Wie geht es an den Rohstoffmärkten weiter
Author D.Selzer-McKenzie
Video: http://youtu.be/RcKxx6E8FkY
An den Rohstoffmärkten waren im ersten Halbjahr höchst
unterschiedliche Entwicklungen zu be-obachten. Wir erwarten, dass die Preise im
zweiten Halbjahr über die drei hier erwähnten Sektoren hinweg besser
unterstützt sein sollten und sich entsprechend erholen bzw. weiter steigen
dürften. Rückenwind dürfte es zum Beispiel von der sich erholenden
Weltkonjunktur geben.
Die Rohstoffpreise haben sich in der ersten Jahreshälf-te
unterschiedlich entwickelt (Grafik 1). Energieroh-stoffe verteuerten sich
leicht, wofür steigende Ölpreise im Frühjahr verantwortlich zeichneten. Erdgas
verbil¬ligte sich dagegen geringfügig. Industriemetalle gaben aufgrund
anhaltender Wachstumssorgen in China am stärksten nach. Edelmetalle gerieten
nach einem posi¬tiven Jahresstart unter Druck, wobei auch hier eine heterogene
Preisentwicklung zu beobachten war. Gold und Silber liegen in etwa auf dem
Niveau vom Jahres¬beginn, Platin und Palladium dagegen deutlich im Minus. Für
die Edelmetalle waren die Erwartungshal¬tung bezüglich des Zeitpunkts der
ersten Zinserhö¬hung der US-Notenbank Fed und die Ankündigung von breit
angelegten EZB-Anleihenkäufen wichtiger als die Schuldenkrise in Griechenland.
In der zweiten Jahreshälfte dürften vor allem folgende Fragen für die
Rohstoffpreise von Bedeutung sein: (1) Baut sich das Überangebot am Ölmarkt wie
erwartet ab? (2) Gelingt der chinesischen Wirtschaft eine sanfte Landung? (3)
Wann erhöht die Fed erstmals die Zinsen?
Der globale Ölmarkt ist von einem beträchtlichen Überangebot
geprägt. Die globale Ölnachfrage steigt
Grafik 1: Unterschiedliche Entwicklung der Rohstoffpreise im
ersten Halbjahr 2015
SSP GSCI-Subindizes, indexiert zum 1. Januar 2015 120
zwar stärker als erwartet. Die Internationale
Energie-agentur prognostiziert einen Anstieg um 1,4 Millionen Barrel pro Tag in
diesem Jahr. Das sind 500.000 Bar-rel pro Tag mehr als zu Jahresbeginn
erwartet. Aller-dings hat die OPEC ihre Ölproduktion ebenfalls kräftig erhöht.
Saudi-Arabien hat zudem betont, bei einer stärkeren Nachfrage seine
Ölproduktion weiter anhe¬ben zu wollen. Der Abbau des Überangebots muss deshalb
vor allem durch ein geringeres Nicht-OPEC-Angebot erfolgen. Hierfür gibt es
erste Anzeichen. Die Ölproduktion außerhalb der OPEC dürfte in diesem Jahr
deutlich weniger steigen als im letzten Jahr, die US-Rohölproduktion in der
zweiten Jahreshälfte sogar zurückgehen. Denn aufgrund des niedrigen
Ölpreisni¬veaus wird in den USA so wenig nach Öl gebohrt wie zuletzt vor knapp
fünf Jahren (Grafik 2). Dies dürfte sich mit gewisser zeitlicher Verzögerung in
einer fallenden (Schiefer-)Ölproduktion niederschlagen und eine weitere
Preiserholung in der zweiten Jahreshälfte unterstützen. Das größte
Abwärtsrisiko für den Öl-preis stellt eine mögliche Rückkehr des Iran dar.
Soll-ten nach einer Einigung im Atomstreit die westlichen Sanktionen gegen den
Iran gelockert werden, könnte perspektivisch bis zu 1 Million Barrel pro Tag an
irani- schem Öl zusätzlich an den Markt gelangen. Die an¬gespannte
Sicherheitslage in mehreren Ländern des Mittleren Ostens und in Nordafrika
spricht dagegen für eine gewisse Risikoprämie auf den Ölpreis.
US-Erdgas ist derzeit zu preiswert und dürfte in den
kommenden Monaten merklich steigen. Die gesunke-ne Bohraktivität in den USA
sollte sich in einer fallen-den US-Erdgasproduktion bemerkbar machen. Der
US-Erdgasbedarf für die Stromerzeugung dürfte nicht nur aufgrund des niedrigen
Erdgaspreises steigen. Hinzu kommt, dass aufgrund strengerer Umweltauflagen in
den USA weitere Kohlekraft-
werkskapazitäten stillgelegt und diese auch durch
erdgasbasierte Stromproduktion ersetzt werden. Die anziehende Konjunkturdynamik
spricht zudem für eine höhere Erdgasnachfrage aus der Industrie. Gegen Ende des
Jahres dürfte zudem der erste Verflüssigungs¬terminal in Betrieb gehen, womit
die USA Flüssiggas (LNG) exportieren können. Ein kaum prognostizier-barer
Einflussfaktor ist das Wetter. Ein heißer Som¬mer würde die Gasnachfrage für
den Betrieb der Klimaanlagen erhöhen und den saisonüblichen Lageraufbau
bremsen. Bei einem kühlen Sommer wäre der Bedarf niedriger und die
US-Erdgasvorräte würden stärker steigen als jahreszeitüblich.
Der Goldpreis hat sich in den letzten Wochen nahe¬zu
unbeeindruckt von der Zuspitzung und später Eskalation der Schuldenkrise in
Griechenland gezeigt und handelt in etwa auf dem Niveau, bevor die Krise
hochkochte. Eine über weite Phasen des ersten Halb-jahres hinweg schwache
physische Nachfrage in Asien, die Unsicherheit über den Beginn der Zins-erhöhungen
in den USA sowie der Rückzug spekula-tiver Finanzinvestoren dürften den Preis
in Schach gehalten haben. Bis zum Beginn des Zinserhöhungs-zyklus in den USA,
den wir im September erwarten. dürfte der Goldpreis unseres Erachtens nicht
wesent-lich zulegen. Wenn diese Unsicherheit jedoch über-wunden ist, sollte
Gold wie schon während des letz¬ten Zinserhöhungszyklus der US-Notenbank Fed
zwischen 2004 und 2006 wieder steigen. Stärkeres Aufwärtspotenzial sehen wir
wegen der EZB-Anlei-henkäufe und des aufwertenden US-Dollar für den
Goldpreis in Euro (Grafik 3), Silber dürfte sich ohne großes
Eigenleben im Fahrwasser von Gold bewegen. Die Kombination einer steigenden
physischen Nach-frage und eines fallenden (Minen-)Angebots spricht für einen
höheren Silberpreis. Die aktuelle Preis-schwäche bei Platin und Palladium ist
fundamental nicht gerechtfertigt. Die Marktlage bei diesen beiden Edelmetallen
dürfte sich dieses Jahr zwar merklich entspannen. Beide Märkte dürften aber das
vierte Jahr in Folge im Defizit bleiben, was zu steigenden Preisen von Platin
und Palladium beitragen dürfte.
Die Industriemetalle stehen aktuell unter dem Ein-druck der
deutlich gestiegenen Risikoaversion der Marktteilnehmer, nachdem die
Schuldenkrise in Griechenland eskaliert ist. Zuvor hatten Sorgen über eine
stärkere Wachstumsabschwächung in China die Preise belastet. Der
LME-Industriemetallindex ist
daraufhin auf ein 6-Jahres-Tief von rund 2.455 Punk¬ten
gefallen. Von seinem Zwischenhoch Anfang Mai hat er gut 18 Prozent abgegeben.
Neben zwischen¬zeitlich schwachen Konjunkturdaten sehen wir die spekulativen
Finanzinvestoren für den Preisrückgang mitverantwortlich. Denn diese sind den
Metallen gegenüber seit Wochen höchst pessimistisch einge¬stellt (Grafik 4).
Viele Metalle haben in den letzten Wochen zudem charttechnisch wichtige Marken
nach unten durchbrochen, was den Preisverfall wohl eben¬falls verstärkt hat.
Die aktuell wenig optimistische Einstellung der spekulativen Finanzinvestoren
sollte unseres Erachtens nicht von Dauer sein und ein Sprungbrett für höhere
Preise darstellen, sollte die Stimmung ins Positive drehen.
Aus makroökonomischer Sicht hellt sich die Lage in China und
den USA, den beiden größten Konsumen-
tenländern von Metallen, jedenfalls auf. So deuten die
letzten Konjunkturdaten aus China auf eine Stabi¬lisierung der chinesischen
Wirtschaft hin. Stimulie-rungsmaßnahmen seitens der Regierung und der
Zentralbank sollten der chinesischen Wirtschaft in den kommenden Monaten
weitere Unterstützung geben. In den USA zeigen die zuletzt veröffentlichten
Daten, dass die Wachstumsschwäche im ersten Quartal ein Ausreißer war und die
Wirtschaft seitdem wieder Fahrt aufgenommen hat. Eine stärkere Wirt-schaft
sollte sich in beiden Ländern in einer höheren Nachfrage nach Metallen widerspiegeln
und im Endeffekt deren Preise unterstützen. Die höhere Nachfrage dürfte zudem
auf ein knapperes Angebot treffen, da bei den niedrigen Preisen kaum neue
Projekte in Angriff genommen werden. Viele Metall-märkte sind unseres Erachtens
angespannter, als es die niedrigen Preise andeuten.
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