Der US-Bankensektor
Author D.Selzer-McKenzie
Video: ttp://youtu.be/0ojT9iConPg
Der amerikanische Bankensektor kann auf ein erfolgreiches
erstes Quartal zurückblicken. Die Zeichen für die weitere Entwicklung könnten
gut stehen, wofür es gleich mehrere Gründe geben könnte. Bestimmte Titel von
globalen und regionalen US-Banken gelten zurzeit als besonders günstig.
Nach den Anlaufschwierigkeiten des ersten Quartals 2015 hat
die amerikanische Kon-junkturlokomotive zuletzt wieder ordentlich Fahrt
aufgenommen. Und so scheint auch die vorübergehende Schwäche der größten
Volkswirtschaft der Welt überwunden. Um die US-Konjunktur anzukurbeln, betreibt
die US-Notenbank ihre Nullzinspolitik nun schon seit fast sieben Jahren.
Amerikanische Investoren verharren seither in einem angespannten Anlegerumfeld,
dessen Ende lange als nicht prognostizierbar schien.
US-Zinsschere weitet sich
Der Mangel an Renditequellen stellte nicht nur Investoren
vor eine harte Geduldsprobe. So befanden sich auch die Banken auf einer nicht
enden wollenden Durststrecke. Sie litten zum Beispiel unter schwindenden
Zinsmargen: Wegen des allgemein gesunkenen Zinsniveaus wurden die Kredite immer
billiger und entsprechende Einnahmen schmolzen dahin. Über das Absenken des
Guthabenzinses wirken Banken dieser Entwicklung normalerweise zügig entgegen,
doch in den letzten Jahren stießen sie auf einen natürlichen Widerstand,
nämlich »null«. Zwar hat es — in beispielsweise Deutschland oder der Schweiz —
zum Jahresanfang einige Fälle gegeben, jedoch verhalten sich Banken zögerlich,
wenn es darum geht, die Einlagenzinsen ihrer Kunden (zu sehr) ins Minus zu
ziehen.
Grafik 1: US-Teuerungsrate normalisiert sich
Quellen: Thomson Reuters Datastream, Bureau of Labour
Statistics, Vontobel Asset Management; Juni 2015.
Für amerikanische Banken könnte sich das Blatt nun wenden.
Die Vorlaufindikatoren für ein weiteres Wachstum der US-Wirtschaft — dazu
gehören steigende Inflationserwartungen (Grafik 1) — haben dafür gesorgt, dass
die Zinsschere nun wieder auseinander gedriftet ist. Während die kurzfristigen
Zinsen unverändert tief geblieben sind, haben die Renditen der langfristigen
Anleihen angezogen —die der zehnjährigen US-Staatsanleihen sogar von 1,7 % auf
2,4 % (Thomson Reuters Data-stream; Anfang Februar — Anfang Juni 2015).
Infolgedessen stiegen auch die Zinsen für langfristige Kredite. Und so
orientiert sich der Marktzins für Immobilienkredite an den Renditen von
Anleihen mit langfristiger Laufzeit.
Wesentlich steiler gewordene Zinskurve
Finanzexperten sprechen zurzeit von einer wesentlich steiler
gewordenen Zinskurve (Grafik 2), welche die Gewinnmarge — und den Aktienkurs —
einer Bank beflügeln könnte. Der Grund: Banken heben Kreditzinsen schneller an
als Guthabenzinsen. Gemäß dem Vontobel Asset Management ist ohnehin denkbar,
dass die langfristigen Zinsen weiter steigen, denn reale Renditen von praktisch
null bei einer gleichzeitig wachsenden US-Wirtschaft um 2,5 % bis 3 % lassen
sich nur durch eine »extrem expansive« Geldpolitik erklären (Juni 2015). Die
Wahrscheinlichkeit, dass sich die Zinskurve für die Banken zu stark verflacht
Grafik 2: US-Zinskurve nun wesentlich steiler
3,00 - -
2,50
E, 2,00 ro 1,50 1,00 0,50
0,00
Fristen
US-Dollar-Zinsen per 25.06.2015 — U5-Dollar-Zinsen per
25.04.2015
Quelle: Bloomberg; Stand am 25.06.2015.
— sollte es im September 2015 zur vielerorts erwarteten
Anhebung des kurzfristigen Zinses kommen — ist damit eher gering, obwohl die
Leitzinsen die Zinskurve am vorderen Ende nach oben schieben werden. Doch
gerade die steigenden kurzfristigen Zinsen könnten den Banken in einem ersten
Moment helfen, ihre Liquidität mit einer besseren Rendite zu platzieren und
bereits damit mehr Gewinn zu erzielen.
Gesundender Häusermarkt —
ein wichtiger Treiber
Die anhaltende Erholung des US-Immobilien-marktes (Grafik 3)
wirkt wie ein zusätzlicher Stützpfeiler für das gesamte amerikanische
Kreditgeschäft. Im Jahr 2008 hatte die »Subprime«-Krise eine schwere
Finanzkrise ausgelöst. Seit Längerem verzeichnet die Branche eine erfreuliche
Entwicklung. Im April 2015 sind die neu begonnenen Wohnbauten in Amerika um
22,1 % nach oben geschnellt und im Mai legten die Wohnbaugenehmigungen nochmals
um 11,8 % zu — die Bau-genehmigungen waren diesen Mai um 25,4 % höher als im
Mai des letzten Jahres (Vontobel Asset Management; 23.06.2015).
Eine gute Konjunkturentwicklung wirkt grundsätzlich positiv
auf alle Branchen einer Volkswirtschaft und wegen wirtschaftlicher
Verflechtungen und häufigerer Interaktionen kann sie auch lukrative
Geschäftsfelder der Finanzindustrie vorantreiben. Besonders stark wachsen
könnte möglicherweise das gewerbliche Kreditgeschäft der USA. Befürchtungen,
dass im Zuge der wachsenden Wirtschaft die Bankengewinne von einer möglichen
Aufwertung des US-Dollar aufgezehrt werden könnten, können als eher gering
eingestuft werden, denn die Gewinnmargen verhalten sich auffallend resistent
gegenüber Wechsel-kursschwankungen. Was für US-Regionalbanken einleuchtend
erscheint, gilt ebenfalls für den größten Teil der Global Player: Der Anteil
der Einnahmen, die nicht aus dem US-Heimmarkt kommen, ist im Vergleich zu
anderen Branchen gering.
Erfreuliches erstes Quartal,
geringeres Branchenrisiko
Beeindruckende Erfolge hatten die Banken schon im ersten
Quartal. Veröffentlicht wurden sie zum Beispiel am 27.05.2015 in einer
Pressemitteilung der Federal Deposit Insurance Corporation (FDIC) — ein durch
den Glass-Steagall Act von 1933 gegründeter US-Einlagensicherungsfonds. Laut
des darin enthaltenen Zitates von Martin J. Gruenberg, Chairman der FDIC, sind
die Nettoeinkommen während des ersten Quartales um insgesamt 7 % gestiegen,
wobei die regionalen Institute sogar ein Plus von 16 % vorweisen können. Auch
das Wachstum des Kreditgeschäftes sei bei den Regionalbanken im Vergleich zur
Gesamtbranche signifikant höher ausgefallen. Fast zwei Drittel aller US-Banken
verzeichneten Gewinnsteigerungen gegenüber dem Vorjahr und die Zahl der
Kandidaten auf der sogenannten »Problemliste« befinde sich nun auf einem
Sechsjahrestief.
Begriffe wie »Problembank« oder »Banken-rettung« waren
inmitten der grassierenden Finanzkrise in den Vordergrund getreten. Um das
Finanzsystem zu stabilisieren, wurde in den letzten Jahren zum Beispiel das
Sicherheitsnetz gestärkt. Eine wichtige Rolle spielte auch die »too big to
fail«-Thematik (zu groß, um zu scheitern). Es ging um systemrelevante Banken,
deren theoretische Insolvenz wegen bedeutender wirtschaftlicher Verflechtungen
nicht akzeptiert werden darf. In der Vergangenheit handelte es sich um global
agierende Großbanken und viele von ihnen waren in langwierige Rechtstreitigkeiten
verwickelt.
Grafik 3: US-Wohnbauten und Genehmigungen per Mitte Mai 2015
110 100 90 80 70 60 50 40 30 20
07 08 09 10 11 12 13 14 15 US-Wohnbaugenehmigungen
Neu begonnene US-Wohnbauten
Quelle: Thomson Datastream; Stand am 15.05.2015.1
Deren Länge und wirtschaftliches Ausmaß waren meist nicht
abschätzbar. Wie bei der systemrelevanten JP Morgan, die ihre gericht-liche
Auseinandersetzung kürzlich mit der Zahlung einer Rekordbuße beglichen hat. Was
rechtliche Auseinandersetzungen betrifft, könnte die amerikanische
Bankenbranche nun das Gröbste hinter sich gelassen haben.
Gute Kapitalausstattungen
Doch auch die (amerikanischen) Banken haben wesentlich zu
einem stabileren Finanzsystem beigetragen. Die Stresstest-Ergebnisse, welche
die Fed am 11. März 2015 veröffentlichte, brachten in dem Zusammenhang
Erfreuliches zutage: Nicht nur, dass dieses Jahr alle 31 getesteten US-Banken
bestanden haben, auch befinden sich die meisten von ihnen in einer besonders
starken Position. Wie Stresstest-Ergebnisse zudem die Kursentwicklung von
Bankentiteln beeinflussen können, enthüllt eine Experten-Analyse von BMO
Capital (12.03.2015). Demnach übertrafen die Kursentwicklungen der »Gewinner«
aus 2014 die der »Verlierer« innerhalb eines Jahres um ungefähr 8 %. Eine gut kapitalisierte
Bilanz (bei gleichzeitigem Ausräumen von Rechtsstreitigkeiten) ist für den
»Shareholder Value« sehr wichtig. Denn gute Cash-Polster schaffen Potenzial für
Aktienrückkäufe — dies kann den Kurs des Titels stützen. Am besten
abgeschnitten haben dieses Mal die Großbanken Citi-group und Morgan Stanley
sowie die Regionalbanken KeyCorp und Zions Bancorporation.
Allerdings sind die Titel der meisten US-Banken zurzeit
recht attraktiv bewertet. Anhand von JP Morgan wird dies deutlich, denn in
Bezug auf ihren Preis-zu-Buchwert hätte die Aktie des amerikanischen Global
Players im Juni eigentlich 123,65 statt 67 Dollar kosten sollen (seekingalpha).
Die Konkurrentin Wells Fargo ist ein weiteres gutes Beispiel: Ihre Bilanz ist
in Bezug auf Netto-Zins- und Nicht-Zinseinkommen nahezu ausgeglichen und gilt
deshalb als robust. Gemäß Berechnungen, die auf veröffentlichten Aussagen von
Wells Fargo beruhen, wird der US-Bankenriese seine Kapitalkosten zudem
automatisch mindern, wenn die Fed im Zuge einer strikteren Geldpolitik auch den
Zins für die gehaltenen Überschussreserven anhebt. Ein Plus von 0,25 % würde
demnach zusätzliche 200 Millionen Dollar Netto-Einkommen pro Quartal in die
Kassen spülen und bei einem Plus von
US-Banken im Fokus.
1,25 % wäre es sogar eine weitere Milliarde (Juni 2015).
Zukunftsträchtige Geschäftsmodelle
Die gestärkte Marktposition der US-Banken ist oft auf eine
in die Zukunft gerichtete Strategie und/oder tiefgreifende und zugleich
abgeschlossene Strukturreformen zurückzu-führen. Insbesondere ehemalige
»Problem-banken« wie JP Morgan oder Citigroup gelten aus Investorensicht heute
als vergleichsweise günstig bewertet. Strukturell haben sie zwar ihre
»Hausaufgaben« gemacht, jedoch scheint der Aktienkurs dies noch nicht zu
reflektieren. Wells Fargo gehört beispielsweise zu den US-Banken, deren Titel
zwar als attraktiv gilt, im Vergleich zu den beiden anderen aber etwas teurer
zu sein scheint. Denn schon lange vor der Krise hatte Wells Fargo auf eine
starke Diversifizierung hinsichtlich seiner geografischen Präsenz sowie seiner
Produktlinien gesetzt, das Privatkundengeschäft war daher auch defensiv
ausgerichtet und »dem schnellen Geschäft« hat das Management zuletzt
widerstanden.
Dass Größe nicht zwingend ein Kriterium für Erfolg sein
muss, beweisen eine Reihe weiterer US-Banken mit regionalem Fokus. Zions
Bancorp, PNC Financial oder KeyCorp zum Beispiel — sie verfügen bereits über
relativ gut kapitalisierte Bilanzen sowie ein vielversprechendes
Geschäftsmodell und haben dafür teils tiefgreifende Strukturmaßnahmen
ergriffen. Zum Beispiel Zions Bancorporation: Die aussichtsreiche Regionalbank
ist in elf west-und südwestamerikanischen Bundesstaaten aktiv. Kürzlich hat sie
ihr Vorhaben einer grundlegenden Reorganisation angekündigt und sich unter anderem
die Steigerung der Effizienzquote, Vorsteuereinsparungen und den massiven
Ausbau aussichtsreicher Geschäftsfelder zum Ziel gesetzt (seeking-alpha; Juni
2015).
Auf aussichtsreiche US-Banken setzen
Mit dem Partizipations-Zertifikat auf einen US-Banken Basket
können Investoren an der Kursentwicklung von US-Banken teilhaben. Das auf zwei
Jahre Laufzeit begrenzte Tracker-Zertifikat reflektiert die Wertentwicklung des
gleich gewichteten Korbes (Tabelle). In ihm enthalten sind zum einen global
agierende amerikanische Großbanken. Bei den meisten Basket-Mitgliedern handelt
es sich aller-
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