Samstag, 18. Juli 2015

Ausübung von Optionsscheinen


Ausübung von Optionsscheinen

Author D.Selzer-McKenzie

Video: http://youtu.be/BLNMDlktdlI

Ich habe einen Call auf die Deutsche Telekom am Vormittag ausgeübt. Der Optionsschein wurde allerdings zum Xetra-Schlusskurs abgerechnet. Wie kann das sein? Schließlich ist die Ausübungszeit doch 11 Uhr.

Um diese Frage zu beantworten, gehen wir zunächst kurz auf die Grundlagen von Optionsscheinen ein. Ein Optionsschein verbrieft prinzipiell das Recht, eine Aktie (oder einen anderen Basiswert) zu einem bestimmten Basispreis zu kaufen (Call) oder zu verkaufen (Put). Von diesem Recht kann der Inhaber des Optionsscheins während einer bestimmten Laufzeit (amerika-

 

nische Option) oder an einem bestimmten Termin (europäische Option) Gebrauch machen. In diesem Fall würde er den Op-tionsschein ausüben. Bei Optionsscheinen amerikanischen Typs ist die Ausübung während der Laufzeit börsentäglich möglich, bei Produkten europäischen Typs nur zum Laufzeitende. In beiden Fällen käme es am Ende der Laufzeit zu einer automatischen Ausübung, wenn der Anleger den Optionsschein vorher nicht verkauft hat.

Der Deutsche-Telekom-Call ist demnach amerikanischen Typs. Call-Optionsscheine von Goldman Sachs werden in der Regel

 

per Cash-Settlement abgewickelt. Das be-deutet, dass dem Inhaber des Optionsscheins später der innere Wert des Optionsscheins zusteht. Der innere Wert eines Calls errechnet sich aus dem Kurs des Basiswerts abzüglich des Basispreises, bereinigt um das Bezugsverhältnis.

WELCHER BASISWERTKURS IST

RELEVANT?

In der Praxis muss der Inhaber des Opti-onsscheins eine Ausübungserklärung aus-füllen. Trifft die Erklärung vor der Aus-übungszeit des Börsentages — im Beispiel des Calls auf die Aktie der DeutschenTelekom vor 11 Uhr Frankfurter Zeit — ein und wird am gleichen Tag noch der Refe-renzpreis festgestellt, so ist der Referenz-preis an diesem Börsenhandelstag relevant. Andernfalls wird der Referenzpreis am nächstfolgenden Tag, an dem der Basiswert gehandelt bzw. berechnet wird, herangezogen. Wichtig: Nicht der Kurs zur Ausübungszeit ist relevant, sondern der Referenzpreis, wie er im Wertpapierprospekt festgelegt ist.

Nehmen wir an, der Anleger hat seinen Call auf die Deutsche Telekom an einem Börsenhandelstag morgens um 9 Uhr aus-geübt. Der Referenzpreis für den Call ist der Schlusskurs der Deutsche-Telekom-Aktie im Xetra-Handel. Daher ist der Schlusskurs am selben Tag relevant. Sollte die Aktie zum Beispiel bei 15 Euro schließen und der Call einen Basispreis von 13 Euro und ein Bezugsverhältnis von eins haben, so stünden dem Anleger pro Call-Options-schein 2 Euro zu.

IST DIE AUSÜBUNG SINNVOLL?

Die Frage, ob eine Ausübung eines Options-scheins überhaupt sinnvoll ist, hat sicher-

 

lich ihre Berechtigung. Denn der Wert eines klassischen Optionsscheins setzt sich wäh-rend der Laufzeit aus dem inneren Wert und dem meist positiven Zeitwert zusammen. Der Zeitwert ist die Prämie, die Investoren dafür zahlen, dass der Basiswert sich in die gewünschte Richtung bewegen und einen höheren inneren Wert aufbauen könnte. Er wird von verschiedenen Faktoren wie der Restlaufzeit, den Zinsen, der impliziten Volatilität und bei Aktienbasis-werten auch von den erwarteten Dividenden beeinflusst. Je länger die Laufzeit eines Optionsscheins ist, desto höher ist tendenziell auch der Zeitwert.

Während der Anleger bei einem Verkauf über die Börse oder im Direkthandel mit dem Emittenten den gesamten Options-scheinpreis, also Zeitwert und inneren Wert, erlösen würde, bekäme er bei einer Ausübung nur den inneren Wert. Der Zeit-wert wäre also verloren, womit eine Aus-übung bei positivem Zeitwert einem finan-ziellen Nachteil gleichkommen würde Hinzu kommt, dass der Anleger zum Zeitpunkt der Ausübung den späteren Abrechnungspreis nicht kennt. Im Beispiel könnte

 

es zwischen Ausübungszeitpunkt und dem Xetra-Schluss zu heftigen Kursbewegungen kommen, die sich sowohl vorteilhaft als auch nachteilig auswirken könnten. Im Fall von Mini-Futures oder anderen Knockout-Produkten amerikanischen Typs wäre es sogar denkbar, dass nach der Ausübung noch ein Knock-out-Ereignis eintritt und der Anleger einen Totalverlust erleidet.

In der Praxis ist die Ausübung von Options-scheinen und anderen Hebelprodukten eher die Ausnahme. Anleger schätzen stattdessen die Möglichkeit, die Produkte börsentäglich zu handeln und sich damit den gegebenenfalls positiven Zeitwert eines Optionsscheins zu sichern. Der Emittent ist in dieser Zeit bemüht, handelbare An- und Verkaufspreise zu stellen. Dennoch stellt die Ausübung für Investoren eine weitere Möglichkeit dar, um an ihr investiertes Geld zu gelangen.

 


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