Die Pest in Athen anno 429 v.Chr.
Author D.Selzer-McKenzie
Video: http://youtu.be/iOqxxCZeEpM
Unsere Hauptquelle für die Folgen der Pest ist Thukydides
(um 460-400 v.Chr.), der antike Historiker und Anthropologe, der die¬ser Seuche
einen längeren Abschnitt in seiner Geschichte der pelopon-nesischen Kriege
widmete.
DIE PEST SCHLÄGT ZU
Für die Athener hätte die Pest zu keiner ungünstigeren Zeit
zuschla¬gen können, denn das Heer des peloponnesischen Bundes war eben in
Attika eingedrungen und plünderte die Region. Thukydides weist darauf hin, dass
es in Athen schon vor der Epidemie vereinzelte Pestfälle gegeben hatte; doch
keiner hatte ein Ausmaß wie die Seuche des Jahres 429 v. Chr. Die ersten
Kranken gab es in Piräus, dem Hafen Athens, was die Vermutung stützt, dass die
Pest aus Nordafrika oder Persien eingeschleppt wurde. Danach breitete sie sich
wie ein Buschfeuer in der Stadt aus. Einige Kranke genasen zwar, aber
Thukydides stellt auch eine erschreckende Liste von Symptomen zusammen. Sie
beginnt mit Blutungen aus dem Mund und endet mit Organversagen und meist mit
dem Tod.
DER ZUSAMMENBRUCH DER GESELLSCHAFT
Über die Folgen der Seuche schreibt Thukydides: »Wer von
Natur aus stark war, widerstand der Krankheit nicht besser als die Schwa-chen.
Sie raffte alle hinweg, selbst jene, die mit größter Sorgfalt ge-pflegt und
gespeist wurden.« Die Ausbreitung der Krankheit wur¬de von Zuwanderern
begünstigt, die der Krieg aus dem ländlichen Attika nach Athen getrieben hatte.
Da der Wohnraum beschränkt war, brachte man die neuen Einwohner in überfüllten,
behelfsmäßi-gen Hütten unter, was die Verbreitung der Krankheit sehr
begüns-tigte. Bald lagen Berge von Leichen auf den Straßen, und man er-setzte
die üblichen Bestattungsriten durch Massenbegräbnisse und riesige
Scheiterhaufen.
Thukydides berichtet auch, dass sich in der Stadt
Gesetzlosigkeit ausbreitete: »Was Verstöße gegen menschliche Gesetze anbelangt.
so erwartete niemand, lange genug zu leben, um verurteilt und bestraft zu
werden.« Man schätzt, dass rund ein Drittel der Bevöl¬kerung Athens während der
Pest starb, darunter auch der Staats¬mann Perikles. Eine nachträgliche Diagnose
der Krankheit ist schwierig, vor allem weil Krankheiten im Laufe der Zeit ihren
Charakter ändern; aber den Symptomen zufolge handelte es sich wahrscheinlich um
Typhus
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