kurs von 11.300 Punkten und einem Briefkurs des Zertifikats von 155,60 Euro bietet das Zertifikat einen Risikopuffer von 27,4 Prozent und eine Bonusrendite von 6,7 Prozent. In diesem Beitrag wird der Ein¬fluss von möglichen Transaktionskosten oder sonstigen Gebühren auf die Rendite vernachlässigt. Mehr hierzu auf Seite 48.

Beim angesprochenen Reverse-Bonus-Zer-tifikat liegt der Reverselevel bei 200 Pro- zent des DAX®-Kurses. Der Reverselevel ist quasi das Pendant zum Nullpunkt bei ei¬nem klassischen Bonus-Zertifikat. Notiert der Basiswert bei Fälligkeit auf oder über dem Reverselevel, ist das Zertifikat wert¬los. Der entscheidende Unterschied: Wäh¬rend der Nullpunkt bei Bonus-Zertifikaten fix ist, kann der Reverselevel variiert wer¬den. Beträgt der Reverselevel weniger als 200 Prozent des Basiswertkurses, entsteht bereits eine Hebelwirkung.

STELLSCHRAUBE REVERSELEVEL

Klassische Bonus-Zertifikate lassen sich durch einen Zero-Strike-Call, also eine Call-Option mit einem Basispreis von null, und einen Down-and-out-Put abbilden. Dagegen können Reverse-Bonus-Zertifi¬kate aus einer Put-Option und einem Up-and-out-Call dargestellt werden. Die Put-Option hat einen Basispreis in Höhe des Reverselevels. Der Up-and-out-Call hat ei¬nen Basispreis in Höhe des Bonuslevels. Seine Knock-out-Barriere befindet sich in Höhe der Barriere des Zertifikats. Neben dem Bonuslevel und der Barriere besitzen Reverse-Bonus-Zertifikate also eine dritte Stellschraube: den Reverselevel.

Ein Reverselevel von 200 Prozent würde dabei zum Laufzeitende eine ungehebelte positive Partizipation an negativen Notie-rungen des Index ermöglichen. Nehmen wir an, der DAX® würde in unserem Bei¬spiel von 11.300 um 10 Prozent auf 10.170 Punkte fallen. Dann würde der in¬nere Wert des Puts mit Basispreis von 22.600 Punkten um 10 Prozent von 113 Euro auf 124,30 Euro steigen. Würde der Reverselevel, also der Basispreis des Puts, stattdessen bei 17.200 Punkten liegen, ver-schiebt sich diese Konstellation. Ein Kurs-verlust des DAX® um 10 Prozent würde den inneren Wert des Puts von 59 auf 70,30 Euro erhöhen - ein Anstieg von 19,2 Prozent. Ein niedriger Reverselevel führt also zum Laufzeitende zu einer Art Hebel beim Reverse-Bonus-Zertifikat. Die Hebelwirkung kann sich im Sekundär¬markt noch verstärken, wenn der Basis¬wert steigt und sich der Barriere nähert. Der Up-and-out-Call reagiert dann analog wie der Down-and-out-Put beim klassi¬schen Bonus-Zertifikat - nur eben in um¬gekehrter Richtung.

In Abbildung 1 ist neben dem Produkt aus dem ersten Beispiel ein Reverse-Bonus-Zertifikat mit Reverselevel von 17.200 Punkten und Bonuslevel von 2.880 Punkten dargestellt. Es hat bei einem Kurs von 127,40 Euro die gleiche Barriere von 14.400 Punkten wie das erste Zertifikat und bietet somit einen identischen Risiko¬puffer. Dennoch ist dieses Reverse-Bonus-Zertifikat aufgrund des niedrigeren Reverselevels und der damit einhergehen¬den Hebelwirkung offensiver. Wie Abbil¬dung 2 zeigt, bietet es die Chance auf eine höhere Bonusrendite. Sie ist mit 12,4 Pro¬zent fast doppelt so hoch. Im Falle einer Barriereverletzung kommt es zu einem hö-heren Verlust. Einen Totalverlust würde der Anleger erleiden, wenn der DAX® am letzten Bewertungstag bei 17.200 Punkten oder mehr steht. Zu diesem Szenario käme es beim ersten Produkt erst bei einem Kurs von 22.600 Zählern oder darüber.


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