Samstag, 16. Januar 2016

Sigmund Freud 1856-1939


Sigmund Freud 1856-1939

Author D.Selzer-McKenzie

Video: https://youtu.be/2z6--ljXADY

 

Sigmund Freud (geboren am 6. Mai 1856 in Freiberg in Mähren, als Sigismund Schlomo Freud; gestorben am 23. September 1939 in London) war ein österreichischer Neurologe, Tiefenpsychologe, Kulturtheoretiker und Religionskritiker. Er wurde weltweit als Begründer der Psychoanalyse bekannt. Freud gilt als einer der einflussreichsten Denker des 20. Jahrhunderts. Seine Theorien und Methoden werden bis heute angewendet und diskutiert.

Sigmund Freud 1921 (Fotografie von Max Halberstadt)

Unterschrift Sigmund Freud

 

 

Freud, Sohn jüdischer Eltern, wurde als Sigismund Schlomo Freud in Freiberg in Mähren, damals Teil des Kaisertums Österreich, heute Příbor, in Tschechien geboren. Er wurde „ohne Religion erzogen“ und „war immer ein Ungläubiger“.[1] Trotz seiner atheistischen und religionskritischen Einstellung fühlte er sich Zeit seines Lebens dem Judentum zugehörig.[2] Was ihn ans Judentum band, war „nicht der Glaube, auch nicht der nationale Stolz“, sondern „die klare Bewußtheit der inneren Identität, die Heimlichkeit der gleichen seelischen Konstruktion“.[1]

 

Sein Vater, der Wollhändler (Kallamon) Jacob (Jakob) Freud (geboren am 18. Dezember 1815 in Tysmenitz im damals österreichischen Galizien, heute Ukraine; gestorben am 23. Oktober 1896 in Wien), entstammte einer chassidischen Familie. Jacob Freud war bei Sigmunds Geburt bereits 40 Jahre alt und in dritter Ehe verheiratet mit Freuds Mutter Amalia Nathansohn Freud (1835–1930), geboren in Brody im damals österreichischen Galizien und im damals russischen Odessa aufgewachsen. Seine Eltern wurden im Jahre 1855 vom dänischgeborenen Wiener Rabbiner Isaak Noah Mannheimer getraut.[3] Mannheimer hatte bemerkenswerterweise im Jahre 1841 eine Debatte über das Reformjudentum mit dem Hamburger Oberrabbiner Isaak Bernays, dem Großvater der späteren Ehefrau von Freud, Martha Bernays, eröffnet.[4]

 

Sigmund Freud hatte zwei ca. 20 Jahre ältere Halbbrüder aus der ersten Ehe seines Vaters. Ihm folgten sieben jüngere Geschwister aus der Ehe seiner Eltern, von denen das erste (Julius) starb, als Freud noch nicht ganz zwei Jahre alt war.[5]

Umzug der Familie Freud – 1859 nach Leipzig – 1860 nach Wien

 

Als Jacob Freuds bis dahin florierendes Wollhandelgeschäft in der 1857 einsetzenden Wirtschaftskrise bankrottging, bedeutete dies für die bisher wohlhabende Familie einen sozialen Abstieg. Aus wirtschaftlicher Bedrängnis zog sie 1859 zunächst nach Leipzig und kurze Zeit später nach Wien. Dort besuchte Freud ab 1865 das Leopoldstädter Communal-Realgymnasium. Freud war ein sehr guter Schüler und bestand seine Matura 1873 mit Auszeichnung.

Medizinstudium in Wien – Forschungsstipendium in Triest

 

Freud verwarf seine ursprünglichen Pläne, Jura zu studieren, und immatrikulierte sich 1873 an der Universität Wien für das Studium der Medizin. Seit 1874 begleitete Carl Claus, Professor für Zoologie in Wien, Freuds Forschungsarbeiten und ermöglichte ihm ein Stipendium. Während dieses Forschungsstipendiums ab 1876 an der Zoologischen Versuchsstation in Triest unternahm Freud Untersuchungen an Aal-Hoden und legte damit seine erste wissenschaftliche Arbeit bei Carl Claus vor. Noch im selben Jahr kehrte er nach Wien zurück und wechselte an das Physiologische Institut unter der Leitung von Ernst Wilhelm Brücke. Unterbrochen von seinem einjährigen Militärdienst im Jahr 1879 wurde Freud 1881 nach erfolgreicher Disputation über seine Dissertation zum Thema Über das Rückenmark niederer Fischarten zum Doktor der Medizin promoviert.

Das Haus Berggasse 19 in Wien. Hier lebte Freud mit seiner Familie 47 Jahre lang von 1891 bis zur Emigration nach London 1938

Ornate staircase, a landing with an interior door and window, staircase continuing up

Aufgang zu Freuds Wohnung und Praxis in der Berggasse 19. Hier kamen und gingen fast ein halbes Jahrhundert die Patienten zu Freuds Arbeitsraum mit der berühmten Couch. Die Couch und die meisten Bücher, Sammlungsstücke und Möbel stehen heute im Freud Museum (London), der Exilwohnung der Freuds.

Neurophysiologie und Pharmakologie – Untersuchungen mit Kokain

 

1882 trat Freud eine Stelle im Wiener Allgemeinen Krankenhaus unter Theodor Meynert an, die er bis 1885 innehatte. Dort arbeitete er im Laboratorium für Gehirnanatomie im Bereich der Neurophysiologie. Von 1884 bis 1887 befasste sich Freud eingehend mit der Pharmakologie des Stimulans Kokain, einer damals noch wenig bekannten Droge, die ein deutscher Militärarzt eingesetzt hatte, um die körperliche Ausdauer seiner Männer zu steigern.[6] Seine Studie über Kokain, für die Freud auch Selbstversuche unternommen hatte, wurde 1884 veröffentlicht und war Grundlage der damals revolutionären Entdeckung der lokalanästhetischen Wirkung des Kokains am Auge, nachgewiesen durch Versuche von Carl Koller.[7] Versuche, seinen morphiumsüchtigen Freund und Kollegen Ernst von Fleischl mit Kokain zu heilen, misslangen, und Fleischl wurde kokainabhängig.[8] Allerdings hatte Freud ihm geraten, das Kokain nur intern (also oral) anzuwenden und von anderweitiger Verwendung abzusehen. Gegen seinen Rat begann sich Fleischl Kokaininjektionen zu machen. Freud gab das jedoch nicht sofort in seinen Publikationen an, sondern erst 1899 in seinem späteren Werk Die Traumdeutung. Bekannt wurde dies durch Freuds Freund und Biographen Ernest Jones, der den Briefwechsel ausgewertet hat. Freud selbst nutzte über Jahre die therapeutische Wirkung des Kokains ohne eine Toleranzentwicklung.[9] Seine inzwischen vollständig veröffentlichte Korrespondenz mit Wilhelm Fließ bestätigt, dass er bis 1895 Kokain, das Fließ ihm verschrieb, zur lokalen Behandlung von Nebenhöhlenentzündungen verwendete.[10]

Jean-Martin Charcot – Hysterie und Hypnose

Charcot demonstriert die Wirkung der Hypnose an einer „Hysterikerin“, der Patientin Blanche Wittman, Gemälde von André Brouillet (1887)

 

Während einer Studienreise nach Paris 1885 besuchte er u. a. die psychiatrische Klinik am Hôpital Salpêtrière, wo Jean-Martin Charcot wirkte, ein bekannter Professor für Pathologische Anatomie, der die Hysterie als echte Krankheit diagnostiziert hatte und Hypnose für ernste Zwecke der psychischen Heilung einsetzte.[11] Dieser gab ihm Anschauungsunterricht über Hysterie, und vermittelte ihm die Auswirkung von Hypnose und Suggestion. Schon einige Jahre zuvor hatte der junge Freud auch den österreichisch-jüdischen Arzt Josef Breuer kennengelernt. Der Fall der „Anna O.“ (Bertha Pappenheim), die bei Breuer seit 1880 in Behandlung war, führte zur gemeinsamen Erarbeitung der sogenannten „Sprechtherapie“, einer Art Vorstufe der Psychoanalyse.

 

Freud erforschte und benutzte den hypnotischen Zustand zunächst, um den „Zensor“ zu umgehen, der den Analytiker daran hindert, unterdrückte Erfahrungen aufzudecken, die seines Erachtens die Neurosen hervorbringen. Nach einem im Oktober 1886 gehaltenen Vortrag über männliche Hysterie schlug Freud heftige Kritik entgegen. Zu den Kritikern gehörte auch Theodor Meynert, der sich mit dem mit Freud zusammenarbeitenden Hypnosearzt Leidesdorf überworfen hatte. Meynert behandelte Freud, als sei er „nur“ ein Hypnotiseur, der „als ausgebildeter Hypnosearzt arbeitet.“ Freud wandte sich nach seinem Besuch bei Bernheim 1889 von Charcot ab. Nun sprach er sich gegen eine materialistische Interpretation der Hypnose aus, verteidigte sie gegen Verleumdungen ihrer Gegner und übersetzte Bernheims Buch über die Suggestion.[12]

Abwendung von der Hypnose

 

Schließlich wandte sich Freud von der Hypnose u. a. wegen der peinlichen Entdeckung ab, dass sich seine Patientinnen, als Nebenwirkung der hypnotischen Trance, in den Therapeuten verliebten. Im Anschluss entwickelte er als alternative Methode, um in unbewusste Bereiche vorzudringen, seine Behandlungsform, die vor allem auf freien Assoziationen der Patienten und Traumdeutung beruhte, um die seelische Struktur des Menschen zu verstehen und zu behandeln (Psychoanalyse).[13]

 

Nach ihm ist der „Freudsche Versprecher“ als offensichtlichstes Beispiel einer Fehlleistung benannt.[14]

Habilitation – Privatdozentur an der Universität Wien

 

Nach seiner Habilitation 1885 erhielt Freud im September eine Privatdozentur für Neuropathologie an der Universität Wien. Parallel dazu ließ er sich am 25. April 1886 in Wien als Arzt nieder. Unter der Leitung von Max Kassowitz wurde Sigmund Freud Vorstand der Abteilung für Neurologie am Ersten öffentlichen Kinder-Krankeninstitut im 1. Wiener Gemeindebezirk und leitete die Abteilung von 1886 bis 1896. Dort arbeitete er drei Nachmittage in der Woche mit „hysterischen“ Kindern.[15] Freuds Vortrag Über männliche Hysterie im Oktober 1886 vor dem Publikum der Gesellschaft der Ärzte traf in diesem Kreis auf Ablehnung.

 

1889 besuchte Freud Hippolyte Bernheim in Nancy, der Versuche mit der sogenannten posthypnotischen Suggestion durchführte. Aus diesen Versuchen schloss Freud, dass es ein Unbewusstes geben müsse, welches verantwortlich für einen Großteil menschlicher Handlungen sei.

Private Wege

 

Nach vierjähriger Verlobungszeit heirateten Sigmund Freud und Martha Bernays am 13. September 1886 standesamtlich im Rathaus von Wandsbek bei Hamburg.[16] Am nächsten Tag folgte die Trauung nach jüdischem Ritus.[17] Martha stammte aus einer angesehenen Hamburger Rabbiner- und Gelehrtenfamilie, ihr Großvater Isaak Bernays war 1821 als Oberrabbiner nach Hamburg berufen worden; sie war väterlicherseits auch mit dem deutschen Dichter Heinrich Heine entfernt verwandt.[18] Freuds Schwester Anna heiratete Marthas Bruder Ely Bernays. Edward Bernays (1891 in Wien–1995 in New York City), der „Vater der Public Relations“, war ein Sohn aus dieser Ehe und somit ein Neffe von Sigmund Freud.

 

Martha Bernays und Sigmund Freud hatten gemeinsam sechs Kinder:

 

    Mathilde (1887–1978)

    Martin (Jean Martin) (1889–1967)

    Oliver (1891–1969)

    Ernst (Ernst Ludwig) (1892–1970)

    Sophie (1893–1920)

    Anna (1895–1982).

 

Den Söhnen gab Freud die Vornamen historischer Persönlichkeiten: Martin (Jean Martin), nach seinem berühmtesten Lehrer, dem Pariser Hysteriespezialisten Jean-Martin Charcot. Oliver, nach Oliver Cromwell, der England für die Juden geöffnet hatte. Ernst (Ernst Ludwig), nach dem Physiologen Ernst Wilhelm von Brücke. Der Architekt Ernst L. Freud (1892–1970) ist der Vater des bedeutenden Porträtmalers Lucian Freud aus London (1922–2011). Der älteste Enkel Freuds, W. Ernest Freud (1914–2008), Sohn der früh verstorbenen Sophie Freud, setzte die psychoanalytische Familientradition fort.

 

Zu seinen Söhnen hatte Freud ein distanziertes Verhältnis, während er seinen Töchtern eher nahestand. Mathilde und Anna Freud waren ihm auch intellektuell ähnlicher als die Söhne. Er konnte mit ihnen besser diskutieren, tat dies letztlich doch nur in Maßen. Manche Biographen meinen, er sei kein warmherziger, liebevoller Vater gewesen, sondern auch für seine Kinder, insbesondere seine Söhne, unnahbar geblieben. Die mittlerweile veröffentlichten Briefe an die Familie ergeben allerdings ein helleres Bild.[19] Freud fiel es insgesamt eher schwer, warmherzige Beziehungen zu Freunden und Kollegen aufzubauen bzw. dauerhaft aufrechtzuerhalten.

 

1891 bezog Freud die später legendär gewordene Wohnung in der Wiener Berggasse 19.[20] Im (demolierten) Vorgängergebäude auf diesem Grundstück hatte 1882–1889 Victor Adler, ursprünglich Eigentümer des Hauses und Begründer der österreichischen Sozialdemokratie, als Armenarzt praktiziert.[21] Freud wohnte und wirkte die nächsten 47 Jahre hier.

 

Kurz vor der Wende zum 20. Jahrhundert trat er der jüdischen B’nai-B’rith-Loge in Wien bei.[22]

 

Mit Beginn des Ersten Weltkrieges ließ sich Freud von der allgemeinen Kriegseuphorie mitreißen und verstieg sich sogar zu der Bemerkung, seine „ganze Libido“ gehöre Österreich-Ungarn.[23] Später wich seine Begeisterung allmählich Ernüchterung und Resignation angesichts des Kriegsverlaufs.

 

Jahrzehntelang rauchte Freud ungefähr 20 Zigarren pro Tag.[24] 1922 erkrankte Freud an Gaumenkrebs. 1923 wurden deshalb der rechte Oberkiefer und Gaumen operativ entfernt, und es musste eine Prothese eingesetzt werden. Im Laufe der folgenden fünfzehn Jahre wurden dreiunddreißig weitere, unterschiedlich schwere Operationen durchgeführt. Die Erkrankung verschlimmerte sich gleichwohl beständig bis zu seinem Tod.[25]

Die Entstehung der Psychoanalyse

Siehe auch: Psychoanalyse, Studien über Hysterie und Geschichte der Psychoanalyse

 

Von „Psychoanalyse“ sprach Sigmund Freud erstmals im Jahr 1896, und zwar als „dem etwas subtilen Ausforschungsverfahren von Josef Breuer“; diesem war es in der Behandlung von Bertha Pappenheim gelungen, deren Symptome aufzulösen, indem er Pappenheim die eigentlichen Traumatisierungen, die sich hinter ihren Symptomen verbargen, aufspüren und aussprechen ließ. Es ging um die Benennung dessen, was sie tatsächlich an Verletzung, Kränkung, Ekel, Entwertung, Gewalt usw. erlebt hatte, jedoch aufgrund der 'guten Erziehung' nicht benennen durfte.

 

Breuers Vorgehen entsprach ziemlich exakt demjenigen des König Ödipus im Theaterstück von Sophokles: Ödipus durchdringt mit großer Aufrichtigkeit am Ende die wahren Zusammenhänge. Schiller hatte 1797 in einem Brief an Goethe den König Ödipus eine „tragische Analysis“ genannt, weil aus der Rückschau die Zusammenhänge aufgelöst werden. Möglicherweise schlug Breuer Freud vor, zur Betonung dieser Parallele das entwickelte Verfahren „Psychoanalyse“ zu nennen.

Sigmund Freud-Stele am Cobenzl in Grinzing

 

Bis zum September 1897 nannte Freud sein Verfahren mehrfach „Psychoanalyse“, hielt aber dabei immerhin an dem Prinzip der Breuerschen Behandlung fest, indem er seine Patienten Gewalterfahrungen erforschen und benennen ließ. Jedoch war er in dieser Zeit einseitig fixiert auf Gewalt sexueller Natur, konkretisiert zuletzt als Vergewaltigung durch den Vater im Alter zwischen zwei und acht Jahren (siehe Verführungstheorie). Diesen Ansatz verwarf er dann im September 1897 (Brief vom 21. September 1897 an Fließ) und verkehrte ihn quasi in sein Gegenteil: Jetzt erwog er, die außer Kontrolle geratenen triebhaften Wünsche und Phantasien des Kindes gegenüber seinen Eltern seien der Ursprung zahlreicher Störungen. Einen Monat später formulierte er gegenüber Wilhelm Fließ (Brief vom 15. Oktober 1897) nach selbstanalytischen Betrachtungen erstmals die These vom „Ödipus-Komplex“: Er postulierte das Phänomen unbewusster libidinöser Bindungen an die eigene Mutter bei einem gleichzeitigen Rivalitätsverhältnis zum Vater: „Ich habe die Verliebtheit in die Mutter und die Eifersucht gegen den Vater auch bei mir gefunden und halte sie jetzt für ein allgemeines Ereignis früher Kindheit […]. Wenn das so ist, so versteht man die packende Macht des König Ödipus“.[26]

 

1895 verbrachte Freud den Sommer bei der Familie Ritter von Schlag in deren Schloss Belle Vue am Cobenzl, oberhalb Grinzings, in Wien. Am 24. Juli enthüllte sich ihm in der Deutung des Traumes von ‚Irmas Injektion‘, wie er es mit einer gewissen Selbstironie in einem Brief an Wilhelm Fließ ausdrückte, „das Geheimnis des Traumes“,[27] woran eine Stele mit Inschrift an der Stelle des 1963 abgerissenen Schlosses erinnert.

 

    „Glaubst Du eigentlich, daß an dem Hause dereinst auf einer Marmortafel zu lesen sein wird?: ‚Hier enthüllte sich am 24 Juli 1895 dem Dr. Sigm. Freud das Geheimnis des Traumes' Die Aussichten sind bis jetzt hiefür gering.“

 

– Sigmund Freud, 12. Juni 1900

Sigmund Freud auf einer Porträt-Fotografie um 1905 von Ludwig Grillich

 

Am 4. November 1899[28] erschien Freuds frühes Hauptwerk, Die Traumdeutung, vordatiert auf 1900. Es folgten in kurzen Abständen die Schriften Zur Psychopathologie des Alltagslebens (1904), Der Witz und seine Beziehung zum Unbewußten (1905) und Drei Abhandlungen zur Sexualtheorie (1905).

 

Zum 1. April 1902 wurde Freud zum außerordentlichen Titularprofessor ernannt, nachdem seine Patientin Baronin Marie von Ferstel den zuständigen Minister Wilhelm von Hartel mit der Schenkung eines Kunstwerks dazu 'angeregt' hatte.[29] Im gleichen Jahr gründete Freud die „Psychologische Mittwoch-Gesellschaft“, aus der 1908 die Wiener Psychoanalytische Vereinigung hervorging: Alfred Adler, Wilhelm Stekel und andere Kollegen und Schüler versammelten sich jede Woche in seiner Wohnung, um die neue Methode zu erlernen und zu diskutieren. Im Laufe der nächsten Jahre schlossen sich Paul Federn, Carl Gustav Jung, Otto Rank, Sándor Ferenczi und andere dem Kreis um Freud an.

 

1908 berief Freud den ersten psychoanalytischen Kongress nach Salzburg ein. Hier kam es zu einem leisen Eklat: Otto Gross, ein Psychiater, der sich schon seit einigen Jahren öffentlich für Freuds Lehre eingesetzt hatte, zog gesellschaftspolitische Schlussfolgerungen aus ihr. Freud, der sich kurz zuvor in seiner Schrift Die ‚kulturelle‘ Sexualmoral und die moderne Nervosität konträr geäußert hatte, setzte dem entgegen, dass eine Veränderung der Gesellschaft nicht die Aufgabe von Ärzten sei, und sorgte dafür, dass Gross aus der Gruppe gedrängt und aus ihren Annalen getilgt wurde.[30] 1910 gründete Freud die „Internationale Psychoanalytische Vereinigung“ (IPV), es folgten 1911 die „amerikanische psychoanalytische Vereinigung“ sowie 1919 die „britische psychoanalytische Vereinigung“.

 

1913 erschien die Schrift Totem und Tabu, in der sich Freud mit dem kulturgeschichtlichen Phänomen des Inzestverbots auseinandersetzte.

 

1917 stellte er im 18. Kapitel der Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse seine Entdeckung der Macht des Unbewussten in eine Reihe mit den Theorien von Nikolaus Kopernikus und Charles Darwin und bezeichnete alle drei Theorien als „Kränkungen der Menschheit“.

 

1920 wurde Freud zum ordentlichen Professor ernannt.[29]

Religionskritiker Freud

Das Unbehagen in der Kultur, Erstdruck

»Eine besondere Bedeutung beansprucht der Fall, daß eine größere Anzahl von Menschen gemeinsam den Versuch unternimmt, sich Glückversicherung und Leidensschutz durch wahnhafte Umbildung der Wirklichkeit zu schaffen. Als solchen Massenwahn müssen wir auch die Religionen der Menschheit kennzeichnen. Den Wahn erkennt natürlich niemals, wer ihn selbst noch teilt.« (S. 33)

 

Freud, der einer jüdischen Familie entstammte, stand als Atheist und Religionskritiker in einem zwiespältigen Verhältnis zu seiner angestammten Religion.[31] Erst durch den gegen Ende des 19. Jahrhunderts verstärkt auflodernden Antisemitismus fand eine Rückbesinnung auf seine jüdischen Wurzeln statt, die auch in der Mitgliedschaft in einer B’nai-B’rith-Loge ihren Ausdruck fand. Auch stand er später den zionistischen Aktivitäten in Palästina wohlwollend gegenüber, ohne sich selbst als Zionist zu verstehen.[32] Am 18. Februar 1926 schrieb Freud an Enrico Morselli: „Obwohl der Religion meiner Voreltern längst entfremdet, habe ich das Gefühl für die Zusammengehörigkeit mit meinem Volk nie aufgegeben“. Eine Relevanz seiner jüdischen Herkunft für seine Wissenschaft verneinte er hingegen, ohne die Gefahr zu verkennen, dass eine solche von seinen Gegnern postuliert werden könne, was später auch geschah.[22][33]

 

Freud bezeichnet sich selbst als einen Feind der Religion „in jeder Form und Verdünnung“ und steht somit in der Tradition Ludwig Feuerbachs (dessen Thesen er als seine philosophische Grundlage ansieht) und Friedrich Nietzsches (dem er zugesteht, etliche Einsichten der Psychoanalyse intuitiv vorweggenommen zu haben). Auch Arthur Schopenhauers Schriften hatten großen Einfluss auf den jungen Freud.

 

Freud bekräftigt die Religionskritik der Philosophen durch Einsichten, die er als naturwissenschaftlich geprägter Mediziner bei der Entwicklung der klinischen Psychoanalyse gewonnen hat. Dabei drängte sich ihm die Auffassung auf, dass die Religion einer Kindheitsneurose vergleichbar sei.

 

Hierbei argumentiert er anthropologisch, ontogenetisch und phylogenetisch:

 

Das anthropologische Argument definiert die Religion als infantiles (= kindliches) Abwehrverhalten gegen die menschliche Unterlegenheit: Der Mensch habe die Naturkräfte personalisiert und zu schützenden Mächten erhoben. Somit helfen sie ihm in seiner Hilflosigkeit. Das zugrunde liegende Verhaltensmuster knüpfe an die frühkindliche Erfahrung mit den schützenden Eltern, besonders mit dem Vater, an.[34]

 

Auf die frühkindlichen Erfahrungen geht auch Freuds ontogenetischer Ansatz ein: Das ambivalente Verhältnis des Kindes gegenüber dem Vater setzt sich im Glauben des Erwachsenen fort. Er erkennt, dass er auch als solcher sich nicht völlig gegen fremde Übermächte wehren kann, weswegen er seinen Schutz im Gottesglauben sucht. Die Götter fürchtet er, trotzdem überträgt er ihnen seinen Schutz.

 

Das Motiv der Vatersehnsucht setzt sich bei der stammesgeschichtlichen (phylogenetischen) Erklärung fort. Freud greift in Totem und Tabu (1913) das von Charles Darwin eingeführte Modell einer Urhorde auf, deren Stammesvater als absoluter Despot von den Söhnen sowohl verehrt als auch gehasst wurde, insbesondere aufgrund seines Anspruches, alle Frauen der Horde zu besitzen. Aus Eifersucht hätten sie ihr Oberhaupt gemeinsam umgebracht (Ödipuskomplex). Eine Nachfolge sei aufgrund der wechselseitigen Blockade der Söhne und der nachträglichen Idealisierung des ermordeten Urvaters nicht möglich gewesen. Als Gemeinschaft sollen sich die Söhne der Urhorde darauf verständigt haben, sich die Endogamie, den Besitz der Frauen der eigenen Gruppe zu versagen, so dass lediglich Frauen fremder Stämme und Sippen geheiratet werden durften (Exogamie-Gebot). Anschließende rituelle Mahlzeiten sollen an den vorangegangenen Mord bzw. die darauf folgende Etablierung elementarer Grundlagen des menschlichen Zusammenlebens erinnern. Das menschliche Schuldbewusstsein sei somit der Anfang sozialer Organisation, von Moral, Religion, sittlicher Beschränkung und damit der Kultur überhaupt.

 

Freud setzte sich bis zu seinem Lebensende mit dem Thema Religion auseinander. Sein letztes Werk (1939), wenige Tage vor seinem Tod veröffentlicht, war eine Studie über den Religionsgründer Moses: Der Mann Moses und die monotheistische Religion.

Freud und Jung

Gruppenfoto 1909 vor der Clark University. Vorne: Sigmund Freud, Granville Stanley Hall, C. G. Jung. Hinten: Abraham A. Brill, Ernest Jones, Sandor Ferenczi

Sigmund Freud 1926 auf einem Porträt-Foto von Ferdinand Schmutzer

 

1906 tritt Freud in einen Briefwechsel mit seinem Fachkollegen Carl Gustav Jung ein. Bei einem Treffen 1907 reden beide 13 Stunden lang ohne Unterbrechung. Freud möchte in Jung seinen „Kronprinzen“ sehen, schon deshalb, damit man seine ohnehin stark angefeindete Lehre nicht als eine jüdische Angelegenheit abtun kann. 1909 reist Freud mit Jung und Ferenczi auf Einladung dortiger Interessenten an seiner Lehre in die USA. 1910 wird Jung zum Präsidenten der Internationalen Psychoanalytischen Vereinigung gewählt. 1913/14, nachdem sich schon 1911 Alfred Adler von Freud getrennt hatte, kommt es auch zum Bruch mit Jung. Freud veröffentlichte seine Sicht der beiden Trennungen in der Schrift Zur Geschichte der psychoanalytischen Bewegung.

Auf dem Höhepunkt des Schaffens

 

In den 1920er Jahren erscheinen weitere von Freuds zentralen Werken, die seinen – bereits durch die Traumdeutung begründeten – internationalen Ruhm als Begründer und wichtigster Vertreter der Psychoanalyse festigen. Zu nennen sind insbesondere:

 

    Jenseits des Lustprinzips (1920), ein Werk, in dem die Begriffe „Wiederholungszwang“ und „Todestrieb“ eingeführt werden;

    Massenpsychologie und Ich-Analyse aus dem Jahr 1921;

    Das Ich und das Es von 1923;

    Die Zukunft einer Illusion von 1927, ein kulturtheoretisch-religionspsychologisches Werk;

    Das Unbehagen in der Kultur von 1930.

 

1930 verlieh die Stadt Frankfurt Freud – auch gegen Protest – den Goethepreis. 1932 untersuchte er in einem Briefwechsel mit Albert Einstein auf Anregung des Völkerbunds die Möglichkeiten der Wissenschaft, Kriege zu verhüten: „Warum Krieg?“. 1935 wird er Ehrenmitglied der British Royal Society of Medicine. Zu Freuds 80. Geburtstag hält Thomas Mann 1936 den Festvortrag „Freud und die Zukunft“. Ebenso gratulieren die Alten Herren der jüdischen Studentenverbindung Kadima Wien, der Freuds Sohn Martin angehörte, Freud zu diesem Jubiläum; er wurde kurz darauf selbst Ehrenmitglied.[35][36]

Verfolgung, Emigration und Tod im Exil

 

Nach der „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten in Deutschland fielen auch Freuds Werke der Bücherverbrennung vom Mai 1933 anheim. Ein Jahr später wurde in Österreich die Demokratie in einen klerikalfaschistischen Ständestaat transformiert. Freud scheint die Gefahr, die ihm drohte, nicht ausreichend wahrgenommen zu haben. Er meinte zunächst, der reaktionäre Katholizismus in Österreich sei der damals beste Schutz gegen die Nazis. In Verkennung des Ernstes der Lage ließ er sich sogar zwecks Fortbestands der Psychoanalyse in Deutschland auf allerlei organisatorische Kompromisse mit den Nationalsozialisten ein.[37]

 

In dieser Zeit verschärfte sich auch Freuds Konflikt mit dem – zu dieser Zeit – kommunistisch orientierten Wilhelm Reich, einem ursprünglich von ihm geschätzten Schüler, der 1930 in die KPD eintrat und in Wort und Schrift gegen den Nationalsozialismus agitierte. Freud ließ Reich 1934 aus der Internationalen Psychoanalytischen Vereinigung ausschließen. Ob dies sozusagen als Bauernopfer zwecks Appeasement gegenüber den Nationalsozialisten geschah, wie einige Historiker meinen,[38] oder doch primär aus „wissenschaftlichen Gründen“, wie Freud selbst – allerdings nur in einem privaten Brief – angab, blieb bislang ungeklärt.[39]

„Anschluss“ Österreichs

 

Nach dem Einmarsch der deutschen Truppen in Österreich am 12. März 1938 wurde seine Tochter Anna Freud durch die Gestapo verhört. Sie war vom Hausarzt Max Schur für den Notfall mit dem Barbiturat Veronal ausgestattet worden. Als Anna durch Glück wieder heimkommen konnte, war ihr Vater schließlich überzeugt, dass es Zeit sei, das Land zu verlassen. Einflussreiche Anhänger wie sein späterer Biograph Ernest Jones und seine Patientin und Schülerin Marie Bonaparte initiierten diplomatischen Druck von Seiten Großbritanniens und der Vereinigten Staaten, sodass Freud und die meisten seiner Familienmitglieder nach Zahlung der „Reichsfluchtsteuer“ ausreisen konnten.[40] (Diese wurde von Marie Bonaparte beglichen;[41] Freud erstattete den Betrag später in London zurück.) Um ausreisen zu dürfen, unterschrieb Freud folgende Erklärung: „Ich bestätige gerne, dass bis heute, den 4. Juni 1938, keinerlei Behelligung meiner Person oder meiner Hausgenossen vorgekommen ist. Behörden und Funktionäre der Partei sind mir und meinen Hausgenossen ständig korrekt und rücksichtsvoll entgegen getreten.“[42] Eine berühmte Anekdote lautet, er habe angeblich handschriftlich ergänzt: „Ich kann die Gestapo jedermann auf das beste empfehlen“.[43] Der Wahrheitsgehalt dieser Anekdote wird heute allerdings bezweifelt.[42] Am 4. Juni 1938 emigrierte Freud mit seiner Familie über Paris nach London, wo er ein Haus im Stadtteil Hampstead bezog (20 Maresfield Gardens).

 

Anna Freud begann in London, eine Werkausgabe in der von John Rodker für diesen Zweck gegründeten Imago Publishing Company herauszugeben.

Die Schwestern Freuds

Gedenktafel für Marie Freud aus der Reihe Mit Freud in Berlin, Berlin-Schöneberg, enthüllt am 9. Januar 2005

 

Vier der fünf Schwestern Freuds, Regine Debora (Rosa), Marie (Mitzi), Esther Adolfine (Dolfi) und Pauline Regina (Paula), blieben in Wien zurück. Nach gescheiterten Versuchen, auch ihnen die Flucht zu ermöglichen, wurden sie in Konzentrationslagern interniert und in den Jahren 1942 und 1943 von Nationalsozialisten ermordet.[44]

Tod im Exil

 

Nach gut einem Jahr im Exil ließ Freud seinem Leben durch seinen Hausarzt ein Ende setzen. Er war vom Krebs schwer gezeichnet, konnte kaum noch sprechen und verlangte von seinem Arzt Sterbehilfe. Am 23. September 1939 um 3 Uhr morgens stellte Max Schur nach einer von Freud gewünschten tödlichen Dosis Morphin dessen Tod fest.[45] Sigmund Freud ist mit seiner Frau Martha und seiner Tochter Anna im Kolumbarium des Golders Green Crematorium im Nordwesten von London beigesetzt.

Erbe

 

Sigmund Freud war der Begründer und unbestritten der bestimmende Theoretiker der Psychoanalyse. Er hat dadurch auf nahezu alle Vertreter dieses Fachs und darüber hinaus auf viele Humanwissenschaftler einen starken Einfluss ausgeübt. Nach Freuds Tod hat sich die Psychoanalyse in zahlreiche Schulen diversifiziert. Sie ist heute durch eine Pluralität der Konzepte und Konstrukte gekennzeichnet. In psychoanalytischen Diskussionen und Veröffentlichungen ist es gleichwohl üblich, sich auf das Werk Freuds als gemeinsame Referenz zu beziehen. Auf diese Weise haben Freuds Schriften trotz zahlreicher Korrekturen, Modifikationen und Weiterentwicklungen auch heute noch eine hohe Bedeutung.

Auszeichnungen zu Lebzeiten

 

    1930: Goethepreis der Stadt Frankfurt am Main

 

Postume Ehrungen

Sigmund Freud auf der österreichischen 50-Schilling Banknote 1987

50-Schilling-Münze (2000)

 

    Am 4. Februar 1955 wurde auf Vorschlag von Professor Hans Hoff im Arkadenhof der Universität Wien ein Denkmal errichtet. Dabei wurde die Kopie jener 1920 von David Paul Königsberger gefertigten Porträtbüste aufgestellt, die Freud ein Jahr später zu seinem 65. Geburtstag geschenkt worden war. Der Marmorsockel gibt die Jahre von Freuds Lehrtätigkeit an (1885–1934) und würdigt ihn in Anspielung auf die Psychoanalyse und den Ödipuskomplex mit einem Zitat aus den Schlussversen der Tragödie König Ödipus des Sophokles im altgriechischen Original; in Übersetzung: „der die berühmten Rätsel löste und ein hochbedeutender Mann war“.

    Am University College London wurde ein Freud Memorial Chair, ein Lehrstuhl für einen namhaften Psychoanalytiker, eingerichtet. Er besteht bis heute. Sein erster Inhaber Joseph Sandler hat die Einrichtung einer Psychoanalytic Unit an dieser Universität angeregt und durchgesetzt. Es folgten 1982 Janine Chasseguet-Smirgel und 1987 Hanna Segal. Heute ist Peter Fonagy Inhaber des Freud Memorial Chairs und Leiter der Unit.

    1964 wurde in Frankfurt das Sigmund-Freud-Institut für Forschung und Lehre gegründet. 1995 wurde die Lehre ausgegliedert und dem Frankfurter Psychoanalytischen Institut übertragen.

    Seit 1964 wird alljährlich der Sigmund-Freud-Preis für wissenschaftliche Prosa von der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung verliehen.

    1971 wurde in Freuds langjähriger Wohnung und Praxis in der Berggasse 19 in Wien das Sigmund Freud Museum eröffnet.

    Die Mehrzahl von Freuds Büchern, Sammlungsstücken und Möbeln (einschließlich der berühmten Couch) befindet sich im Freud Museum London, das von seiner Tochter Anna in seiner Exilwohnung eingerichtet wurde.

    In Wien findet alljährlich am 6. Mai die Sigmund-Freud-Vorlesung statt, zu der namhafte Vortragende weltweit eingeladen werden.

    Sigmund Freud ist auf der österreichischen 50-Schilling-Banknote von 1987 zu sehen.

    Seit 1989 heißt die Schule, an der Freud maturierte, Sigmund-Freud-Gymnasium.

    In den 1990er Jahren wurde der Feldhof in Graz, eine 1874 errichtete Einrichtung für Menschen mit psychischen Erkrankungen, in Landesnervenklinik Sigmund Freud umbenannt.

    Seit 1999 wird der Internationale Sigmund-Freud-Preis für Psychotherapie von der Stadt Wien gestiftet und vom World Council for Psychotherapy verliehen.

    2005 wurde die Sigmund Freud Privatuniversität Wien gegründet. An dieser Universität wird weltweit zum ersten Mal die Psychotherapiewissenschaft als Vollstudium angeboten.

    In den Jahren 2004 bis 2006 wurde in Berlin unter dem Titel Mit Freud in Berlin eine Gedenktafelreihe etabliert, die an 19 wichtige Vertreter der Gründergeneration – von Karl Abraham über Edith Jacobson und Melanie Klein bis René A. Spitz – erinnert. Diese Aktion wurde von der Deutschen Psychoanalytischen Gesellschaft initiiert.

    Nach Sigmund Freud sind auch der Mondkrater Freud und der Asteroid (4342) Freud benannt.[46]

    Im Jahr 2014 wurde in Wien Leopoldstadt (2. Bezirk) der Freudplatz nach ihm und seiner Tochter Anna Freud benannt. Er befindet sich neben dem auf dem ehemaligen Weltausstellungs- bzw. Messegelände erbauten neuen Sitz der Sigmund-Freud-Privatuniversität.[47] Das Gebäude wurde im Frühjahr 2015[veraltet] in Betrieb genommen.

 

Lebenswerk

Der psychische Apparat nach Freud

 

Um zu klären, wie die menschliche Psyche funktioniert, entwickelte Freud eine damals ungewöhnliche Technik, bei der er die Träume seiner Patienten und deren Assoziationen dazu analysierte und hermeneutisch (textauslegend) deutete. Aus diesen Beobachtungen und Interpretationen entwickelte er sein Modell einer dreiteiligen psychischen Struktur. Seinem Vorschlag zufolge setzt sich die Struktur der Psyche eines Menschen aus drei Teilen (Instanzen) zusammen, dem Es, dem Ich und dem Über-Ich. Er vertrat die Ansicht, dass der überwiegende Teil der menschlichen Entscheidungen „unbewusst“ und nur ein geringer Teil „bewusst“ motiviert ist.

 

Sein „Strukturmodell der Psyche“ entwickelte Freud in zwei Schritten. So veröffentlichte er im Laufe seiner Forschungen verschiedene topische Modelle über die Struktur und die Dynamik des psychischen Apparates.

Es, Ich und Über-Ich

 

In der ersten Topik unterschied er das „Bewusste“ vom größeren und einflussreicheren „Unbewussten“ und legte dar, wie das Unbewusste das Bewusstsein beeinflusst. In der zweiten Topik, die er vor allem in seiner Schrift Das Ich und das Es (1923) entwickelte, führte Freud erstmals seine Theorie über das Es, das Ich und das Über-Ich näher aus. Den Begriff Es übernahm Freud von dem Arzt und Wegbereiter der Psychosomatik Georg Groddeck, allerdings mit einer veränderten Bedeutung.

 

    Das Es bildet das triebhafte Element der Psyche und kennt weder Verneinung noch Zeit oder Widerspruch. Damit bezeichnet Freud jene psychische Struktur, in der die Triebe (z. B. Hunger, Sexualtrieb), Bedürfnisse und Affekte wie Neid, Hass, Vertrauen oder Liebe gründen. Die Triebe, Bedürfnisse und Affekte sind auch Muster (psychische „Organe“), mittels derer wir weitgehend unwillentlich bzw. unbewusst wahrnehmen, und durch die unser Handeln geleitet wird.

 

    Das Ich, Randgebiet des „Es“, bezeichnet jene psychische Instanz, die mittels des vernünftigen und selbstkritischen Denkens sowie mittels kritisch-rational gesicherter Normen, Wertvorstellungen und Weltbild-Elemente realitätsgerecht vermittelt „zwischen den Ansprüchen des Es, des Über-Ich und der sozialen Umwelt mit dem Ziel, psychische und soziale Konflikte konstruktiv aufzulösen (= zum Verschwinden zu bringen).“ (Rupert Lay: Vom Sinn des Lebens, 212)

        Denken, Erinnern, Fühlen, Ausführen von Willkürbewegungen

        Vermittler zwischen impulsiven Wünschen des Es und des Über-Ich

        sucht nach rationalen Lösungen

        ist zum größten Teil bewusst

 

    Das Über-Ich schließlich bezeichnet jene psychische Struktur, in der die aus der erzieherischen Umwelt verinnerlichten Handlungsnormen, Ich-Ideale, Rollen und Weltbilder gründen.

        „Gewissen“

        moralische Instanz, Wertvorstellungen

        Gebote und Verbote der Eltern und subjektiv empfundene Autoritäten dienen als Vorbild

        Vorstellungen von Gut und Böse

        der Gegenpart zum Es

 

Das Ich und das Über-Ich entstehen aus dem Es. Die Verdrängung von Vorstellungen (insbesondere solchen aus dem Es) wird dem Über-Ich zugeschrieben. Dieses ist ein Teil des Ich und beurteilt seine Gedanken, Gefühle und Handlungen. Das Über-Ich entsteht nach Freud mit der Auflösung des Ödipus-Komplexes (ca. im 5. Lebensjahr). Nach Freud entsteht ein Großteil der Motivation menschlichen Verhaltens aus dem unbewussten Konflikt zwischen den triebhaften Impulsen des Es und dem strengen, bewertenden Über-Ich (vgl. die Konzepte zur Abwehr und Sublimierung). Nach Freud unterliegen auch manche Aspekte der Gesellschaft einer solchen Triebdynamik.

Entwicklungsmodell der Psyche

 

Nach den ersten Lebensmonaten erfahre ein Neugeborenes immer deutlicher, dass es von Dingen und anderen Menschen unterschieden ist. Es entwickle ein erstes Bewusstsein von den eigenen Körpergrenzen und Selbstwahrnehmungen. „In den folgenden vier Lebensjahren lernt ein Kind (vorsprachlich und deshalb auch unbewusst) die Fragen zu beantworten: ‚Wer bin ich?‘ – ‚Was kann ich?‘ und somit sein Selbstbewusstsein auch inhaltlich zu füllen.“[48] Um das Es herum wird also eine Zone aufgebaut, die man als frühes Ich bezeichnen kann. Das frühe Ich, das sich wie eine Hülle um das Es legt, wird somit von den frühen Körperrepräsentanzen und den frühen Selbstrepräsentanzen gebildet. Die frühen Körperrepräsentanzen seien die kindlich grundgelegten Bewusstseins- und Gefühlsinhalte über Körperbereiche. Zu den frühen Selbstrepräsentanzen zählen die kindlich grundgelegten Bewusstseins- und Gefühlsinhalte bezüglich der eigenen Person. Sie bestimmten den Sozialcharakter und all unsere später erworbenen Selbstvorstellungen (wer wir sind, was wir fürchten und erhoffen, was wir uns zutrauen etc.) auf unterschiedliche Weise mit.

 

Diese Theorien werden heutzutage von den kognitiven Neurowissenschaften herausgefordert.

Gesellschaftliche Wertung und Kritik

 

Ein historisches Verdienst Freuds besteht darin, die Bedeutung der Subjektivität (Persönlichkeit, Gefühle, Konflikte) und des Unbewussten wissenschaftlicher Betrachtung zugänglich gemacht zu haben. Darüber hinaus begründete er mit der Psychoanalyse eine neue medizinische und psychologische Disziplin und stellte grundlegende therapeutische Vorgehensweisen vor, die auch heute noch in abgewandelter Form in der psychotherapeutischen Behandlung von Neurosen und Psychosen eingesetzt werden. Die Psychoanalyse wird von vielen Anhängern als eine umfassende Theorie betrachtet, die das komplexe menschliche Erleben und Handeln umfassend beschreiben und erklären kann.

 

Dessen ungeachtet waren die Freudschen Theorien von Anfang an unterschiedlichster Kritik ausgesetzt. Diese Kritik hält bis heute an, wobei allerdings zu beachten ist, dass die Psychoanalyse seit Freud in vielfältige Richtungen weiterentwickelt wurde und in ihrer aktuellen Ausprägung nicht in allen Punkten mit den Auffassungen Freuds übereinstimmt. Zu erwähnen sind die Ich-Psychologie von Anna Freud, die Objektbeziehungstheorie Melanie Kleins, die Selbstpsychologie Heinz Kohuts und die Theorie Jacques Lacans mit besonderem Augenmerk auf die Funktion des Sprechens und der Sprache in der Psychoanalyse.

 

Für am Kritischen Rationalismus orientierte Wissenschaftler sind die Aussagen Freuds zu wenig wissenschaftlich fundiert, d. h. zu wenig empirisch. So sei auch festzustellen, dass einige Versuche, die Aussagen der Psychoanalyse empirisch zu überprüfen, gescheitert seien. Eine ähnliche Kritik an der Psychoanalyse besagt, dass sie nicht in hinreichendem Maße (natur-)wissenschaftlich formuliert sei, um überhaupt empirisch überprüfbar zu sein (vgl. Falsifikationismus). Ein zentraler Kritikpunkt ist, dass verschiedene Annahmen der Psychoanalyse empirisch nicht bestätigt werden konnten, beispielsweise der Ödipuskomplex als zentrales Modell der Entwicklungskrise der Kindheit und der kindlichen Sexualität. Die Existenz eines Todestriebs, den der späte Freud 1920 postulierte, wurde noch zu Freuds Lebzeiten von einigen (marxistischen) Psychoanalytikern bestritten oder stark angezweifelt.[49] Er wurde jedoch außerhalb der Psychoanalyse, etwa von dem Soziologen Franz Borkenau oder dem Philosophen Herbert Marcuse, zum Ausgangspunkt umfassender Kulturtheorien gemacht bzw. uminterpretiert.

 

Auch die klassische Triebtheorie, die von einem Antagonismus zwischen Libido und Aggression ausging, wurde um die Annahme zusätzlicher menschlicher Grundbedürfnisse erweitert, z. B. Bindung, Individuation und Exploration. Der Pansexualismusvorwurf, d. h. die Behauptung, die Psychoanalyse führe alles auf Sexualität zurück, übersieht zum einen, dass Freud einen sehr viel umfassenderen Begriff von „Sexualität“ hatte, als es heute üblicherweise der Fall ist, und zum anderen, dass die Sexualtheorie in manchen Versionen der modernen Psychoanalyse nur eine Randstellung innehat.

 

Das vielleicht größte ungelöste Problem der Theorie Freuds ist, dass er sich oft widerspricht, manchmal sogar in derselben Publikation. Beispielsweise in der Traumdeutung, die immer noch als ein Eckpfeiler der Psychoanalyse gilt und vielleicht am wenigsten umstritten ist, behauptet Freud kategorisch, dass alle Träume immer auf infantilen Wünschen beruhen und meistens sexuell motiviert seien. Gleichzeitig sind seine Beispiele und Deutungen (vor allem eigener Träume) oft (fast ausschließlich) weder infantil noch sexuell motiviert.[50]

 

Freuds Werk zeigt deutliche Prägungen seiner Kindheits- und Jugendzeit im bürgerlichen Wien des ausgehenden 19. Jahrhunderts und seiner humanistischen Bildung. So benannte er viele innerpsychische Komplexe nach Vorbildern der griechischen Mythologie. Manche seiner Beschreibungen über den Zwiespalt zwischen den triebhaften und als bedrohlich erlebten Impulsen des Es auf der einen und den harten moralischen Vorgaben des Über-Ich auf der anderen Seite werden aus heutiger Sicht als Ausdruck der damals vorherrschenden gesellschaftlichen Tabuisierung bzw. strengen Normierung von Sexualität verstanden.

 

Seine Theorien und später auch seine Behandlungsmethoden erregten zunehmend Aufsehen, so dass er im Laufe der Zeit auch andere Ärzte in seiner Psychoanalyse ausbildete. Unter ihnen war auch C. G. Jung, der sich später von seinem Lehrer abwandte und mit der analytischen Psychologie eine veränderte Form der Tiefenpsychologie entwickelte. Im inzwischen publizierten Briefwechsel von Freud und Jung wird die anfängliche enthusiastische Annäherung und spätere Entfremdung bis hin zum Bruch deutlich.[51]

 

Freuds Aussagen zum Thema des sexuellen Missbrauchs, auf den er in seinen Analysen immer wieder durch Erinnerungen, Träume und andere Hinweise seiner Patientinnen gestoßen war, wurden von Anfang an kritisiert. Er ordnete die Aussagen seiner Patientinnen in späteren Veröffentlichungen oftmals als ‚ödipal gefärbte Wunschphantasien‘ ein. In diesem Punkt unterscheidet sich die Psychoanalyse von anderen Theorien: Unbewussten sexuellen Phantasien, Vorstellungen und Wünschen wird kein geringerer Stellenwert eingeräumt als manifesten Erlebnissen.

 

Häufig bezweifelt wird auch Freuds Theorie vom sogenannten „Penisneid“: Dieser stehe in der psychischen Entwicklung von Mädchen symmetrisch der „Kastrationsangst“ der Jungen gegenüber. Freud vertrat die Auffassung, dass psychisch fehlgeleitete Handlungen von Frauen oft auf eine mangelhafte psychische Verarbeitung der Beobachtung zurückgingen, dass ihnen der Penis eines Jungen unerreichbar fehle, woraus ein Gefühl des Neides resultiere. Auch Freuds Aussage, dass Frauen, die durch Stimulation der Klitoris Orgasmen erleben könnten, unreif seien, ist vom wissenschaftlichen Standpunkt aus nicht mehr haltbar.[52]

 

Obwohl Freuds Theorien und Behandlungsmethoden in späteren Jahrzehnten von anderen Ärzten und Psychotherapeuten immer wieder kritisiert worden sind, wird sein Beitrag zum Verständnis des menschlichen Erlebens und Handelns meistens als außergewöhnliche Leistung eingeordnet. Viele von ihm geprägte Begriffe wie „das Unbewusste“ oder der „Ödipuskomplex“ finden sich heute im allgemeinen Sprachgebrauch.

Schriften

→ Hauptartikel: Sigmund Freud/Bibliographie

Veröffentlichungen

 

Zu Freuds Veröffentlichungen zählen, in chronologischer Reihenfolge:

 

    Über den psychischen Mechanismus hysterischer Phänomene. Zusammen mit Breuer. 1893.

    Ueber Coca. In: Centralblatt für die gesammte Therapie. 2 (1884), S. 289–314 (PDF 2,1 MB; Neu durchgesehener und vermehrter Separat-Abdruck, Wien 1885).

    Entwurf einer Psychologie. 1895 (Manuskript; veröffentlicht 1950).

    Studien über Hysterie. 1895.

    Zur Ätiologie der Hysterie. 1896 (Aufsatz; erste Verwendung des Begriffes „Psychoanalyse“).

    Die Traumdeutung. 1900, ISBN 3-596-10436-X; Nikol, ISBN 3-86820-053-3.

    Zur Psychopathologie des Alltagslebens. 1904.

    Drei Abhandlungen zur Sexualtheorie. 1905, ISBN 3-86820-058-4 (vgl. dazu den Artikel Infantile Sexualität nach Freud).

    Die „kulturelle“ Sexualmoral und die moderne Nervosität. 1908.

    Über Psychoanalyse. Fünf Vorlesungen gehalten zur 20-jährigen Gründungsfeier der Clark University in Worcester Mass. September 1909. 7. unveränderte Auflage. Verlag: Franz Deuticke, Leipzig-Wien 1924

    Über Psychoanalyse. 1910.

    Eine Kindheitserinnerung des Leonardo da Vinci. 1910.

    Totem und Tabu. 1913.

    Zur Geschichte der psychoanalytischen Bewegung. 1914.

    Zeitgemäßes über Krieg und Tod. 1915.

    Trauer und Melancholie. 1916.

    Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse. 1917, ISBN 3-596-10432-7; mit Neue Folge … Nikol, ISBN 3-86820-059-2.

    Das Unheimliche. 1919.

    Jenseits des Lustprinzips. 1920 (Digitalisat 2. Aufl.)

    Massenpsychologie und Ich-Analyse. 1921 (Digitalisat)

    Das Ich und das Es. 1923, ISBN 3-596-10442-4.

    Selbstdarstellung. 1925.

    Die Frage der Laienanalyse, 1926.

    Hemmung, Symptom und Angst. 1926, ISBN 3-596-10443-2; Nikol, ISBN 3-86820-057-6.

    Die Zukunft einer Illusion. 1927, ISBN 3-596-10452-1.

    Das Unbehagen in der Kultur. 1930, ISBN 3-596-10453-X.

    Vier psychoanalytische Krankengeschichten. Internationaler psychoanalytischer Verlag, Wien 1932, OCLC 601348028, DNB 573375720 (Digitalisat)

    Warum Krieg? 1933 (Briefwechsel mit Albert Einstein).

    Neue Folge der Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse, 1933, ISBN 3-596-10433-5.

    Die endliche und die unendliche Analyse. 1937.

    Abriss der Psychoanalyse. 1938, ISBN 3-596-10434-3.

    Der Mann Moses und die monotheistische Religion. 1939 (Digitalisat).

 

Unveröffentlichte Schriften

 

Eine sehr große Sammlung von Originalschriften und Briefen Freuds befindet sich in der Sigmund Freud Collection der Library of Congress in Washington. Aus nicht näher genannten Gründen sind insbesondere Briefe, die Freud verfasst hat, teilweise bis über das Jahr 2060 hinaus unter Verschluss. Insbesondere für die Einsicht in Freuds Briefe benötigt man eine Sondergenehmigung des Leiters der Handschriftenabteilung nach Absprache mit den Sigmund Freud Archives in New York, welche aber nur in Ausnahmefällen erteilt wird. Für eine Reihe von Briefen gibt es nicht einmal ein Freigabedatum.[53]

 

Für die wissenschaftliche Beschäftigung mit Freud ergibt sich daraus ein Problem: Zu Korrekturen und Auslassungen in früheren Veröffentlichungen seiner Schriften, wie etwa in den 1950 erschienenen Briefen von Freud an Wilhelm Fließ, besteht kein Zugang. In den Veröffentlichungen dieser Schriften hatten seine Tochter Anna Freud und Ernst Kris zahlreiche Retuschen vorgenommen, wie Jeffrey Masson im Jahr 1985 nachweisen konnte.

Gesamtausgaben

 

    Gesammelte Schriften. 12 Bde, Hrsg. v. Anna Freud, Psychoanalytischer Verlag, Leipzig 1924–1934.

    Gesammelte Werke. Chronologisch geordnet. 17 Bände, dazu ein Registerband (Bd. 18) und ein Band mit Nachträgen (Bd. 19). Hrsg. v. Anna Freud u. a. Zuerst erschienen bei Imago, London 1940–1952, Registerband 1968, Nachtragsband 1987, mehrere Auflagen; Nachdruck beim Fischer Taschenbuch-Verlag 1999, ISBN 3-596-50300-0 („Imago-Ausgabe“; umfassendste Edition von Freuds Schriften, nach dieser Ausgabe wird am häufigsten zitiert).

    Standard Edition of the Complete Psychological Works of Sigmund Freud. 24 Bände Hrsg. v. James Strachey in Zusammenarbeit mit Anna Freud. Hogarth Press, London 1953–1974 (englische Übersetzung; die Ausgabe mit dem ausführlichsten editorischen Material).

    Studienausgabe. 10 Bände und ein Ergänzungsband. Hrsg. von Alexander Mitscherlich, Angela Richards, James Strachey. S. Fischer, Frankfurt am Main. Die Bände 1 bis 10 erschienen zuerst 1969 bis 1975. Der Ergänzungsband mit Freuds technischen Schriften wurde von Ilse Grubrich-Simitis herausgegeben und erschien 1975. (Die Studienausgabe enthält etwa zwei Drittel der Standard Edition. Die Studienausgabe ist die philologisch beste Ausgabe in deutscher Sprache, mit editorischen Vorbemerkungen zu jedem Text, Anmerkungen der Herausgeber zu Entwicklungen von Freuds Denken sowie dem Nachweis wichtiger Änderungen, die Freud in verschiedenen Auflagen seiner Schriften vorgenommen hat; jeder Band enthält eine Bibliographie sowie ein ausführliches Register. Der editorische Apparat dieser Ausgabe beruht überwiegend auf der von Strachey ab 1953 herausgegebenen Standard Edition.)

        1977 wurde die Studienausgabe um eine bereits 1975 außer der Reihe erschienene Arbeit von Ingeborg Meyer-Palmedo erweitert: Sigmund-Freud-Konkordanz und -Gesamt-Bibliographie, so dass die Studienausgabe vorübergehend zwei Ergänzungsbände umfasste, insgesamt also 12 Bände. Ein Nachdruck der 12bändigen Studienausgabe erschien 1982 im Fischer Taschenbuch-Verlag, Frankfurt am Main, ISBN des ersten Bandes, ISBN 3-596-27301-3.

        1989 veröffentlichte der S. Fischer-Verlag eine revidierte Neuausgabe der Studienausgabe, jetzt wieder ohne die Bibliographie, also in 11 Bänden, ISBN 3-10-822732-7. 2000 erschien im Fischer Taschenbuch-Verlag eine Lizenzausgabe der revidierten Neuausgabe der Studienausgabe von 1989, ISBN 3-596-50360-4 (Die Revision besteht vor allem in der Beseitigung von Druckfehlern und in der Verbesserung der Querverweise zu seitengenauen Querverweisen innerhalb der Ausgabe.)

        Parallel zur revidierten Neuausgabe der Studienausgabe im Jahr 1989, aber außerhalb dieser Reihe, erschien im selben Jahr eine revidierte und erweiterte Version der Bibliographie; der Titel wurde dabei verändert in Freud-Bibliographie mit Werkkonkordanz. ISBN 3-10-022742-5; 1999 erschien eine verbesserte und erweiterte Auflage. dieser Bibliographie, ISBN 3-10-022742-5.

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