Nachhaltiges Investment
Author D.Selzer-McKenzie
Video: https://youtu.be/kdMXwSuVgZY
Nachhaltige Kapitalanlagen, die ökologische und
gesellschaftliche Aspekte berücksichtigen, erfreuen sich wachsender
Beliebtheit. Doch kann man mit ihnen auch Gewinne erzielen? Und was ist eine
nachhaltige Kapitalanlage überhaupt?
Was denken Sie, wie viel Kohlenstoffdioxid beim Transport
eines sagen wir mal 50 Kilogramm schweren Pakets, das vom Ruhrgebiet ins
südliche Bayern transportiert wird, ausgesto¬ßen wird? Nun, laut Berechnungen
des Logistikdienstleisters DHL sind es rund drei Kilogramm CO2. Dabei wird
lediglich der Spritverbrauch des Transportfahrzeugs berücksichtigt, eine
Methode, die als Tank-to-Wheel bezeichnet wird. Bezieht man auch die
Herstellung des Sprits mit ein, die Förderung des Öls und die Raffination zu
Benzin oder Diesel, dann sind es sogar rund vier Kilogramm CO2.
CO2 ermöglicht Leben. Eine stolze Menge, die verdeutlicht,
wie stark unsere Umwelt durch die vielen Millionen Pakete belastet wird, die
tagtäglich befördert werden. Dabei macht der Pakettransport nur einen Bruchteil
der Gesamtmenge an
CO2-Emissionen aus. Der Autoverkehr allgemein, die Erzeugung
von Energie, die Industrie und die Luftfahrt - es gibt viele Verursacher von
CO2. Im Schnitt, so etwa die Umweltorganisa¬tion World Wildlife Fund (WWF),
produziert jeder Bundesbürger durch sein Konsumverhalten, durch seine Art der
Fortbewegung und seine Ernährung im Jahr 10,6 Tonnen CO2.
Dabei ist CO2 nicht pauschal schlecht für die Umwelt. Ganz
im Gegenteil, ohne CO2, das auch zur Gruppe der Treibhaus-gase gezählt wird,
gäbe es kein Leben auf der Erde. Denn erst die Treibhausgase reflektieren die
von der Erde ausgehende Wärme, die zuvor von der Sonne erhitzt wurde. Dadurch
einsteht ein recht behagliches Klima, das das Leben, so wie wir es kennen und
definieren, überhaupt erst möglich macht. Zudem ist CO2 „Nahrung" für die
Pflanzen, sie nehmen es auf und wandeln es mithilfe der Photosynthese in Zucker
um.
Weltklima in Gefahr. Doch wie so oft im Leben ist alles eine
Frage der Menge. Nehmen die Treibhausgase zu, nimmt die Konzentration von CO2
in der Luft zu stark zu und das labile „Erdenklima" droht zu kippen.
Wurden etwa noch Mitte der 1960er im Schnitt nur etwa elf bis zwölf Milliarden
Tonnen CO2 weltweit ausgestoßen, so dürfte es 2014 laut Berech-nungen des BP Statistical
Review of World Energy schon mehr als die dreifache Menge gewesen sein, nämlich
über 35 Milliarden Tonnen.
Die Folgen dieser dramatischen Vermehrung sind deutlich zu
spüren - es wird wärmer, wärmer und immer wärmer. Das hat wiederum zur Konsequenz,
dass das Eis an den Polkappen schmilzt, der Meeresspiegel steigt, schwere
Stürme zunehmen, Überschwemmungen und Verwüstun¬gen zur Alltäglichkeit werden.
350 Millionen Klimaflüchtlinge. Was dann kommt, ist
ebenfalls vorhersehbar: immer mehr Menschen machen sich in den besonders von
Unwettern bedrohten Gebieten auf, packen ihre Sachen und ziehen in Gegenden,
die noch vergleichsweise sicher sind, so etwa nach Mitteleuropa und
Nordamerika. Was da auf uns zukommt, so die über-wiegende Einschätzung von Klima-
und Bevölkerungsex-perten, ist eine Völkerwanderung biblischen Ausmaßes. Bis
2050, so eine Studie der Vereinten Nationen (UN), könnten bis zu 350 Millionen
Menschen vor den Folgen der Klimaerwärmung flüchten. Derzeit sind es laut
Schätzungen von Greenpeace etwa 20 Millionen Men¬schen.
Nachhaltige Kapitalanlagen werden immer beliebter. Doch die
Veränderung des Weltklimas ist nur ein großes Mensch-heits-/Umweltthema, dass
nicht nur Politik und Gesellschaft bewegt, sondern mehr und mehr auch die
Börsen. Dort wächst nämlich seit Jahren die Nachfrage nach sogenannten
nach¬haltigen Kapitalanlagen rasant. Allein im Zeitraum 2012 bis 2014 hat sich
das weltweite Volumen nachhaltiger Kapital¬anlagen laut der Global Sustainable
Investment Alliance (GSIA) von 13,3 Billionen auf 21,4 Billionen US-Dollar
aus¬geweitet. Das entspricht einem Marktanteil von 30 Prozent am globalen
verwalteten Gesamtvermögen im Jahr 2014. Dabei hegt Europa mit 13,6 Billionen
US-Dollar auf Platz eins, gefolgt von den USA mit 6,6 Billionen US-Dollar. Das
sind beeindruckende Zahlen, die dokumentieren, dass nachhaltige Kapitalanlagen
den Nerv der Zeit zu treffen scheinen und das tiefe Bedürfnis der Anleger, auch
privater, nach Geldinvestitionen widerspiegeln, die über ökonomische Faktoren
hinaus soziale und ökologische Kriterien berück¬sichtigen. Davon zeugen auch
die jüngst von der französi¬schen Ratingagentur Vigeo in der Studie „Green,
Social and Ethical Funds in Europe" veröffentlichten Zahlen zur
Ent¬wicklung am europäischen Markt für Publikumsfonds, die nachhaltige
Kapitalanlagen anbieten. Ihre Anzahl hat sich in den zurückliegenden zwölf
Jahren vervierfacht. Waren es im Juni 2003 rund 300 Fonds, so belief sich Ihre
Anzahl im Sommer 2015 auf 1.204.
Parallel dazu hat sich auch das in ihnen verwaltete
Vermö¬gen explosionsartig vermehrt. Vor zwölf Jahren dürften es 12,5 Milliarden
Euro an Anlagekapital gewesen sein, das „nachhaltig" investiert sein
wollte, im Juni 2015 waren es laut Vigeo schon knapp 136 Milliarden Euro, also
mehr als zehnmal so viel.
Sieben Konzepte der Nachhaltigkeit. Doch was ist eine
nachhaltige Kapitalanlage? Eine im Grunde genommen simple Frage, auf die es
aber leider keine einfache Antwort gibt. Denn Nachhaltigkeit kann erst einmal
ziemlich viel bedeuten. So gibt es als „nachhaltige Kapitalanlage"
be-zeichnete Investments, die ausschließlich bestimmte Reizthe-men wie Rüstung,
Tabak oder Atomenergie bei ihrer Anla-gestrategie ausschließen. Andere setzen
nur auf Erneuer¬bare Energien oder favorisieren Unternehmen, die möglichst
wenig CO, ausstoßen. Wiederum andere beachten auch soziale Kriterien, etwa die
Einhaltung von Menschen- und Arbeitnehmerrechten.
Nachhaltige Kapitalanlage ist also ein sehr umfassender
Begriff, in dem sich Anleger erst einmal zurechtfinden müssen. Eine wertvolle
Hilfe bietet hier das European Sus-tainable and Responsible Investment Forum,
kurz Eurosif. Dabei handelt es sich um einen europaweiten Zusammen-schluss von
Pensionsfonds, Vermögensverwaltern, Nicht-Regierungs-Organisationen (NRO),
Gewerkschaften, akade-mischen Instituten und Forschungsdiensten, der es sich
zur Aufgabe gemacht hat, das Thema Nachhaltigkeit ganz all-gemein in der
Wirtschaft und nachhaltige Kapitalanlagen im Speziellen an den Finanzmärkten zu
fördern. Eurosif unterscheidet grundsätzlich sieben Konzepte nachhaltiger
Kapitalanlagen, die im Englischen auch als Socially Res-ponsible Investments
(SRI) bezeichnet werden. "Socially Responsible Investments" dient,
wie im Deutschen die Bezeichnung „nachhaltige Kapitalanlage" oder
„Nachhal-tigkeit", als Oberbegriff für zum Teil sehr unterschiedliche
Anlagekonzepte und deren Komplexität bei der Analyse und Auswahl der
Investments.
Branchenausschlüsse reichen nicht mehr. Nach Anlagevo-lumen
gemessen überwiegen noch deutlich jene Produkte, die nach dem Konzept der
einfachen Ausschlusskriterien geführt werden. Das heißt, bis auf wenige
Einschränkungen,
die in der Regel pauschal bestimmte Branchen/Industrien
betreffen - vor allem Rüstung, Tabak/Alkohol und Kernkraft - kann ziemlich frei
investiert werden.
Dass diese Gruppe am Markt dominiert, dürfte einerseits mit
ihrer relativ einfachen Funktionsweise, andererseits aber auch mit dem Umstand
zu tun haben, dass für ihr Management vergleichsweise wenig Rechercheaufwand
erforderlich ist. Doch der simple Ausschluss von bestimmten problematischen
Branchen/Themen reicht vielen Anlegern nicht mehr. Sie bevorzugen mehr und mehr
ein aktives Herangehen an die
KONZEPTE VON SOCIALLY RESPONSIBLE INVESTMENTS (SRI)
• einfache
Ausschlusskriterien („Exclusions")*: Gesellschaftlich-problematischen
Themen wie Rüstung, Atomenergie oder Tabak werden von vorherein ausgeschlossen.
• wert- oder
normbasierte Ausschlusskriterien („Norms-based screening"): Ausschluss von
Unternehmen/Branchen mit Ver¬stößen etwa gegen die zehn Prinzipien des UN
Global Compact (Menschenrechte, Arbeitsnormen, Umweltschutz und Korruption).
• Positivkriterien
(„Best-in-Class selection"): Berücksichtigung von Unternehmen/Branchen mit
positiven Beiträgen zum Um¬weltschutz oder zu den Lebensbedingungen der
Menschen. Best-in-Class-Konzepte wählen die Unternehmen einer Branche aus, die
die vergleichsweise höchsten ökologischen und/oder sozialen Leistungen
erbringen.
• thematische
Auswahl („SustainabiLity themed"): Es stehen nur Unternehmen zur Auswahl,
die in Branchen arbeiten, die im Ganzen einen positiven Beitrag in Sachen
Nachhaltigkeit leisten, also etwa Photovoltaik, Wasserkraft oder
Umwelttech¬nologien.
• Integration
von ESG-Kriterien („ESG Integration"): Berück¬sichtigung der
unternehmerischen Entscheidungen und ihrer Auswirklungen auf ökologische und
soziale (Environment, So-cial and Governance (ESG)) Aspekte.
• gezieltes
Engagement („Engagement and voting"): Es wird gezielt in Unternehmen mit
„Nachhaltigkeitsproblemen” in¬vestiert, um auf Aktionärsversammlungen Druck
aufzubauen, bis hin zum gezielten Divestment, also dem Abzug von Kapital.
• Kombination
aus den genannten Ansätzen („Impact investing" Unternehmen und eine
Bewertung ihrer unternehmerischen Hand-lungen, erst einmal weitgehend
unabhängig davon, in welchen Branchen sie tätig sind.
Dass dieser Wunsch verständlich und sinnvoll ist, macht ein
ein-faches Gedankenspiel plausibel: Ein Produzent von Solarzellen etwa würde
nach dem einfachen Ausschlusskriterium sicherlich nicht von dem Verbot einer
Auf-nahme in einen entsprechend agierenden Fonds betroffen sein. Ganz im
Gegenteil, allein seine Branchenzugehörigkeit Photovol-taik macht ihn zu einem
bevor-zugten Anlageobjekt. Doch was ist, wenn der Hersteller seine Solarzellen
in einem Land produ-zieren lässt, in dem weder Men-schenrechte noch
Arbeitsnormen eingehalten werden? Wenn Ar-beiter selbst für landestypische
Verhältnisse Dumpinglöhne aus-gezahlt bekommen? Wenn am Arbeitsplatz keinerlei
Sicherheits-vorschriften eingehalten und beim Produktionsprozess entstandene
Abfälle nichtfachgerecht entsorgt werden?
TITELTHEMA
■
KI
Auf dem Weg ins "Grüne": Nachhaltige
Kapitalanlagen werden immer beliebter
Ökologische und gesellschaftliche Aspekte. Die Antwort
leuchtet ein: Ein solches Unternehmen gehört natürlich nicht in ein Produkt,
das das Emblem der Nachhaltigkeit hochhält. Deswegen wurden neue Anlagekonzepte
entwickelt, die deut-lich verfeinert vorgehen, bei denen aber auch der
Researchauf-wand um ein Vielfaches größer ausfällt. So etwa bei Produkten, die
ökologische und gesellschaftliche Aspekte berücksichtigen. Ein Anlagekonzept,
das in den zurückliegenden Jahren an Beachtung in der Finanzszene deutlich
zugenommen hat. Für diese Herangehensweise hat sich mittlerweile das Kürzel
„ESG" - das für den englischen Begriff „Environment, Social and
Governance" (auf Deutsch Umwelt, Gesellschaft und
Unter-nehmensführung) steht - eingebürgert. Was meint ESG? Unter ESG versteht
man eine Bewertung aller Aktivitäten von Unternehmen, die direkt oder indirekt
Rückschlüsse auf das soziale und natürliche Umfeld zur Folge haben. „ESG ist
international sowohl in Unternehmen als auch in der Fi-nanzwelt etabliert, um
auszudrücken, ob und wie bei Ent-scheidungen von Unternehmen [...] ökologische
und soziale Aspekte [...] beachtet werden", erklärt etwa das Lexikon der
Nachhaltigkeit, herausgegeben von der Aachener Stif¬tung Kathy Beys.
Gewinne dank Rücksicht. Dabei meint ESG weitaus mehr als nur
eine bloße „Berücksichtigung" ökologischer und sozialer Aspekte bei der
Unternehmensführung, die möglicherweise auch eine Beeinträchtigung der
unternehmerischen Freiheit zur Folge haben könnte, mithin eine Schmälerung des
Um-satzes oder des Gewinns des Unternehmens. Vielmehr wird der Ansatz
vertreten, dass gerade im nachhaltigen Handeln ein Langfristiger
wirtschaftlicher Vorteil für den Unternehmer zu finden ist - dass also Gewinne
dank Berücksichtigung von ökologischen und sozialen Aspekten erzielt werden,
und nicht Gewinne trotz ihrer Beachtung anfallen. „Die Integra¬tion von
ESG-Kriterien ist ein Managementansatz, der die langfristige Performance für
die Anspruchsberechtigten maximiert", so denn auch die Studie „ESG
Perception and Integration Practices" der französischen Researchagentur
Novethic.
Soll heißen, wenn ein Unternehmen ökologische und soziale
Aspekte bei der Unternehmensführung beachtet, profitieren davon früher oder
später alle, auch die Akti¬onäre.
Besser als der DAX. Dass diese Annahme durchaus berechtigt
sein könnte, zeigt ein Blick auf Unternehmen, die in Sachen ESG Spitzenreiter
sind. Der deutsche Indexanbieter Solactive etwa bewertet seit einiger Zeit in
Zusammenarbeit mit der französischen Ratingagentur Vigeo im STOXX Europe 600
Index gelistete europäische Unternehmen auf ESG-Kriterien und fasst diese,
unter Berücksichtigung weiterer Auswahl¬kriterien, im Ethical Europe Climate
Care Index zusammen. Historische Rückrechnungen zeigen dabei, dass es der Index
in seiner Performancevariante, also unter Einberechnung aller
Dividendenausschüttungen, seit Anfang 2010 bis heute auf einen Wertzuwachs von
rund 110 Prozent gebracht hät¬te. Der DAX, ebenfalls ein Performanceindex,
hingegen kommt nur auf ein Plus von rund 80 Prozent.
Nun mag dieser „Wettkampf" nicht ganz fair sein, da bei
der Auswahl der Unternehmen für den Ethical Europe Climate Care Index auch
Finanzkriterien wie die Höhe der Dividen-denrendite berücksichtigt werden, was
beim DAX nicht der Fall ist, doch die Outperformance ist so eklatant, dass man
durchaus annehmen kann, dass der Aspekt des Ethischen eine positive Resonanz
auf das Verhalten der Kurse der be-treffenden Unternehmen an der Börse hat.
Carbon Bobbie bedroht Unternehmen. Doch auch die Beachtung
von ESG-Kriterien reicht einigen Investoren nicht mehr. Sie fordern eine aktive
Einmischung der Anle¬ger, der Aktionäre, ja der gesamten Finanzszene in die
Unternehmensführung. So etwa in Bezug auf den Klima-wandel. „Anleger müssen
aktiv die Energiewende gestalten". Das ist eine der zentralen Aussagen,
mit der eine neue
„DIE DIFFERENZ NENNEN WIR KOHLENSTOFF-BLASE"
„Wir haben jene Top-200 Unternehmen an der Börse untersucht,
die fossile Energieträger fördern, und zwar hinsichtlich ihrer
Entwicklungspläne für neue Kohle- und Öllagerstätten. Dabei haben wir
herausgefunden, dass die Emissionen an Kohlen-stoffdioxid, die bei der Verbrennung
der fossilen Energieträger, die diese Unternehmen fördern wollen, entstehen
würden, rund 1.500 Gigatonnen entsprechen würden. Die Menge, auf die wir
unseren Ausstoß jedoch reduzieren müssen, um die auf dem Weltklimagipfel in
Paris beschlossene 2-Grad-Grenze nicht zu verletzten, liegt bei 900 Gigatonnen.
Die Differenz zwischen diesen beiden Größen nennen wir
„Kohlenstoff-Blase".
Unsere Empfehlung tautet daher, dass alle neuen Projekte,
die das 2-Grad-Ziel vereiteln würden, gestoppt werden müssen, und wir sind uns
sicher, dass das auch passieren wird."
Bewegung die Finanzszene durcheinanderwirbelt. Dabei sind es
nicht irgendwelche „Träumer", die dies sagen, sondern faktenorientierte
Anlagespezialisten wie Mark Campanale von der Nicht-Regierungs-Organisation
(NRO) Carbon Tracker. In zahlreichen Publikationen und Vorträ¬gen warnt er
Anleger davor, in Unternehmen zu investie¬ren, denen mehr und mehr der Boden
unter den Füßen weggezogen wird.
Unternehmen, die ihre scheinbare Werthaltigkeit etwa auf
fossile Rohstoffvorkommen und Produktionsmethoden grün¬den, die sie in Zukunft
gar nicht mehr fördern beziehungs¬weise anwenden können, weil internationale
Gesetze zur Reduzierung des Ausstoßes von CO2 dies bald unmöglich machen
könnten. Diese Unternehmen sind hochriskant, vor allem auch an der Börse. Sie
hocken auf einer Blase, einer „Carbon Bubble" (auf Deutsch
„Kohlenstoff-Blase"), wie Cam-panale sie bezeichnet. Wenn sie platzt,
droht den betreffen¬den Unternehmen der Absturz.
Anleger ziehen Geld ab. Doch nach Campanale müssen An-leger
dies nicht nur erkennen, um ihr Geld zu schützen. Sie sollen selbst durch
gezieltes Umschichten ihres Kapitals („Divestment") Druck auf die
Unternehmenswelt ausüben, schnellstmöglich den Ausstoß von CO2 zu reduzieren
und die Energiewende herbeizuführen.
Ein Gedanke, der in der internationalen Finanzszene immer
mehr Anhänger findet. Laut dem aktuellen „Arabella Advisors Report" haben
derzeit 436 Institutionen und 2.040 individu-elle Personen aus 43 Ländern mit
einem verwalteten Ge-
"DIE KLAGE DER ARMEN HÖREN"
Papst Franziskus, in: Enzyklika Laudato si, Über die Sorge
für das gemeinsame Haus, Mai 2015
Der Divestment-Gedanke breitet sich auch mehr und mehr in
andere Bereiche des Ökologischen und Sozialen aus. Die Be-wegung beruft sich
dabei unter anderem auf eine richtungs-weisende Aussage von Papst Franziskus in
einer Enzyklika:
„Wir kommen jedoch heute nicht umhin anzuerkennen, dass ein
wirklich ökologischer Ansatz sich immer in einen sozialen Ansatz verwandelt,
der die Gerechtigkeit in die Umweltdiskus¬sionen aufnehmen muss, um die Klage
der Armen ebenso zu hören wie die Klage der Erde."
samtvermögen von 2,6 Billionen US-Dollar zugesichert, ihr
Kapital aus fossilen Energien abzuziehen und damit die Klimarisiken aus ihren
Portfolios zu entfernen.
Zu ihnen gehört etwa der deutsche Versicherungskonzern
Allianz. Sein Chef Oliver Bäte gab Ende November bekannt,
dass man in Zukunft nicht mehr in Unternehmen investieren werde, die mehr als
30 Prozent ihres Umsatzes mit dem Kohlebergbau oder Kohleverfeuerung
erwirtschaften. Die Allianz legt nach eigenen Angaben immerhin rund 630
Mil-liarden Euro an den Kapitalmärkten an.
Gestalten und profitieren. Die Entwicklung der
ESG-Kriteri-en und die Divestment-Szene zeigen, dass „Nachhaltigkeit" und
„nachhaltige Kapitalanlage" heute weit mehr bedeuten als das bloße Umgehen
von problematischen und gesellschaft¬lich umstrittenen Branchen. Socially
Responsible Invest¬ments sind mehr und mehr eine aktive Kapitalanlage, die
nicht nur vom Nachhaltigkeitstrend profitieren, sondern ihn selbst gestalten
und forcieren will.
Das gilt gerade auch für Branchen, die bislang von der
„nachhaltigen Kapitalanlage" mehr oder weniger pauschal ausgeschlossen
wurden, wie etwa die Atomenergie oder die Rüstung. Sie werden verstärkt in den
Fokus der Divest-ment-Bewegung rücken, was für die betroffenen Unter¬nehmen
extreme Risiken, aber vielleicht auch - hier und da - große Chancen eröffnet.
Denn sie werden sich auf
Druck der „Divest-Investoren" quasi neu erfinden
müssen. Beste Beispiele hierfür sind RWE und Eon. Sie haben Maßnah¬men zur
Umstrukturierung angekündet, etwa durch die Aus¬gliederung der Erneuerbaren
Energien in separate Gesellschaf¬ten, die dann auch an der Börse gelistet werden
sollen, aber das können nur erste Schritte gewesen sein, weitere tief
grei¬fende Maßnahmen müssen folgen.
DIE MACHT DES WASSERS
Was ist wertvoller als Gold? Richtig, Was-ser. Denn Wasser
bedeutet Leben. Doch mit Wasser wurde bislang oft sehr nach-lässig umgegangen.
Da scheinbar unbe-grenzt viel von dem Element vorhanden ist, ist es in den
Augen vieler Menschen nahezu wertlos. Doch der Schein trügt, und zwar gewaltig.
Denn das meiste auf der Erde vorhandene Wasser kann so erst einmal nicht von
Mensch, Tier und Pflan¬ze genutzt werden, da es Salzwasser ist. Nur 3,5 Prozent
des vorhandenen Wassers ist Süßwasser, vieles davon aber in Eis und im Boden
gebunden. Für den Menschen nutzbar sind nur etwa 0,3 Prozent allen Süßwassers.
Nachhaltige Wasserwirtschaft. Mit diesen 0,3 Prozent muss
zunehmend gehaushaltet werden. Es darf nicht mehr verunreinigt SOLARENERGIE -
GUTE AUSSICHTEN FÜR 2016
Auf rund 223 Gigawatt dürfte Ende 2015 nach vorläufigen
Zahlen die weltweite Photovoltaikleistung angestiegen sein. Im Vergleich zum
Vorjahr würde das einen Zubau von rund 50 Gigawatt bedeuten. Stärkster Markt
war dabei China. Mit 17,6 Gigawatt belegt das Land Platz eins in der Liste der
neu installierten Leistung im zu-rückliegenden Jahr. Und auch für 2016 sind die
meisten Branchenbeobachter zuver¬sichtlich. So erwartet Mercom Capital Group
einen Zubau von 64,7 Gigawatt. „Die größten Märkte im Jahr 2016 werden wie-der
China, die USA und Japan sein; wobei die USA wohl Japan als zweitgrößten Markt
hinter China ablösen können. Diese drei Länder werden etwa 65 Prozent der
Ins-tallationen im nächsten Jahr auf sich ver-einen", so Raj Prabhu von
Mercom.
Branche Leidet unter Überkapazitäten. Das sind gute
Nachrichten, vor allem auch für die Produzenten von Solarzellen. Sie haben in
den zurückliegenden Jahren mas¬siv unter Überkapazitäten gelitten. Die Preise
für Solarmodule rauschten in den
Keller, rissen Firmen wie die hierzulande sehr bekannten
Solon, Conergy, Q-Cells, S.A.G. Solarstrom und Solar-Fabrik in die Insolvenz.
Verstärkt wurde der Trend nach unten noch durch den Umstand, dass Län¬der wie
China hohe Subventionen in die landeseigene Solarbranche schaufelten, die den
Preisdruck aus Fernost zusätzlich anheizten.
Auch wenn diese Entwicklung noch nicht völlig gestoppt ist,
nach wie vor werden etwa in China hohe Produktionskapazi¬täten an den
Markt¬bedürfnissen vorbei hinzugebaut, bringt es doch erst einmal eine
Entlastung für die Solarzellenhersteller mit sich. Das spiegelt sich auch in
deren Börsenkursen wider, die sich 2015 unter dem Strich oft positiv entwickelt
haben.
Der Solar Energy TR Index. Vor diesem Hintergrund lohnt ein
Blick auf den Solar Energy Total Return (TR) Index. Er enthält zehn weltweit
führende Hersteller von Produkten für die Erzeugung von Solar-energie, etwa
First Solar und Trina Solar. Eine aktuelle Auflistung der Mitglieder, die im
Index unterschiedlich stark gewichtet sind, finden interessierte Anleger auf
www. bnp.de
Divestment breitet sich aus. Aber auch die klassischen
Rohstoffkonzerne wie etwa BHP Billiton, Rio Tinto, Vale und Anglo American
werden sich wandeln müssen. Auch wenn bei ihnen das Thema CO2-Ausstoß eher eine
untergeordne¬te Rolle spielt, zeigt die Verseuchung des Flusses Rio Doce in
Brasilien durch den Bruch eines Schlammbeckens in einer Eisenerzmine, die von
BHP Billiton und Vale geführt wird, mal wieder, wie gefährlich der Abbau von
Rohstoffen allgemein ist und wie fahrlässig mit den Gefahren oft um¬gegangen
wird.
Zudem: „Menschenrechtswidrige Umsiedlungen der
ein-heimischen Bevölkerung, die Vernichtung von Ökosystemen und damit verbunden
die Zerstörung der Lebensgrundlagen der anrainenden Bevölkerung sowie hohe
Raten an Arbeits-unfällen gehören zu den oft genannten Nachteilen der
Rohstoffförderung in Entwicklungsländern", so die kritische Feststellung
einer Studie des gemeinnützigen Südwind-Instituts.
Zukunft nicht mehr in Rohstoffkonzerne zu investieren, die
mit „schweren Umweltproblemen" in Verbindung gebracht werden.
Die GreenTech-Leitmärkte. Quasi auf der anderen Seite der
Entwicklung stehen jene Branchen und Unternehmen, die das deutsche
Bundesministerium für Umwelt, Natur¬schutz, Bau und Reaktorsicherheit als
GreenTech-Leit-märkte bezeichnet. Sie sollen in den kommenden Jahren im Schnitt
um jährlich sechs Prozent wachsen. „Das globale Marktvolumen der Umwelt- und
Effizienztech-nologien betrug im Jahr 2013 rund 2,5 Bittionen Euro und wird bis
2025 auf mehr als fünf Bittionen Euro zulegen", so die zuständige
Bundesministerin Dr. Barbara Hendricks in einem Gespräch mit Olaf Hordenbach
von MÄRKTE & ZERTIFIKATE (siehe folgende Seiten).
Eine Thematik, zu der das Ministerium auch eine Studie mit
dem Titet „GreenTech made in Germany 4.0" verfasst hat. In ihr heißt es
weiter: „Bei der Expansion der Ge-
samtbranche legen die einzelnen Leitmärkte ein
unter-schiedliches Tempo an den Tag. Besonders dynamisch entwickeln sich die
Leitmärkte Nachhaltige Mobilität, Rohstoff- und Materialeffizienz sowie
Umweltfreundliche Erzeugung, Speicherung und Verteilung von Energie." Das
passt auch zur Einschätzung vieler Finanz- und An-lageexperten. So meint etwa
Jochen Wermuth vom deut¬schen Vermögensverwalter Wermuth Asset Management: „Wir
befinden uns mitten in einer neuen industriellen Revolution - vom
Kohtezeitatter hin zu einer klimafreund¬lichen Wirtschaft. Im Zuge dieser
Transformation wird es signifikante Verlierer und neue aufstrebende
ressour-ceneffiziente Unternehmen, etwa aus den Bereichen Erneuerbare Energien,
Elektromobilität und Stromspeicher, geben."
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