Hohe Tatra Slowakia Reise Travel SelMcKenzie Selzer-McKenzie
Video: http://youtu.be/o1_cf7VqvRc
Ein Reisebericht von D.Selzer-McKenzie
Die hohen Gebirgszüge der Slowakei bieten Wanderern
wildromantischeTouren und Extremsportlern echte Herausforderungen. Trotzdem
führt die Slowakei immer noch ein Schattendasein in der Liste der beliebtesten
Urlaubsziele. Dabei lassen sich in dem kleinen, überschaubaren Land herrliche,
teils nahezu unberührte Gebiete entdecken. Die Hohe Tatra ist neben den
Karpaten inzwischen ein Geheimtipp unter Kennern mit endlosen Möglichkeiten für
ausgiebigen Bergsport. Wir sind gespannt ...
Kleinstes Hochgebirge der Welt
Schon nach wenigen Autostunden ist die Hauptstadt Bratislawa
erreicht. Von Wien sind es in die slowakische Donaustadt gerade einmal 60
Kilometer. Die Ausläufer des Karpatenmassivs reichen bis an ihre Grenze und
bieten uns eine beeindruckende Kulisse. Dass die Hohe Tatra auch Mini-Alpen
genannt wird, konnten wir in jedem Reiseführer nachlesen, nachempfunden haben
wir es erst bei unserer Ankunft. Von sanften Hügeln bis zu hohen Bergen bietet
die Slowakei ein breites Landschaftsspektrum, das auf einer relativ kleinen
Fläche von 260 Quadratkilometern (auf der slowakischen Seite) nahezu alle
Landschaftsformen des Alpenraums vereint. Geologisch gesehen ist sie ein
Kernstück des Karpatenbogens und tatsächlich das kleinste Hochgebirge der Welt.
Der Hauptkamm wirkt geradezu majestätisch auf uns. Er zieht sich ganze 26
Kilometer unter dem Himmel entlang. Insgesamt kann die Tatra mit 25 Gipfeln
aufwarten, die über 2600 Meter aufragen. All diese Gebiete gehören zu
herrlichen Nationalparks — wir sind bereit, diesen zu erkunden ...
Wo sich Fuchs und Hase Gute Nacht sagen Steile Hänge, von
sattgrünenTälern durchzogen, tun sich vor uns auf. Bereits jetzt im Frühjahr
sind die Wiesen mit Krokussen und Primeln überzogen, und im Sommer zieren Habichtskraut
und Hahnenfuß, Gebirgsnelken, Waldhyazinthen und Knabenkraut die
grasbewachsenen Bergrücken. Wir fühlen uns völlig frei auf weiter Flur - bis
wir in die tiefer gelegenen Fichtenwälder eintauchen und uns wie aus dem Nichts
einem Hirschrudel gegenübersehen. Fast handzahm beobachten sie uns mindestens
so neugierig wie wir sie. Nicht so präsentierfreudig sind - zum Glück — Bären,
Wölfe, Luchse und Wildkatzen. Doch dass sie hier leben, beweisen an zahlreichen
Stellen immer wieder ihre Spuren.
Alpine Herausforderungen
Die Tour durch Schluchten und steile Felsen auf den höchsten
Gipfel gehört zu den schwierigsten Bergwanderungen der Hohen Tatra. Sie
erfordert höchstes Können, weshalb ihre Besteigung auch nur mit Bergführer
erlaubt ist. Leichter - und deshalb unsere Wahl — geht es auf den
zweithöchs-ten Berg. Wer den herausragenden Lomnicky stit mit seinen immer noch
2632 Metern nämlich nicht erklimmen will, kann einfach die Seilbahn bis zur
dortigen Wetterstation nehmen und anschließend einen einfachen Steig zum
höchsten Punkt nehmen. Für den anspruchsvollen Aufstieg zu Fuß gilt allerdings
auch hier Bergführerpflicht; die schmalen Grate verlangen Trittsicherheit und
Erfahrung. Zwar sind die Wände mit Ketten und Klammern versehen, aber eben
nicht immer markiert. Wesentlich einfacher, aber mindestens so lohnenswert sind
die schönen Aussichtsspaziergänge auf den Lomnickä sedlo (2190 Meter) und den
Lomniky hreben (2211 Meter).
Unbekannte Schönheiten
Zu den Extremsportlern, die steile Felswände bezwingen
wollen, gehören wir nicht. Aber auch passionierte Gelegenheitswanderer und
bequemere Menschen kommen in der Hohen Tatra zum Zug: Denn in der
Hochgebirgsregion sprudeln heiße Thermalquellen. Vom Schwimmbeckenrand aus
genießen wir am Abend auch von der Ferne die Berge. Der Tourismus ist in der
Hohen Tatra langsam auf dem Vormarsch, seit 2004 ist die Slowakei Mitglied der
EU. Als Gast aus dem Westen kann man inzwischen alle Annehmlichkeiten eines
typischen Ferienorts genießen. Podbanske ist zum Beispiel so ein Ort: Hier
konzentriert sich im Winter alles auf den Schnee: Snowboarden oder Skitouren
sind Dreh- und Angelpunkt aller Aktivitäten und im Frühjahr und Sommer das
Wandern. Über diesem berühmten Ort wacht der heilige Berg der Slowaken Krivan
(zu Deutsch: Krümmling). Mit seinen 2495 Metern ist er der höchste Gipfel der
westlichen Hohen Tatra. In der Mitte des 19. Jahrhunderts wurde er zum
mythischen Wallfahrtsort gewählt, und jährlich pilgern die Einheimischen auf
unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden zu seinem Gipfel. Zur Nachahmung ist
dieser — wahrscheinlich schon seit dem 15. Jahrhundert bekannte —Aufstieg
fitten Wanderern sehr zu empfehlen! Hier herrscht freie Sicht auf die Hohe,
Niedere und Westliche Tatra.
Fast wie daheim
Star'' Smokovec, das kleine verwunschene Dorf mit seiner
landestypischen Architektur, ist nicht weniger berühmt und wird seit Mitte des
18. Jahrhunderts auch als kleines Davos bezeichnet. Der Schweizer Arzt Nikolaus
Szontagh wollte dama!s einen zweiten Nobel-Kurort nach Schweizer Vorbild erbauen.
Noch heute lassen sich die alten
Sanatorien, die tiefen Balkone mit den Schnitze
reien und Bemalungen im Tatra-Stil bewundern
ID Ein besonderer Höhepunkt für Bergfexe mit drohendem
Muskelkater und eine Wohltat für die Sprunggelenke ist ein Entspannungsbad in
einer der fünf Therma 1-Quellen des Ortes. Die Berqqip-
tel der Honen iatra laden zu lages-louren oder mehrtägigen
Wanderungen ein. Auch wenn man-che Ecken der Ortschaften noch erkennen lassen,
dass wir uns in einem ehemaligen Ostblockland befinden, spürt man im Stadtkern
der touristisch erschlossenen Gebiete kaum etwas von der Zeit vor der Wende.
Die großen Hotels können ohne Weiteres mit westlichen Standards mithalten und
bieten den Gästen allen Komfort. Die Talorte Stary Smokovec, Strbske Pleso und
Tatranskä Lomnica eigenen sich als Ausgangspunkte besonders gut. Auch die
slowakische Küche ist mit ihrem deftigen Einschlag genau das Richtige nach
unseren Kraft zehrenden Wanderungen. Wenn dann am Abend eine dampfende
Kapustnica (Krautsuppe) oder ein scharf gewürztes Gulasch Leib und Seele
zusammenzuhalten verstehen, fühlt sich das plötzlich an wie ein Stück Heimat. •
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