Tropen-Mücken in Deutschland
Author D.Selzer-McKenzie
Video: http://youtu.be/0n4Wwt8HZho
Kinder haben sie „Dornröschen" getauft. Weil sie ja
stechen könne und jetzt schlafe. Eine merkwürdige Mücke haben wir da gefangen,
ziemlich klein und mit lustigen Federbüscheln als Antennen. Ist sie vielleicht
ein Exot aus Südeuropa? Gar eine Asiatische Buschmücke, von der es heißt, sie
komme neuerdings bei uns im Köln-Bonner Raum vor? In ein paar Wochen werden wir
es wissen. Denn wir nehmen Teil an einem deutschlandweiten Forschungsprojekt.
„Mückenatlas" heißt es und wird durchgeführt vom
Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung in Münche-Berg (Brandenburg) und
dem Bundesinsti- tut für Tiergesundheit in Greifswald, auch bekannt als
Friedrich-Loeffler-Institut. Im Auftrag der Bundesregierung kartieren
Wissenschaftler dabei die Verbreitung der Stechmücken in Deutschland — nicht
nur aus zoologischem Interesse, sondern vor allem für die Gesundheit von Mensch
und Nutztier: „Globalisierung und Klimaerwärmung machen es immer
wahrscheinlicher, dass gefährliche Viren nach Deutsch-land eingeschleppt werden
und sich festsetzen", sagt Projektleiter Helge Kampen vom
Friedrich-Loeffler-Institut. „Und exotische Mücken, von denen wir wissen, dass
sie Erreger verbreiten können, finden wir immer häufiger." Epidemien
schwerer Fiebererkrankungen seien daher nicht auszuschließen — West-Nil-Fieber
etwa, Chikungunya- oder sogar Dengue-Fieber. Sie können Menschen für Monate
außer Gefecht setzen — oder sogar töten.
Die Gefahr wollen die Forscher im Keim ersticken, indem sie
schnell erkennen, wenn sich irgendwo eine Population gefährlicher Mücken zu
etablieren droht. Und so reisen sie im ganzen Land umher und sammeln Mücken, um
sie zu bestimmen. Allerdings kann eine Handvoll Forscher natürlich unmöglich
flächendeckend arbeiten. Daher wird die Bevöl-
kerung um Hilfe gebeten: „Jede Mücke, die uns jemand mit
Ortsangaben zusendet, hilft, die Deutschlandkarte der Mücken zu
vervollständigen", sagt Doreen Werner, Projektleiterin am Leibniz-Zentrum
für Agrarlandschaftsforschung.
Dornröschen haben die Kinder am Wohnzimmerfenster erwischt:
Natürlich nicht mit der Zeitung — mit Mücken-Matsche können die Forscher nichts
anfangen. Sie haben einen Becher über das Insekt gestülpt, Deckel drauf, ab ins
Gefrierfach, am nächsten Tag in eine Streichholzschachtel umgebettet und per
Post an die Mückenforscher geschickt. Sie werden Dornröschen, körperlich
unversehrt, unter die Lupe nehmen und uns Bescheid geben, zu welcher Spezies
sie gehört.
Tausende Deutsche haben es uns seit 2012 gleichgetan, sie
haben Mücken — oder das, was sie dafür hielten — an das Projekt Mückenatlas
geschickt. „Wir haben schon Spinnen, Käfer, Motten, ja sogar Schamläuse
erhalten", sagt Doreen Werner. „Aber das macht nichts. Der Großteil sind
wirklich Mücken, und wir haben schon einige wichtige Entdeckungen
gemacht."
Zum Beispiel sind die Forscher durch die Einsendungen der
Asiatischen Buschmücke auf die Schliche gekommen. Bis vor Kurzem trat diese
ursprünglich aus Japan, Korea, Südrussland und China stammende Stechmücke nur
in Südwestdeutschland auf, nicht weiter nördlich als Stuttgart. „Doch im Sommer
2012 bekamen wir ein Exemplar aus dem Köln-Bonner Raum zugeschickt",
berichtet Doreen Werner. „Und dann noch eins und noch eins, insgesamt sieben —
das konnte kein Zufall sein." Zusammen mit Helge Kampen machte sie sich
auf zu den Findern und nahm die Ermittlungen auf.
Mückenkartierung ist Detektivarbeit: Die Wissenschaftler
wollen herausfinden, ob die Tiere sich vor Ort vermehren und dauerhaft
etablieren. Und sie suchen nach Hinweisen, wie sie dorthin gelangt sind.
Werner und Kampen befragen die Finder nach dem genauen
Fundort, suchen Haus und Garten ab, prüfen jedes Wasser auf Eigelege und Larven
— ob in Astloch, Regentonne oder einer liegen gebliebenen Dose. Sie stellen Fallen
mit Lockstoffen auf, um weitere erwachsene Exemplare zu fangen, und erkunden
die Umgebung. Im Idealfall gibt es in der Nähe einen Friedhof, denn Friedhöfe
sind perfekte Forschungsfelder.
Brutstätten zwischen Grabsteinen
Ortstermin am Friedhof von Linz am Rhein, südlich von Bonn.
Helge Kampen und Doreen Werner gehen von Beet zu Beet. Sie haben es auf die
unzähligen Gefäße abgesehen, die voll Wasser stehen:
Vasen, Untersetzer, offene Grablichtbe-cher, Brunnen. „Das
sind optimale Brutstätten für Stechmücken", sagt Werner. Aus ihrem
Rucksack holt sie ein kleines Haushaltssieb, eine Pinzette und Einmachgläschen
heraus. Sie führt das Sieb durch das Wasser einer tönernen Vase —neben
Pflanzenteilen verfangen sich mehrere zuckende Würmchen darin.
„Mückenlarven", sagt Werner, während sie jede einzeln
mit der Pinzette in das Glas gibt. „Sehen Sie die Unterschiede? Das sind zwei
verschiedene Gattungen: Schwanz und Kopf der einen Larve sind anders geformt
als die der anderen, und sie zucken unterschiedlich. Die eine gehört zu Culex
pipiens, der Gemeinen Stechmücke — auch Nördliche Hausmücke genannt. Die kommt
in ganz Deutschland vor." Und die andere? „Aedes japo-nicus, Asiatische
Buschmücke". Treffer!
Doch Kampen und Werner wirken nicht überrascht: „Die
Buschmücke hat sich von Köln bis Koblenz auf rund 2000 Quadratkilometern fest
angesiedelt", erläutert Helge Kampen. „Dort finden wir sie inzwischen
überall, gerade hier in der Gegend wimmelt es nur so. Wir dokumentieren, wie
stark sie sich ausbreitet. Loswerden können wir sie nicht mehr. Der Zug ist
abgefahren."
In den Gläschen ist Alkohol, um die Larven zu konservieren.
Die Buschmücken werden später im Labor genetisch untersucht, um zu sehen, wie
die verschiedenen Populationen Europas miteinander verwandt sind — ob eine also
der
Ableger einer anderen ist oder vielleicht direkt aus Japan
stammt. Auch in der Nähe von Hannover sind Buschmücken auf-getaucht, ebenfalls
per Einsendung eines privaten Helfers. Deutschlandweit sind inzwischen drei
Populationen bekannt.
„Wie sie hergekommen sind, ist unklar", sagt Kampen.
Üblicherweise werden Buschmücken-Eier aus Asien durch den Export von
Zimmerpflanzen wie dem Glücksbambus verschleppt. Oder durch den Handel mit
Gebrauchtreifen. Klingt kurios, ließ sich aber für eine Population in Belgien
schlüssig nachweisen: Mücken der Gattung Aedes heften ihre Eier am liebsten an
eine Struktur unmittelbar über einer Wasseroberfläche, in freier Natur
vielleicht eine Baumwurzel oder einen Stein im Tümpel. Wenn der Wasserspiegel
steigt und die Eier benetzt, schlüpfen die Larven. „So gehen die Mücken sicher,
dass genügend Wasser für die Entwicklung der Larven da ist", sagt Kampen.
Alte Autoreifen sind ideale Orte zur Eiablage: In ihnen
sammelt sich Regen-wasser, und die Mückeneier haften an dem Gummi wunderbar.
Auf der Innen-seite des Reifens sind sie gut geschützt. Wenn irgendwann erneut
Regen fällt, selbst noch Monate später, geht es los. „In Asien liegen viele
Altreifen auf Halde", weiß Kampen. „Und sie werden von dort in alle Welt
verschifft, zur Befeuerung von Industrieanlagen, für den Straßenbau, zum
Recycling." Die belgische Buschmücken-Population lebt in unmittelbarer
Nähe von gleich zwei Gebrauchtreifen-händlern, die ihre Ware auch aus Asien
beziehen.
Allerdings: In Deutschland handelt kaum jemand mit Altreifen
aus Asien, zumindest nicht im Verbreitungsgebiet der Buschmücke. Und von
Belgien aus ins Rheinland geflogen sind die Tierchen auch nicht. „Mücken
entfernen sich in ihrem kaum mehr als ein paar Wochen langen Leben in der Regel
nur wenige Kilometer weit vom Schlupfort", sagt Doreen Werner. „Eine
natürliche Verbreitung über größere Entfernungen dauert viele Jahre."
Vielleicht war es also doch der Bambus? „Wir wissen es nicht."
Erhöhte Seuchengefahr
Aber was bedeutet die eingeschleppte Buschmücke nun in
Sachen Seuchen-gefahr? Laborexperimente in den USA haben gezeigt: Sie kann
vielerlei Krank-heiten übertragen, darunter Gelbfieber, Dengue- und
Chikungunya-Fieber. Außerdem Rifttal-Fieber, das vor allem für Rinder
gefährlich ist. Im Freiland wurde in ihr auch schon das West-Nil-Virus
gefunden. Eine Epidemie hat man bislang allerdings nicht auf sie zurückgeführt.
In ihrer Heimat ist das Klima kühl wie bei uns,
folglich gibt es dort genauso wenige tropische Viren, die
sie übertragen könnte.
Wie effektiv sie also tatsächlich als Überträger solcher
Viren ist — wie groß ihr „Vektorpotenzial" ist, wie Experten das nennen —
ist zweifelhaft. Das gilt allerdings genauso für heimische Mücken: „Das
Vektorpotenzial unserer Hausmücke kennen wir sogar noch weniger", sagt
Helge Kampen. „Da gibt es bislang kaum Laborergebnisse." Am
Friedrich-Loeffler-Institut wollen die Wissenschaftler in diesem Jahr eine
Versuchsreihe starten, unter anderem mit dem West-Nil-Virus. Noch sind aber
nicht alle Genehmigungen für den Umgang mit den gefährlichen Erregern in den
institutseigenen Hochsicher-heitslaboren beisammen. Tatsächlich ist durchaus
denkbar, dass auch die Gemeine Stechmücke als Überträger exotischer Viren
dienen kann.
Malaria ist in dieser Hinsicht übrigens ein anderer Fall.
Das tropische Sumpffieber wird nur von Mücken der Gattung Anopheles übertragen.
Von dieser gab es in Deutschland schon immer mehrere Arten. Trotzdem gelang es
nach dem Zweiten Weltkrieg, die Seuche hierzu-lande auszurotten. „In Deutschland
sind die Möglichkeiten, Malaria zu behandeln, sehr gut", sagt Egbert
Tannich von Bern-hard-Nocht-Institut für Tropenmedizin in Hamburg. „Zudem
durchläuft der Erreger — ein einzelliger Parasit — in der Mücke verschiedene
Entwicklungsstadien. Diese wesentlich komplexere Vermehrung dauert länger als
die von Viren und findet nur bei recht hohen Außentemperaturen statt."
Da es bei uns selten über längere Zeit tropisch warm ist und
es keine infizierten Menschen gibt, bei denen sich die Mücke Parasiten einverleiben
kann, hat die Malaria in Deutschland nur geringe Chancen, zurückzukommen. So
wurden seit den 1950er-Jahren neben der ab und an auftretenden
Flughafen-Malaria durch mitgereiste Mücken nur wenige klinische Einzelfälle
bekannt, etwa 1999 in Duisburg und 2007 in Berlin. Die Betroffenen waren zuvor
nicht im Ausland gewesen, und es gab keinen Flughafen in der Nähe.
Wahrscheinlich hatten sie sich also über heimische Mücken angesteckt.
Überträger von über 20 Virenarten
Akute Sorgen bereitet den Forschern indes eine andere Mücke
— ein Exot, der noch bedrohlicher ist als die Asiatische Buschmücke und jede
andere in Deutsch-land vorkommende Art. Von dieser Spezies ist bekannt, dass
sie rund um den Globus schon unzählige Epidemien verursacht hat. Weit über 20 Virenarten
und andere Erreger kann sie übertragen, darunter viele mit tödlichem Potenzial.
Noch dazu ist sie tagaktiv und extrem aggressiv. Anders als heimische
Stechmücken fliegt sie ihren Opfern hinterher, um zuzustechen: die Asiatische
Tigermücke (Aedes albopictus).
Seit den 1990er-Jahren verbreitet sich diese aus den
Subtropen Asiens stammende Art in Europa. Da sie es wärmer mag als die
Buschmücke, beschränkt sie sich zurzeit noch weitgehend auf den Mittelmeerraum.
In Spanien, Südfrankreich, Italien und Griechenland hat sie bereits kleinere
Epidemien mit mehreren Todes-zz fällen ausgelöst. Doch auch in Deutschland ist
sie schon aufgetaucht, vor allem in der Nähe süddeutscher Raststätten entlang
der Autobahnen Richtung Mitteil', meer. „Jedes Jahr finden wir mehr Exem
plare", sagt Andreas Rose von der Firma Biogents, die Mückenfallen
herstellt und in alle Welt verkauft. Gemeinsam mit Kompagnon Martin Geier,
beide ursprünglich Mückenforscher an der Universität Regensburg, überwacht Rose
im Bundesauftrag die Einfallstore für tropische Mücken in Bayern.
Die Tigermücken werden per Auto oder Lastwagen aus Südeuropa
eingeschleppt, meist einzeln. Doch zumindest in einem Fall gab es auch
Nachwuchs: „Im Spätsommer 2013 haben wir nahe der A93 bei Kiefersfelden nicht nur
Eier, sondern auch Larven entdeckt, also Hin
weise auf eine komplette Population der Tigermücke",
berichtet Rose. Die ent-scheidende Frage sei, ob eine solche Po-pulation den
Winter übersteht. Nur dann kann sie sich dauerhaft etablieren. „Wir haben im
Frühjahr 2014 intensiv gefahndet, haben überall Fallen aufgestellt und .in
jedes feuchte Astloch geschaut", sagt Rose. „Aber wir haben kein einziges
Exemplar gefunden."
Der deutsche Winter ist der Tigermücke also offenbar zu
ungemütlich — zumindest im Inntal bei Kiefersfelden, das von Bergen umgeben
ist. Vielleicht aber nicht in Freiburg im Oberrheintal, dem wärmsten Flecken
Deutschlands. Denn genau dort wurde im Spätsommer 2014 der Mückenatlas fündig:
Von einer Frau im Osten Freiburgs erhielt Doreen Werner eine Tigermücke. „Sie
wird aufgrund ihrer ähnlichen Musterung oft mit der Ringelschnake
verwechselt." Aber dieses Exemplar war echt. Sofort fuhren Werner und
Kampen nach Freiburg. „Wir fanden auch Larven und Puppen", berichtet
Wer-ner. „Offenbar hatte sich zumindest eine kleine Population
angesiedelt."
Gute Überlebenschancen
In Freiburg ist das Klima für die Mücken günstiger als in
Kiefersfelden. „Zudem hat Freiburg eine weit verzweigte Kanalisation",
sagt Andreas Rose. „Darin könnten die Weibchen der Tigermücke über den Winter
kommen, weil es vergleichsweise warm und feucht bleibt. Auch Eier könnten den
Winter überstehen." Was den Freiburger Fund zusätzlich interes-sant macht:
Er liegt 13 Kilometer von der nächsten Autobahn entfernt. Die Mücken scheinen also
auf einem anderen Weg dorthin gelangt zu sein.
Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie den Winter
überstehen? „Ich rechne eigentlich nicht damit, aber der letzte Winter war sehr
mild, und die Tigermücke passt sich zunehmend den kühleren Temperaturen
an", so Kampen. Er will genau nachsehen. Im Juli oder August sei am
ehesten mit Funden zu rechnen. Und was ist, wenn die Tigermücke es schafft?
„Dann läuten alle Alarmglocken!", sagt Kampen.
Bei den meisten Mücken geben sich Experten in Hinblick auf Epidemien
entspannt. Denn Mücken allein machen noch keine Seuche. „Es müssen schon viele
Zufälle zusammenkommen, damit eine Epidemie entsteht", betont Kampen. Ein
infizierter Wirt, ob nun ein menschlicher Reisender aus den Tropen oder bei
manchen Viren auch ein Zugvogel, muss auf die richtigen Mücken treffen, und es
muss mehrere Tage bis Wochen warm genug bleiben, damit der Erreger sich in der
Mücke weiterentwickelt und die Mücke aktiv bleibt.
Die Tigermücke aber, wenn sie einmal mit den Temperaturen
zurechtkommt, ist für etliche Erreger ein äußerst effektiver Überträger. Viele
Viren entwickeln sich in ihrem Körper sehr gut. Für Rose ist es nur eine Frage
der Zeit, bis sie in Deutschland endgültig ankommt. „Südlich der Alpen haben
wir zurzeit eine Art Zuchtprogramm für winterfeste Tigermücken", sagt er.
„Jeden Sommer schwappen sie die Hänge hoch und werden im Winter von der Kälte
wieder zurückgedrängt. Dabei härten sich die Mücken immer mehr ab, und
irgendwann überstehen sie auch den Winter nördlich der Alpen."
Dabei kommt den Mücken der Klima-wandel entgegen: „Zwar
nicht von einem Jahr auf das nächste", meint Helge Kam-pen, „aber
langfristig gesehen." In 10 bis 20 Jahren werde man die Tigermücken mit
Sicherheit viel weiter nördlich finden. Vorn Prinzip her könnten sie sich
selbst in Skandinavien ansiedeln, wenn es dort nur warm und feucht genug wird.
Alle Experten sind sich einig, dass man bei der Tigermücke
unbedingt Maßnahmen ergreifen sollte, um ihre Ausbreitung zu verhindern. Am
besten natürlich, bevor sie gefährliche Viren aufnehmen kann. Man müsste lokale
Populationen mit Insektiziden bekämpfen, Bakterien wie Bacillus thuringiensis
einschleusen, die die Mücken schwächen, womöglich
auch sterilisierte Männchen züchten, die sich paaren, aber
keinen Nachwuchs zeugen können.
Auch bei der Bekämpfung könnte die Bevölkerung mithelfen. Es
bräuchte eine Aufklärungskampagne, damit die Menschen in den betroffenen
Gebieten alle noch so kleinen Wasserbehälter in ihren Gärten leeren.
Keiner fühlt sich verantwortlich
Allerdings sieht es so aus, als reagierten die
Verantwortlichen wieder einmal erst, wenn bereits eine Epidemie um sich greift.
„Ich versuche seit Monaten, die Politiker zu aktivieren", sagt Helge
Kam-pen. „Das Problem ist, dass für Mückenbekämpfung niemand zuständig ist.
Erst bei der Eindämmung der Krankheitserreger greift das
Infektionsschutzgesetz, und die Bundesländer stehen in der Verantwortung."
Der Mückenforscher berichtet von Spanien, wo man die
Tigermücke vor einigen Jahren im Raum Barcelona frühzeitig entdeckt habe. „Dann
ging der Kampf zwischen verschiedenen Behörden los, und bis man sich einigen
konnte, war es zu spät, um gegenzusteuern." Nun warten die Forscher
gespannt, ob sich die Tiger
mücke in diesem Sommer in Freiburg etabliert.
Und was haben wir an unserem Wohn-zimmerfenster im
rheinischen Königswinter aufgespürt? Eine Tigermücke ist Dorn-röschen nicht,
das konnten wir selbst er-kennen, denn unsere Mücke war nicht ge-tigert. Drei
Wochen nach der Einsendung kam Post von Doreen Werner. Darin waren zwei hübsche
Urkunden für die jungen Mückenjäger. Was sie gefangen hatten, war wirklich eine
Stechmücke. Allerdings eine äußerst harmlose: Dornröschen ist ein Mann, und
zwar einer der Art Gemeine Stechmücke.
Männliche Mücken stechen nicht. Sie ernähren sich von
Pflanzensäften. Nur die Weibchen saugen Blut, und das auch bloß, weil sie die
Proteine zur Eiproduktion brauchen. Überleben können auch sie mit Pflanzenkost.
Mücken brauchen das Blut also, um Kinder zu kriegen. Irgendwie rührend. Mit
diesem Wissen gibt man fast freiwillig ein paar Tropfen ab — solange es keine
Tigermücke ist
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