2016 könnte ein turbulentes Börsenjahr werden
Author D.Selzer-McKenzie
Video: https://youtu.be/zl8X5-rkheA
Die US-Notenbank hat im Dezember die lang erwartete
Zinswende eingeleitet. Das allein könnte erhebliche Folgen haben, nicht nur für
die amerikanische, sondern für die Weltwirtschaft insgesamt. In diesem Jahr
stehen die Kapitalmärkte daher vor etlichen Herausforderungen. Wie werden sich
der DAX° und der S&P 500° in diesem Umfeld schlagen?
Der Aufschwung im DAX® und im S&P 500® seit der
Finanzkrise geht nun ins achte Jahr. Ein wichtiger Antreiber der Hausse der
ver¬gangenen Jahre fällt in diesem Jahr allerdings aus: Die lockere Geldpolitik
der US-Noten¬bank geht mit der im Dezember begonnenen Zinswende zu Ende. Die
Wirtschaft und die Aktienmärkte bekamen immer wieder frisches Geld zur Verfügung
gestellt, nun sorgen die steigenden Zinsen in den USA für Gegenwind.
Die Entwicklung am Aktienmarkt in den USA und hierzulande
könnte aber auch von der Entwicklung der Weltwirtschaft abhängen. Sie steht in
diesem Jahr vor etlichen großen Her-ausforderungen. So hat sich die
einflussreiche US-Wirtschaft zuletzt abgekühlt, wie etliche Konjunkturdaten
gezeigt haben. Außerdem lassen Frühindikatoren wie der Einkaufs-managerindex
für die US-Industrie keine Besserung erkennen. Das ist ein Warnsignal für die
US-Wirtschaft insgesamt, denn eine schwache Industrie könnte innerhalb weni¬ger
Monate auch die Dienstleistungsbranche
mit nach unten ziehen. Ein weiterer Risiko¬faktor ist, dass
die chinesische Wirtschaft trotz der massiven Lockerung der Geldpolitik kaum
Anzeichen einer Belebung sendet. Eine schwache chinesische Wirtschaft könnte
aber neben den USA und den exportabhängigen Ländern Asiens auch die deutsche
Wirtschaft belasten.
Globale Wachstumsschwäche
Die Rohstoffpreise zeichnen schon seit gerau¬mer Zeit das
Bild einer schwachen Weltwirt¬schaft, zum Beispiel der Kupferpreis. Rund die
Hälfte der weltweiten Nachfrage nach dem roten Metall stammt aus China. Der
Verfall des Preises für den Rohstoff spricht Bände über die Konjunktur im Reich
der Mitte: Sie ist eher lauwarm und kann anders als in frü¬heren Jahren keine
Impulse für die Weltwirt¬schaft setzen. Beim Ölpreis sieht es ähnlich aus. Auch
hier hat die schwache wirtschaftli¬che Verfassung für einen Nachfragerückgang
gesorgt. Der Preis des schwarzen Goldes wird außerdem vom weltweiten
Überangebot in die Knie gezwungen. Die Lager sind mit rund drei Milliarden
Barrel so prall gefüllt wie selten zuvor, weil die USA, die Mitglieder der OPEC
und andere erdölfördernde Länder ihr Ange¬bot nicht herunterfahren wollen. Das
Umfeld
für steigende Ölpreise bleibt schwierig und daran dürfte
sich auch Anfang 2016 nicht viel ändern.
Ein weiterer Faktor, den Anleger im Auge behalten sollten,
ist die Dollar-Stärke. Sie belastet die Unternehmen aus dem S&P 500'
schwer. Laut dem Indexanbieter S&P® Dow Jones Indices erzielten die
S&P-500®-Unter¬nehmen im Jahr 2014 47,8 % der Umsätze im Ausland.
Angesichts der schwachen US-Wirt¬schaft können die Firmen eine weitere
Auf¬wertung des Dollar keineswegs gebrauchen. Dazu käme es aber, wenn die
US-Notenbank die Zinsen allmählich weiter anhebt, während die EZB und viele
andere Notenbanken ihre Geldpolitik immer weiter lockern. Gleichzeitig riskiert
die US-Notenbank, dass die US-Wirt-schaft in eine Rezession abrutscht. Immerhin
sind die Schulden des Staates, der privaten Haushalte und der Unternehmen auf
insge¬samt USD 62,6 Billionen gestiegen, das sind fast 350 % der jährlichen
Wirtschaftsleis¬tung. Daher rechnen die meisten Analysten nur mit einer sehr
langsamen und moderaten Anhebung der US-Leitzinsen. Wahrschein¬lich wird die
US-Notenbank die Zinsen nicht stark anheben, wenn sich die US-Konjunktur
abschwächen sollte.
DAX' Gewinnschätzungen sinken
In Europa laufen die Uhren etwas anders. Der schwache Dollar
bedeutet Rückenwind für die Unternehmen Europas, weil sie ihre Wettbewerbsfähigkeit
auf dem Weltmarkt verbessern und ihre Produkte außerhalb der Euro-Zone
günstiger anbieten können. Umso bemerkenswerter ist allerdings die Entwick¬lung
der Gewinnschätzungen für den DAX®: In den vergangenen Monaten haben die
Ana¬lysten ihre 2016er-Gewinnschätzungen auf 840 Punkte gesenkt.
Vor ein paar Monaten lag die Messlatte noch deutlich höher.
Offensichtlich kann der sin¬kende Euro die Nachteile nicht ausgleichen, die
sich aus einer globalen Wirtschaftsschwäche ergeben. Der DAX® enthält
überwiegend exportstarke Unternehmen, die von einem
Grafik 2: DAX®
I 4.UUU
12.000 10.000 8.000 6.000 4.000 2.000
0
2010 2011 2012
DAX®
schwachen Euro profitieren. Viele dieser Firmen, etwa Linde,
BASF oder ThyssenKrupp, haben ihre Geschäftsprognosen aufgrund der schwierigen
konjunkturellen Nachfrage den¬noch deutlich gesenkt.
Hoffnungen ruhen auf EZB
Weil die Gewinnschätzungen unter Druck sind, kommt der
Geldpolitik der europäischen Zentralbank (EZB) eine immer größere Bedeu¬tung
zu. Da die Inflation weit unterhalb des EZB-Ziels von 2 % liegt, wird EZB-Chef
Mario Draghi die Geldpolitik im laufenden Jahr wahrscheinlich immer expansiver
ausrichten, um das Wachstum und damit auch die Infla¬tion anzukurbeln. Der in
diesem Jahr kräftig gefallene Ölpreis hat stark dazu beigetragen, dass die
Inflation so niedrig ist. Sollte sich der Ölpreis stabilisieren, könnten die
Preise
2013 2014 2015
zulegen, allerdings dürfte die Zwei-Prozent-Marke aufgrund
der schwierigen wirtschaft-lichen Verfassung kaum zu erreichen sein. Die
expansive Geldpolitik der EZB dürfte trotz des konjunkturellen Gegenwindes den
Aktien¬markt stützen. Investoren schichten aufgrund der niedrigen Zinsen am
Anleihenmarkt ohne¬hin in Aktien um, denn die Dividendenrendite für den DAX®
beträgt knapp 3 % und das ist deutlich mehr als derzeit am Anleihenmarkt an
Zinserträgen zu erzielen ist. Bei kurz- bis mittelfristigen Laufzeiten
rentieren Bundesan¬leihen im negativen Bereich.
Allerdings ist der DAX® durch die Gewinner¬wartungen nicht
mehr günstig bewertet. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis liegt bei rund 13, einem
vergleichsweise hohen Wert. Noch höher liegt die Bewertung beim S&P 500®
mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von etwas über 16. Zudem herrscht in den USA
ein höheres Zinsniveau als in Europa: Hier werfen die zehnjährigen
Staatsanleihen eine Rendite von mehr als 2 % ab und das ist für manchen
Investor eine gute Alternative zum Aktien¬markt. Neben dem Zinsniveau könnte
auch die zwischen US-Notenbank und EZB aus-einanderlaufende Geldpolitik dafür
sorgen, dass sich der DAX® künftig besser entwickelt als der S&P 500®.
Anleger sollten in diesem Jahr außerdem die Entwicklung der Preise für
Rohstoffe wie Öl und Kupfer weiter im Auge behalten. Sollten beide nach unten
tendie¬ren, könnten das weitere Warnsignale für die Weltwirtschaft sein. In
diesem Umfeld könnte den Aktienmärkten diesseits und jenseits des Atlantiks ein
turbulentes Jahr bevorstehen.
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