Sonntag, 31. Januar 2016

Nachhaltiges Investment


Nachhaltiges Investment

Author D.Selzer-McKenzie

Video: https://youtu.be/kdMXwSuVgZY

Nachhaltige Kapitalanlagen, die ökologische und gesellschaftliche Aspekte berücksichtigen, erfreuen sich wachsender Beliebtheit. Doch kann man mit ihnen auch Gewinne erzielen? Und was ist eine nachhaltige Kapitalanlage überhaupt?

 

Was denken Sie, wie viel Kohlenstoffdioxid beim Transport eines sagen wir mal 50 Kilogramm schweren Pakets, das vom Ruhrgebiet ins südliche Bayern transportiert wird, ausgesto¬ßen wird? Nun, laut Berechnungen des Logistikdienstleisters DHL sind es rund drei Kilogramm CO2. Dabei wird lediglich der Spritverbrauch des Transportfahrzeugs berücksichtigt, eine Methode, die als Tank-to-Wheel bezeichnet wird. Bezieht man auch die Herstellung des Sprits mit ein, die Förderung des Öls und die Raffination zu Benzin oder Diesel, dann sind es sogar rund vier Kilogramm CO2.

CO2 ermöglicht Leben. Eine stolze Menge, die verdeutlicht, wie stark unsere Umwelt durch die vielen Millionen Pakete belastet wird, die tagtäglich befördert werden. Dabei macht der Pakettransport nur einen Bruchteil der Gesamtmenge an

 

CO2-Emissionen aus. Der Autoverkehr allgemein, die Erzeugung von Energie, die Industrie und die Luftfahrt - es gibt viele Verursacher von CO2. Im Schnitt, so etwa die Umweltorganisa¬tion World Wildlife Fund (WWF), produziert jeder Bundesbürger durch sein Konsumverhalten, durch seine Art der Fortbewegung und seine Ernährung im Jahr 10,6 Tonnen CO2.

Dabei ist CO2 nicht pauschal schlecht für die Umwelt. Ganz im Gegenteil, ohne CO2, das auch zur Gruppe der Treibhaus-gase gezählt wird, gäbe es kein Leben auf der Erde. Denn erst die Treibhausgase reflektieren die von der Erde ausgehende Wärme, die zuvor von der Sonne erhitzt wurde. Dadurch einsteht ein recht behagliches Klima, das das Leben, so wie wir es kennen und definieren, überhaupt erst möglich macht. Zudem ist CO2 „Nahrung" für die Pflanzen, sie nehmen es auf und wandeln es mithilfe der Photosynthese in Zucker um.

Weltklima in Gefahr. Doch wie so oft im Leben ist alles eine Frage der Menge. Nehmen die Treibhausgase zu, nimmt die Konzentration von CO2 in der Luft zu stark zu und das labile „Erdenklima" droht zu kippen. Wurden etwa noch Mitte der 1960er im Schnitt nur etwa elf bis zwölf Milliarden Tonnen CO2 weltweit ausgestoßen, so dürfte es 2014 laut Berech-nungen des BP Statistical Review of World Energy schon mehr als die dreifache Menge gewesen sein, nämlich über 35 Milliarden Tonnen.

Die Folgen dieser dramatischen Vermehrung sind deutlich zu spüren - es wird wärmer, wärmer und immer wärmer. Das hat wiederum zur Konsequenz, dass das Eis an den Polkappen schmilzt, der Meeresspiegel steigt, schwere Stürme zunehmen, Überschwemmungen und Verwüstun¬gen zur Alltäglichkeit werden.

350 Millionen Klimaflüchtlinge. Was dann kommt, ist ebenfalls vorhersehbar: immer mehr Menschen machen sich in den besonders von Unwettern bedrohten Gebieten auf, packen ihre Sachen und ziehen in Gegenden, die noch vergleichsweise sicher sind, so etwa nach Mitteleuropa und Nordamerika. Was da auf uns zukommt, so die über-wiegende Einschätzung von Klima- und Bevölkerungsex-perten, ist eine Völkerwanderung biblischen Ausmaßes. Bis 2050, so eine Studie der Vereinten Nationen (UN), könnten bis zu 350 Millionen Menschen vor den Folgen der Klimaerwärmung flüchten. Derzeit sind es laut Schätzungen von Greenpeace etwa 20 Millionen Men¬schen.

Nachhaltige Kapitalanlagen werden immer beliebter. Doch die Veränderung des Weltklimas ist nur ein großes Mensch-heits-/Umweltthema, dass nicht nur Politik und Gesellschaft bewegt, sondern mehr und mehr auch die Börsen. Dort wächst nämlich seit Jahren die Nachfrage nach sogenannten nach¬haltigen Kapitalanlagen rasant. Allein im Zeitraum 2012 bis 2014 hat sich das weltweite Volumen nachhaltiger Kapital¬anlagen laut der Global Sustainable Investment Alliance (GSIA) von 13,3 Billionen auf 21,4 Billionen US-Dollar aus¬geweitet. Das entspricht einem Marktanteil von 30 Prozent am globalen verwalteten Gesamtvermögen im Jahr 2014. Dabei hegt Europa mit 13,6 Billionen US-Dollar auf Platz eins, gefolgt von den USA mit 6,6 Billionen US-Dollar. Das sind beeindruckende Zahlen, die dokumentieren, dass nachhaltige Kapitalanlagen den Nerv der Zeit zu treffen scheinen und das tiefe Bedürfnis der Anleger, auch privater, nach Geldinvestitionen widerspiegeln, die über ökonomische Faktoren hinaus soziale und ökologische Kriterien berück¬sichtigen. Davon zeugen auch die jüngst von der französi¬schen Ratingagentur Vigeo in der Studie „Green, Social and Ethical Funds in Europe" veröffentlichten Zahlen zur Ent¬wicklung am europäischen Markt für Publikumsfonds, die nachhaltige Kapitalanlagen anbieten. Ihre Anzahl hat sich in den zurückliegenden zwölf Jahren vervierfacht. Waren es im Juni 2003 rund 300 Fonds, so belief sich Ihre Anzahl im Sommer 2015 auf 1.204.

Parallel dazu hat sich auch das in ihnen verwaltete Vermö¬gen explosionsartig vermehrt. Vor zwölf Jahren dürften es 12,5 Milliarden Euro an Anlagekapital gewesen sein, das „nachhaltig" investiert sein wollte, im Juni 2015 waren es laut Vigeo schon knapp 136 Milliarden Euro, also mehr als zehnmal so viel.

Sieben Konzepte der Nachhaltigkeit. Doch was ist eine nachhaltige Kapitalanlage? Eine im Grunde genommen simple Frage, auf die es aber leider keine einfache Antwort gibt. Denn Nachhaltigkeit kann erst einmal ziemlich viel bedeuten. So gibt es als „nachhaltige Kapitalanlage" be-zeichnete Investments, die ausschließlich bestimmte Reizthe-men wie Rüstung, Tabak oder Atomenergie bei ihrer Anla-gestrategie ausschließen. Andere setzen nur auf Erneuer¬bare Energien oder favorisieren Unternehmen, die möglichst wenig CO, ausstoßen. Wiederum andere beachten auch soziale Kriterien, etwa die Einhaltung von Menschen- und Arbeitnehmerrechten.

Nachhaltige Kapitalanlage ist also ein sehr umfassender Begriff, in dem sich Anleger erst einmal zurechtfinden müssen. Eine wertvolle Hilfe bietet hier das European Sus-tainable and Responsible Investment Forum, kurz Eurosif. Dabei handelt es sich um einen europaweiten Zusammen-schluss von Pensionsfonds, Vermögensverwaltern, Nicht-Regierungs-Organisationen (NRO), Gewerkschaften, akade-mischen Instituten und Forschungsdiensten, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, das Thema Nachhaltigkeit ganz all-gemein in der Wirtschaft und nachhaltige Kapitalanlagen im Speziellen an den Finanzmärkten zu fördern. Eurosif unterscheidet grundsätzlich sieben Konzepte nachhaltiger Kapitalanlagen, die im Englischen auch als Socially Res-ponsible Investments (SRI) bezeichnet werden. "Socially Responsible Investments" dient, wie im Deutschen die Bezeichnung „nachhaltige Kapitalanlage" oder „Nachhal-tigkeit", als Oberbegriff für zum Teil sehr unterschiedliche Anlagekonzepte und deren Komplexität bei der Analyse und Auswahl der Investments.

Branchenausschlüsse reichen nicht mehr. Nach Anlagevo-lumen gemessen überwiegen noch deutlich jene Produkte, die nach dem Konzept der einfachen Ausschlusskriterien geführt werden. Das heißt, bis auf wenige Einschränkungen,

 

die in der Regel pauschal bestimmte Branchen/Industrien betreffen - vor allem Rüstung, Tabak/Alkohol und Kernkraft - kann ziemlich frei investiert werden.

Dass diese Gruppe am Markt dominiert, dürfte einerseits mit ihrer relativ einfachen Funktionsweise, andererseits aber auch mit dem Umstand zu tun haben, dass für ihr Management vergleichsweise wenig Rechercheaufwand erforderlich ist. Doch der simple Ausschluss von bestimmten problematischen Branchen/Themen reicht vielen Anlegern nicht mehr. Sie bevorzugen mehr und mehr ein aktives Herangehen an die

KONZEPTE VON SOCIALLY RESPONSIBLE INVESTMENTS (SRI)

         einfache Ausschlusskriterien („Exclusions")*: Gesellschaftlich-problematischen Themen wie Rüstung, Atomenergie oder Tabak werden von vorherein ausgeschlossen.

         wert- oder normbasierte Ausschlusskriterien („Norms-based screening"): Ausschluss von Unternehmen/Branchen mit Ver¬stößen etwa gegen die zehn Prinzipien des UN Global Compact (Menschenrechte, Arbeitsnormen, Umweltschutz und Korruption).

         Positivkriterien („Best-in-Class selection"): Berücksichtigung von Unternehmen/Branchen mit positiven Beiträgen zum Um¬weltschutz oder zu den Lebensbedingungen der Menschen. Best-in-Class-Konzepte wählen die Unternehmen einer Branche aus, die die vergleichsweise höchsten ökologischen und/oder sozialen Leistungen erbringen.

         thematische Auswahl („SustainabiLity themed"): Es stehen nur Unternehmen zur Auswahl, die in Branchen arbeiten, die im Ganzen einen positiven Beitrag in Sachen Nachhaltigkeit leisten, also etwa Photovoltaik, Wasserkraft oder Umwelttech¬nologien.

         Integration von ESG-Kriterien („ESG Integration"): Berück¬sichtigung der unternehmerischen Entscheidungen und ihrer Auswirklungen auf ökologische und soziale (Environment, So-cial and Governance (ESG)) Aspekte.

         gezieltes Engagement („Engagement and voting"): Es wird gezielt in Unternehmen mit „Nachhaltigkeitsproblemen” in¬vestiert, um auf Aktionärsversammlungen Druck aufzubauen, bis hin zum gezielten Divestment, also dem Abzug von Kapital.

         Kombination aus den genannten Ansätzen („Impact investing" Unternehmen und eine Bewertung ihrer unternehmerischen Hand-lungen, erst einmal weitgehend unabhängig davon, in welchen Branchen sie tätig sind.

Dass dieser Wunsch verständlich und sinnvoll ist, macht ein ein-faches Gedankenspiel plausibel: Ein Produzent von Solarzellen etwa würde nach dem einfachen Ausschlusskriterium sicherlich nicht von dem Verbot einer Auf-nahme in einen entsprechend agierenden Fonds betroffen sein. Ganz im Gegenteil, allein seine Branchenzugehörigkeit Photovol-taik macht ihn zu einem bevor-zugten Anlageobjekt. Doch was ist, wenn der Hersteller seine Solarzellen in einem Land produ-zieren lässt, in dem weder Men-schenrechte noch Arbeitsnormen eingehalten werden? Wenn Ar-beiter selbst für landestypische Verhältnisse Dumpinglöhne aus-gezahlt bekommen? Wenn am Arbeitsplatz keinerlei Sicherheits-vorschriften eingehalten und beim Produktionsprozess entstandene Abfälle nichtfachgerecht entsorgt werden?

 

TITELTHEMA


KI

 

Auf dem Weg ins "Grüne": Nachhaltige Kapitalanlagen werden immer beliebter

 

 

 

Ökologische und gesellschaftliche Aspekte. Die Antwort leuchtet ein: Ein solches Unternehmen gehört natürlich nicht in ein Produkt, das das Emblem der Nachhaltigkeit hochhält. Deswegen wurden neue Anlagekonzepte entwickelt, die deut-lich verfeinert vorgehen, bei denen aber auch der Researchauf-wand um ein Vielfaches größer ausfällt. So etwa bei Produkten, die ökologische und gesellschaftliche Aspekte berücksichtigen. Ein Anlagekonzept, das in den zurückliegenden Jahren an Beachtung in der Finanzszene deutlich zugenommen hat. Für diese Herangehensweise hat sich mittlerweile das Kürzel „ESG" - das für den englischen Begriff „Environment, Social and

 

Governance" (auf Deutsch Umwelt, Gesellschaft und Unter-nehmensführung) steht - eingebürgert. Was meint ESG? Unter ESG versteht man eine Bewertung aller Aktivitäten von Unternehmen, die direkt oder indirekt Rückschlüsse auf das soziale und natürliche Umfeld zur Folge haben. „ESG ist international sowohl in Unternehmen als auch in der Fi-nanzwelt etabliert, um auszudrücken, ob und wie bei Ent-scheidungen von Unternehmen [...] ökologische und soziale Aspekte [...] beachtet werden", erklärt etwa das Lexikon der Nachhaltigkeit, herausgegeben von der Aachener Stif¬tung Kathy Beys.

 

Gewinne dank Rücksicht. Dabei meint ESG weitaus mehr als nur eine bloße „Berücksichtigung" ökologischer und sozialer Aspekte bei der Unternehmensführung, die möglicherweise auch eine Beeinträchtigung der unternehmerischen Freiheit zur Folge haben könnte, mithin eine Schmälerung des Um-satzes oder des Gewinns des Unternehmens. Vielmehr wird der Ansatz vertreten, dass gerade im nachhaltigen Handeln ein Langfristiger wirtschaftlicher Vorteil für den Unternehmer zu finden ist - dass also Gewinne dank Berücksichtigung von ökologischen und sozialen Aspekten erzielt werden, und nicht Gewinne trotz ihrer Beachtung anfallen. „Die Integra¬tion von ESG-Kriterien ist ein Managementansatz, der die langfristige Performance für die Anspruchsberechtigten maximiert", so denn auch die Studie „ESG Perception and Integration Practices" der französischen Researchagentur Novethic.

Soll heißen, wenn ein Unternehmen ökologische und soziale Aspekte bei der Unternehmensführung beachtet, profitieren davon früher oder später alle, auch die Akti¬onäre.

Besser als der DAX. Dass diese Annahme durchaus berechtigt sein könnte, zeigt ein Blick auf Unternehmen, die in Sachen ESG Spitzenreiter sind. Der deutsche Indexanbieter Solactive etwa bewertet seit einiger Zeit in Zusammenarbeit mit der französischen Ratingagentur Vigeo im STOXX Europe 600 Index gelistete europäische Unternehmen auf ESG-Kriterien und fasst diese, unter Berücksichtigung weiterer Auswahl¬kriterien, im Ethical Europe Climate Care Index zusammen. Historische Rückrechnungen zeigen dabei, dass es der Index in seiner Performancevariante, also unter Einberechnung aller Dividendenausschüttungen, seit Anfang 2010 bis heute auf einen Wertzuwachs von rund 110 Prozent gebracht hät¬te. Der DAX, ebenfalls ein Performanceindex, hingegen kommt nur auf ein Plus von rund 80 Prozent.

Nun mag dieser „Wettkampf" nicht ganz fair sein, da bei der Auswahl der Unternehmen für den Ethical Europe Climate Care Index auch Finanzkriterien wie die Höhe der Dividen-denrendite berücksichtigt werden, was beim DAX nicht der Fall ist, doch die Outperformance ist so eklatant, dass man durchaus annehmen kann, dass der Aspekt des Ethischen eine positive Resonanz auf das Verhalten der Kurse der be-treffenden Unternehmen an der Börse hat.

 

Carbon Bobbie bedroht Unternehmen. Doch auch die Beachtung von ESG-Kriterien reicht einigen Investoren nicht mehr. Sie fordern eine aktive Einmischung der Anle¬ger, der Aktionäre, ja der gesamten Finanzszene in die Unternehmensführung. So etwa in Bezug auf den Klima-wandel. „Anleger müssen aktiv die Energiewende gestalten". Das ist eine der zentralen Aussagen, mit der eine neue

„DIE DIFFERENZ NENNEN WIR KOHLENSTOFF-BLASE"

 

„Wir haben jene Top-200 Unternehmen an der Börse untersucht, die fossile Energieträger fördern, und zwar hinsichtlich ihrer Entwicklungspläne für neue Kohle- und Öllagerstätten. Dabei haben wir herausgefunden, dass die Emissionen an Kohlen-stoffdioxid, die bei der Verbrennung der fossilen Energieträger, die diese Unternehmen fördern wollen, entstehen würden, rund 1.500 Gigatonnen entsprechen würden. Die Menge, auf die wir unseren Ausstoß jedoch reduzieren müssen, um die auf dem Weltklimagipfel in Paris beschlossene 2-Grad-Grenze nicht zu verletzten, liegt bei 900 Gigatonnen. Die Differenz zwischen diesen beiden Größen nennen wir „Kohlenstoff-Blase".

Unsere Empfehlung tautet daher, dass alle neuen Projekte, die das 2-Grad-Ziel vereiteln würden, gestoppt werden müssen, und wir sind uns sicher, dass das auch passieren wird."

Bewegung die Finanzszene durcheinanderwirbelt. Dabei sind es nicht irgendwelche „Träumer", die dies sagen, sondern faktenorientierte Anlagespezialisten wie Mark Campanale von der Nicht-Regierungs-Organisation (NRO) Carbon Tracker. In zahlreichen Publikationen und Vorträ¬gen warnt er Anleger davor, in Unternehmen zu investie¬ren, denen mehr und mehr der Boden unter den Füßen weggezogen wird.

Unternehmen, die ihre scheinbare Werthaltigkeit etwa auf fossile Rohstoffvorkommen und Produktionsmethoden grün¬den, die sie in Zukunft gar nicht mehr fördern beziehungs¬weise anwenden können, weil internationale Gesetze zur Reduzierung des Ausstoßes von CO2 dies bald unmöglich machen könnten. Diese Unternehmen sind hochriskant, vor allem auch an der Börse. Sie hocken auf einer Blase, einer „Carbon Bubble" (auf Deutsch „Kohlenstoff-Blase"), wie Cam-panale sie bezeichnet. Wenn sie platzt, droht den betreffen¬den Unternehmen der Absturz.

Anleger ziehen Geld ab. Doch nach Campanale müssen An-leger dies nicht nur erkennen, um ihr Geld zu schützen. Sie sollen selbst durch gezieltes Umschichten ihres Kapitals („Divestment") Druck auf die Unternehmenswelt ausüben, schnellstmöglich den Ausstoß von CO2 zu reduzieren und die Energiewende herbeizuführen.

Ein Gedanke, der in der internationalen Finanzszene immer mehr Anhänger findet. Laut dem aktuellen „Arabella Advisors Report" haben derzeit 436 Institutionen und 2.040 individu-elle Personen aus 43 Ländern mit einem verwalteten Ge-

"DIE KLAGE DER ARMEN HÖREN"

Papst Franziskus, in: Enzyklika Laudato si, Über die Sorge für das gemeinsame Haus, Mai 2015

Der Divestment-Gedanke breitet sich auch mehr und mehr in andere Bereiche des Ökologischen und Sozialen aus. Die Be-wegung beruft sich dabei unter anderem auf eine richtungs-weisende Aussage von Papst Franziskus in einer Enzyklika:

„Wir kommen jedoch heute nicht umhin anzuerkennen, dass ein wirklich ökologischer Ansatz sich immer in einen sozialen Ansatz verwandelt, der die Gerechtigkeit in die Umweltdiskus¬sionen aufnehmen muss, um die Klage der Armen ebenso zu hören wie die Klage der Erde."

 

samtvermögen von 2,6 Billionen US-Dollar zugesichert, ihr Kapital aus fossilen Energien abzuziehen und damit die Klimarisiken aus ihren Portfolios zu entfernen.

Zu ihnen gehört etwa der deutsche Versicherungskonzern

Allianz. Sein Chef Oliver Bäte gab Ende November bekannt, dass man in Zukunft nicht mehr in Unternehmen investieren werde, die mehr als 30 Prozent ihres Umsatzes mit dem Kohlebergbau oder Kohleverfeuerung erwirtschaften. Die Allianz legt nach eigenen Angaben immerhin rund 630 Mil-liarden Euro an den Kapitalmärkten an.

Gestalten und profitieren. Die Entwicklung der ESG-Kriteri-en und die Divestment-Szene zeigen, dass „Nachhaltigkeit" und „nachhaltige Kapitalanlage" heute weit mehr bedeuten als das bloße Umgehen von problematischen und gesellschaft¬lich umstrittenen Branchen. Socially Responsible Invest¬ments sind mehr und mehr eine aktive Kapitalanlage, die nicht nur vom Nachhaltigkeitstrend profitieren, sondern ihn selbst gestalten und forcieren will.

Das gilt gerade auch für Branchen, die bislang von der „nachhaltigen Kapitalanlage" mehr oder weniger pauschal ausgeschlossen wurden, wie etwa die Atomenergie oder die Rüstung. Sie werden verstärkt in den Fokus der Divest-ment-Bewegung rücken, was für die betroffenen Unter¬nehmen extreme Risiken, aber vielleicht auch - hier und da - große Chancen eröffnet. Denn sie werden sich auf

 

Druck der „Divest-Investoren" quasi neu erfinden müssen. Beste Beispiele hierfür sind RWE und Eon. Sie haben Maßnah¬men zur Umstrukturierung angekündet, etwa durch die Aus¬gliederung der Erneuerbaren Energien in separate Gesellschaf¬ten, die dann auch an der Börse gelistet werden sollen, aber das können nur erste Schritte gewesen sein, weitere tief grei¬fende Maßnahmen müssen folgen.

 

 

 

DIE MACHT DES WASSERS

Was ist wertvoller als Gold? Richtig, Was-ser. Denn Wasser bedeutet Leben. Doch mit Wasser wurde bislang oft sehr nach-lässig umgegangen. Da scheinbar unbe-grenzt viel von dem Element vorhanden ist, ist es in den Augen vieler Menschen nahezu wertlos. Doch der Schein trügt, und zwar gewaltig. Denn das meiste auf der Erde vorhandene Wasser kann so erst einmal nicht von Mensch, Tier und Pflan¬ze genutzt werden, da es Salzwasser ist. Nur 3,5 Prozent des vorhandenen Wassers ist Süßwasser, vieles davon aber in Eis und im Boden gebunden. Für den Menschen nutzbar sind nur etwa 0,3 Prozent allen Süßwassers.

Nachhaltige Wasserwirtschaft. Mit diesen 0,3 Prozent muss zunehmend gehaushaltet werden. Es darf nicht mehr verunreinigt SOLARENERGIE - GUTE AUSSICHTEN FÜR 2016

 

Auf rund 223 Gigawatt dürfte Ende 2015 nach vorläufigen Zahlen die weltweite Photovoltaikleistung angestiegen sein. Im Vergleich zum Vorjahr würde das einen Zubau von rund 50 Gigawatt bedeuten. Stärkster Markt war dabei China. Mit 17,6 Gigawatt belegt das Land Platz eins in der Liste der neu installierten Leistung im zu-rückliegenden Jahr. Und auch für 2016 sind die meisten Branchenbeobachter zuver¬sichtlich. So erwartet Mercom Capital Group einen Zubau von 64,7 Gigawatt. „Die größten Märkte im Jahr 2016 werden wie-der China, die USA und Japan sein; wobei die USA wohl Japan als zweitgrößten Markt hinter China ablösen können. Diese drei Länder werden etwa 65 Prozent der Ins-tallationen im nächsten Jahr auf sich ver-einen", so Raj Prabhu von Mercom.

Branche Leidet unter Überkapazitäten. Das sind gute Nachrichten, vor allem auch für die Produzenten von Solarzellen. Sie haben in den zurückliegenden Jahren mas¬siv unter Überkapazitäten gelitten. Die Preise für Solarmodule rauschten in den

 

Keller, rissen Firmen wie die hierzulande sehr bekannten Solon, Conergy, Q-Cells, S.A.G. Solarstrom und Solar-Fabrik in die Insolvenz. Verstärkt wurde der Trend nach unten noch durch den Umstand, dass Län¬der wie China hohe Subventionen in die landeseigene Solarbranche schaufelten, die den Preisdruck aus Fernost zusätzlich anheizten.

Auch wenn diese Entwicklung noch nicht völlig gestoppt ist, nach wie vor werden etwa in China hohe Produktionskapazi¬täten an den Markt¬bedürfnissen vorbei hinzugebaut, bringt es doch erst einmal eine Entlastung für die Solarzellenhersteller mit sich. Das spiegelt sich auch in deren Börsenkursen wider, die sich 2015 unter dem Strich oft positiv entwickelt haben.

 

Der Solar Energy TR Index. Vor diesem Hintergrund lohnt ein Blick auf den Solar Energy Total Return (TR) Index. Er enthält zehn weltweit führende Hersteller von Produkten für die Erzeugung von Solar-energie, etwa First Solar und Trina Solar. Eine aktuelle Auflistung der Mitglieder, die im Index unterschiedlich stark gewichtet sind, finden interessierte Anleger auf www. bnp.de

 

 

 

Divestment breitet sich aus. Aber auch die klassischen Rohstoffkonzerne wie etwa BHP Billiton, Rio Tinto, Vale und Anglo American werden sich wandeln müssen. Auch wenn bei ihnen das Thema CO2-Ausstoß eher eine untergeordne¬te Rolle spielt, zeigt die Verseuchung des Flusses Rio Doce in Brasilien durch den Bruch eines Schlammbeckens in einer Eisenerzmine, die von BHP Billiton und Vale geführt wird, mal wieder, wie gefährlich der Abbau von Rohstoffen allgemein ist und wie fahrlässig mit den Gefahren oft um¬gegangen wird.

Zudem: „Menschenrechtswidrige Umsiedlungen der ein-heimischen Bevölkerung, die Vernichtung von Ökosystemen und damit verbunden die Zerstörung der Lebensgrundlagen der anrainenden Bevölkerung sowie hohe Raten an Arbeits-unfällen gehören zu den oft genannten Nachteilen der Rohstoffförderung in Entwicklungsländern", so die kritische Feststellung einer Studie des gemeinnützigen Südwind-Instituts.

Zukunft nicht mehr in Rohstoffkonzerne zu investieren, die mit „schweren Umweltproblemen" in Verbindung gebracht werden.

Die GreenTech-Leitmärkte. Quasi auf der anderen Seite der Entwicklung stehen jene Branchen und Unternehmen, die das deutsche Bundesministerium für Umwelt, Natur¬schutz, Bau und Reaktorsicherheit als GreenTech-Leit-märkte bezeichnet. Sie sollen in den kommenden Jahren im Schnitt um jährlich sechs Prozent wachsen. „Das globale Marktvolumen der Umwelt- und Effizienztech-nologien betrug im Jahr 2013 rund 2,5 Bittionen Euro und wird bis 2025 auf mehr als fünf Bittionen Euro zulegen", so die zuständige Bundesministerin Dr. Barbara Hendricks in einem Gespräch mit Olaf Hordenbach von MÄRKTE & ZERTIFIKATE (siehe folgende Seiten).

Eine Thematik, zu der das Ministerium auch eine Studie mit dem Titet „GreenTech made in Germany 4.0" verfasst hat. In ihr heißt es weiter: „Bei der Expansion der Ge-

 

samtbranche legen die einzelnen Leitmärkte ein unter-schiedliches Tempo an den Tag. Besonders dynamisch entwickeln sich die Leitmärkte Nachhaltige Mobilität, Rohstoff- und Materialeffizienz sowie Umweltfreundliche Erzeugung, Speicherung und Verteilung von Energie." Das passt auch zur Einschätzung vieler Finanz- und An-lageexperten. So meint etwa Jochen Wermuth vom deut¬schen Vermögensverwalter Wermuth Asset Management: „Wir befinden uns mitten in einer neuen industriellen Revolution - vom Kohtezeitatter hin zu einer klimafreund¬lichen Wirtschaft. Im Zuge dieser Transformation wird es signifikante Verlierer und neue aufstrebende ressour-ceneffiziente Unternehmen, etwa aus den Bereichen Erneuerbare Energien, Elektromobilität und Stromspeicher, geben."

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