Sonntag, 31. Januar 2016

Wahljahr in den USA


Wahljahr in den USA

Author D.Selzer-McKenzie

Video: https://youtu.be/SKN_rdgVLr8

Im November 2016 wird in den USA ein neuer Präsident gewählt. Doch wer ist besser für die Börse, Demokraten oder Republikaner?

Am 8. November 2016 wird in den USA ein neuer Präsident gewählt. Der bisherige Amtsinhaber Barack Obama hätte wohl gute Chancen auf eine Wiederwahl, doch laut Ver-fassung der USA darf ein Präsident nur maximal zwei Amtszeiten regieren, danach ist ein neuer zu wählen. Mit dieser Bestimmung soll Korruption und Machtkonzentra¬tion entgegengewirkt werden, ähnlich wie das auch für den deutschen Bundespräsidenten gilt, auch dieser darf nur maximal zwei Amtszeiten absolvieren.

Da in den USA faktisch ein Zwei-Parteien-System existiert, Demokraten auf der einen, Republikaner auf der anderen Seite, werden sich die US-Wähler im November zwischen zwei Kandidaten entscheiden können. Diese stehen noch nicht fest, müssen von ihren Parteien erst noch in einem relativ komplizierten Landesweiten Abstimmungswettbe-werb, den sogenannten Vorwahlen, nominiert werden, doch aller Voraussicht nach werden es am Ende des Tages Hillary Clinton bei den Demokraten und Donald Trump bei den Republikanern sein.

Clinton und Trump. Damit treten sich zwei durchaus schillernde Persönlichkeiten gegenüber, die es gewohnt sind, im Lichte der Öffentlichkeit zu stehen. Hillary Clin-ton, Ehefrau des Ex-Präsidenten Bill Clinton, sitzt seit

 

vielen Jahren im US-Senat und war in der ersten Amtszeit von Barack Obama Außenministerin. Donald Trump ist dagegen Politikneuling. Mit Immobilienspekulationen und großen Bauprojekten hat Trump Milliarden verdient. Er genießt in den USA deshalb Respekt und Ansehen. Aller-dings stoßen viele seine Äußerungen selbst im „Land der unbegrenzten Polarisierung" auf Ablehnung. So stellt er den durch Menschenhand ausgelösten Klimawandel in-frage und vertrat nach den Anschlägen in Paris im No¬vember 2015 die Auffassung, dass ein Lockeres Waffen¬gesetz in Frankreich geholfen hätte, die Opferzahl gerin¬ger zu halten: „Hätten die Menschen Waffen getragen, wäre es anders verlaufen." Wie tragfähig ist ein solcher Mensch als mächtigster Politiker der Welt? Das fragen sich viele US-Bürger besorgt.

Andererseits vertritt Trump auch durchaus liberale Posi-tionen, die bei den Republikanern eher ungern gesehen werden, wie etwa das Recht auf Abtreibung und eine allgemeine Krankenversicherung. Insofern ist Trump eher ein untypischer Vertreter der Republikaner.

Demokraten sind besser für die Börse. Und welchen Präsidenten wünscht sich die Börse? Traditionell werden wohl Republikaner von Investoren und Anlegern bevorzugt.

Sie gelten allgemein als wirtschaftsliberaler und weniger regulierungsfreundlich. Doch wer meint, dass der US-Aktienmarkt deshalb in Zeiten republikanischer Legisla-turperioden besser gelaufen wäre als in demokratischen, der täuscht sich, und zwar extrem gewaltig. MÄRKTE & ZERTIFIKATE hat die Präsidentschaftszeiten seit 1945 mit der prozentualen Entwicklung des S&P 500 Index abgegli¬chen und kam zu einem überraschenden Ergebnis: Hätte man für beide Lager - für Demokraten und Republikaner - einen auf den 12. April 1945 (an diesem Tag begann die Amtszeit von Harry S. Truman, dem ersten Präsidenten nach dem (fast) Ende des Zweiten Weltkriegs) auf 100 indexierten und an den S&P 500 ausgerichteten Index

 

aufgelegt und diesen jeweils nur zur Amtszeit der einen oder anderen Partei laufen Lassen, so wäre der S&P 500 Index der Republikaner von 100 auf 459 Prozentpunkte gestiegen, der Index der Demokraten wäre hingegen von 100 auf über 3.000 Prozentpunkte geklettert.

Oder anders ausgedrückt: Hätte man am 12. April 1945 zwei 10.000-US-Dollar-Depots gestartet, das eine dabei nur zu Amtszeiten von Demokraten, das andere nur zu Amtszeiten von Republikanern eins zu eins in den S&P 500 Index investiert, dann wäre das Republikaner-Depot auf rund 46.000 US-Dollar gestiegen, das Demokraten-Depot würde heute hingegen bei 300.000 US-Dollar stehen. Wer hätte das gedacht?

Eisenhower profitierte von Truman. Die extreme Outperformance des Demokraten-Depots beziehungswei¬se die Outperformance des S&P 500 in Zeiten demokratischer Legislatur¬perioden resultiert vor allem auch aus der guten Börsenentwicklung während der Amtszeit von Bill Clinton und des amtierenden Barack Obama. Es fällt aber auch auf, dass der S&P 500 bei allen Demokraten am Amts¬zeitende im Plus notierte, bei den Republikanern gab es immerhin zwei Amtszeiten mit negativer Perfor¬mance. Aber auch unter republikani¬scher Regentschaft gab es durchaus extrem starke Phasen, wie etwa un¬ter Dwight D. Eisenhower und Ronald Reagan. Die Eisenhower-Ära dürfte dabei vor allem vom sogenannten Marshallplan profitiert haben. Zur Erinnerung, der Vorgänger von Eisenhower, der Demokrat Harry S. Truman, lancierte Ende der 1940er-Jahre das European Recovery Program (ERP), später dann auch als „Marshallplan" bezeichnet, das Westeuropa, insbesondere Deutschland, helfen sollte, wirtschaftlich und politisch wieder auf die Beine zu kommen. Der Plan war eingebettet in ein politisches Gesamtpaket, die Truman-Doktrin, die besagte, dass Nationen und Völkern geholfen werden muss, den Einfluss der Sowjetunion zurückzudrän¬gen. „Der MarshallpLan hat entscheidend dazu beigetragen, Westeuropa gegen den Ostblock und den Kommunismus zu stabilisieren", so die Einschätzung von Werner Abelshauser,

 

INDEXMONITOR

Wirtschaftshistoriker an der Universität in Bielefeld. Der Marshallplan führte auch zu kräftigen Wirtschaftswachs-tumsimpulsen in den USA, was sich wiederum positiv auf den dortigen Aktienmarkt auswirkte.

Reagan bleibt umstritten. Reagan wiederum schaffte es durch starke Fokussierung auf Angebotspolitik, Wirtschafts¬wachstum zu kreieren. Zentrale Idee seiner Strategie, die oft auch als Reaganomics bezeichnet wird: Radikale Steu¬ersenkungen führen zu so starkem Wirtschaftswachstum, dass unterm Strich mehr Steuern eingenommen werden. Eine umstrittene Idee, die Reagan von der ökonomischen Bewegung der Chicagoer Schule übernommen hat und eineReaktion auf den bis dahin praktizierten und allgegenwärti-gen Keynesianismus (Nachfragepolitik) darstellt. Doch bis heute wird darüber diskutiert, was Reaganomics im Kern überhaupt ausmacht. So urteil die Süddeutsche Zeitung kritisch: „Reagan betrieb massives deficit spending, Steuersenkungen und Rüstungskäufe rissen Etatlücken groß wie der Grand Canyon." Wie auch immer man Reaganomics beurteilt, zu Beginn der 1980er-Jahre funktionierte es. Nach Jahren des Stillstands legte das Wirtschaftswachstum deutlich zu, über 16 Millionen Arbeitsplätze entstanden, die Börse haussierte. Eisenhower und Reagan zeigen, dass auch Republikaner für extrem starke Börsenphasen stehen können. Andererseits ist die Outperformance der Demokraten so groß, dass man die traditionelle Meinung, Republikaner seien besser für den Aktienmarkt, wohl endgültig ad acta legen sollte. Doch was ist dran an der demokratischen Outperformance?

Demokraten überwinden Gräben. Vielleicht liegt das Ge-heimnis gar nicht so sehr in einer möglichen größeren wirt-schaftlichen Kompetenz der Demokraten, sondern vielmehr in einer politisch-gesellschaftlichen. Demokratische US-Präsidenten waren in der Vergangenheit öfter in der Lage, Konflikte und Differenzen friedlich beizulegen: John F. Kenne¬dy etwa widerstand dem Versuch des US-Militärs, Kuba an¬zugreifen; unter Jimmy Carter wurden der SALT-II-Vertrag (Begrenzung der strategischen Offensivwaffen) mit der UdSSR ausgehandelt und diplomatische Beziehungen mit China aufgenommen; und Truman konnte mit seinem Marshallplan Gräben überwinden helfen, denn letztendlich bedeutete der Plan ja nichts anderes, als einem ehemaligen Gegner, Deutsch-

 

Richard Nixon

 

MARKTE &ZERTIFIKATE 1 FEBRUAR 2016

n         S&P 500 BONUS ZERTIFIKAT

WKN / ISIN  AA80GH / DE000AA80GH9

Kurs des Basiswerts        1.907,17 USD

Bonuskurs   2.150,00 USD

Barriere       1.550,00 USD

Bewertungstag     16.06.2017

Geldkurs / Briefkurs       174,72 EUR / 174,77 EUR

Bitte beachten Sie die Hinweise zu Chancen und Risiken ab Seite 64. Die Wertentwicklung in der Vergangenheit ist kein verlässlicher Indikator für die künftige Wertentwicklung. Individuelle Kosten wie Gebühren, Steuern und Aus¬gabeaufschläge sind in der Berechnung nicht enthalten und erfahren Sie von Ihrer Hausbank. Quelle: BNP Paribas; Stand: 19.01.2016

Land, zu helfen. Mit 1,4 Milliarden US-Dollar bekam West-deutschland immerhin ein Zehntel des gesamten Hilfspro-gramms. Damit setzte sich Truman auch gegen den damals sehr populären Morgenthau-Plan durch, der eine Aufsplitte-rung und Deindustrialisierung Deutschlands vorsah.

Republikaner gehen auf Konfrontation. Während republi-kanischer Amtszeiten kam es hingegen oft zu Konfronta-tionen, auch innerhalb der Gesellschaft. Die Watergate-Affäre (Ausspionierung des politischen Gegners) unter Richard Nixon etwa spaltete die US-Gesellschaft zutiefst und George W. Bush führte sein Land gleich in mehrere Kriege (Irak und Afghanistan). Zudem traf Bush zahlreiche Entscheidungen, die auch in den USA heftige Debatten nach sich zogen, wie etwa das Einbehalten von Geldern, die für Programme der Vereinten Nationen (UN) verwen¬det werden sollten, und das Zurückstellen von Klima-schutzberichten.

Die traditionelle „Konfrontationspolitik" der Republikaner könnte auch unter Trump fortgeführt werden, zumindest scheint er dafür erst einmal der „richtige Kerl" zu sein. Wie gut das der Börse tun würde, bleibt abzuwarten. Angesichts der zahlreichen Probleme, die es zu lösen gilt (politische: Konflikt zwischen Sunniten und Schiften, zwischen Israel und Palästinensern; gesellschaftliche/wirtschaftliche: Klimaschutz, Wirtschaftsschwäche ... um nur einige zu nennen), wäre eine weniger auf Konfrontation ausgerich¬tete Politik wahrscheinlich hilfreicher. Doch wer weiß, vielleicht könnte auch Trump ä la Reagan neue Impulse kreieren, gerade indem er polarisiert

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