2.Halbjahr 2016 wird es besser an der Börse
Author D.Selzer-McKenzie
Video: https://youtu.be/1NkvaAvcxOE
In den USA steigen die Zinsen, in Europa hofft man auf die
Kraft der Notenbanken, die Krise zu meistern. Keine guten Aus-sichten für Gold.
Trotzdem, Gold bleibt auch 2016 interessant, vielleicht nicht heute oder
morgen, aber später.
Je höher die Zinsen, desto unattraktiver das GoLd, besagt
eine Faustregel. Oder, um es noch etwas plakativer auszudrücken: Steigende
Zinsen sind Gift für Gold. Doch keine Faustregel ohne Wenn und Aber. Denn die
Zinsen sind nur ein Faktor, der eine Anlage in Gold, das keine Zinsen abwirft,
beeinflussen kann. Ebenso, vielleicht sogar noch mehr, ist das subjektive Sicher-heitsgefühL
der Investoren von Bedeutung, denn GoLd war und
ist auch immer ein Krisenmetall. In (scheinbar) schwierigen
Zeiten, wenn TraditioneLLes und Gewohntes infrage steht, dann Legen sich
Menschen gerne GoLd unter ihr Kopfkissen, in der stillen Hoffnung, dass man mit
diesem Schatz auch in unruhi¬gen Zeiten gut schlafen kann.
Doch den Einfluss der Zinsen auf den Goldpreis sollte man
dennoch nicht unterschätzen. So ist es sicherlich kein Zufall,
dass Gold ausgerechnet im Jahr 2011 seinen fulminanten
Höhenflug beende-te. Denn in diesem Jahr erhöhte die Europäische Zentralbank
(EZB) die Leit¬zinsen im Euroraum in zwei Schritten von 1,00 auf 1,50 Prozent.
Über den Sinn und Zweck dieser Zinsaktion kann man viel streiten, dem Gold versetzte
sie unterdessen den ersten kräftigen Schwerthieb. Der Preis für eine Unze fiel
von fast 2.000 auf rund 1.600 US-Dollar.
Zinsspekulationen nehmen kein Ende. Der zweite Schwerthieb
kam dann im Jahr darauf. Zwar beteuerte die US-Notenbank, damals noch unter
ihrem Chef Ben Bernanke, mehrfach, die Zinsen
nicht anzuheben, doch gleichzeitig zeig-
te sie sich sehr zuversichtlich über die
wirtschaftliche Entwicklung im Land. Das ließ am Markt
Zins-spekulationen aufkommen, die den Goldpreis massiv unter Druck brachten.
Von 1.600 ging es runter auf unter 1.200 US-Dollar.
Doch die Zinsspekulationen wollten auch in den folgenden
Jahren nicht aufhören. Das brachte den Goldpreis weiter unter Druck, bis heute.
Denn auch nach der Zinserhöhung im Dezem¬ber 2015 durch die US-Notenbank wird
viel über weitere Schritte spekuliert. Denn es ist völlig unklar, ob die
Erhöhung der Leitzinsen um 0,25 Prozent die Eröffnung einer neuen
Zinserhöhungsrunde darstellt oder nur ein „einmaliges" Ereig¬nis ist. Das
hängt im Wesentlichen vom Fortgang der wirt¬schaftlichen Entwicklung in den USA
ab, und dieser ist sehr ungewiss.
Fallende Zinsen im Rest der Welt. Der Kampf zwischen Gold
und Zinsen ist also noch nicht entschieden. Vor allem auch deshalb nicht, weil
die „Zinsfront" völlig uneins ist. Während man in den Vereinigten Staaten
nämlich erst einmaL auf stei¬gende Zinsen zu setzten scheint, kann quasi im
Rest der Welt die gegenteilige Entwicklung beobachtet werden, dort fallen die
Zinsen. Das ist vor allem in Europa und in vielen Emerging Markets so, zum
Beispiel in China. Dort hat die People's Bank of China (PBOC), Pekings
Notenbank, erst im Oktober die Leit¬zinsen um 0,25 auf 4,35 Prozent gesenkt.
Noch 2012 lagen sie bei 6,50 Prozent.
Ähnlich die Entwicklung in der Eurozone. Dort ging es von
1,50 Prozent im Jahr 2011 runter auf aktuell 0,05 Prozent. Und damit nicht
genug - immer mehr Experten fordern weitere Zinssenkungen deutlich unter die
Nullmarke. Kommt es zu einem solchem Schritt, werden Anleger, die ihr Geld auf
einem klassischen Sparkonto geparkt haben, letztendlich sogar Zinsen an die
Bank zahlen müssen. Undenkbar? Von wegen! In der Schweiz haben Banken bereits
angekündigt, dass sie für Kon¬toguthaben über 100.000 Franken im neuen Jahr
Strafzinsen erheben werden.
Bei Schwäche wird zugegriffen. Und so bekommt die am Anfang
des Textes zitierte Faustregel eine völlig neue Brisanz. Denn was in die eine
Richtung gilt, das gilt auch in die andere: Je niedriger die Zinsen, desto
attraktiver das Gold. „Negative Zinsen sind sehr positiv für Gold", so
auch die Einschätzung von Wilhelm Schröder, Fondsberater und Rohstoffexperte
(siehe Seite 42). Und das gleich in zweifacher Hinsicht. Denn da Gold keine
Zinsen abwirft, steigt nicht nur die relative At¬traktivität einer Anlage in
das Edelmetall, sondern Gold bekommt auch als Werterhalt eine völlig neue
Bedeutung: Anleger er¬halten auf Gold zwar keine Zinsen, aber sie müssen auf
Gold eben auch keine Strafzinsen zahlen.
Ein Umstand, der vielleicht auch das nach wie vor vorhandene
Interesse vor allem der privaten Anleger an Gold erklärt. Just in den Momenten,
in denen Gold in den zurückliegenden Jah- ren stark einbrach, war stets eine
steigende Nachfrage nach Goldbarren und Goldmünzen zu beobachten. Ein am
Finanzmarkt eher untypisches, da antizyklisches Verhalten, neigen Anleger doch
in der Masse zum prozyklischen Investieren - je höher die Kurse, desto mehr
wird gekauft und umgekehrt. Dass es sich bei Gold anders verhält, ist
bemerkenswert und spricht für das „reife Denken" der Anleger in
Bezug auf Gold.
12,3 Tonnen auf den American Eagle der US Mint entfielen,
eine Goldmünze, die sehr gerne von Privatanlegern nachgefragt wird. Ähnlich,
wenn auch nicht ganz so stark, die Entwicklung in Deutschland. Mit 31,7 Tonnen
wurden im dritten Quartal 2015 rund 33 Prozent mehr an Goldbaren und -münzen
nachgefragt. Aber auch in China griffen Anleger beherzt zu. Vor allem klei-
Starke Nachfrage nach Barren und Münzen. Davon zeugen auch
die Daten für die Nachfrage nach Goldbarren und -münzen im dritten Quartal
2015, die im November vom World Gold Council (WGC) veröffentlicht wurden.
Demnach legte die Nachfrage nach Barren und Münzen im Vergleich zum
Vorjahres¬quartal um 33 Prozent beziehungswei¬se 73,5 Tonnen auf 295,7 Tonnen
zu. Die prozentual größten Zuwächse waren dabei in den USA zu verzeichnen, wo
die Nachfrage um erstaunliche 207 Pro¬zent stieg und ein Volumen von 32,7
Tonnen erreichte. Interessant ist vor allem der Umstand, dass dabei alleinnere
Goldbarren erfreuten sich großer Beliebtheit. Unter dem Strich stieg die
Nachfrage nach Barren und Münzen im Vergleich zum Vorjahresquartal um 70
Prozent auf 52,3 Tonnen. Und in Indien legte die Nachfrage um sechs Prozent zu.
Dabei waren es auch hier wieder vor allem kleinere Goldmünzen mit einem Gewicht
von acht oder zehn Gramm, die gekauft wurden, was wiederum dafür spricht, dass
insbesondere Privatanleger den schwachen Goldpreis zum Einstieg nutzten.
Beachtenswert ist dabei vor allem die Tatsache, so das WGC, dass es sich bei
den Goldkäufen seitens der Privatanleger im dritten Quartal um ein weltweites
Phänomen handelt. Während man aus Asien und dem Nahen Osten solche
preissensitiven - sprich antizyklischen - Käufe gewohnt sei, seien
„Schnäpp-chenkäufe" bei Gold in Nordamerika und in Europa eher selten zu
registrieren. Auch dies könnte also ein Hinweis darauf sein, dass die privaten
Anleger die wirtschaftliche Erholung in den USA eher kritisch sehen und nicht
von einer längerfristigen Zinserhöhungsrunde ausgehen.
Institutionelle achten auf Zinsentwicklung. Doch die Privatan-leger
allein können den Goldpreis nicht retten. Das zeigt ein
ROHSTOFFMONITOR
Blick auf die Statistik des WGC. Denn im dritten Quartal
wurden zugleich 65,9 Tonnen an Gold über Exchange-Traded Funds (ETFs) und
ähnliche Finanzprodukte verkauft. Das sind Produk¬te, die vor allem von
institutionellen Investoren im großen Stil gehandelt werden. Ihre Verkäufe
haben die zusätzlichen Käu¬fe der Privatanleger an Barren und Münzen im dritten
Quartal nahezu neutralisiert.
Dabei orientierten sich die Institutionellen, so die
Beobachtung des WGC, vor allem an den Zinsdiskussionen in den USA. Po¬sitive
Wirtschaftsdaten, die eine Zinserhöhung durch die Fed wahrscheinlicher machten,
führten vor allem im Juli zu einem deutlichen Anstieg der Short-Positionen auf
Gold an den Ter¬minbörsen. Das drückte den Goldpreis, was wiederum von den
Privatanlegern für Käufe von Goldbarren und -münzen genutzt wurde.
Blick auf das zweite Halbjahr. Das prozyklische Verhalten
der Institutionellen dürfte denn auch ein wichtiger Grund dafür sein, dass
konkrete Prognosen zur weiteren Performance des Goldpreises sehr schwer sind.
Da das Verhalten der instituti-onellen Anleger am Goldmarkt die wirtschaftliche
Entwicklung in den USA widerspiegelt, mit all ihrer Unsicherheit, ist nicht
abzusehen, ob die Nachfrage nach Gold und Finanzprodukten auf das Edelmetall in
naher Zukunft eher stärker oder schwä-cher ausfallen wird.
Dass Private und Institutionelle an einem Strang ziehen und
den Goldpreis mit vereinten Kräften nach oben ziehen, damit ist wohl erst dann
zu rechnen, wenn die Krise an die Finanz-märkte zurückkehrt. Einige Experten
rechnen mit einem solchen Szenario in der zweiten Jahreshälfte 2016. So etwa
auch Fondsberater und Rohstoffexperte Wilhelm Schröder. Er sagt: „2016 könnte
ein zweigeteiltes Jahr werden - zunächst negativ, dann aber mit einer Erholung
beim Goldpreis in der zweiten Hälfte
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