Giovanni Borelli 1608-1679
Author D.Selzer-McKenzie
Video: https://youtu.be/NuJod67ziqc
Giovanni Alfonso Borelli (* 28. Januar 1608 in Neapel; † 31.
Dezember 1679 in Rom) war ein italienischer Physiker, Mathematiker und
Astronom.
Borelli war eines von fünf Kindern des spanischen Soldaten
Miguel Alonso, der im Castel Nuovo in Neapel stationiert war, das damals seit
über 100 Jahren unter spanischer Herrschaft war. Seine Mutter Laura Porrello
war Italienerin. Von den Geschwistern erreichte nur sein jüngerer Bruder
Filippo (* 1614) das Erwachsenenalter. Er wurde 1608 als Giovanni Francesco
Antonio Alonso getauft. Später änderte er seinen Namen in Borelli (der ähnlich
klang wie der Mädchenname seiner Mutter) und seinen Vornamen in Alfonso. Ab
1614 wohnte die Familie im Castel Sant Elmo. Aufgrund von Kontakten zum als
Häretiker dort gefangengehaltenen Philosophen Tommaso Campanella wurde der
Vater vorübergehend aus Neapel verbannt und ging nach Rom, kehrte aber nach der
Begnadigung 1617 ins Kastell San Elmo zurück und starb 1624. Seine Mutter
überlebte ihn bis 1640 und arbeitete ebenfalls im Kastell San Elmo.
Über die Anfangsjahre von Borelli ist wenig bekannt.
Möglicherweise besuchte er medizinische Vorlesungen in Neapel und er war auch
mit Campanella bekannt, der ab 1618 im Castel Nuovo unter gelockerten
Haftbedingungen war und Besucher empfangen konnte. Möglicherweise war er auch
sein Schüler. 1628 ging Borelli nach Rom und änderte dabei seinen Namen und
verbarg seine spanische (und neapolitanische) Herkunft. Auch Campanella war
seit 1626 in Rom und ab 1628 auf freiem Fuß. Campanella machte Borelli mit dem
Mathematikprofessor an der Universität La Sapienza Benedetto Antonio Castelli
bekannt, und Borelli wurde mit den Werken von Euklid und Apollonios von Perge
bekannt und studierte außerdem Astronomie und Mechanik. Er kam auch mit dem
Galilei-Schüler Evangelista Torricelli in Kontakt, der Sekretär von Castelli
war. Zu dieser Zeit fand 1632 der Prozess gegen Galilei statt, der mit seinem
Widerruf seiner Verurteilung 1633 zu Hausarrest endete. Auch Campanella bekam
wieder Schwierigkeiten mit der Inquisition und floh 1634 nach Paris, begleitet
von Borellis Bruder Filippo.
Mit einer Empfehlung von Castelli ging Borelli 1635 nach
Messina, wo er Professor für Mathematik wurde (den Lehrstuhl erhielt er 1639).
Nebenbei unternahm er auch vulkanologische Forschungen und bestieg den Ätna[1].
1639 war er Mitglied der in diesem Jahr gegründeten Accademia della Fucina in
Messina. Außerdem stieß er auf die nachgelassenen Schriften des sizilianischen
Mathematikers Franciscus Maurolicus, die er für eine Veröffentlichung
bearbeitete, der unter anderem versuchte die Bücher V und VI von Apollonios von
Perge zu rekonstruieren (herausgegeben erst 1654 von Borelli) und an Archimedes
anknüpfte. Aufgrund seines gestiegenen Ansehens (Castelli schlug ihn 1640 als
Mathematikprofessor in Pisa vor, der Lehrstuhl ging aber an einen anderen) als
Mathematiker wurde er 1641 vom Senat von Messina auf Reisen gesandt, um weitere
Hochschullehrer für die Universität zu rekrutieren. Er besuchte Rom, Neapel und
Florenz, kam aber zu spät um noch Galilei zu treffen, der 1642 gestorben war,
und traf stattdessen dessen Schüler Vincenzo Viviani und den an Wissenschaft
interessierten Prinzen Leopold von Medici (Bruder des Großherzogs). In Bologna
traf er Bonaventura Cavalieri und er besuchte auch noch Padua und Venedig,
bevor er nach Messina zurückkehrte. Nachdem er als Nachfolger von Cavalieri
1650 in Bologna übergangen worden war (zugunsten von Giovanni Domenico Cassini)
wurde er 1656 Professor für Mathematik in Pisa. 1668 kehrte er nach Messina auf
seinen alten Lehrstuhl zurück. Da er aktiv gegen die spanische Herrschaft in
Sizilien opponierte, musste er 1672 die Insel wieder verlassen um einer
Verhaftung zu entgehen. Er ging nach Rom und war Mitglied des Kreises um die
ehemalige Königin Christina von Schweden. Nachdem er beraubt worden war, musste
er bei Geistlichen in der Casa di San Pantaleo Unterschlupf suchen und
unterrichtete in deren Schule Mathematik.
Werk
De motu animalium, 1685
Borelli gilt als Pionier der Biophysik[2]. 1649
veröffentlichte er eine Arbeit über die verheerende Seuche der Jahre 1647/48 in
Sizilien. Die epidemiologische Untersuchung gilt als frühes Beispiel der
Verwendung experimenteller Methoden in der Physiologie, der sich Borelli von da
an ausführlich widmete, speziell der Mechanik der Muskelbewegung und der
Bewegung von Tieren. Er wies die Ansicht des Aristoteles eines dem Körper
innewohnenden animalischen Geistes zurück und erklärte die Muskelbewegung (auch
des Herzens) rein mechanisch unter Verwendung elementarer Mathematik und
basierend auf anatomischen Studien. In Pisa kam er in Kontakt mit dem Professor
in Bologna Marcello Malpighi, der ähnliche Ideen verfolgte. Borelli war ein
bedeutendes Mitglied der Accademia del Cimento, die bis etwa 1667 bestand. Sein
streitbarer Charakter soll allerdings ein Grund für die Auflösung der Akademie
gewesen sein. Sein Hauptwerk in der Biomechanik erschien erst nach seinem Tod,
finanziert von Königin Christina von Schweden und herausgegeben von den
Geistlichen von San Pantaleo (De motu animalium, 2 Bände, 1680, 1681).
Nachfolger für seine Ideen fand er vor allem in Italien, insbesondere bei
Lorenzo Bellini (1643–1704), Professor in Pisa, und Giorgio Baglivi
(1669–1707), Professor in Rom.
1658 veröffentlichte er seine Behandlung von Euklids
Elementen als Euclides restitutus. Bald darauf identifizierte er ein arabisches
Manuskript in der Biblioteca Laurenziana in Florenz als die lange verloren
geglaubten Bücher V, VI und VII von Apollonios Kegelschnitten und gab es in
Zusammenarbeit mit dem Arabisch-Kenner Abraham Ecchellensis in Rom heraus - es
erschien in Florenz 1661.
Er befasste sich auch mit Astronomie, beginnend mit einer
Publikation über den großen Kometen von 1664, wobei er nachwies, dass er weiter
entfernt war als der Mond, seinen Abstand zur Erde veränderte und
wahrscheinlich auf einer Parabelbahn oder Ellipsenbahn umlief. Er gründete 1665
ein Observatorium in der Festung San Miniato bei Pisa und veröffentlichte 1666
ein größeres Werk über die physikalischen Ursachen der Bewegung der
Jupitermonde (Mediceische Planeten genannt, das Werk war auch seinem Gönner,
dem Großherzog der Toskana gewidmet): Theoricae mediceorum planetarum ex causis
physicis deductae. Er vermutete wie Johannes Kepler elliptische Bahnen
(mathematisch in den Kegelschnitten von Apollonios beschrieben) und vermutete
als Ursache dieselbe Schwerkraft, die auch Massen zur Erde anzieht, in
Zusammenspiel mit einer Zentrifugalkraft. Das Buch war Isaac Newton bekannt,
der diese grundlegenden Ideen (insbesondere die Verbindung der auf der Erde
wirkenden Schwerkraft mit der Bewegung der Himmelskörper) später viel
gründlicher in seinem Hauptwerk behandelte.[3]
Mit einer Arbeit von 1670 war er auch ein Pionier der
Erforschung der Kapillarität (er fand, dass die erreichte Höhe einer
Flüssigkeit umgekehrt proportional zum Radius der Röhre war).[4]
In seinem Buch Euclides restitutus (1658) bemüht er sich um
eine klare, zeitgemäßere Darstellung der Elemente von Euklid und kritisiert das
Parallelenpostulat.
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