Kuala Lumpur Malysia Reise Travel SelMcKenzie
Selzer-McKenzie
Ein Reisebericht von D.Selzer-McKenzie
4 Die Roben
sind rosarot. Sie werden den Fremden und Ungläubigen beim Betreten der
zentralen Putra-Moschee übergeworfen. Ihre Farben passen exakt zum Altrosa der
Kuppel. Der Marmor ist poliert, auch im indischen Sri-Mahamariamman Tempel, dem
ältesten und reichsten Hindutempel in ganz Malaysia. Über den ganzen Raum
verteilt sitzen immer wieder Frauen zu zweit oder zu dritt auf dem Boden, ihre
Gucci-Taschen oder Prada-Doubles zärtlich auf dem Schoß. Sie lachen und
schlagen sich gegen¬seitig auf die Schenkel, während die ruppigen in¬dischen
Götter in ihren Nischen und hinter Glas fast vergessen scheinen. Kuala Lumpur
hat viele Facetten.
Die Insider sagen nur KL. Das klingt beinahe ähnlich
weltläufig wie LA, denn Kuala Lumpur bedeutet eigentlich so viel wie „sumpfige
Fluss¬mündung". Es hat rund 1,5 Millionen Einwohner und wurde vor 135
Jahren von Chinesen gegrün¬det, die im Dschungel nach Zinnvorkommen suchten.
Heute stehen die himmelhohen Glas¬fassaden der Büro- und Hoteltürme neben
nie¬drigen, denkmalgeschützten Kolonialbauten. Der Hauptbahnhof mit Zinnen,
Türmchen und Bögen sieht aus wie der Palast eines Maha¬radschas. Die moderne
Architektur der National¬moschee in seiner Nähe hat die Form eines
18-strahligen Sterns, entsprechend der 13 Staaten der Föderation und der fünf
Säulen des Islam.
Die Durian riecht sonderbar
„No Durians", steht an den Eingängen der besse¬ren
Hotels überall in KL. Dabei ist die Durian ei¬ne einheimische Frucht, die
vielen sehr gut schmeckt. Erst wer Durian isst, denkt asiatisch, heißt es in
Malaysia. Dass dieses Obst, das aus¬sieht wie eine dickstachelige grüne Melone,
einen schlechten Ruf hat, liegt am Geruch. Das teigflüs-sige, weiße Fleisch um
die dicken Kerne riecht unverwechselbar. Viele sagen, es stinkt.
Ziehe dich zurück, lautet das erste malaysische Geheimnis.
Zurück ”aus einer Welt voller west¬licher Sorgen ins Paradies tropischer
Strände, lu¬xuriöser Hotels und die zeitlose Eleganz 100 Jahre alter
Regenbäume". Geheimnis Nummer
zwei: Lasse dich fallen! „In den grünen Gärten spürst du die
Ruhe, so alt wie das Meer." Num¬mer drei: Mache alles. „Der Aufenthaltsort
bietet, was einem in den Sinn kommen könnte: Schwimmen, Tauchen, Segeln,
Radfahren, Vögel schauen." Nummer vier: Gebe dich himmlischen Genüssen
hin. „Abwechslung ist ein Lebens-
elixier. Wähle das exotische Aroma Asiens, aus malaysischer,
chinesischer und indischer Küche." Kuala Lumpur passt perfekt in das Bild
anderer ostasiatischer Großstädte: ein Gewirr aus westli¬chem Wollen und
östlichem Können, Karren ne¬ben Straßenkreuzern, gigantische Hochhäuser wie die
längst als höchste Gebäude der Welt ent¬thronten Petronas Twin Towers neben
Bruch-
nicht immer ungetrübtes Glück bedeutete, strate¬gisch
günstig zwischen den Seehandelszentren Indien und China. Wer die einstmals
berüchtigte Straße von Malakka beherrschte, konnte gut von den erpressten
Zöllen leben. Das Land besitzt vie¬le Bodenschätze und heute ein für die Region
un¬gewöhnlich erfolgreiches Wirtschaftsleben, was viele Arbeiter aus Thailand,
Indonesien und von den Philippinen anlockt. Das Durchschnitts-einkommen
Malaysias liegt doppelt so hoch wie jenes von Thailand oder Indonesien und ist
das dritthöchste in Asien hinter Japan und Singapur. Das Zauberwort heißt
Toleranz. Neben der für die Muslime wichtigen Rechtsgrundlage der Scharia gibt
es eine zivile Gerichtsbarkeit. Als be¬sonderes Zeichen der Toleranz wird auch
das po¬litische System des parlamentarischen Wahl-königtums angeführt, wonach
jede von einem Sultan regierte Provinz abwechselnd für fünf Jahre den König
stellt, der dann in einem frühe¬ren Palast eines steinreichen Privatmannes
re¬sidiert. „Balance of Power" nennen das die Politiker. Und das bedeutet
in diesem Land: Die
schlendernden exotisch-europäischen Touristen machen wollen,
wirkt ungemein beruhigend und kündet von einer überall spürbaren großen
Warmherzigkeit.
Und wo schlägt die Seele der Stadt? Einheimische empfehlen
das Shopping Center KLCC in den Petronas Towers. Hier vereinigen sich
islamische Schriftkunst und Kommerz. Die Petronas sind nach wie vor der Stolz
des modernen islamischen Malaysia: 452 Meter hoch, 88 Stockwerke. Es geht
darum, Allah und Alu zu ehren. Ganz oben auf den über 60 Meter hohen Masten, an
den Spitzen der Towers, prangen zwei Minarette aus garantiert rostfreiem Stahl.
Arabische Gäste
Auffallend im Bild von KL: die reichen Öl-scheichs, die mal
eben mit Anhang zum Shopping vom arabischen Golf herübergejettet kommen. Nicht
nur die Preise und das Angebot locken. Die zahlungskräftigen Gäste aus Arabien
können sich in Malaysia auch weitgehend hei-
Malaysierin in Festtagstracht: Exotik auf den Straßenmärkten in Kuala Lumpur: Dank des
Völkergemischs Ein Erbe der
Kolonialzeit: Das
Musik und Tanz sind Lebenselixier. hat sich eine Essenskultur entwickelt, die sehr vielseitig ist. Rathaus ähnelt einem Sultanspalast.
buden, aus denen verführerische Düfte von Gar¬küchen
entweichen. Das Stadtzentrum wirkt nicht ganz so klinisch sauber wie im
Einkaufs¬stadtstaat Singapur im Süden der Halbinsel, die Außenbezirke und
Vergnügungsmeilen sind nicht ganz so irritierend chaotisch und kunter¬bunt wie
in Bangkok im Norden.
Zwischen Indien und China
Aber ein Völkergemisch herrscht hier wie in kei¬nem anderen
ostasiatischen Staat - nicht nur als Resultat der langen
portugiesisch-niederlän¬disch-britischen Kolonialzeit, in der viele Chine¬sen
und andere Volksgruppen eingewandert sind, um in den Zinnminen, Kautschuk-,
Tee-und Ölpalmenplantagen zu arbeiten. Malaysia liegt, was für das Land und
seine Geschichte
politische Macht liegt in den Händen der musli¬mischen
Malaysier, wirtschaftliche Dominanz aber wird von den Chinesen ausgeübt.
Davon erfährt man recht wenig bei Streifzügen durch Kuala
Lumpur mit seiner vielfältigen Architektur zwischen englischem Tudor-Stil rund
um das ehemalige Cricket-Feld am Unab-hängigkeitsplatz. Gleich gegenüber liegt
das Sultan-Abdul-Samad-Gebäude, früher Sitz der britischen Kolonialverwaltung
und heute der Oberste Gerichtshof. Unweit davon dann die Art-deco-Markthalle,
der abenteuerlich arabesk-maurische Hauptbahnhof und schließlich die geduckt
sich aneinander schmiegenden, witte¬rungszerfressenen Häuser der
Chinesenviertel. Dass junge muslimische Frauen mit Kopftuch und westlichen
Jeans ganz ungeniert und fröh¬lich-offen Fotos von sich mit dem zufällig
vorbei-
misch fühlen, weil ihnen immer wieder der Islam begegnet:
Moscheen, verschleierte Frauen und Mädchen, in vielen Restaurants Alkoholverbot
und an den Decken in den Hotelzimmern grüne oder schwarze Pfeile, die den
frommen Betern zuverlässig die Richtung nach Mekka zeigen. Wer meint, in KL
werden die Gehsteige vor Mitternacht hochgeklappt, irrt gewaltig. Die Imame
rümpfen immer wieder ihre Nasen, wenn sich die Schönen der Stadt in
atemberaubenden Blusen mit aufregenden Schnitten ins Nacht¬leben werfen. Und so
lange die Bars offen haben, ist auch die namenlose Imbissbude unterhalb des
Thean-Hou-Tempels in Betrieb. Sie ist im ganzen Viertel für ihren Ikan Bakar,
knusprig gegrillten Fisch, bekannt.
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