Die Outperformer von morgen
Author D.Selzer-McKenzie
Video: http://youtu.be/G3leuN2Cu7Y
Die Rohstoffbranche durchläuft einen tief greifenden Wandel.
Die Krise zwingt die großen Rohstoffproduzenten zu harten Einschnitten. Für
Unternehmen und Anleger ergeben sich daraus Chancen.
Zugegeben, die Krise am Rohstoffmarkt kam nicht völlig
über¬raschend, dass sie dann aber doch so stark ausgefallen ist, damit hatten
viele Akteure nicht gerechnet. So brach der durchschnittliche Preis für eine
Tonne Eisenerz von knapp 200 US-Dollar im Jahr 2011 auf knapp 50 US-Dollar im
April 2015 regelrecht in sich zusammen. Nicht ganz so dramatisch, aber immer
noch schlimm, erwischte es die Kohle. Kostete eine Tonne der Sorte Australian
Thermal Coal 2008 noch rund 200 US-Dollar, so sind es derzeit nur noch knapp 60
US-Dollar. Und Aluminium sackte von über 3.000 US-Dollar je Ton¬ne Ende 2008
auf unter 1.500 US-Dollar im Jahr 2009 ab. Und so weiter und so fort, könnte
man sagen, denn der
Rückgang der Rohstoffpreise kennt nahezu keine Ausnahmen.
Gut zu sehen ist das dann auch an der Entwicklung der markt¬breiten
Rohstoffindizes wie dem Bloomberg Commodity Index tet. Ihr Weg aus der Krise:
sparen und schrumpfen. So hat Glencore, einer der weltweit größten
Rohstoffproduzenten und -händler mit Sitz in der Schweiz, für 2015 eine
milliarden-schwere Kürzung der Ausgaben angekündigt. Waren es bisher knapp acht
Milliarden US-Dollar, die im laufenden Jahr inves¬tiert werden sollten, sind es
nun nur noch 6,5 bis 6,8 Milliar¬den US-Dollar. Ein Einschnitt, so das Management,
der nahe¬zu alle Unternehmensbereiche treffen soll.
Zudem trennte sich Glencore zuletzt auch von der Beteiligung
am britischen Bergbauunternehmen Lonmin. Ein Schachzug, der sich als klug
erweisen könnte. Zwar gehört Lonmin zu den weltweit größten Produzenten von
Platin, einem durchaus zukunftsträchtigen Rohstoff, doch das Unternehmen kämpft
mit zahlreichen hartnäckigen Problemen. „Lonmin ist unbe¬streitbar attraktiv,
doch die Giftpille ist, dass das Unter¬nehmen große Risiken in Be¬zug auf
arbeitsrechtliche Fragen und die Unzufrieden¬heit der Gewerkschaften
auf¬weist", so die Einschätzung von Simon Hudson-Peacock von Momentum
Asset Ma¬nagement in Johannesburg. Vor drei Jahren stand Lonmin im Mittelpunkt
des südafri¬kanischen Bergarbeiterstreiks, der mehrere Monate andau¬erte und in
dessen Verlauf auch Menschen zu Schaden kamen. Zwar konnten sich die Parteien
zuletzt auf ein neues Lohnabkommen eini-
AKTIENMONITOR
gen, doch so richtig Frieden mag nicht einkehren. Neue
Streiks sind nicht ausgeschlossen, spätestens in einigen Jahren, wenn
Lohnabkommen neu verhandelt werden müssen. Denn das eigentliche Problem bleibt:
die sich schnell ausweitende Schere zwischen Reich und Arm in Südafrika. Lonmin
steht mit seinen Minen am Kap im Zentrum tief greifender gesellschaft¬licher
Verwerfungen. So hart wollte man es bei Glencore aber nicht formulieren,
offiziell wurde zur Begründung des Verkaufs nur darauf hingewiesen, dass man in
Sachen Platin kein Ex¬perte sei und dieser Rohstoff auch nicht zum Kerngeschäft
des Konzerns gehöre.
Spin-off bei BHP Billiton. Zum Verkauf von
Unternehmensbe¬reichen hat auch BHP Billiton gegriffen. Weniger lukrative
Divisionen wurden in South32 zusammengefasst und vor wenigen Wochen als
Spin-off an die Börse gebracht. Produk¬tionen im Bereich Aluminium, Mangan,
Silber, Zink, Blei und Nickel gehören nicht mehr BHP, sondern zu South32. Ziel
des großangelegten „Demergers": eine umfassende Konzernneu¬ausrichtung und
Fokussierung auf die Kernkompetenzen Ei¬senerz, Erdöl, Kohle und Kupfer.
Damit kehrt BHP ganz bewusst einen Trend um, der in den
Boomjahren des Rohstoffmarkts das Denken der Manager und Börsianer bestimmte,
den Drang zur Größe und Breite. „Wäh¬rend früher Diversifikation en vogue war,
wird nun versucht, den Unternehmenswert zu steigern, indem gesplittet
wird", kommentiert Gerald Hosp in der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ). Was
übrig bleibt, ist ein BHP-Konzern, der sich auf wenige und rentable
Großprojekte konzentriert, die auf Kostenführerschaft getrimmt sind.
n RIO TINTO
MINI LONG ZERTIFIKAT
WKN /ISIN PA5DTF /
DE000PA5DTF2
Kurs des Basiswerts 2.613,026
GBp
Stop-Loss 2.127,7893
GBp
Basispreis 2.026,466
GBp
Hebel 4,49
Geldkurs / Briefkurs 0,82
EUR / 0,83 EUR
lie RIO TINTO MINI SHORT ZERTIFIKAT
WKN /ISIN PS4LQH /
DE000PS4LQH0
Kurs des Basiswerts 2.613,386
GBp
Stop-Loss 3.058,5724
GBp
Basispreis 3.219,5499
GBp
Hebet 4,13
Geldkurs / Briefkurs 0,87
EUR / 0,88 EUR
Bitte beachten Sie die Hinweise zu Chancen und Risiken ab
Seite 64. Die Wertentwicklung in der Vergangenheit ist kein verlässlicher
Indikator für die künftige Wertentwicklung Individuelle Kosten wie Gebühren,
Steuern und Aus¬gabeaufschläge sind in der Berechnung nicht enthalten und
erfahren Sie von Ihrer Hausbank. Quelle: BNP Paribas; Stand: 15.07.2015
Rio Tinto denkt um. Einen Verkauf von weniger rentablen
Geschäftsbereichen scheint man nun auch bei Rio Tinto an-zusteuern. Der Konzern
hat sich lange Zeit gegen solche Akti¬vitäten gewandt, noch vor wenigen Wochen
sagte der Vor¬standsvorsitzende lan Petrus du Plessis: „Ich kann kategorisch
ausschließen, dass wir bei Rio Tinto die Ausgliederung eines unserer Assets
planen".
Doch nun könnten Medienberichten zufolge Teile des
Alumi-niumgeschäfts zur Disposition stehen. Schon im Jahr 2013 sollte die
Tochter Pacific Aluminium abgestoßen werden, doch damals wurde der Plan schnell
fallen gelassen, weil man in der Krise kaum einen guten Preis hätte erzielen
können. Ob der DeaL über die Bühne geht, wird abzuwarten bleiben. Doch auf
jeden Fall scheint man nun auch bei Rio Tinto Verkäufen von einzelnen Sparten
nicht mehr grundsätzlich ablehnend gegenüberzustehen. Und an potenziellen
Verkaufskandidaten mangelt es dem Konzern nicht. Allein die Kohledivision soll
MÄRKTE & ZERTIFIKATE 1 AUGUST/SEPTEMBER 2015
laut Schätzungen von Jefferies circa 3,6 Milliarden
US-Dollar wert sein.
Branche im Umbruch. Glencore, BHP Billiton und Rio Tinto -
das sind nur drei Beispiele einer Entwicklung, die derzeit im der gesamten
Rohstoffbranche zu beobachten ist: die Konzerne werden kleiner und
ertragsstärker. Risiken und weniger Lukra¬tives werden abgestoßen, die
Rentabilität erhöht. Aus trägen „Schlachtschiffen" werden so vielleicht keine
„Rennboote", aber doch zumindest schnellere und wendigere
„Minenboote", die sich den Marktgegebenheiten flexibler anpassen können.
Eine Entwicklung, die in der Wirtschaft natürlich nicht einmalig ist. Auch
viele Telekomkonzerne haben diese zum Beispiel durch¬laufen. AT&T etwa hat
sich mehrmals in seiner Konzernge¬schichte aufgespalten, teils freiwillig,
teils unfreiwillig. Doch geschadet hat es dem Unternehmen letztendlich nicht.
Unter diesem Aspekt werden sich die Rohstoffkonzerne in
Zukunft auch stärker voneinander unterscheiden. Hat bisher jeder alles gemacht,
um es einmal lax zu formulieren, ist man nun dabei, thematische Schwerpunkte
setzen. Bei BHP sind sie schon deutlicher zu sehen, dort stehen die Rohstoffe
Eisenerz, Erdöl, Kohle und Kupfer im Mittelpunkt. Diesen Rohstoffen scheint man
Langfristig Preispotenzial zuzutrauen. Bei Glencore stehen bislang neben
Eisenerz und Kohle vor allem die Basis¬metalle Kupfer Nickel, Zink und
Aluminium im Fokus, bei Rio Tinto ist es vor allem das Eisenerz, das das Geschäft
dominiert.
In der Krise Liegen die Chancen. Mit der Thematisierung
be¬stimmter Rohstoffe/Rohstoffgruppen können Anleger nun se¬lektiv auf eine
Beruhigung und Erholung am Rohstoffmarkt spekulieren. Setzt sich zum Beispiel
der Aufwärtstrend der Weltwirtschaft fort, könnte Glencore mit seiner starken
Aus-richtung auf die Basismetalle zu den Favoriten gehören. Bei Eisenerz ist
die Situation etwas komplizierter. Der Rohstoff ist in großen Mengen vorhanden,
die Anbieter liefern sich einen harten Preiskampf. Rio Tinto und BHP Billiton
versuchen jeweils als Sieger aus der Auseinandersetzung hervorzugehen, sie
kaufen Kapazitäten hinzu. Hier wird abzuwarten bleiben, wer in Zukunft die Nase
vorne hat und wer vielleicht eines Tages seine Eisenerzdivision gänzlich zur
Disposition stellt. Letztend¬lich scheinen aber alle drei Konzerne interessant
und spannend zu sein. Denn gerade in der Krise werden nicht selten die
„Outperformer von morgen" geboren. Das gilt auch für die Krise am
Rohstoffmarkt.
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