Montag, 18. Januar 2016

2016 könnte ein turbulentes Börsenjahr werden


2016 könnte ein turbulentes Börsenjahr werden

Author D.Selzer-McKenzie

Video: https://youtu.be/zl8X5-rkheA

Die US-Notenbank hat im Dezember die lang erwartete Zinswende eingeleitet. Das allein könnte erhebliche Folgen haben, nicht nur für die amerikanische, sondern für die Weltwirtschaft insgesamt. In diesem Jahr stehen die Kapitalmärkte daher vor etlichen Herausforderungen. Wie werden sich der DAX° und der S&P 500° in diesem Umfeld schlagen?

 

Der Aufschwung im DAX® und im S&P 500® seit der Finanzkrise geht nun ins achte Jahr. Ein wichtiger Antreiber der Hausse der ver¬gangenen Jahre fällt in diesem Jahr allerdings aus: Die lockere Geldpolitik der US-Noten¬bank geht mit der im Dezember begonnenen Zinswende zu Ende. Die Wirtschaft und die Aktienmärkte bekamen immer wieder frisches Geld zur Verfügung gestellt, nun sorgen die steigenden Zinsen in den USA für Gegenwind.

Die Entwicklung am Aktienmarkt in den USA und hierzulande könnte aber auch von der Entwicklung der Weltwirtschaft abhängen. Sie steht in diesem Jahr vor etlichen großen Her-ausforderungen. So hat sich die einflussreiche US-Wirtschaft zuletzt abgekühlt, wie etliche Konjunkturdaten gezeigt haben. Außerdem lassen Frühindikatoren wie der Einkaufs-managerindex für die US-Industrie keine Besserung erkennen. Das ist ein Warnsignal für die US-Wirtschaft insgesamt, denn eine schwache Industrie könnte innerhalb weni¬ger Monate auch die Dienstleistungsbranche

 

 

mit nach unten ziehen. Ein weiterer Risiko¬faktor ist, dass die chinesische Wirtschaft trotz der massiven Lockerung der Geldpolitik kaum Anzeichen einer Belebung sendet. Eine schwache chinesische Wirtschaft könnte aber neben den USA und den exportabhängigen Ländern Asiens auch die deutsche Wirtschaft belasten.

Globale Wachstumsschwäche

Die Rohstoffpreise zeichnen schon seit gerau¬mer Zeit das Bild einer schwachen Weltwirt¬schaft, zum Beispiel der Kupferpreis. Rund die Hälfte der weltweiten Nachfrage nach dem roten Metall stammt aus China. Der Verfall des Preises für den Rohstoff spricht Bände über die Konjunktur im Reich der Mitte: Sie ist eher lauwarm und kann anders als in frü¬heren Jahren keine Impulse für die Weltwirt¬schaft setzen. Beim Ölpreis sieht es ähnlich aus. Auch hier hat die schwache wirtschaftli¬che Verfassung für einen Nachfragerückgang gesorgt. Der Preis des schwarzen Goldes wird außerdem vom weltweiten Überangebot in die Knie gezwungen. Die Lager sind mit rund drei Milliarden Barrel so prall gefüllt wie selten zuvor, weil die USA, die Mitglieder der OPEC und andere erdölfördernde Länder ihr Ange¬bot nicht herunterfahren wollen. Das Umfeld

 

für steigende Ölpreise bleibt schwierig und daran dürfte sich auch Anfang 2016 nicht viel ändern.

Ein weiterer Faktor, den Anleger im Auge behalten sollten, ist die Dollar-Stärke. Sie belastet die Unternehmen aus dem S&P 500' schwer. Laut dem Indexanbieter S&P® Dow Jones Indices erzielten die S&P-500®-Unter¬nehmen im Jahr 2014 47,8 % der Umsätze im Ausland. Angesichts der schwachen US-Wirt¬schaft können die Firmen eine weitere Auf¬wertung des Dollar keineswegs gebrauchen. Dazu käme es aber, wenn die US-Notenbank die Zinsen allmählich weiter anhebt, während die EZB und viele andere Notenbanken ihre Geldpolitik immer weiter lockern. Gleichzeitig riskiert die US-Notenbank, dass die US-Wirt-schaft in eine Rezession abrutscht. Immerhin sind die Schulden des Staates, der privaten Haushalte und der Unternehmen auf insge¬samt USD 62,6 Billionen gestiegen, das sind fast 350 % der jährlichen Wirtschaftsleis¬tung. Daher rechnen die meisten Analysten nur mit einer sehr langsamen und moderaten Anhebung der US-Leitzinsen. Wahrschein¬lich wird die US-Notenbank die Zinsen nicht stark anheben, wenn sich die US-Konjunktur abschwächen sollte.

DAX' Gewinnschätzungen sinken

In Europa laufen die Uhren etwas anders. Der schwache Dollar bedeutet Rückenwind für die Unternehmen Europas, weil sie ihre Wettbewerbsfähigkeit auf dem Weltmarkt verbessern und ihre Produkte außerhalb der Euro-Zone günstiger anbieten können. Umso bemerkenswerter ist allerdings die Entwick¬lung der Gewinnschätzungen für den DAX®: In den vergangenen Monaten haben die Ana¬lysten ihre 2016er-Gewinnschätzungen auf 840 Punkte gesenkt.

Vor ein paar Monaten lag die Messlatte noch deutlich höher. Offensichtlich kann der sin¬kende Euro die Nachteile nicht ausgleichen, die sich aus einer globalen Wirtschaftsschwäche ergeben. Der DAX® enthält überwiegend exportstarke Unternehmen, die von einem

Grafik 2: DAX®

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12.000 10.000 8.000 6.000 4.000 2.000

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2010  2011  2012

DAX®

 

schwachen Euro profitieren. Viele dieser Firmen, etwa Linde, BASF oder ThyssenKrupp, haben ihre Geschäftsprognosen aufgrund der schwierigen konjunkturellen Nachfrage den¬noch deutlich gesenkt.

Hoffnungen ruhen auf EZB

Weil die Gewinnschätzungen unter Druck sind, kommt der Geldpolitik der europäischen Zentralbank (EZB) eine immer größere Bedeu¬tung zu. Da die Inflation weit unterhalb des EZB-Ziels von 2 % liegt, wird EZB-Chef Mario Draghi die Geldpolitik im laufenden Jahr wahrscheinlich immer expansiver ausrichten, um das Wachstum und damit auch die Infla¬tion anzukurbeln. Der in diesem Jahr kräftig gefallene Ölpreis hat stark dazu beigetragen, dass die Inflation so niedrig ist. Sollte sich der Ölpreis stabilisieren, könnten die Preise

 

2013  2014  2015

 

zulegen, allerdings dürfte die Zwei-Prozent-Marke aufgrund der schwierigen wirtschaft-lichen Verfassung kaum zu erreichen sein. Die expansive Geldpolitik der EZB dürfte trotz des konjunkturellen Gegenwindes den Aktien¬markt stützen. Investoren schichten aufgrund der niedrigen Zinsen am Anleihenmarkt ohne¬hin in Aktien um, denn die Dividendenrendite für den DAX® beträgt knapp 3 % und das ist deutlich mehr als derzeit am Anleihenmarkt an Zinserträgen zu erzielen ist. Bei kurz- bis mittelfristigen Laufzeiten rentieren Bundesan¬leihen im negativen Bereich.

Allerdings ist der DAX® durch die Gewinner¬wartungen nicht mehr günstig bewertet. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis liegt bei rund 13, einem vergleichsweise hohen Wert. Noch höher liegt die Bewertung beim S&P 500® mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von etwas über 16. Zudem herrscht in den USA ein höheres Zinsniveau als in Europa: Hier werfen die zehnjährigen Staatsanleihen eine Rendite von mehr als 2 % ab und das ist für manchen Investor eine gute Alternative zum Aktien¬markt. Neben dem Zinsniveau könnte auch die zwischen US-Notenbank und EZB aus-einanderlaufende Geldpolitik dafür sorgen, dass sich der DAX® künftig besser entwickelt als der S&P 500®. Anleger sollten in diesem Jahr außerdem die Entwicklung der Preise für Rohstoffe wie Öl und Kupfer weiter im Auge behalten. Sollten beide nach unten tendie¬ren, könnten das weitere Warnsignale für die Weltwirtschaft sein. In diesem Umfeld könnte den Aktienmärkten diesseits und jenseits des Atlantiks ein turbulentes Jahr bevorstehen.

 

 

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