Freitag, 31. Juli 2015

Wie geht es an den Rohstoffmärkten weiter


Wie geht es an den Rohstoffmärkten weiter

Author D.Selzer-McKenzie

Video: http://youtu.be/RcKxx6E8FkY

An den Rohstoffmärkten waren im ersten Halbjahr höchst unterschiedliche Entwicklungen zu be-obachten. Wir erwarten, dass die Preise im zweiten Halbjahr über die drei hier erwähnten Sektoren hinweg besser unterstützt sein sollten und sich entsprechend erholen bzw. weiter steigen dürften. Rückenwind dürfte es zum Beispiel von der sich erholenden Weltkonjunktur geben.

 

Die Rohstoffpreise haben sich in der ersten Jahreshälf-te unterschiedlich entwickelt (Grafik 1). Energieroh-stoffe verteuerten sich leicht, wofür steigende Ölpreise im Frühjahr verantwortlich zeichneten. Erdgas verbil¬ligte sich dagegen geringfügig. Industriemetalle gaben aufgrund anhaltender Wachstumssorgen in China am stärksten nach. Edelmetalle gerieten nach einem posi¬tiven Jahresstart unter Druck, wobei auch hier eine heterogene Preisentwicklung zu beobachten war. Gold und Silber liegen in etwa auf dem Niveau vom Jahres¬beginn, Platin und Palladium dagegen deutlich im Minus. Für die Edelmetalle waren die Erwartungshal¬tung bezüglich des Zeitpunkts der ersten Zinserhö¬hung der US-Notenbank Fed und die Ankündigung von breit angelegten EZB-Anleihenkäufen wichtiger als die Schuldenkrise in Griechenland. In der zweiten Jahreshälfte dürften vor allem folgende Fragen für die Rohstoffpreise von Bedeutung sein: (1) Baut sich das Überangebot am Ölmarkt wie erwartet ab? (2) Gelingt der chinesischen Wirtschaft eine sanfte Landung? (3) Wann erhöht die Fed erstmals die Zinsen?

Der globale Ölmarkt ist von einem beträchtlichen Überangebot geprägt. Die globale Ölnachfrage steigt

Grafik 1: Unterschiedliche Entwicklung der Rohstoffpreise im ersten Halbjahr 2015

SSP GSCI-Subindizes, indexiert zum 1. Januar 2015 120

 

zwar stärker als erwartet. Die Internationale Energie-agentur prognostiziert einen Anstieg um 1,4 Millionen Barrel pro Tag in diesem Jahr. Das sind 500.000 Bar-rel pro Tag mehr als zu Jahresbeginn erwartet. Aller-dings hat die OPEC ihre Ölproduktion ebenfalls kräftig erhöht. Saudi-Arabien hat zudem betont, bei einer stärkeren Nachfrage seine Ölproduktion weiter anhe¬ben zu wollen. Der Abbau des Überangebots muss deshalb vor allem durch ein geringeres Nicht-OPEC-Angebot erfolgen. Hierfür gibt es erste Anzeichen. Die Ölproduktion außerhalb der OPEC dürfte in diesem Jahr deutlich weniger steigen als im letzten Jahr, die US-Rohölproduktion in der zweiten Jahreshälfte sogar zurückgehen. Denn aufgrund des niedrigen Ölpreisni¬veaus wird in den USA so wenig nach Öl gebohrt wie zuletzt vor knapp fünf Jahren (Grafik 2). Dies dürfte sich mit gewisser zeitlicher Verzögerung in einer fallenden (Schiefer-)Ölproduktion niederschlagen und eine weitere Preiserholung in der zweiten Jahreshälfte unterstützen. Das größte Abwärtsrisiko für den Öl-preis stellt eine mögliche Rückkehr des Iran dar. Soll-ten nach einer Einigung im Atomstreit die westlichen Sanktionen gegen den Iran gelockert werden, könnte perspektivisch bis zu 1 Million Barrel pro Tag an irani- schem Öl zusätzlich an den Markt gelangen. Die an¬gespannte Sicherheitslage in mehreren Ländern des Mittleren Ostens und in Nordafrika spricht dagegen für eine gewisse Risikoprämie auf den Ölpreis.

US-Erdgas ist derzeit zu preiswert und dürfte in den kommenden Monaten merklich steigen. Die gesunke-ne Bohraktivität in den USA sollte sich in einer fallen-den US-Erdgasproduktion bemerkbar machen. Der US-Erdgasbedarf für die Stromerzeugung dürfte nicht nur aufgrund des niedrigen Erdgaspreises steigen. Hinzu kommt, dass aufgrund strengerer Umweltauflagen in den USA weitere Kohlekraft-

 

werkskapazitäten stillgelegt und diese auch durch erdgasbasierte Stromproduktion ersetzt werden. Die anziehende Konjunkturdynamik spricht zudem für eine höhere Erdgasnachfrage aus der Industrie. Gegen Ende des Jahres dürfte zudem der erste Verflüssigungs¬terminal in Betrieb gehen, womit die USA Flüssiggas (LNG) exportieren können. Ein kaum prognostizier-barer Einflussfaktor ist das Wetter. Ein heißer Som¬mer würde die Gasnachfrage für den Betrieb der Klimaanlagen erhöhen und den saisonüblichen Lageraufbau bremsen. Bei einem kühlen Sommer wäre der Bedarf niedriger und die US-Erdgasvorräte würden stärker steigen als jahreszeitüblich.

Der Goldpreis hat sich in den letzten Wochen nahe¬zu unbeeindruckt von der Zuspitzung und später Eskalation der Schuldenkrise in Griechenland gezeigt und handelt in etwa auf dem Niveau, bevor die Krise hochkochte. Eine über weite Phasen des ersten Halb-jahres hinweg schwache physische Nachfrage in Asien, die Unsicherheit über den Beginn der Zins-erhöhungen in den USA sowie der Rückzug spekula-tiver Finanzinvestoren dürften den Preis in Schach gehalten haben. Bis zum Beginn des Zinserhöhungs-zyklus in den USA, den wir im September erwarten. dürfte der Goldpreis unseres Erachtens nicht wesent-lich zulegen. Wenn diese Unsicherheit jedoch über-wunden ist, sollte Gold wie schon während des letz¬ten Zinserhöhungszyklus der US-Notenbank Fed zwischen 2004 und 2006 wieder steigen. Stärkeres Aufwärtspotenzial sehen wir wegen der EZB-Anlei-henkäufe und des aufwertenden US-Dollar für den

 

Goldpreis in Euro (Grafik 3), Silber dürfte sich ohne großes Eigenleben im Fahrwasser von Gold bewegen. Die Kombination einer steigenden physischen Nach-frage und eines fallenden (Minen-)Angebots spricht für einen höheren Silberpreis. Die aktuelle Preis-schwäche bei Platin und Palladium ist fundamental nicht gerechtfertigt. Die Marktlage bei diesen beiden Edelmetallen dürfte sich dieses Jahr zwar merklich entspannen. Beide Märkte dürften aber das vierte Jahr in Folge im Defizit bleiben, was zu steigenden Preisen von Platin und Palladium beitragen dürfte.

Die Industriemetalle stehen aktuell unter dem Ein-druck der deutlich gestiegenen Risikoaversion der Marktteilnehmer, nachdem die Schuldenkrise in Griechenland eskaliert ist. Zuvor hatten Sorgen über eine stärkere Wachstumsabschwächung in China die Preise belastet. Der LME-Industriemetallindex ist

daraufhin auf ein 6-Jahres-Tief von rund 2.455 Punk¬ten gefallen. Von seinem Zwischenhoch Anfang Mai hat er gut 18 Prozent abgegeben. Neben zwischen¬zeitlich schwachen Konjunkturdaten sehen wir die spekulativen Finanzinvestoren für den Preisrückgang mitverantwortlich. Denn diese sind den Metallen gegenüber seit Wochen höchst pessimistisch einge¬stellt (Grafik 4). Viele Metalle haben in den letzten Wochen zudem charttechnisch wichtige Marken nach unten durchbrochen, was den Preisverfall wohl eben¬falls verstärkt hat. Die aktuell wenig optimistische Einstellung der spekulativen Finanzinvestoren sollte unseres Erachtens nicht von Dauer sein und ein Sprungbrett für höhere Preise darstellen, sollte die Stimmung ins Positive drehen.

Aus makroökonomischer Sicht hellt sich die Lage in China und den USA, den beiden größten Konsumen-

 

tenländern von Metallen, jedenfalls auf. So deuten die letzten Konjunkturdaten aus China auf eine Stabi¬lisierung der chinesischen Wirtschaft hin. Stimulie-rungsmaßnahmen seitens der Regierung und der Zentralbank sollten der chinesischen Wirtschaft in den kommenden Monaten weitere Unterstützung geben. In den USA zeigen die zuletzt veröffentlichten Daten, dass die Wachstumsschwäche im ersten Quartal ein Ausreißer war und die Wirtschaft seitdem wieder Fahrt aufgenommen hat. Eine stärkere Wirt-schaft sollte sich in beiden Ländern in einer höheren Nachfrage nach Metallen widerspiegeln und im Endeffekt deren Preise unterstützen. Die höhere Nachfrage dürfte zudem auf ein knapperes Angebot treffen, da bei den niedrigen Preisen kaum neue Projekte in Angriff genommen werden. Viele Metall-märkte sind unseres Erachtens angespannter, als es die niedrigen Preise andeuten.

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