Freitag, 31. Juli 2015

Die Outperformer von morgen


Die Outperformer von morgen

Author D.Selzer-McKenzie

Video: http://youtu.be/G3leuN2Cu7Y

 

Die Rohstoffbranche durchläuft einen tief greifenden Wandel. Die Krise zwingt die großen Rohstoffproduzenten zu harten Einschnitten. Für Unternehmen und Anleger ergeben sich daraus Chancen.

 

Zugegeben, die Krise am Rohstoffmarkt kam nicht völlig über¬raschend, dass sie dann aber doch so stark ausgefallen ist, damit hatten viele Akteure nicht gerechnet. So brach der durchschnittliche Preis für eine Tonne Eisenerz von knapp 200 US-Dollar im Jahr 2011 auf knapp 50 US-Dollar im April 2015 regelrecht in sich zusammen. Nicht ganz so dramatisch, aber immer noch schlimm, erwischte es die Kohle. Kostete eine Tonne der Sorte Australian Thermal Coal 2008 noch rund 200 US-Dollar, so sind es derzeit nur noch knapp 60 US-Dollar. Und Aluminium sackte von über 3.000 US-Dollar je Ton¬ne Ende 2008 auf unter 1.500 US-Dollar im Jahr 2009 ab. Und so weiter und so fort, könnte man sagen, denn der

 

Rückgang der Rohstoffpreise kennt nahezu keine Ausnahmen. Gut zu sehen ist das dann auch an der Entwicklung der markt¬breiten Rohstoffindizes wie dem Bloomberg Commodity Index tet. Ihr Weg aus der Krise: sparen und schrumpfen. So hat Glencore, einer der weltweit größten Rohstoffproduzenten und -händler mit Sitz in der Schweiz, für 2015 eine milliarden-schwere Kürzung der Ausgaben angekündigt. Waren es bisher knapp acht Milliarden US-Dollar, die im laufenden Jahr inves¬tiert werden sollten, sind es nun nur noch 6,5 bis 6,8 Milliar¬den US-Dollar. Ein Einschnitt, so das Management, der nahe¬zu alle Unternehmensbereiche treffen soll.

Zudem trennte sich Glencore zuletzt auch von der Beteiligung am britischen Bergbauunternehmen Lonmin. Ein Schachzug, der sich als klug erweisen könnte. Zwar gehört Lonmin zu den weltweit größten Produzenten von Platin, einem durchaus zukunftsträchtigen Rohstoff, doch das Unternehmen kämpft mit zahlreichen hartnäckigen Problemen. „Lonmin ist unbe¬streitbar attraktiv, doch die Giftpille ist, dass das Unter¬nehmen große Risiken in Be¬zug auf arbeitsrechtliche Fragen und die Unzufrieden¬heit der Gewerkschaften auf¬weist", so die Einschätzung von Simon Hudson-Peacock von Momentum Asset Ma¬nagement in Johannesburg. Vor drei Jahren stand Lonmin im Mittelpunkt des südafri¬kanischen Bergarbeiterstreiks, der mehrere Monate andau¬erte und in dessen Verlauf auch Menschen zu Schaden kamen. Zwar konnten sich die Parteien zuletzt auf ein neues Lohnabkommen eini-

 

AKTIENMONITOR

gen, doch so richtig Frieden mag nicht einkehren. Neue Streiks sind nicht ausgeschlossen, spätestens in einigen Jahren, wenn Lohnabkommen neu verhandelt werden müssen. Denn das eigentliche Problem bleibt: die sich schnell ausweitende Schere zwischen Reich und Arm in Südafrika. Lonmin steht mit seinen Minen am Kap im Zentrum tief greifender gesellschaft¬licher Verwerfungen. So hart wollte man es bei Glencore aber nicht formulieren, offiziell wurde zur Begründung des Verkaufs nur darauf hingewiesen, dass man in Sachen Platin kein Ex¬perte sei und dieser Rohstoff auch nicht zum Kerngeschäft des Konzerns gehöre.

Spin-off bei BHP Billiton. Zum Verkauf von Unternehmensbe¬reichen hat auch BHP Billiton gegriffen. Weniger lukrative Divisionen wurden in South32 zusammengefasst und vor wenigen Wochen als Spin-off an die Börse gebracht. Produk¬tionen im Bereich Aluminium, Mangan, Silber, Zink, Blei und Nickel gehören nicht mehr BHP, sondern zu South32. Ziel des großangelegten „Demergers": eine umfassende Konzernneu¬ausrichtung und Fokussierung auf die Kernkompetenzen Ei¬senerz, Erdöl, Kohle und Kupfer.

Damit kehrt BHP ganz bewusst einen Trend um, der in den Boomjahren des Rohstoffmarkts das Denken der Manager und Börsianer bestimmte, den Drang zur Größe und Breite. „Wäh¬rend früher Diversifikation en vogue war, wird nun versucht, den Unternehmenswert zu steigern, indem gesplittet wird", kommentiert Gerald Hosp in der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ). Was übrig bleibt, ist ein BHP-Konzern, der sich auf wenige und rentable Großprojekte konzentriert, die auf Kostenführerschaft getrimmt sind.

n         RIO TINTO MINI LONG ZERTIFIKAT

WKN /ISIN   PA5DTF / DE000PA5DTF2

Kurs des Basiswerts        2.613,026 GBp

Stop-Loss     2.127,7893 GBp

Basispreis   2.026,466 GBp

Hebel            4,49

Geldkurs / Briefkurs       0,82 EUR / 0,83 EUR

lie RIO TINTO MINI SHORT ZERTIFIKAT

WKN /ISIN   PS4LQH / DE000PS4LQH0

Kurs des Basiswerts        2.613,386 GBp

Stop-Loss     3.058,5724 GBp

Basispreis   3.219,5499 GBp

Hebet           4,13

Geldkurs / Briefkurs       0,87 EUR / 0,88 EUR

Bitte beachten Sie die Hinweise zu Chancen und Risiken ab Seite 64. Die Wertentwicklung in der Vergangenheit ist kein verlässlicher Indikator für die künftige Wertentwicklung Individuelle Kosten wie Gebühren, Steuern und Aus¬gabeaufschläge sind in der Berechnung nicht enthalten und erfahren Sie von Ihrer Hausbank. Quelle: BNP Paribas; Stand: 15.07.2015

Rio Tinto denkt um. Einen Verkauf von weniger rentablen Geschäftsbereichen scheint man nun auch bei Rio Tinto an-zusteuern. Der Konzern hat sich lange Zeit gegen solche Akti¬vitäten gewandt, noch vor wenigen Wochen sagte der Vor¬standsvorsitzende lan Petrus du Plessis: „Ich kann kategorisch ausschließen, dass wir bei Rio Tinto die Ausgliederung eines unserer Assets planen".

Doch nun könnten Medienberichten zufolge Teile des Alumi-niumgeschäfts zur Disposition stehen. Schon im Jahr 2013 sollte die Tochter Pacific Aluminium abgestoßen werden, doch damals wurde der Plan schnell fallen gelassen, weil man in der Krise kaum einen guten Preis hätte erzielen können. Ob der DeaL über die Bühne geht, wird abzuwarten bleiben. Doch auf jeden Fall scheint man nun auch bei Rio Tinto Verkäufen von einzelnen Sparten nicht mehr grundsätzlich ablehnend gegenüberzustehen. Und an potenziellen Verkaufskandidaten mangelt es dem Konzern nicht. Allein die Kohledivision soll

 

MÄRKTE & ZERTIFIKATE 1 AUGUST/SEPTEMBER 2015

laut Schätzungen von Jefferies circa 3,6 Milliarden US-Dollar wert sein.

Branche im Umbruch. Glencore, BHP Billiton und Rio Tinto - das sind nur drei Beispiele einer Entwicklung, die derzeit im der gesamten Rohstoffbranche zu beobachten ist: die Konzerne werden kleiner und ertragsstärker. Risiken und weniger Lukra¬tives werden abgestoßen, die Rentabilität erhöht. Aus trägen „Schlachtschiffen" werden so vielleicht keine „Rennboote", aber doch zumindest schnellere und wendigere „Minenboote", die sich den Marktgegebenheiten flexibler anpassen können. Eine Entwicklung, die in der Wirtschaft natürlich nicht einmalig ist. Auch viele Telekomkonzerne haben diese zum Beispiel durch¬laufen. AT&T etwa hat sich mehrmals in seiner Konzernge¬schichte aufgespalten, teils freiwillig, teils unfreiwillig. Doch geschadet hat es dem Unternehmen letztendlich nicht.

Unter diesem Aspekt werden sich die Rohstoffkonzerne in Zukunft auch stärker voneinander unterscheiden. Hat bisher jeder alles gemacht, um es einmal lax zu formulieren, ist man nun dabei, thematische Schwerpunkte setzen. Bei BHP sind sie schon deutlicher zu sehen, dort stehen die Rohstoffe Eisenerz, Erdöl, Kohle und Kupfer im Mittelpunkt. Diesen Rohstoffen scheint man Langfristig Preispotenzial zuzutrauen. Bei Glencore stehen bislang neben Eisenerz und Kohle vor allem die Basis¬metalle Kupfer Nickel, Zink und Aluminium im Fokus, bei Rio Tinto ist es vor allem das Eisenerz, das das Geschäft dominiert.

In der Krise Liegen die Chancen. Mit der Thematisierung be¬stimmter Rohstoffe/Rohstoffgruppen können Anleger nun se¬lektiv auf eine Beruhigung und Erholung am Rohstoffmarkt spekulieren. Setzt sich zum Beispiel der Aufwärtstrend der Weltwirtschaft fort, könnte Glencore mit seiner starken Aus-richtung auf die Basismetalle zu den Favoriten gehören. Bei Eisenerz ist die Situation etwas komplizierter. Der Rohstoff ist in großen Mengen vorhanden, die Anbieter liefern sich einen harten Preiskampf. Rio Tinto und BHP Billiton versuchen jeweils als Sieger aus der Auseinandersetzung hervorzugehen, sie kaufen Kapazitäten hinzu. Hier wird abzuwarten bleiben, wer in Zukunft die Nase vorne hat und wer vielleicht eines Tages seine Eisenerzdivision gänzlich zur Disposition stellt. Letztend¬lich scheinen aber alle drei Konzerne interessant und spannend zu sein. Denn gerade in der Krise werden nicht selten die „Outperformer von morgen" geboren. Das gilt auch für die Krise am Rohstoffmarkt.

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