Trading Einstieg in Trends von Selzer-McKenzie SelMcKenzie
Author D.Selzer-McKenzie
Trader können das Konzept von Widerstand und
Unterstützung nutzen, um bessere Einstiege in
Trend-Trades zu finden. Gegenüber der klassischen
Ausbruchs-Methode lässt sich so das
Chance/Risiko-Verhältnis deutlich verbessern.
Der klassische Trend-Trade
Es ist eine alte Börsenweisheit, dass der Trend der beste
Freund des Traders ist (The Trend is Your Friend). Bei
typischen Trendfolge-Strategien erfolgt entsprechend dieser
Philosophie der Einstieg, wenn die jeweilige Aktie über
ein vorheriges Hoch (Long Trade) oder unter ein vorheriges
Tief (Short Trade) ausbricht. Idealerweise wird diese
Ausbruchsbewegung
von erhöhtem Handelsvolumen begleitet,
denn dies erhöht die Signifikanz der Bewegung und
damit in der Regel die Erfolgsaussichten des Trades. Der
Absicherungsstopp für den Trade liegt meist unter dem
letzten signifikanten Tief bei Long-Trades beziehungsweise
über dem letzten signifikanten Hoch bei Short
Trades. Nach dem Einstieg heißt es für den Trader, sich in
Geduld zu üben und auf eine Anschlussbewegung in die
gewünschte Richtung zu warten. Tritt dieses Szenario ein
und die Aktie bildet neue Hochs beziehungsweise neue
Tiefs aus, kann die Stopp-Loss-Order sukzessive unter
die letzten Zwischentiefs beziehungsweise über die letzten
Zwischenhochs nachgezogen werden. Im Idealfall hat
der Trader tatsächlich einen großen Trend getroffen und die
Bewegung hält lange genug an, bevor der nachgezogene
Gewinnsicherungs-Stopp früher oder später ausgelöst und
der Trade damit beendet wird. Bild 1 zeigt ein Beispiel für
dieses klassische Ausbruchs-Setup im Trend-Trading.
Vor- und Nachteile
Die klassische Vorgehensweise hat sowohl Vor- als auch
Nachteile. Ein klarer Vorteil ist, dass der Trader durch den
direkten Einstieg beim Ausbruch sicher an einer eventuellen
schnellen Trendfortsetzung partizipiert.
So kann es passieren, dass
eine Aktie direkt im Anschluss an
den Ausbruch ohne Pause weiter
ansteigt, mitunter im zweistelligen
Prozentbereich.
Ein weiterer Vorteil
ist, dass der Trader im Fall eines
leichten Rücksetzers nach dem Ausbruch
nicht in Verlegenheit gerät,
den Einstiegskurs immer weiter optimieren
zu wollen und den Einstieg
letztlich zu lange aufschiebt. Denn
die Aktie kann ihre volle Trendbewegung
starten, während der Trader
weiter an der Seitenlinie steht und
auf günstigere Einstiegskurse wartet,
die aber nicht mehr auftreten.
Dem gegenüber stehen die strategischen
Nachteile der klassischen Vorgehensweise,
allen voran der große
Abstand zur Stopp-Loss-Order sowie
das sich daraus ergebende ungünstige
Chance/Risiko-Verhältnis (CRV).
Das CRV ist eine der wichtigsten Größen
für Trader. Ist der Ausbruchskurs
einer Aktie zum Beispiel 100 Euro
und liegt das letzte markante Zwischentief
bei 90 Euro, so beträgt der
Abstand vom Einstieg zum Stopp
zehn Euro. Um nun das Doppelte des
eingegangenen Risikos verdienen zu
können, muss die Aktie auf 120 Euro
steigen. Verwendet der Trader eine
nachlaufende Stopp-Loss-Order (Trailing-
Stopp) zur Gewinnsicherung,
so muss die Aktie noch weiter steigen,
bis der Buchgewinn von 20 Euro
abgesichert ist, beispielsweise auf 130
Euro. Es ist durchaus möglich, dass
die Aktie auf 200 Euro steigt und der
Trendfolge-Trader einen sehr großen
Gewinn macht. Aber dieses Szenario
ist eher die Ausnahme als die Regel.
Daher wäre ein besserer Einstieg in einen Trendfolge-Trade
und eine damit einhergehende Verbesserung des CRV ein
deutlicher Fortschritt für die Handelsstrategie
Pullback-Einstieg
Um einen besseren Einstieg zu erzielen, bietet sich wie
bereits erwähnt das Warten auf einen Rücksetzer nach dem
Ausbruch an. Trader, die diese Methode nutzen, müssen
damit leben, hin und wieder einen Ausbruch mit schneller
Anschlussbewegung wie bei Bechtle (Bild 1) zu verpassen.
Dies ist der Preis für die Optimierung des CRV.
Für den Fall, dass die Aktie nach dem Ausbruch einen
Rücksetzer macht, gibt es mehrere Möglichkeiten für den
Einstieg. Hier geht es darum, möglichst punktgenau in die
Bewegung einzusteigen. Dazu kann sich der Trader des
Konzepts von Widerstand und Unterstützung bedienen.
Punktgenau einsteigen
Angenommen, eine Aktie bricht nach oben aus. Das vorherige
Hoch lag bei 100 Euro und die Ausbruchsbewegung
führt in der Spitze auf bis zu 105 Euro. Der Trader wartet
nun darauf, dass die Aktie auf das Ausbruchsniveau bei
100 Euro zurückfällt. Er hat einen guten Grund anzunehmen,
dass dies geschieht: Alle Trader, die vor dem Ausbruch
in der Aktie investiert waren, haben momentan eine
Position, die im Buchgewinn liegt. Viele Trader neigen dazu,
Gewinne zu früh mitzunehmen und Verluste laufen zu lassen,
das haben Studien gezeigt. Indem der Trader darauf
wartet, dass die Aktie zurückfällt, nutzt er die Ungeduld
dieser
Marktteilnehmer. Verkaufen diese tatsächlich mehrheitlich
ihre Aktien mit Gewinn, führt dies zu Verkaufsdruck
der den Kurs entsprechend belastet.
Wenn dies passiert, gibt es eine vergleichsweise
gute Wahrscheinlichkeit
dafür, dass die Verkaufswelle
im Bereich um 100 Euro, dem Ausbruchsniveau,
auch wieder abebbt.
Denn alle Kurse unter 100 Euro hätten
schon im Vorfeld des Ausbruchs
zum Verkauf genutzt werden können.
Bereits länger investierte Anleger
haben dann keinen besonderen
Anreiz mehr, ihre Aktien zu verkaufen.
Zudem wird am Kursniveau um
100 Euro das Interesse neuer Käufer
geweckt, da nun die Möglichkeit
besteht, die Neuigkeit des Ausbruchs
ohne den Initialen Aufpreis zu handeln
und auf steigende Kurse zu setzen.
Das Fazit dieser potenziellen
Interessen von Verkäufern und Käufern:
Der frühere Widerstand, also
das alte Kurshoch, ist zur neuen Unterstützung geworden.
Vor allem bei besonders starken Aktien ist dieses Verhalten
immer wieder zu beobachten. Entsprechendes gilt bei
besonders schwachen Aktien auf der Short-Seite.
Mit Sicherheit weiß der Trader natürlich nicht, ob diese
Interessen im Einzelfall tatsächlich bestehen und ob das
Unterstützungs- beziehungsweise Widerstandsniveau
wirklich hält. Es kann sein, dass die Aktie schon früher
wieder
nach oben dreht, erst unter der 100 Euro-Marke oder
eben gar nicht. Aber die Wahrscheinlichkeit für eine Wende
steht bei etwa 100 Euro recht gut und darauf setzt das
Setup des punktgenauen Einstiegs.
Der Trader platziert entsprechend eine Limit-Order für
den Einstieg, sollte die Aktie auf 100 Euro zurückfallen.
Hierfür kann er Hebelprodukte nutzen, um den Erfolg der
Strategie zu multiplizieren. Dafür sollten Trader im Vorfeld
den äquivalenten Kurs des Hebelprodukts für einen
Aktienpreis
von 100 Euro berechnen oder schätzen und das Limit
entsprechend in die Ordermaske eingeben. Sobald die
Position eröffnet wurde, sollte ein Absicherungsstopp in
sinnvollem Abstand unter dem Einstieg platziert werden.
Fortgeschrittene Trader können zunächst auf eine Stopp-
Loss-Order verzichten, müssen aber den Kursverlauf
verfolgen,
denn sobald sich ein Zwischentief abzeichnet, muss
der Stopp entsprechend platziert werden.
Keinesfalls sollte der Trader den
Computer verlassen, wenn die Position
nicht durch eine Stopp-Loss-
Order abgesichert ist.
Alternativer Einstieg
Eine Alternative ist es, zunächst abzuwarten,
wie sich der Kurs an der 100
Euro-Marke verhält. Gehen die Notierungen
weiter zurück, wartet der Trader
mit dem Einstieg, bis es auf einem
tieferen Niveau zu einer erkennbaren
Wende kommt. Kreuzt der Kurs die
100 Euro-Marke dann nach oben,
erfolgt der Einstieg.
Der Vorteil hierbei ist die zusätzliche
Bestätigung für den Long Trade
durch das erneute Kreuzen nach oben.
Zudem liefert das neue Zwischentief
einen klaren Punkt zum Setzen der Stopp-Loss-Order. Ein
Nachteil ist, dass der Trader bei nur kurzer Berührung der
100 Euro-Marke und anschließendem Durchstarten der
Aktie nach oben den Einstieg verpasst.
Volumen als Indikator
Zusätzlich zur Beobachtung des Kursverhaltens an der
neu entstandenen Unterstützung können Trader das
Handelsvolumen
analysieren. Je höher dieses bei der initialen
Ausbruchsbewegung ist, desto wahrscheinlicher ist
es gemäß der Technischen Analyse, dass sich eine
Trendbewegung
anschließt. Kommt es zu einem Rücksetzer,
sollte das Volumen in dessen Verlauf zunehmend niedriger
sein. Erst, wenn der Kurs während des Rücksetzers
die ursprüngliche Trendrichtung wieder aufnimmt, sollte
das Volumen wieder anziehen.
Gleitende Durchschnitte als Zusatz-Indikator
Ebenfalls von Interesse sind die wichtigsten Gleitenden
Durchschnitte (GDs) wie der 50-Tage- und der 200-Tage-GD.
Diese werden von vielen Tradern auch auf institutioneller
Ebene oft beachtet und spielen damit eine wesentliche
Rolle als mögliche zusätzliche Unterstützungs- (bei Long
Trades) beziehungsweise Widerstandsniveaus (bei Short
Trades) innerhalb des Rücksetzers.
Ausstieg
Auch die Ausstiegsstrategie lässt sich gegenüber der
klassischen Variante verbessern. Da der Trend mitunter
sehr lange anhalten kann und dies im Vorfeld nicht
absehbar ist, sollten sich Trader grundsätzlich einen
Teil der Position für den großen Wurf aufsparen. Dieser
gelingt selten, häufiger enden die Bewegungen nach
kürzerer bis mittlerer Dauer. Ist letzteres der Fall sind
Teilausstiege
per Gewinnziel sinnvoll, um die durchschnittliche
Gewinnhöhe zu optimieren.
Eine gute Lösung ist eine kombinierte Ausstiegsstrategie,
die zum einen aus einem Gewinnziel und zum
anderen aus einer Trailing-Stopp-Loss-Order besteht.
So können Trader beispielsweise die Hälfte der Position
glattstellen, wenn ein CRV von 2,0 erreicht wurde. Die
übrige Position kann dann mit einer Trailing-Stopp-Loss-
Order abgesichert werden, um so die Chance auf einen
eventuell überdurchschnittlich hohen Trend-Gewinn
offen zu halten.
Das Gewinnziel können Trader alternativ auch diskretionär
auslösen, wenn der Basiswert zum Beispiel eine
Volumenspitze in Trendrichtung aufweist. Dies deutet
häufig auf eine zumindest kurzfristige Verschnaufpause
in der Bewegung hin, die sich entsprechend für einen
Ausstieg eignet.
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