Trading Terminkontrakte und Volatilität von Selzer-McKenzie
SelMcKenzie
Author D.Selzer-McKenzie
Der Zeithorizont einer Investition hat sehr starken Einfluss
auf deren Rendite. Legt man beispielsweise sein Geld in einer Anleihe mit einer
Laufzeit von zehn Jahren an, liegt der Zins im Normalfall höher als bei einer
vergleichbaren kurzfristigeren Anleihe. Man spricht hier von der
Zinsstrukturkurve, die in der Regel steigend verläuft, in besonderen
Marktsituationen allerdings auch flach, fallend oder gekrümmt verlaufen kann.
Die Zinsstruktur-kurve steigt unter anderem deshalb, weil ein Investor, der die
Rendite seiner Anlage über einen längeren Zeitraum festsetzt, ein Risiko trägt:
Er weiß nicht, ob die Zinsen steigen. Sollte das allgemeine Zinsniveau unabhängig
von der Laufzeit steigen, wäre ein kurzfristig investierter Anleger besser
gestellt, da er zu einem früheren Zeitpunkt in eine neue und in diesem Falle
auch höher verzinste Anlage umschichten könnte.
SPIELRAUM DER ZENTRALBANKEN Zentralbanken können versuchen,
die Zinsstrukturkurve in verschiedener Hinsicht zu beeinflussen. In
Krisenzeiten wird oft versucht, das allgemeine Zinsniveau zu senken. Ebenso
kann jedoch auch die tionen verändert werden. Im Jahr 2011 hat beispielsweise
die amerikanische Notenbank Federal Reserve im Zuge der „Operation Twist"
versucht, die Zinsstruktur-kurve zu beeinflussen. Die Aktion bestand aus dem
Kauf von länger laufenden Staatsanleihen (Laufzeiten zwischen 6 und 30 Jahren)
und dem gleichzeitigen Verkauf von Staatsanleihen mit kürzerer Laufzeit. Durch
den Ankauf von Anleihen steigt deren Preis an der Börse und somit sinkt in der
Regel die Anleihenrendite. Der erwartete Effekt der Operation Twist bestand
also darin, die Renditen langfristiger Anleihen abzusenken sowie im Gegenzug
die Anleiherenditen am kürzeren Ende der Zinsstrukturkurve anzuheben. Dies
sollte insbesondere die Zinsen für Hypothekendarlehen — die in der Regel eine
längere Laufzeit aufweisen — senken und damit Hauseigentümer entlasten.
FORWARDKURVEN BEI TERMIN-
KONTRAKTEN
Auch in anderen Bereichen spielt der Zeithorizont eine große
Rolle, so beispielsweise beim Einsatz von Futures als standardisier-
ten und börsengehandelten Forwardkon t trakten. Man spricht hier von der Forwardkurve, die steigend
(Contango) oder fallend (Backwardation) verlaufen kann. Der Kurvenverlauf wirkt
auf den ersten Blick wie ein Detail des Marktgeschehens. Wenn ein Anleger
regelmäßig aus einem kürzer laufenden in einen länger laufenden Future
„rollt", wird die Form der Forwardkurve jedoch zu einem relevanten
Phänomen: Falls die Forwardkurve im Contango verläuft, kostet eine Einheit des
Basiswerts, geliefert zu einem späteren Zeitpunkt, mehr als dieselbe Einheit
desBasiswerts, die früher geliefert wird. Da der Anleger bei dem sogenannten Rollvorgang
den gesamten Erlös aus dem Verkauf wieder für den Kauf des länger laufenden
Kontrakts einsetzt, kann er mit jedem Rollen weniger Futureskontrakte erwerben,
als er zuvor besaß. Daher bezieht sich sein Vermögen nach dem Rollen auf
weniger Einheiten des zugrundeliegenden Basiswertes.
Der Wertzuwachs bzw. die Wertabnahme beim Rollen hat jedoch
keine unmittelbare Auswirkung auf die Höhe des Anlagevermögens, denn der
Anleger schichtet zunächst wertneutral aus einer Laufzeit in die andere
Laufzeit um: Seine Position bezieht sich beispielsweise in der
Contango-Situation auf weniger Einheiten des zugrunde-liegenden Rohstoffs,
diese sind jedoch pro Einheit mehr wert. Es kann nicht geschlussfolgert werden,
dass eine Investition in eine Laufzeitkurve in Backwardation immer eine gute
Anlage, eine Investition in einen Contangomarkt hingegen immer eine schlechte
Anlage ist. Zum Vergleich: Futureskontrakte auf den Performanceindex DAX®
notieren in der Regel in Contango.
BEISPIELRECHNUNG: ROLLEN IN CONTANGO
Angenommen, ein Anleger hat Futureskontrakte im Gegenwert
von 1.000 Barrel WTI-Öl zur Lieferung im April 2013 erworben. Da er die
Lieferung des Öls im April vermeiden möchte (um wie bei einem
Open-End-Zertifikat investiert zu bleiben), will er die Position im März (also
vor der Fälligkeit des April-Kontrakts) verkaufen und den Erlös in eine
Position im Ölkontrakt zur Lieferung im Mai investieren. Die Rohölmärkte zeigen
bei den Verfalltermi- nen von April 2013 bis Herbst 2013 eine Forwardkurve im
Contango. Am B. März 2013 kostete der April-Kontrakt 92 US-Dollar, während der
Mai-Kontrakt bei 93 US-Dollar notiert. In diesem Fall würde der Anleger aus dem
Verkauf des AprilFutures Folgendes erlösen können: 1.000 Barrel x 92
US-Dollar/Barrel = 92.000 US-Dollar. Die gleichzeitige Anlage dieses Betrages
im Mai-Kontrakt zu 93 US-Dollar je Barrel reicht für den Erwerb von
Futureskontrakten auf 989,25 Barrel Öl.
92.000 USD / 93 USD = 989,25 Barrel Öl
Ein Verlust ist dem Anleger durch dieses Rollen jedoch
zunächst nicht entstanden, da die 989,25 Barrel Mai-Öl zu 93 US-Dollar genauso
viel wert sind, wie es die 1.000 Barrel April-Öl zu 92 US-Dollar waren (92.000
US-Dollar). Da der Markt zum Rollzeitpunkt einen Kursanstieg von 92 auf 93
US-Dollar eingepreist hatte, ist nur ein geringerer Preisanstieg des Öls als
auf 93 US-Dollar für den Anleger von Nachteil.
Sollte es tatsächlich zu diesem vom Markt erwarteten Anstieg
auf 93 US-Dollar kommen, so wird der Anleger keinen Verlust erleiden. Sollte
der Kurs aber weniger stark ansteigen, wird er einen Verlust zu verzeichnen
haben. Genau gegensätzlich würde das Rollen in einer BackwardationKonstellation
ausfallen. Auch hier gehen wir davon aus, dass der Anleger den kurzen Kontrakt
verkauft und dafür den nächstlängeren, günstigeren Kontrakt kauft. In dieser
Situation würde schon ein gleichbleibendes Preisniveau für Öl zur direkten
Lieferung oder ein Rückgang, der weniger stark ausfällt als der vom Markt
erwartete Preisrückgang, einen Gewinn bedeuten. Für die Backwardation der
Rohstofffutures gibt es eine Reihe von Erklärungen. Die erste und bekannteste
stammt von John Maynard Keynes, dem britischen Nationalökonomen. In seiner
„Theorie der normalen Backwardation" zeigte Keynes erstmals, dass es sich
bei der Backwarda-
tion um eine Risikoprämie der sich absichernden Produzenten
an die Investoren handelt, die bereit sind, über ein Investment in rollende
Futureskontrakte das
Preisrisiko der Rohstoffe zu tragen.
DER ZEITFAKTOR BEI OPTIONSSCHEINEN
Auch bei Optionsscheinen spielt der Zeit- 1
horizont eine entscheidende Rolle. Die im- 1
plizite Volatilität eines Optionsscheins 1 hängt nicht nur vom Basispreis ab.
Auchder Verfalltermin hat Einfluss auf die Höhe der „Vola". Die
unterschiedlichen Volatilitätsniveaus bei verschiedenen Verfallterminen könnte
man mit den unterschiedlichen Preisen von Rohstofffutures vergleichen.
Genau wie bei Rohstoffen lassen sich die Volatilitäten, die
bei unterschiedlichen Laufzeiten auftreten, in Form einer Kurve darstellen: der
Forwardkurve. Diese gibt an, wie sich die implizite Volatilität mit weiter in
der Zukunft liegenden Laufzeiten verändert. Ob die Vola-Forwardkurve steigt
oder fällt, hängt vom jeweiligen Volatilitätsniveau ab. Falls die implizite
Volatilität im Vergleich zur Vergangenheit relativ niedrig ist, steigt die
Forwardkurve. Falls die Volatilität im Vergleich zur Ver-gangenheit relativ
hoch ist, hat die Forwardkurve für gewöhnlich einen fallenden Verlauf. Die
Abbildungen 3 und 4 zeigen zwei grundlegend verschiedene Verläufe. In Abbildung
3 ist die aktuelle Volatilitäts1 kurve des DAX® anhand der verschiedenen
VDAX®-New-Subindizes dargestellt. Da die Volatilität zurzeit relativ niedrig
ist, ist der steigende Verlauf naheliegend. In der zweiten Abbildung ist die
gleiche Kurve im Herbst 2008 zu sehen. Zu diesem Zeitpunkt markierte der
VDAX®-New Rekordstände. Der Grund für diese Kurvenverläufe liegt in der
Eigenschaft der MeanReversion: In der Vergangenheit sind Volatilitäten stets zu
einem Mittelwert zurückgekehrt.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.