Max Planck 1858-1947
Author D.Selzer-McKenzie
Video: https://youtu.be/FKHxYwXAgJ4
Max Karl Ernst Ludwig Planck (* 23. April 1858 in Kiel; † 4.
Oktober 1947 in Göttingen) war ein bedeutender deutscher Physiker auf dem
Gebiet der theoretischen Physik. Er gilt als Begründer der Quantenphysik. Für
die Entdeckung des planckschen Wirkungsquantums erhielt er 1919 den Nobelpreis
für Physik des Jahres 1918.[1]
Nach dem Studium in München und Berlin folgte Planck 1885
zunächst einem Ruf nach Kiel, 1889 wechselte er nach Berlin. Dort beschäftigte
sich Planck mit der Strahlung Schwarzer Körper und konnte 1900 die plancksche
Strahlungsformel präsentieren, die diese erstmals korrekt beschrieb. Damit
legte er den Grundstein für die moderne Quantenphysik.
Geburt und Herkunft
Brief mit Unterschrift des zehnjährigen Max Planck
Max Planck wurde am 23. April 1858 als sechstes[2] Kind von
Wilhelm von Planck (1817–1900) und dessen zweiter Ehefrau Emma geb. Patzig
(1821–1914) geboren und erhielt ausweislich der handschriftlichen Eintragung im
Kirchenbuch der St.-Nikolai-Gemeinde in Kiel ursprünglich den Vornamen Marx. Es
ist nicht klar, ob es sich dabei um ein Versehen handelt, Planck führte jedoch
zeit seines Lebens den Namen Max.[3][4] Er hatte vier Geschwister (Hermann,
Hildegard, Adalbert und Otto) und aus der ersten Ehe des Vaters zwei
Halbgeschwister (Hugo und Emma).[5]
Plancks Vater stammte aus einer traditionsreichen
Gelehrtenfamilie. Sein Urgroßvater Georg Jakob Planck war Stadt- und
Amtsschreiber in Nürtingen, sein Großvater Gottlieb Jakob Planck (1751–1833)
und sein Vater Heinrich Ludwig Planck (1785–1831) waren beide
Theologieprofessoren in Göttingen. Er selbst war zur Zeit von Max Plancks
Geburt Juraprofessor in Kiel, zuvor hatte er in Basel und Greifswald
gelehrt.[6] Sein Bruder Gottlieb Planck (1824–1910) war ebenfalls Jurist und
lehrte in Göttingen, er war einer der Verfasser des Bürgerlichen
Gesetzbuchs.[7][8]
Plancks Mutter Emma stammte aus Greifswald, wo ihr Vater Rechnungsrat
in der Provinzialbehörde war. In ihrer Familie dominierten Staats- und
Verwaltungsbeamte sowie Pfarrer. Emma Planck wird stets ein „lebhaftes
Temperament“ zugeschrieben, auch nach dem Tod ihres Mannes verkehrte sie in den
akademischen Kreisen Münchens, wo sie sehr beliebt war. Max Planck blieb ihr
bis zu ihrem Tod am 4. August 1914 eng verbunden.[9]
1867–1874: Schulzeit in München
Max Planck als Schüler (1874)
Max Planck verbrachte die ersten Jahre seines Lebens in
Kiel, bis die Familie 1867 nach München umzog, wohin der Vater einen Ruf auf
den Lehrstuhl für Zivilprozessrecht erhalten hatte. Dort besuchte Planck, der
zuvor Schüler der Sexta der Kieler Gelehrtenschule war, ab dem 14. Mai 1867 die
erste Lateinklasse des Maximiliansgymnasiums.[5] Der vielseitig begabte Planck
war ein guter, jedoch kein herausragender Schüler und galt als Liebling der
Lehrer, diese bescheinigten ihm „bei aller Kindlichkeit ein sehr klarer,
logischer Kopf“ zu sein.[10]
Auch wenn es am Maximiliansgymnasium keinen naturwissenschaftlichen
Unterricht gab, kam Planck hier erstmals mit der Physik in Berührung. Sein
Mathematiklehrer Hermann Müller, den Planck rückblickend als „mitten im Leben
stehenden, scharfsinnigen und witzigen Mann“ beschrieb, vermittelte den
Schülern die Grundlagen der Astronomie und Mechanik, die zum Stoff der
Abiturklasse in seinem Fach gehörten. Als besonders prägend behielt Planck das
vom Lehrer durch ein „drastisches“ und anschauliches Beispiel eingeführte
Prinzip von der Erhaltung der Energie in Erinnerung. Er habe dieses für ihn
„erste[] Gesetz, das unabhängig vom Menschen eine absolute Geltung besitzt, […]
wie eine Heilsbotschaft […]“ aufgenommen.[11]
Unter Plancks Mitschülern am Maximiliansgymnasium waren
unter anderem der spätere Gründer des Deutschen Museums, Oskar Miller sowie
Walther von Dyck, der als Mathematiker und Wissenschaftsmanager bekannt wurde.
Weiterhin besuchten die Kinder vieler wohlhabender und angesehener Familien die
Schule, darunter der Sohn des Schriftstellers Paul Heyse sowie Plancks
zukünftiger Schwager Karl Merck, Sohn des Bankiers Heinrich Johann Merck.[12]
Im Sommer 1874 bestand Planck mit 16 Jahren das Abitur als
Viertbester seines Jahrgangs. Die nun anstehende Wahl des Studienfachs fiel ihm
nicht leicht, zunächst schwankte er zwischen Naturwissenschaften, der
Altphilologie und einem Musikstudium. Planck, der über ein absolutes Gehör
verfügte, spielte Klavier und Cello und begleitete regelmäßig Gottesdienste an
der Orgel. Er war zudem ein hervorragender Sänger und war als Sopran Mitglied
im Schul- und Kirchenchor. Zudem dirigierte und komponierte er Lieder für
kleine Theaterstücke und die Hausmusik, die damals für das Bildungsbürgertum
eine übliche Freizeitbeschäftigung waren. Als Student komponierte er später
sogar eine Operette mit dem Titel Die Liebe im Walde, die jedoch nicht erhalten
ist.
Auf der Suche nach einem Studienfach erwog Planck also
zunächst, Musik zu studieren, sah darin aber keine Berufsperspektive und
entschied sich für die Physik. Der Münchner Physikprofessor Philipp von Jolly,
bei dem Planck sich 1874 nach den Aussichten erkundigte, kommentierte Plancks
Interesse an der Physik mit der Bemerkung, dass „in dieser Wissenschaft schon
fast alles erforscht sei, und es gelte, nur noch einige unbedeutende Lücken zu
schließen“ – eine Ansicht, die zu dieser Zeit von vielen Physikern vertreten
wurde.
1874–1879: Studium in München und Berlin
Planck als Student in Berlin (1878)
Zum Wintersemester 1874 immatrikulierte sich Planck an der
Ludwig-Maximilians-Universität München für das Studium der Mathematik und der
Naturwissenschaften. Dort wurde Philipp von Jolly, der laut Zeitgenossen „ein
bewundernswerter Dozent von unübertrefflicher Klarheit und Eleganz der
Darstellung“ war, zu seinem akademischen Lehrer. Weitere Physikvorlesungen
hörte Planck bei Wilhelm Beetz, seine Lehrer in Mathematik waren Philipp Ludwig
von Seidel und Gustav Bauer,[13] dessen mathematischer Kolleg ihn „innerlich
befriedigte und anregte“.[14]
Bei von Jolly, der zu dieser Zeit wenig erfolgreich versuchte,
experimentell die Erdbeschleunigung zu bestimmen, lernte Planck die
Schwierigkeiten physikalischer Forschung kennen. In dieser Zeit unternahm
Planck die einzigen selbstständigen Experimente seiner gesamten
wissenschaftlichen Laufbahn, als er untersuchte, ob die von den theoretischen
Physikern angenommenen „halbdurchlässigen Wände“ tatsächlich existierten. Dazu
beschäftigte er sich mit der Diffusion von Wasserstoff durch erhitztes Platin,
das in dieser Konstellation tatsächlich halbdurchlässig ist. Diese Erkenntnis
wurde später für Versuche in Physik und Chemie aufgegriffen.[15]
Im Akademischen Gesangverein AGV München, dem er, wie zuvor
schon seine Brüder, angehörte,[16] lernte Planck den zwei Jahre älteren Carl
Runge (1856–1927) kennen, der ebenfalls Mathematik und Physik studierte und in
der Folge als Mathematiker bekannt wurde. Planck unternahm im Frühjahr 1877
zusammen mit zwei Freunden eine Wanderung nach Italien, zu der Runge später
hinzustieß. Plancks Biografen bewerten diese Reise, bei der es zu vielen,
zumeist philosophischen Diskussionen kam, als wichtiges Ereignis in Plancks
später Jugend. Besonders Runge, „der den Mut zu kühnen Gedankenausflügen hatte,
[…] [schreckte] seinen Kommilitonen Planck mit der damals aufrührerisch neuen
Frage [auf], ob es nicht sein könnte, dass die christliche Kirche mehr Schaden
als Nutzen für die Menschen und die Welt gebracht habe.“ (Fischer: Der
Physiker)[17] Für Planck, der aus einer traditionsgebundenen Familie stammte,
waren dies völlig neue Gedanken.[18]
Zum Wintersemester 1877 wechselte Planck gemeinsam mit Runge
für ein Jahr nach Berlin und studierte dort an der
Friedrich-Wilhelms-Universität bei den berühmten Physikern Gustav Kirchhoff und
Hermann von Helmholtz, den er bereits in München kennengelernt hatte. Von den
Vorlesungen der von ihm bewunderten Wissenschaftler war Planck jedoch bald
enttäuscht und schrieb rückblickend: „[Helmholtz war] nie richtig vorbereitet,
er sprach immer nur stockend, […] außerdem verrechnete er sich beständig […]
und wir hatten das Gefühl, dass er sich selber bei diesem Vortrag mindestens
ebenso langweilte wie wir.“ Kirchhoff dagegen hielt zwar ausführlich
vorbereitete und ausformulierte Vorlesungen, Planck empfand diese jedoch als
„trocken und eintönig.“[19] Daher bildete sich Planck, der in Berlin auch den
Mathematiker Karl Weierstraß hörte,[15] hauptsächlich im Selbststudium aus den
Schriften von Rudolf Clausius, der sich mit der Wärmetheorie beschäftigt hatte,
die in der Folge auch Plancks Arbeitsgebiet wurde. Clausius hatte erstmals die
ersten beiden Hauptsätze der Thermodynamik formuliert, wobei Planck den ersten
bereits aus seiner Schulzeit als „Prinzip von der Erhaltung der Energie“
kannte. Den zweiten Hauptsatz wählte Planck zum Thema seiner Dissertation.[20]
Im Oktober 1878 legte Planck, nun wieder zurück in München,
das „Staatsexamen für das Lehramt an höheren Schulen“ in den Fächern Mathematik
und Physik ab. Dies war zu dieser Zeit für die meisten Physikstudenten das
angestrebte Studienziel, da nur der Beruf des Lehrers eine geregelte Anstellung
versprach. Planck entschied sich hingegen, der Tradition seiner Familie
folgend, für eine Universitätslaufbahn und war lediglich Ende 1878 für kurze
Zeit an seiner ehemaligen Schule als Vertretungskraft tätig. Am 12. Februar
1879 reichte er seine Dissertation Über den zweiten Hauptsatz der mechanischen
Wärmetheorie ein,[21] in der er laut den Gutachtern „weit mehr geleistet [hat],
als gemeinhin von einer Inauguraldissertation verlangt wird.“ Besonders
hervorgehoben wurden seine selbständige Bearbeitung des ebenso eigenständig
gewählten Themas sowie seine Sachkenntnis. Auch die mündliche Prüfung am 30.
Mai des Jahres bestand Planck mit Bravour. Die Kommission, bestehend aus von
Jolly (Physik), Bauer (Mathematik) und Adolf von Baeyer (Chemie), verlieh ihm
die Note I mit der Auszeichnung summa cum laude. Auch die damals zur Promotion
nötige schriftliche Prüfung in verschiedenen Teilgebieten der Physik bereitete
Planck keine Schwierigkeiten, so dass er am 28. Juni 1879 nach einem
öffentlichen Vortrag über Die Entwicklung des Begriffs der Wärme und
anschließender allgemeiner Diskussion promoviert wurde.[22]
1880–1885: Privatdozent in München
Bereits 1880 legte Planck seine Habilitationsschrift über
Gleichgewichtszustände isotroper Körper in verschiedenen Temperaturen vor, in
der er die allgemeinen Erkenntnisse aus seiner Dissertation zur Lösung
verschiedener physikochemischer Probleme verwendete. Nach einer öffentlichen
Probevorlesung Über die Prinzipien der mechanischen Gastheorie mit
anschließender Diskussion wurde Planck am 14. Juni 1880 habilitiert. Mit gerade
einmal 22 Jahren war er nun Hochschullehrer und wurde als Privatdozent an die
Münchener Universität berufen.[23]
Dort hielt er – unbesoldet und weiterhin bei den Eltern
lebend – ab dem Wintersemester 1880 seine erste Vorlesung zu analytischer
Mechanik und erweiterte diese Veranstaltung in den folgenden Jahren zu einem
Zyklus, der alle wichtigen Teilgebiete der Physik aus theoretischer Sicht
behandelte. Gleichzeitig versuchte er, sich auch als Wissenschaftler einen
Namen zu machen, um bald den Ruf auf eine Professur zu erhalten. 1883 erhielt
er einen ebensolchen von der Forstakademie Aschaffenburg, lehnte die Berufung
aber nach einer Beratung mit Helmholtz ab, da er darin keine wissenschaftliche
Perspektive sah. Planck, der zu dieser Zeit bereits mit Marie Merck verlobt
war, verspürte einen immer stärker werdenden „Drang nach Selbstständigkeit“ und
war mit seiner Lage, besonders der Abhängigkeit vom Unterhalt seines Vaters,
unzufrieden.[23][24]
In der Fachwelt wurde Planck während dieser Zeit kaum
beachtet, weder seine Dissertation noch die Habilitationsschrift erfuhren
Aufmerksamkeit. Dennoch setzte Planck seine Forschungsarbeit auf dem Gebiet der
Wärmelehre fort und widmete sich während seiner Zeit in München der Entropie.
Dazu untersuchte er Aggregatzustandsänderungen, Gasgemische und Lösungen.[24]
1885–1889: Professur in Kiel, Heirat mit Marie Merck
Hauptgebäude der Universität Kiel (1893)
Im April 1885 berief die Christian-Albrechts-Universität zu
Kiel Planck als Extraordinarius für Theoretische Physik. Bereits seit 1883
hatte sich die recht kleine Universität bemüht, eine solche Stelle
einzurichten, und hatte zunächst auf Berliner Empfehlung Heinrich Hertz als
Privatdozent angestellt. Da sich die Einrichtung der Professur jedoch
verzögerte, nahm dieser 1884 einen Ruf der TH Karlsruhe an. Bei der
anschließenden Suche der Kieler Fakultät nach einem Nachfolger fiel die Wahl
schnell auf Planck, da dieser „unter den jüngsten Docenten der theoretischen
Physik die längste und erfolgreichste Tätigkeit aufzuweisen“ hatte.[25]
Nach kurzen Verhandlungen, bei denen ihm die guten
Beziehungen seines Vaters nach Kiel zugutekamen, wurde Planck am 2. Mai 1885 in
Kiel zum Professor ernannt. Obwohl es in Kiel nur wenige Studenten seines
Faches gab,[25] konnte er hier seine Reputation als Physiker bestätigen und
ausbauen. Planck, der nun über ein Jahresgehalt von 2000 Mark nebst
Wohnungsgeldzuschuss und Kolleggeldern der Studenten verfügte, stand jetzt
wirtschaftlich auf eigenen Füßen und konnte, nachdem er sich im Sommer 1886 mit
ihr verlobt hatte, am 31. März 1887 seine langjährige Freundin Marie Merck
(1861–1909) heiraten. Am 9. März 1888 kam ihr erster Sohn Karl (1888–1916) zur
Welt, im April 1889 die Zwillingstöchter Emma (1889–1919) und Grete
(1889–1917), im Jahr 1893 der zweite Sohn Erwin (1893–1945).[26]
Während seiner Zeit in Kiel beteiligte sich Planck an einem
1884 von der philosophischen Fakultät der Universität Göttingen für das Jahr
1887 ausgeschriebenen Wettbewerb „Über das Wesen der Energie“. Für seine
Monografie Das Princip der Erhaltung der Energie wurde ihm der zweite Preis
zuerkannt, und da der erste Preis nicht vergeben wurde, ging Planck damit
inoffiziell als Sieger aus dem Wettbewerb hervor. Die Jury hob besonders „die
methodische Denkart, die gründlich mathematisch-physikalische Bildung des
Verfassers [und] die Besonnenheit seines Urteils“[27] hervor. Vermutlich blieb
ihm der erste Preis versagt, da er in seiner Abhandlung der Arbeit von
Helmholtz den Vorzug gegenüber der des Göttinger Professors Wilhelm Eduard
Weber gab. Zwischen beiden Physikern gab es zu dieser Zeit einen heftigen
wissenschaftlichen Streit.[28][29]
Planck legte sich in Kiel endgültig auf die theoretische
Physik als Fachgebiet fest, was für die damalige Zeit zunächst eine
ungewöhnliche Entscheidung war. In Deutschland gab es nur zwei Lehrstühle für
diese Richtung der Physik, die von den dominierenden Experimentalphysikern als
notwendiges Übel begriffen oder lediglich als Hilfswissenschaft für ihre
Forschungen gesehen wurde.[30]
Ab 1889: Professur in Berlin
Hauptgebäude der Berliner Universität (um 1900)
Im April 1889 wurde Planck an die
Friedrich-Wilhelms-Universität nach Berlin berufen. Dort wurde er Nachfolger
des im Oktober 1887 überraschend verstorbenen Gustav Kirchhoff. Ursprünglich
hatte die Philosophische Fakultät, zu der zu dieser Zeit der Lehrstuhl für
Physik gehörte, versucht, den 54-jährigen Ludwig Boltzmann aus Graz zu
gewinnen. Boltzmann war einer der führenden theoretischen Physiker dieser Zeit
und entsprach damit dem Anforderungsprofil der Fakultät, die nach „Autoritäten
im kräftigen Mannesalter“ suchte. Als dieser Plan scheiterte, schlug die
Berufungskommission im November 1888 Heinrich Hertz und Planck als mögliche
Kandidaten vor. Da Hertz seine Position in Karlsruhe nicht verlassen wollte,
erhielt schließlich Planck den Ruf. Zunächst war Planck nur Extraordinarius –
man war sich seitens der Universität unsicher, ob der junge Physiker den hohen
Anforderungen genügte – wurde aber bereits 1892 zum ordentlichten Professor ernannt
und bekleidete nun den Lehrstuhl für theoretische Physik.[31]
Unmittelbar nach seinem Amtsantritt trat Planck in die
Deutsche Physikalische Gesellschaft zu Berlin ein, in der er bald auch als
Schatzmeister aktiv war. 1899 war Planck maßgeblich an der Umwandlung und
-benennung der Gesellschaft in die Deutsche Physikalische Gesellschaft
beteiligt. Bereits 1894 wurde Planck auf Vorschlag von Helmholtz’ zudem in die
Preußische Akademie der Wissenschaften gewählt. Planck war nun mit gerade
einmal 35 Jahren – der Altersdurchschnitt der Akademie lag bei über 60 Jahren –
Mitglied einer der renommiertesten Wissenschaftsgesellschaften Europas. Dies
war ein weiterer wichtiger Schritt in Plancks Karriere.[32][33]
Gedenktafel am Haus Wangenheimstraße 21, in dem Planck von
1905 bis 1944 lebte
In Berlin war Planck nicht nur wissenschaftlich, sondern
auch gesellschaftlich stärker eingebunden als in Kiel. In der Villenkolonie
Grunewald, wo viele Berliner Professoren lebten, ließ auch Planck ein Haus
bauen und zog 1905 mit seiner Familie, zu der nun auch der 1893 geborene Erwin
(1893–1945) gehörte, in die Wangenheimstraße 21. In der Nachbarschaft wohnten
der Historiker Hans Delbrück, der Theologe Adolf von Harnack und der Mediziner
Karl Bonhoeffer, mit deren Familien die Plancks befreundet waren. Planck
verband zudem bald eine enge Freundschaft mit Joseph Joachim (1831–1907), dem
Direktor der Akademischen Hochschule für Musik, mit dem er häufig zusammen
musizierte. Zu dieser Zeit beschäftigte sich Planck auch mit musiktheoretischen
Problemen, insbesondere den klanglichen Unterschieden zwischen natürlicher und
temperierter Stimmung.[33]
Seine Vorlesungen hielt Planck in einem sechssemestrigen
Zyklus, handelte also in jeweils drei Jahren Mechanik, Elektromagnetismus,
Optik, Thermodynamik und abschließend spezielle Probleme aus der theoretischen
Physik ab. Bei seinen Vorträgen benutzte er kein Manuskript, nur gelegentlich
vergewisserte er sich mit seinen Notizen, dass seine Berechnungen und
Herleitungen korrekt waren. Alle Themen und Zusammenhänge entwickelte er aus
einfachen Formeln und Gleichungen heraus und erlaubte es somit seinen Zuhörern,
die Zusammenhänge der jeweiligen Fachgebiete nachzuvollziehen. Bei seinen
Studenten wurde Planck sehr geschätzt, da er klar und fließend sprach und seine
Vorlesungen gut verständlich waren. Viele empfanden ihn aufgrund seiner klaren,
nüchternen Formulierungen zunächst als unpersönlich und verhalten, zumal er
auch seine eigenen, maßgeblichen Beiträge zur Quantentheorie nicht erwähnte,
sondern ebenso wie alle anderen Themen präsentierte. Lise Meitner, die zuvor
bei dem als mitreißenden Redner bekannten Boltzmann in Wien studiert hatte,
sagte rückblickend, sie habe „sehr schnell verstehen gelernt, wie wenig mein
erster Eindruck mit Plancks wahrer Persönlichkeit zu tun hatte. […] Er war von
einer seltenen Gesinnungsreinheit und innerlicher Geradlinigkeit, der seine
äußere Einfachheit und Schlichtheit entsprach.“[34]
Strahlungsgesetz und Quantentheorie, Relativitätstheorie
Max Planck 1901
Ab Mitte der 1890er Jahre beschäftigte sich Planck mit
Strahlungsgleichgewichten und der Theorie der Wärmestrahlung und versuchte, die
Strahlungsgesetze aus thermodynamischen Überlegungen heraus abzuleiten. Am 14.
Dezember 1900 präsentierte er der Physikalischen Gesellschaft eine Gleichung,
die die Strahlung Schwarzer Körper korrekt beschrieb. Die bis dahin gefundenen
Gleichungen, das wiensche Strahlungsgesetz und das Rayleigh-Jeans-Gesetz,
konnten jeweils nur einen Teil des Strahlungsspektrums ohne Abweichungen
wiedergeben. Im Zuge der Arbeit an seinem Strahlungsgesetz gab Planck seine
Vorbehalte gegen eine atomistisch-wahrscheinlichkeitstheoretische Betrachtung
der Entropie auf. Gleichzeitig legte er den Grundstein für die Quantenphysik,
als er für die Oszillatoren, die in seiner Modellvorstellung für die Strahlung
verantwortlich waren, nur bestimmte, diskrete Energiezustände erlaubte. Im
Rahmen dieser Arbeit führte Planck auch das plancksche Wirkungsquantum, eine
fundamentale Naturkonstante, in die Physik ein.[35]
→ Für eine
ausführliche Darstellung siehe den Abschnitt #Plancksches Strahlungsgesetz und
Wirkungsquantum.
1905 las Planck die Abhandlung Zur Elektrodynamik bewegter
Körper des damals noch unbekannten Albert Einstein und widmete sich in den
folgenden Jahren intensiv der darin eingeführten Speziellen
Relativitätstheorie. Planck war entscheidend daran beteiligt, dass Einsteins
Arbeit die nötige Aufmerksamkeit erfuhr. Schon im März 1906 hielt er in Berlin
einen Vortrag vor der Physikalischen Gesellschaft und stand in Briefkontakt mit
Einstein, der zu dieser Zeit noch in Bern lebte. Planck verteidigte das neue
Konzept gegen Kritiker und bemühte sich erfolgreich, die Experimente des
Göttingers Walter Kaufmann zu widerlegen, dessen Messungen scheinbar im
Widerspruch zur Theorie standen. Schon im September 1908, als der Mathematiker
Hermann Minkowski auf der Versammlung der Deutschen Naturforscher und Ärzte in
Köln die Zeit als vierte Dimension einführte, hatte sich die Spezielle
Relativitätstheorie in Fachkreisen durchgesetzt. Ungeachtet seiner Förderung
der einsteinschen Relativitätstheorie lehnte Planck dessen Deutung des
Strahlungsproblems, die sogenannte Lichtquantenhypothese, ab.[36]
Tod von Marie Planck, Heirat mit Marga von Hoeßlin
Am 17. Oktober 1909 starb Marie Planck nach längerer
Krankheit, vermutlich an Tuberkulose oder einem Bronchialkarzinom. Für Planck,
der 23 Jahre lang eine glückliche Ehe mit Marie geführt hatte, war ihr Tod „ein
fürchterlicher Schlag“. An Wilhelm Wien schrieb er weiter: „ […] ich hoffe, mit
den Aufgaben, die mir durch die Sorge um die Kinder und durch die Wissenschaft
gestellt sind, kommen auch die Kräfte wieder.“[37]
Am 14. März 1911 heiratete Planck eine Nichte seiner verstorbenen
Frau, Margarete (Marga) von Hoeßlin (1882–1949). Am 24. Dezember 1911 wurde
Hermann Planck († 1954) als erstes gemeinsames Kind geboren. Die Heirat mit der
25 Jahre jüngeren Marga wurde nicht von allen Kollegen gutgeheißen, der
53-jährige Planck fand jedoch durch die neue Beziehung bald wieder zu Kräften
und nahm auch das regelmäßige Musizieren in seinem Haus wieder auf. Zu den
regelmäßigen Gästen zählten die Physiker Wilhelm Westphal, Eduard Grüneisen,
Otto von Baeyer und Otto Hahn sowie die Familien Delbrück und Harnack. Zuhörer
und Gäste bei anderen Veranstaltungen im Freundeskreis waren Robert Pohl und
Gustav Hertz und Lise Meitner, die Planck für diese Zeit als ausgelassen und
unbeschwert in Erinnerung hatte.[37]
Solvay-Konferenz
Die Teilnehmer der ersten Solvay-Konferenz. Planck (hintere
Reihe, 2. von links) steht vor der Tafel, auf der sein Strahlungsgesetz zu
lesen ist.
Im Oktober 1911 nahm Planck an der ersten von seinem
Kollegen Walther Nernst initiierten Solvay-Konferenz teil, auf der die
Konsequenzen, die sich aus seinem Strahlungsgesetz für die Physik ergaben,
erörtert werden sollten. Die Konferenz selbst blieb ohne Ergebnis – Albert
Einstein beschrieb sie später als „einer Wehklage auf die Trümmer Jerusalems
ähnlich“ – schärfte jedoch das Bewusstsein der anwesenden Physiker für die
aufgeworfenen Probleme und führte dazu, dass sich zunehmend auch junge Physiker
mit der Quantentheorie auseinandersetzten. Diese Generation entwickelte
schließlich in den 1920er Jahren die moderne Quantenmechanik.[38]
Planck selbst sah die weiteren Entwicklungen äußerst
skeptisch und versuchte weiterhin, sein Strahlungsgesetz mit der klassischen
Physik in Einklang zu bringen. Dazu legte er in den folgenden Jahren die
sogenannte „zweite“ und „dritte Quantentheorie“ vor, die jedoch ob der rasanten
Entwicklung der Quantenphysik keinen Erfolg hatten. Jedoch bildeten diese
Arbeiten eine wichtige Basis für die weitere Forschung, Planck wies unter
anderem auf die Tatsache hin, dass es auch am absoluten Nullpunkt noch
Atomschwingungen geben müsse.[38]
Schüler
Planck las zwar 37 Jahre als Professor in Berlin und wurde
von seinen Studenten als Lehrer geschätzt, begründete aber keine eigene Schule,
da er nur wenige Doktoranden hatte und mit diesen auch selten in Kontakt trat.
Ein wissenschaftlicher „Betrieb“ kam an seinem Institut daher nicht auf.[39]
Viele der etwa zwanzig Doktoranden Plancks wurden später
selbst herausragende Wissenschaftler:[39]
1897 Max Abraham
(1875–1922)
1904 Moritz
Schlick (1882–1936), Begründer des „Wiener Kreises“
1906 Walther
Meißner (1882–1974)
1906 Max von Laue
(1879–1960), Nobelpreisträger 1914
1907 Fritz Reiche
(1883–1969)
1912 Walter
Schottky (1886–1976)
1912 Ernst Lamla
(1888–1986)
1914 Walther Bothe
(1891–1957), Nobelpreisträger 1954
Ab 1912: Beständiger Sekretar der Preussischen Akademie der
Wissenschaften
Max Planck 1910
Am 23. März 1912 wurde Max Planck zum „beständigen Sekretar“
der 1700 gegründeten Preussischen Akademie der Wissenschaften gewählt. Zusammen
mit drei weiteren beständigen Sekretaren bildete er das Präsidium der Akademie,
jeder von ihnen übernahm reihum für jeweils vier Monate den Vorsitz der
Gesamtakademie. Planck bekleidete nun ein einflussreiches Amt und wurde
zunehmend zur „Zentralfigur der zeitgenössischen Physik“ (Dieter Hoffmann: Max
Planck: Die Entstehung der modernen Physik), wie es vor ihm der 1894
verstorbene Hermann von Helmholtz gewesen war. Dabei stand für Planck nicht nur
die eigene Forschung, sondern auch die Entwicklung der gesamten Physik und der
Wissenschaft generell im Vordergrund.[40]
Etwa seit seiner Wahl zum beständigen Sekretar der
Preussischen Akademie bemühte sich Planck, Albert Einstein nach Berlin zu
holen, der jedoch lieber in der Schweiz bleiben wollte und die Monarchie
ablehnte. Im Frühsommer 1913 reiste Planck daher mit Walther Nernst nach Zürich
und unterbreitete Einstein das Angebot, Akademie-Mitglied und Professor ohne
Lehrverpflichtung an einem eigenen, neuen Institut an der Berliner Universität
zu werden. Einstein sagte im Dezember zu und trat am 1. April 1914 seine neue
Stelle an.[41] Planck war während des Studienjahrs 1913/1914 zudem Rektor der
Friedrich-Wilhelms-Universität.[42]
Erster Weltkrieg
Als Deutschland mit der Mobilmachung und Kriegserklärung an
Russland am 1. August und an Frankreich am 3. August 1914 zur Partei im Ersten
Weltkrieg wurde (siehe Julikrise), begrüßte Planck diesen Schritt und war
dankbar, diese „herrliche Zeit“ zu erleben. Politisch war er konservativ und
staatstreu eingestellt, zudem war er patriotisch und loyal gegenüber dem
Kaiser. Wie die meisten seiner Kollegen teilte er die Begeisterung der
Bevölkerung und nutzte das jährliche Stiftungsfest der Universität am 3.
August, um seinem physikalischen Vortrag einen patriotischen Aufruf folgen zu
lassen. Es gehe bei dem Krieg „um Gut und Blut, um die Ehre und vielleicht um
die Existenz des Vaterlandes“.[43] Planck gehörte auch zu den Unterzeichnern
der Schrift An die Kulturwelt!, die als Manifest der 93 bekannt wurde. Darin
widersprachen namhafte Wissenschaftler den als feindliche Propaganda
bezeichneten Berichten über deutsche Kriegsverbrechen im neutralen Belgien und
rechtfertigten den deutschen Militarismus.[44][41]
Als Kritik aufkam, machte Planck zunächst geltend, er habe
sich für eine Unterschrift zugunsten des Manifests gewinnen lassen, ohne es
auch nur gelesen zu haben.[45] Planck unterzeichnete aber nur etwa zwei Wochen
später auch die Erklärung der Hochschullehrer des Deutschen Reiches, wonach es
„Unser Glaube ist, daß für die ganze Kultur Europas das Heil an dem Siege
hängt, den der deutsche „Militarismus“ erkämpfen wird“. Dennoch wurde nach 1945
von einigen Autoren geltend gemacht, Planck habe sich später von seiner
Unterschrift unter das Manifest „distanziert“.[46][47] Tatsächlich aber hatte
Planck das Manifest noch 1916 in einem offenen Brief an seinen holländischen
Kollegen Hendrik Antoon Lorentz mit der Begründung verteidigt, es sei „ein
ausdrückliches Bekenntnis, daß die deutschen Gelehrten und Künstler ihre Sache
nicht trennen wollen von der Sache des deutschen Heeres. Denn das deutsche Heer
ist nichts anderes als das deutsche Volk in Waffen, und wie alle Berufsstände,
so sind auch die Gelehrten und Künstler untrennbar mit ihm verbunden“.[48] In
einem persönlichen Schreiben an Lorentz erläuterte Planck zudem, sein offener
Brief sei zwar „eine Art Widerruf, allerdings nur bezüglich der Fassung, nicht
bezüglich des Sinnes“ beider Texte.[49]
Zwar verhinderte Planck ebenfalls 1916, dass Mitglieder aus
„Feindländern“ aus der Akademie ausgeschlossen wurden. Das wird von einigen
Autoren als Zeichen dafür interpretiert, Planck habe den damals auch unter
Akademikern weit verbreiteten Chauvinismus nicht geteilt. Er begründete
allerdings sein Eintreten anders: Internationale Zusammenarbeit in der
Wissenschaft ließe sich mit „glühender Liebe und tatkräftiger Arbeit für das
eigene Vaterland“ vereinbaren.[41][44]
Plancks Söhne Karl und Erwin waren beide als Soldaten, seine
Töchter Emma und Grete als Krankenpflegerinnen[50] im Ersten Weltkrieg
eingesetzt. Erwin Planck, der jüngere der beiden Brüder, geriet nach einer
Verletzung schon am 7. September 1914 in französische Kriegsgefangenschaft.
Karl Planck fiel am 16. Mai 1916 bei Verdun. Planck ließ sich nichts anmerken
und ging weiterhin pflichtbewusst seiner Arbeit nach, viele in seinem Umfeld
erfuhren erst Wochen später von dem Tod seines Sohnes.[41]
Am 15. Mai 1917 starb Plancks Tochter Grete (* 1889), nur
wenige Tage nach der Geburt ihres ersten Kindes, im Wochenbett an einer
Lungenembolie. Ihre Zwillingsschwester Emma kümmerte sich um die Tochter.[51]
Im Januar 1919 heiratete Emma Planck Gretes Witwer, den
Heidelberger Professor Ferdinand Fehling. Am 21. November 1919 starb auch sie
bei der Geburt des ersten Kindes, wiederum überlebte die Tochter.[52][53]
Weimarer Republik
In den Wirren der Nachkriegszeit gab Planck, inzwischen
oberste Autorität der deutschen Physik, die Parole „Durchhalten und
weiterarbeiten“ an seine Kollegen aus. Das bedeutete auch, politische
Stellungnahmen zu vermeiden, was allerdings durchaus zu politischen Folgen
führen konnte: Als die Relativitätstheorie Einsteins um 1920 mit zunehmender
Aggressivität in der Öffentlichkeit diskreditiert und Einstein auch persönlich
angegriffen wurde, lehnte Planck es trotz einer Empfehlung des Preußischen
Kultusministeriums ab, zu Gunsten Einsteins eine Stellungnahme der Akademie der
Wissenschaften abgeben zu lassen.[49] Stattdessen veröffentlichten Heinrich
Rubens und Walther Nernst unter eigenem Namen eine Verteidigung der Person
Einstein und seiner Theorie.[54]
Im Oktober 1920 gründeten Fritz Haber und er die
Notgemeinschaft der deutschen Wissenschaft, die sich gezielt der Förderung der
notleidenden Forschung annahm; die Mittel stammten zu einem erheblichen Teil
aus dem Ausland. Er bekleidete auch führende Positionen in der Berliner
Universität, der Preußischen Akademie der Wissenschaften, der Deutschen
Physikalischen Gesellschaft und war seit April 1916 Senator der
Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft (KWG; die spätere Max-Planck-Gesellschaft).
Ab 1920 war Planck Kirchenältester im Gemeindekirchenrat der
Evangelischen Grunewald-Gemeinde.
Planck wurde Mitglied der DVP, der Partei Stresemanns, die
liberale innenpolitische Ziele und eher revisionistische in der Außenpolitik
verfolgte. Das allgemeine Wahlrecht lehnte er ab und führte später die
Nazi-Diktatur auf das „Emporkommen der Herrschaft der Masse“ zurück.
Nationalsozialismus und Zweiter Weltkrieg
Bei der Machtergreifung der Nazis 1933 war Planck 74 Jahre
alt. Er verhielt sich auch diesem Regime gegenüber loyal. Als Präsident der
Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft (KWG) richtete er daher am 14. Juli 1933 an
Innenminister Wilhelm Frick ein Schreiben, in dem er mitteilte, dass die
Gesellschaft gewillt sei, „sich systematisch in den Dienst des Reiches
hinsichtlich der rassenhygienischen Forschung zu stellen“.[55] Jüdische Freunde
und Kollegen Plancks wurden gedemütigt und vor allem durch das
Berufsbeamtengesetz aus ihren Ämtern gedrängt, hunderte Wissenschaftler
verließen Deutschland. Otto Hahn fragte daher Planck, ob man nicht eine Anzahl
anerkannter deutscher Professoren für einen gemeinsamen Appell gegen diese
Behandlung jüdischer Professoren zusammenbringen könne, worauf Planck
antwortete: „Wenn Sie heute 30 solcher Herren zusammenbringen, dann kommen
morgen 150, die dagegen sprechen, weil sie die Stellen der anderen haben
wollen.“ Fritz Haber gehörte zu den wenigen, für den Planck seinen Einfluss
offen einsetzte, indem er versuchte, direkt bei Hitler zu intervenieren. Das
misslang, Haber starb 1934 im Exil. Ein Jahr darauf veranstaltete Planck in
seiner Funktion als Präsident der KWG (seit 1930) aber eine Gedächtnisfeier für
Haber. Im übrigen allerdings versuchte Planck es weiterhin mit „Durchhalten und
weiterarbeiten“ und bat emigrierwillige Physiker lediglich im Privaten, nicht zu
gehen, womit er teilweise erfolgreich war, und ermöglichte es auch einer Reihe
von jüdischen Wissenschaftlern, für begrenzte Zeit weiter an Instituten der
Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft zu arbeiten. 1936 endete Plancks
KWG-Präsidentschaft, auf Drängen der Nazis verzichtete er darauf, sich zur
Wiederwahl zu stellen.
Das politische Klima verschärfte sich weiter und richtete
sich nun auch gegen Planck. Johannes Stark, Vertreter der „Deutschen Physik“
und Präsident der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt, beschimpfte in einer
SS-Zeitschrift Planck, Sommerfeld und Heisenberg als „weiße Juden“ und
polemisierte gegen die gesamte Theoretische Physik. Das „Hauptamt Wissenschaft“
untersuchte Plancks Herkunft, erzielte aber nur das Ergebnis, er sei „zu einem
Sechzehntel jüdisch“.
1938 feierte Planck seinen achtzigsten Geburtstag: Während
des offiziellen Festaktes der DPG wurde dem französischen Physiker Louis de
Broglie die Max-Planck-Medaille verliehen, mitten im Vorfeld eines neuen
Krieges. Planck erhielt etwa 900 Gratulationen, die er alle persönlich und
individuell beantwortete.
Ende 1938 wurde die Akademie gleichgeschaltet, Planck trat
aus Protest zurück. Er unternahm trotz seines hohen Alters immer noch
zahlreiche Vortragsreisen, so 1937 ins Baltikum mit dem berühmten Vortrag
Religion und Naturwissenschaft, und noch 1943 bestieg er im Urlaub in den Alpen
mehrere Dreitausender.
Während des Zweiten Weltkrieges musste Planck aufgrund des
Luftkrieges Berlin verlassen. Am 1. März 1943 fand er Quartier beim Industriellen
Carl Still, dessen Gutshaus auf dem ehemaligen Gelände der Burg Rogätz heute
noch steht. 1942 schrieb er: „Mir ist der brennende Wunsch gewachsen, die Krise
durchzustehen und so lange zu leben, bis ich den Wendepunkt, den Anfang zu
einem Aufstieg werde miterleben können.“ Mit „Aufstieg“ dürfte er allerdings
weniger einen militärischen Sieg des nationalsozialistischen Regimes, als
vielmehr einen politischen und moralischen Neuanfang nach dessen Ende gemeint
haben. Denn Planck war sich damals durchaus bewusst, welche Verbrechen von
Deutschen begangen wurden, sofern er es nicht sogar mit eigenen Augen sehen
konnte. So äußerte er im Mai 1943 gegenüber Lise Meitner: „Es müssen
schreckliche Dinge geschehen, wir haben schreckliche Dinge getan.“[56] Ende Oktober
1943 sollte er einen Vortrag in Kassel halten; deshalb übernachtete er bei
Verwandten vom 22. auf den 23. Oktober, als Kassel Ziel eines verheerenden
Luftangriffs wurde. Er musste miterleben, wie seine Verwandten ausgebombt
wurden. Im Februar 1944 wurde sein Haus in Berlin durch einen Luftangriff
völlig zerstört.
Am 23. Juli 1944 wurde sein Sohn Erwin Planck wegen
Beteiligung am Aufstand vom 20. Juli 1944 verhaftet und in das Hauptquartier
der Gestapo gebracht. Vater Planck machte mit mehreren Eingaben die Unschuld
seines Sohnes im Sinne der Anklage geltend. So schrieb er an Himmler: „Aufgrund
des innigen Verhältnisses, das mich mit meinem Sohn verbindet, bin ich sicher,
dass er mit den Geschehnissen des 20. Juli nichts zu tun hat.“ Als Erwin Planck
vom Volksgerichtshof am 23. Oktober 1944 dennoch zum Tod verurteilt worden war,
schrieb Vater Planck an Hitler: „Mein Führer! Ich bin zutiefst erschüttert
durch die Nachricht, dass mein Sohn Erwin vom Volksgerichtshof zum Tode
verurteilt worden ist. Die mir wiederholt von Ihnen, mein Führer, in
ehrenvollster Weise zum Ausdruck gebrachte Anerkennung meiner Leistungen im
Dienste unseres Vaterlandes berechtigt mich zu dem Vertrauen, dass Sie der
Bitte des im siebenundachtzigsten Lebensjahr Stehenden Gehör schenken werden.
Als Dank des deutschen Volkes für meine Lebensarbeit, die ein unvergänglicher
geistiger Besitz Deutschlands geworden ist, erbitte ich das Leben meines
Sohnes.“[56] Weitere Eingaben richtete Planck an Hermann Göring und erneut an
Himmler, der eine Umwandlung der Todes- in eine Zuchthausstrafe in Aussicht
gestellt haben soll. Dennoch wurde Erwin Planck am 23. Januar 1945 in
Plötzensee ermordet.
Als auch die Gegend um Rogätz zur Kampfzone wurde, flüchtete
das Ehepaar Planck in den benachbarten Wald. Es übernachtete mit hunderten
Anderen zunächst einige Tage unter freiem Himmel, dann fand es Aufnahme in der
Hütte einer Melkerfamilie. Die Gegend kam zwischen die Fronten der vorrückenden
westlichen und sowjetischen Alliierten. Ein amerikanischer Offizier evakuierte
das Ehepaar in das unzerstörte Göttingen, wo es bei einer Nichte Plancks
unterkam.[57]
Späte Jahre
Stadtfriedhof Göttingen: Grab von Max Planck und seiner
Familie
Nach dem Kriegsende wurde von Göttingen aus unter der
Führung von Ernst Telschow die Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft wieder aufgebaut,
deren kommissarischer Präsident Max Planck wurde. Nach seiner Rückkehr aus der
englischen Internierung trat Otto Hahn am 1. April 1946 die Nachfolge an. Da
die britische Besatzungsmacht auf einem anderen Namen bestand, wurde die
Vereinigung am 11. September 1946 im Clemens-Hofbauer-Kolleg in Bad Driburg in
Max-Planck-Gesellschaft umbenannt. Max Planck wurde zu ihrem Ehrenpräsidenten
ernannt.
Trotz zunehmender gesundheitlicher Probleme unternahm Planck
wieder Vortragsreisen. Im Juli 1946 nahm er als einziger eingeladener Deutscher
an den Feierlichkeiten der Royal Society zum 300. Geburtstag Isaac Newtons
teil. Am 4. Oktober 1947 starb Max Planck an den Folgen eines Sturzes und
mehrerer Schlaganfälle. Sein Grab befindet sich auf dem Stadtfriedhof
Göttingen, auf dem außer ihm eine Reihe weiterer Nobelpreisträger bestattet
sind.
Religion und Naturwissenschaft
Planck wandte sich in den letzten Jahrzehnten seines Lebens
den philosophischen Grenzfragen seines physikalischen Weltbildes zu. Er war
dabei philosophisch von Immanuel Kant und theologisch von Adolf Harnack
mitbeeinflusst. In Vorträgen und Aufsätzen vertrat er die Auffassung, dass die
Religion von einem Gottesglauben ausgehe und den Bereich des Ethischen umfasse,
dass die Naturwissenschaft als ein wissenschaftlich-empirisches Erkennen zu
Gott hinstrebe, aber nur bei einer „naturwissenschaftlichen Macht“ enden
könne.[58] Planck bejahte die geglaubte Wirklichkeit Gottes. Daneben stand
seine Kritik an einer Pseudo-Metaphysik, die aus der Quantentheorie unzulässige
Gottesbeweise abzuleiten versuchte. Außerdem kritisierte Planck die
Absolutsetzung von „religiösen Symbolen“ durch die Kirchen, also mythologische
Aussagen. Er war bis zu seinem Tod Mitglied der evangelischen Kirche.[59]
Werk
Entropie
Die Thermodynamik, die gegen Ende des 19. Jahrhunderts auch
als „mechanische Wärmetheorie“ bezeichnet wurde, war zu Beginn dieses
Jahrhunderts aus dem Versuch heraus entstanden, die Funktionsweise von
Dampfmaschinen zu verstehen und ihre Effektivität zu verbessern. In den 1840er
Jahren entdeckten und formulierten mehrere Forscher unabhängig voneinander den
Energieerhaltungssatz, der heute auch als der Erste Hauptsatz der Thermodynamik
bekannt ist. 1850 formulierte Rudolf Clausius den sogenannten zweiten
Hauptsatz, der besagt, dass eine freiwillige (oder spontane) Energieübertragung
nur von einem wärmeren auf einen kälteren Körper, nicht aber umgekehrt möglich
ist. In England kam zu dieser Zeit William Thomson zu dem gleichen Ergebnis.
Clausius verallgemeinerte seine Formulierung immer weiter
und kam 1865 zu einer neuen Formulierung. Dazu führte er den Begriff der
Entropie (S) ein, die er als Maß für die reversible Zufuhr von Wärme im
Verhältnis zur absoluten Temperatur definierte:
\mathrm dS =
\frac{\mathrm dQ}{T}
Die neue und bis heute gültige Formulierung des zweiten
Hauptsatzes lautete: „Entropie kann erzeugt, aber niemals vernichtet werden“.
Clausius, dessen Arbeiten Planck als junger Student während seines Aufenthaltes
in Berlin las, wandte dieses neue Naturgesetz erfolgreich auf mechanische,
thermoelektrische und chemische Prozesse sowie auf Aggregatzustandsänderungen
an.
In seiner Dissertation fasste Planck 1879 die Schriften
Clausius zusammen und wies dabei auf Widersprüche und Ungenauigkeiten in ihrer
Formulierung hin, um sie anschließend klarzustellen. Zudem verallgemeinerte er
die Gültigkeit des zweiten Hauptsatzes auf alle Vorgänge in der Natur, Clausius
hatte seine Anwendung auf reversible Vorgänge und thermische Prozesse
beschränkt. Weiterhin befasste sich Planck intensiv mit dem neuen
Entropiebegriff und stellte heraus, dass die Entropie nicht nur eine
Eigenschaft eines physikalischen Systems, sondern gleichzeitig auch ein Maß für
die Irreversibilität eines Prozesses ist: Wird bei einem Prozess Entropie
erzeugt, so ist er irreversibel, da Entropie gemäß dem zweiten Hauptsatz nicht
vernichtet werden kann. Bei reversiblen Vorgängen bleibt die Entropie demnach
konstant. Diesen Sachverhalt stellte er 1887 in einer Serie von Abhandlungen
mit dem Titel Über das Princip der Vermehrung der Entropie ausführlich dar.
Plancks Arbeiten erfuhren zu dieser Zeit wenig Beachtung, vielen Physikern galt
die Entropie als ein „mathematisches Gespenst“.[60][61]
Planck folgte bei seiner Beschäftigung mit dem
Entropiebegriff nicht der damals vorherrschenden molekularen,
wahrscheinlichkeitstheoretischen Interpretation, da diese keinen absoluten
Beweis der Allgemeingültigkeit ermöglichen. Stattdessen verfolgte er einen
phänomenologischen Ansatz und stand auch dem Atomismus skeptisch gegenüber.
Auch wenn er diese Haltung im Zuge seiner Arbeiten zum Strahlungsgesetz später
aufgab, zeigt sein Frühwerk „eindrucksvoll die große Leistungskraft der
phänomenologischen Thermodynamik bei der Lösung konkreter physikochemischer
Probleme […]“ (Dieter Hoffmann: Max Planck: Die Entstehung der modernen
Physik).[62][61]
Zu Plancks Entropieverständnis gehörte die Erkenntnis, dass
das Maximum der Entropie dem Gleichgewichtszustand entspricht. Die damit
einhergehende Folgerung, dass sich aus der Kenntnis der Entropie alle Gesetze
thermodynamischer Gleichgewichtszustände ableiten lassen, entspricht dem
modernen Verständnis solcher Zustände. Planck wählte daher
Gleichgewichtsprozesse zu seinem Forschungsschwerpunkt und erforschte,
ausgehend von seiner Habilitationsschrift, etwa die Koexistenz von
Aggregatzuständen und das Gleichgewicht von Gasreaktionen. Diese Arbeiten an
der Grenze zur chemischen Thermodynamik erfuhren auch große Aufmerksamkeit
durch die zu dieser Zeit stark expandierende chemische Industrie.[62]
Unabhängig von Planck hatte der US-Amerikaner Josiah Willard
Gibbs nahezu sämtliche Erkenntnisse, die Planck über die Eigenschaften
physikalisch-chemischer Gleichgewichte gewann, ebenfalls entdeckt und ab 1876
publiziert. Planck waren diese Aufsätze unbekannt, in deutscher Sprache
erschienen sie erst 1892. Beide Wissenschaftler näherten sich dem Thema jedoch
auf unterschiedliche Weise, während Planck sich mit irreversiblen Prozessen
beschäftigte, betrachtete Gibbs die Gleichgewichte. Dieser Ansatz konnte sich
ob seiner Einfachheit schließlich auch durchsetzen, Plancks Herangehensweise
wird jedoch die „größere Allgemeinheit“ zugesprochen.[63]
Elektrolyte und Lösungen
Neben seinen Forschungen zur Entropie beschäftigte sich
Planck im ersten Jahrzehnt seiner wissenschaftlichen Tätigkeit auch mit
elektrischen Vorgängen in Lösungen. Dabei gelang es ihm unter anderem, die
Abhängigkeit von Leitvermögen und Verdünnung einer Lösung theoretisch
herzuleiten, damit begründete er die moderne Elektrolyttheorie. Auch konnte er
die Bedingungen für die Gefrier- und Siedepunktänderungen verdünnter Lösungen,
die Raoult und van ’t Hoff 1886 gefunden hatten, theoretisch herleiten.[62]
Plancksches Strahlungsgesetz und Wirkungsquantum
→ Hauptartikel: Plancksches Strahlungsgesetz
Nachdem er seine Arbeiten zu thermodynamischen
Gleichgewichten weitgehend abgeschlossen und anschließend erfahren hatte, dass
zuvor schon der US-Amerikaner Josiah Willard Gibbs zu den gleichen Ergebnissen
gekommen war, wandte sich Planck Mitte der 1890er Jahre
Strahlungsgleichgewichten und der Theorie der Wärmestrahlung zu. Zu diesem
Zeitpunkt wusste man nur wenig über die Gesetze, nach denen erhitzte Körper
Wärme- und Lichtstrahlen aussenden. Gustav Kirchhoff hatte 1859 die zentrale
Bedeutung einer universellen, nur von der Frequenz und der Temperatur
abhängigen, Strahlungsfunktion f(\nu,T) zur Beschreibung der Wärmestrahlung
postuliert. Dabei führte er das Konzept des Schwarzen Körpers ein, der alle
auftreffende Strahlung vollständig absorbiert. Ein solcher Schwarzer Körper
emittiert im Umkehrschluss also nur die von ihm selbst ausgesendete Strahlung.
Dadurch vereinfachte sich die Suche nach der Strahlungsfunktion, da das Problem
auf die Untersuchung der Strahlung eines Schwarzen Körpers reduziert werden
kann.[35]
Die experimentellen und theoretischen Hürden waren jedoch
groß, erst 1879 konnte Josef Stefan den Zusammenhang zwischen Energiedichte I
und Temperatur T als I \sim T^{4} bestimmen. Ludwig Boltzmann konnte daraus
1884 ein Gesetz für die Gesamtstrahlung eines Schwarzen Körpers finden, Wilhelm
Wien von der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt in Berlin ermittelte 1893
das sogenannte Wiensche Verschiebungsgesetz \lambda T = konstant. Drei Jahre
später folgte das Wiensche Strahlungsgesetz, das die experimentellen Ergebnisse
zunächst – die zu dieser Zeit üblichen großen Messfehler berücksichtigend –
bestätigen konnte.[35]
Während die Wissenschaftler an der Physikalisch-Technischen
Reichsanstalt um 1900 versuchten, erstmals einen Schwarzen Körper zu
realisieren, um daran Messungen durchführen zu können, näherte sich Planck dem
Problem aus theoretischer Sicht. Dazu versuchte er 1894, die Gesetze der
Strahlungsphysik von thermodynamischen Überlegungen abzuleiten. Diese Arbeit
war die unmittelbare Fortsetzung seiner früheren Forschungen zu
thermodynamischen Gleichgewichten und Entropie, die er auf diese Weise mit der
elektromagnetischen Lichttheorie verknüpfen wollte. Dadurch wäre es möglich
geworden, Wärmestrahlung als elektromagnetischen Vorgang zu interpretieren, was
aus der damaligen Perspektive einen weiteren Abschluss der Physik dargestellt
hätte.[35]
Planck verwendete für seine Theorie die 1889 von Heinrich
Hertz als „Hertzscher Oszillator“ eingeführten harmonischen Oszillatoren, mit
denen sich Emission und Absorption elektromagnetischer Wellen beschreiben ließ.
Planck übertrug dieses Konzept auf wärmestrahlende Körper und stellte seine
Ergebnisse im März 1895 und Februar 1896 der Preußischen Akademie der
Wissenschaften vor. In den folgenden Jahren erweiterte er diesen Ansatz und
veröffentlichte zwischen 1897 und 1899 fünf Abhandlungen Über irreversible
Strahlungsvorgänge. Weiter gelang es ihm, aus der Betrachtung des
Strahlungsverhaltens eines Hohlraums das Wiensche Strahlungsgesetz abzuleiten.
Als er im Mai 1899 diese Ergebnisse der Akademie präsentierte, war er außerdem
zu der Erkenntnis gelangt, dass dieses Gesetz ebenso wie der zweite Hauptsatz
der Thermodynamik universell gültig wäre. Gleichzeitig führte Planck die später
als plancksches Wirkungsquantum bezeichnete Naturkonstante h ein, erkannte aber
ihre umfassende Bedeutung nicht.[35]
Vergleich der Gesetze von Rayleigh-Jeans (rot), Planck
(grün) und Wien (blau) für Frequenzen von etwa 20 MHz bis etwa 2 GHz
Im Sommer 1900 ergaben Messungen von Heinrich Rubens und
Ferdinand Kurlbaum, dass die bis dahin als Messfehler interpretierten
Abweichungen des Wienschen Strahlungsgesetzes in niedrigen Frequenzbereichen in
Wirklichkeit gravierende Fehler in der Gleichung selbst waren. Rubens, der mit
Planck befreundet war, berichtete diesem im Oktober des Jahres von den
gefundenen Ergebnissen und wies diesen darauf hin, dass für große Wellenlängen
nicht das Wiensche Strahlungsgesetz, sondern vielmehr das gerade gefundene
Rayleigh-Jeans-Gesetz gelten müsse. Dieses wich wiederum in hohen
Frequenzbereichen, wo das Wiensche Gesetz genaue Werte lieferte, deutlich ab.
Unmittelbar nach diesem Gespräch fand Planck eine „glücklich erratene
Interpolationsformel“ für die Messergebnisse, die Rubens bei Messungen in den
folgenden Tagen bestätigen konnte. Das plancksche Strahlungsgesetz verband das
Wiensche mit dem Rayleigh-Jeans-Gesetz, die beide als Grenzfälle betrachtet
werden können.[35]
Das vorläufige Ergebnis, das Planck am 19. Oktober im
Anschluss an einen Vortrag von Kurlbaum der Akademie vorstellte, enthielt noch
zwei zu diesem Zeitpunkt unbestimmte Konstanten. In den folgenden Wochen
brachte Planck das Gesetz auf seine endgültige Form:
\rho (\nu,T) =
\frac{8 \pi \nu^{2}}{c^{3}} \frac{h \nu}{e^{\frac{h \nu}{kT}}-1}
Dazu verwendete Planck die bis zu diesem Zeitpunkt von ihm
abgelehnte atomistisch-wahrscheinlichkeitstheoretische Begründung der Entropie
von Ludwig Boltzmann, gab also seinen bis dahin konsequent verfolgten
phänomenologischen Ansatz auf und erkannte seinen Irrtum. Rückblickend
beschrieb Planck diesen Schritt als einen „Akt der Verzweiflung“.[64][65]
Analog zu Boltzmanns Arbeit zur Gas-Statistik von 1877 erlaubte Planck für die
Strahlungsoszillatoren nur bestimmte Energiezustände. Das so hergeleitete
Gesetz enthält mit der Boltzmann-Konstante k, der Lichtgeschwindigkeit c und
dem planckschen Wirkungsquantum drei Naturkonstanten, ansonsten sind nur die
variablen Größen Temperatur und Frequenz enthalten. Die Naturkonstanten konnten
durch den von Planck gefundenen Zusammenhang in den folgenden Jahren deutlich
genauer bestimmt werden, als es bis dahin möglich gewesen war.[35]
Am 14. Dezember 1900 stellte Planck bei einer Sitzung der
Physikalischen Gesellschaft seine Ergebnisse vor, dieser Tag gilt nach Max von
Laue seitdem als der „Geburtstag der Quantenphysik“, obwohl keinem der
anwesenden Wissenschaftler – Planck eingeschlossen – die Bedeutung und
Tragweite der Formel oder der Konstanten h bewusst war. Man sah in Plancks
Ergebnis zunächst eine Formel, die die Strahlungsverhältnisse korrekt
darstellte. Erst Albert Einsteins Lichtquantenhypothese von 1905 und die darauf
folgende kritische Analyse des Planckschen Strahlungsgesetzes, die Einstein
anschließend zusammen mit Paul Ehrenfest erarbeitete, machte dessen Unvereinbarkeit
mit der klassischen Physik deutlich. Planck selbst bezeichnete erst 1908 die
Energiezustände der Oszillatoren als „diskret“.[35]
Nach der Solvay-Konferenz 1911, wo die durch das plancksche
Strahlungsgesetz aufgeworfenen Probleme erläutert wurden, versuchte Planck, das
Strahlungsgesetz mit der klassischen Physik in Einklang zu bringen. Dazu
erarbeitete er bis 1912 die „zweite Quantentheorie“, nach der nur die Emission
von Energie quantisiert, die Absorption jedoch kontinuierlich erfolgt. 1914
legte er eine „dritte Quantentheorie“ vor, die vollständig ohne Quanten auskam.
Nach wie vor lehnte er die Lichtquantenhypothese von Einstein ab.
Die Ende der 1920er Jahre von Bohr, Heisenberg und Pauli
erarbeitete Kopenhagener Deutung der Quantenmechanik lehnte Planck ab, zusammen
mit Schrödinger und Laue; auch Einstein war jetzt zum Konservativen geworden.
Die heisenbergsche Matrizenmechanik fand Planck „abscheulich“, die
Schrödinger-Gleichung begrüßte er wie eine Erlösung. Er erwartete, die
Wellenmechanik werde die Quantentheorie, sein eigenes Kind, bald überflüssig
machen. Die Wissenschaft ging über seine Bedenken hinweg. Auch für ihn selbst
galt, was er in jungen Jahren im Kampf mit dem Alten festgestellt hatte: „Eine
neue wissenschaftliche Wahrheit pflegt sich nicht in der Weise durchzusetzen,
dass ihre Gegner überzeugt werden und sich als belehrt erklären, sondern
dadurch, dass die Gegner allmählich aussterben und dass die heranwachsende
Generation von vornherein mit der Wahrheit vertraut gemacht ist.“ Wissenschaftliche
Selbstbiographie, Leipzig 1948.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.