Wie Reverse-Bonus-Zertifikate funktionieren
Author D.Selzer-McKenzie
Video: https://youtu.be/XnprR56Njwg
Ich habe gelesen, dass Reverse-Bonus-Zertifikate eine
Hebelwirkung entfalten können. Wie ist das möglich? Reverse-Bonus-Zertifikate
gehören doch zu den Anlage- und nicht zu den Hebelprodukten.
In der Tat zählen Reverse-Bonus-, genau wie Discount-,
Bonus- oder auch Express-Zer-tifikate, zu den Anlageprodukten. Je nach
Ausstattung und nach Veränderung der Marktfaktoren können sie jedoch einen
Hebel entwickeln. Um die Hebelwirkung einschätzen zu können, muss man einen
Blick auf die Funktionsweise und die Struktur dieser Produkte werfen.
Ein Reverse-Bonus-Zertifikat ermöglicht es Anlegern, positiv
an fallenden Kursen des Basiswerts zu partizipieren. Es gibt bei die¬sen
Produkten neben dem Bonuslevel und der Barriere noch ein weiteres wichtiges
Ausstattungsmerkmal: den Reverselevel. Je nach Wahl von Barriere, Bonus- und
Reverselevel können Reverse-Bonus-Zer-tifikate ihr Chance-Risiko-Profil ändern
und auch eine Hebelwirkung entfalten. Über die Art der Auszahlung am
Laufzeit¬ende entscheidet der Kursverlauf des Basis¬werts während der gesamten
Laufzeit. Notiert der Basiswert stets unterhalb der Barriere, bekommt der
Anleger bei Fällig¬keit mindestens den Bonusbetrag. Der Bonusbetrag berechnet
sich aus der Diffe¬renz aus Reverselevel und Bonuslevel. Ab¬bildung 1 zeigt die
Auszahlungsprofile von zwei Beispielprodukten.
Notiert der Basiswertkurs am letzten Be-wertungstag unter
dem Bonuslevel, kann sich die Auszahlung noch erhöhen. Der In¬haber des
Zertifikats bekommt dann die Differenz aus Reverselevel und Basiswert-kurs. Auf
diese Weise berechnet sich auch die Auszahlung bei verletzter Barriere.
Übersteigt oder berührt der Basiswert auch nur kurzzeitig die Barriere, geht
die Bonuschance verloren. Sollte der Basis¬wert bei Fälligkeit auf oder über
dem Re-
verselevel notieren, würde der Anleger ei¬nen Totalverlust
erleiden. Das gleiche Ri¬siko droht im Fall einer Insolvenz von Goldman Sachs.
Bitte beachten Sie hierzu die Hinweise auf Seite 52.
ZWEI BEISPIELE
Ein Reverse-Bonus-Zertifikat auf den DAX® soll einen
Reverselevel von 22.600 Punkten haben. Die Barriere beläuft sich auf 14.400,
der Bonuslevel liegt bei 6.000 Punkten. Demnach errechnet sich ein Bo¬nusbetrag
von (22.600 — 6.000) x 0,01 (Bezugsverhältnis) = 166 Euro. Dieser Be¬trag steht
dem Anleger mindestens zu, wenn der DAX® während der Laufzeit nie
auf 14.400 Punkte oder höher klettert. Bei einem Kurs von
15.000 Punkten am letz¬ten Bewertungstag bekäme der Inhaber des Zertifikats (22.600
— 15.000) x 0,01
76 Euro. Bei einem DAX®-Kurs von 11.300 Punkten und einem
Briefkurs des Zertifikats von 155,60 Euro bietet das Zertifikat einen
Risikopuffer von 27,4 Prozent und eine Bonusrendite von 6,7 Prozent. In diesem
Beitrag wird der Ein¬fluss von möglichen Transaktionskosten oder sonstigen
Gebühren auf die Rendite vernachlässigt. Mehr hierzu auf Seite 48.
Beim angesprochenen Reverse-Bonus-Zer-tifikat liegt der
Reverselevel bei 200 Pro- zent des DAX®-Kurses. Der Reverselevel ist quasi das
Pendant zum Nullpunkt bei ei¬nem klassischen Bonus-Zertifikat. Notiert der
Basiswert bei Fälligkeit auf oder über dem Reverselevel, ist das Zertifikat
wert¬los. Der entscheidende Unterschied: Wäh¬rend der Nullpunkt bei
Bonus-Zertifikaten fix ist, kann der Reverselevel variiert wer¬den. Beträgt der
Reverselevel weniger als 200 Prozent des Basiswertkurses, entsteht bereits eine
Hebelwirkung.
STELLSCHRAUBE REVERSELEVEL
Klassische Bonus-Zertifikate lassen sich durch einen
Zero-Strike-Call, also eine Call-Option mit einem Basispreis von null, und
einen Down-and-out-Put abbilden. Dagegen können Reverse-Bonus-Zertifi¬kate aus
einer Put-Option und einem Up-and-out-Call dargestellt werden. Die Put-Option
hat einen Basispreis in Höhe des Reverselevels. Der Up-and-out-Call hat ei¬nen
Basispreis in Höhe des Bonuslevels. Seine Knock-out-Barriere befindet sich in
Höhe der Barriere des Zertifikats. Neben dem Bonuslevel und der Barriere
besitzen Reverse-Bonus-Zertifikate also eine dritte Stellschraube: den Reverselevel.
Ein Reverselevel von 200 Prozent würde dabei zum
Laufzeitende eine ungehebelte positive Partizipation an negativen Notie-rungen
des Index ermöglichen. Nehmen wir an, der DAX® würde in unserem Bei¬spiel von
11.300 um 10 Prozent auf 10.170 Punkte fallen. Dann würde der in¬nere Wert des
Puts mit Basispreis von 22.600 Punkten um 10 Prozent von 113 Euro auf 124,30
Euro steigen. Würde der Reverselevel, also der Basispreis des Puts, stattdessen
bei 17.200 Punkten liegen, ver-schiebt sich diese Konstellation. Ein
Kurs-verlust des DAX® um 10 Prozent würde den inneren Wert des Puts von 59 auf
70,30 Euro erhöhen - ein Anstieg von 19,2 Prozent. Ein niedriger Reverselevel
führt also zum Laufzeitende zu einer Art Hebel beim Reverse-Bonus-Zertifikat.
Die Hebelwirkung kann sich im Sekundär¬markt noch verstärken, wenn der
Basis¬wert steigt und sich der Barriere nähert. Der Up-and-out-Call reagiert
dann analog wie der Down-and-out-Put beim klassi¬schen Bonus-Zertifikat - nur
eben in um¬gekehrter Richtung.
In Abbildung 1 ist neben dem Produkt aus dem ersten Beispiel
ein Reverse-Bonus-Zertifikat mit Reverselevel von 17.200 Punkten und Bonuslevel
von 2.880 Punkten dargestellt. Es hat bei einem Kurs von 127,40 Euro die
gleiche Barriere von 14.400 Punkten wie das erste Zertifikat und bietet somit
einen identischen Risiko¬puffer. Dennoch ist dieses Reverse-Bonus-Zertifikat
aufgrund des niedrigeren Reverselevels und der damit einhergehen¬den
Hebelwirkung offensiver. Wie Abbil¬dung 2 zeigt, bietet es die Chance auf eine
höhere Bonusrendite. Sie ist mit 12,4 Pro¬zent fast doppelt so hoch. Im Falle
einer Barriereverletzung kommt es zu einem hö-heren Verlust. Einen Totalverlust
würde der Anleger erleiden, wenn der DAX® am letzten Bewertungstag bei 17.200
Punkten oder mehr steht. Zu diesem Szenario käme es beim ersten Produkt erst
bei einem Kurs von 22.600 Zählern oder darüber.
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