Mittwoch, 30. September 2015

Die neuen Krebs-Killer


Die neuen Krebs-Killer

Author D.Selzer-McKenzie

Video: https://youtu.be/MSQnOfDTeYQ

Die neuen Krebs-Killer

Die neuen Krebskiller bedienen sich des körpereigenen Immunsystems, um Tumorzellen auszuschalten. Dabei greifen sie die Moleküle an, mit deren Hilfe es die Tumore geschafft haben, sich vor der Enttarnung durch das Immunsystem zu schützen. Wir nennen einige attraktive „Krebs-Aktien".

uf der diesjährigen global wich-

igsten Fachkonferenz für On-

ologie der American Society of Clinical Oncology (ASCO) waren die sog. „Checkpoint-Inhibitoren" in aller Munde. Denn sie heben zentrale Me-chanismen der Immununterdrückung auf und mobilisieren auf diese Weise den Angriff auf die Tumorzellen. Etwa bei bösartigem Hautkrebs. Bei bis zu 80 Prozent aller Patienten erzielen die neuen Heilmittel in klinischen Tests ein zeitliches oder dauerhaftes Nachlassen der Krankheitssymptome. 20 Prozent aller Patienten mit metastasierendem Melanom haben inzwischen eine Über¬lebenszeit von zehn Jahren.

Christian Lach, Fondsberater des La-cuna Adamant Global Healthcare, gibt einen Überblick über die Entwicklung: „Klassisch wurde Krebs durch Zell-gifte, Chemotherapie oder Bestrah-lungtherapiert, was in einem zweiten

 

Schritt mittels Biotech-Trägersubstan-zen zielgerichteter und effizienter ge-macht wurde. Allerdings stellte sich heraus, dass eine Heilung ohne eine Rolle des Immunsystems nicht mög-lich ist. Tatsächlich ist es so, dass der Körper mittels seines Immunsystems einen Tumor erkennt, diesen aber nicht effektiv angreifen kann, weil der Tumor die als Reaktion darauf gebildeten Abwehrzellen so modu¬liert, dass sie abgeschwächt oder gar gestoppt werden. Die nun entwickel¬ten Checkpoint-Inhibitoren hemmen die Tumorzellen dabei, wenn sie die Abwehrzellen außer Gefecht setzen wollen. Führend in dieser neuen Tech-nologie sind BristolMyers, Roche und Merck (USA), es gibt aber viele andere Biotechfirmen mit ähnlichen Ansätzen wie Incyte und Celldex. Incyte hat sich auf einen indirekten Aktivierungsweg, die Hemmung von IDO (Indolamin-2,3-DiOxygenase), spezialisiert.

Mit den neu entwickelten IDO-Hemmstoffen kann man das körper-eigene Immunsystem stimulieren und zum Angriff gegen den Tumor schicken. Das könnte ein bedeutsa¬mer Therapieansatz werden, mit dem man das letzte Drittel der Krebspa¬tienten, den man bisher nicht helfen kann, erfolgreich therapieren könnte."

Auch Lydia Bänziger, Sektoranalys-tin bei Bellevue Asset Management (BB Biotech), sieht spannende Bio-techtrends. „Sehr interessant sind heute Gentherapien gegen Bluter-erkrankungen oder auch Immunthera-pien gegen Krebs. Beispielsweise zeig-ten einige Unternehmen interessante Ergebnisse bei der sog. Zelltherapie. Dabei werden den Patienten körper-eigene Immunzellen entnommen und so verändert, dass sie den Krebs bes¬ser bekämpfen können."

RASCHE FORTSCHRITTE MÖGLICH Auch Michael Sjöström, Fondsmanager des Pictet Biotech, sieht große Chan¬cen der neuen Krebstherapien. „Wir erleben eine spannende Zeit in der Gesundheitsvorsorge mit hoch innova¬tiven therapeutischen Ansätzen, die in der Lage sind, die Behandlungsformen verschiedenster Krankheitszustände zu revolutionieren. Die Immunonko¬logie verspricht Heilungschancen bei geringeren Nebenwirkungen als bei der Chemotherapie. Ein anderer span¬nender Bereich der Forschung ist die Gentherapie, bei der Krankheiten, die wegen fehlender oder inaktiver Gene entstehen, durch die Wiederherstel¬lung oder Aktivierung jenes Gens in den Zellen eines Patienten geheilt wer¬den können. Nach verschiedenen Rück-schlägen in diesem Bereich wurde das erste Gentherapieprodukt vor Kurzem in Europa zugelassen. Zahllose weitere Studien für ein breites Spektrum von Krankheiten werden zudem zurzeit durchgeführt oder sind geplant, wie etwa Hämophilie und seltene schweren Stoffwechselkrankheiten."

Lacuna-Experte Lach hält insgesamt zwar den Schweizer Roche-Konzern bei der Krebs-Immuntherapie für „am besten aufgestellt" und sieht auch AstraZeneca und Merck (USA) gut im Rennen, bescheinigt Bristol aber, zur-zeit die Führungsposition innezuha-ben. „Es sieht so aus, als ob Opdivo die Standardtherapie werden wird" - mit Milliardenumsätzen. Zurzeit laufen mehr als 50 onkologische Studien, bei denen Opdivo als Monotherapie oder in Kombination mit anderen Wirkstof-fen ausprobiert wird. Erfolg hatte etwa die klinische Prüfung mit Opdivo ge-gen Hautkrebs. Allerdings könnte der Schweizer Konzern Roche der Haupt-gewinner werden. Viel versprechend sind vor allem die klinischen Resultate bei Lungenkrebs. Dort aktivieren sog. PD-Ll-Hemmer (Checkpoint Inhibi-toren) die T-Zellen der Immunabwehr und verwandeln sie in echte Krebs-Killer. Bei einer Studie in Kombination mit Chemotherapie sprachen 67 Pro-

 

zent der Patienten auf die Behandlung an. Das wäre ein deutlicher Fortschritt gegenüber der aktuellen Standard-therapie mit Opdivo. Die US-Gesund-heitsbehörde FDA jedenfalls stuft das Präparat als Therapiedurchbruch zur Behandlung von Lungen- und Blasen-krebs ein. Michael Sjöström ist da noch ein wenig zurückhaltend: „Opdivo ist natürlich ein Meilenstein in der Onko-logie, da es der erste Antikörper ist, der die Tumorbremse löst (anti PD1 mAb). Ob die Antikörper der Wettbewerber, wie jene von Roche, tatsächlich besser wirken, werden die klinischen Daten zeigen. Der Antikörper von Roche ist etwas selektiver (anti PDL1 mAb), ob dies auch einen klinischen Vorteil bringt, ist noch unklar."

Nun zeigt sich, dass die Konzentration der Krebsforschung auf die T-Zellen -eine Untergruppe der weißen Blutkör-perchen, richtig war: Das zeigt auch die CAR-T-Zell-Technologie, die Novartis von der University of Pennsylvania li-zenziert hat. Dabei werden dem Patien-ten T-Zellen entnommen, im Labor mit den Tumor-Antigenen CD19 „geimpft" und dem Patienten danach wieder in-fundiert. Die so veränderten T-Zellen sind nun in der Lage, Tumorzellen zu erkennen. Mit dieser personalisierten T-Zell-Therapie konnten bei Patienten mit Leukämie (ALL) bahnbrechende Re¬sultate erzielt werden. Auch Juno The-

 

rapeutics, Kite Pharma oder Bluebird haben sich auf genveränderte T-Zellen-Therapien spezialisiert. Der Ausblick ist viel versprechend: „Wir erwarten 2015 zehn neue US-Zulassungen, die Krebs-niedikamente betreffen, inklusive In-dikationenerweiterungen und Kombi-nationsmöglichkeiten", meint Sectoral AM-CIO Sjöström. Neben den Pharma-und Biotechriesen wie BMS, Roche, Merck (USA) oder Amgen gibt es noch eine große Anzahl kleinerer Krebsspe¬zialisten. Diese Unternehmen haben natürlich ein erhöhtes Anlagerisiko, sind aber für spekulative Investoren wegen des hohen Kurspotenzials inte¬ressant. Dazu zählen etwa Medivation oder Celldex. Medivation hat derzeit das beste Antiandrogen-Medikament, Xtandi, bei metastasiertem Prostata-krebs. Antiandrogene sind Arzneistof¬fe, die die Wirkung der männlichen Sexualhormone (Androgene) hemmen. Medivation ist dabei, die Anwendungs-gebiete von Xtandi zu erweitern.

ZAHLREICHE NEUZULASSUNGEN Über zehn Krebs-Medikamente wurden in den letzten zwölf Monaten zugelassen und viele stehen knapp davor. „Etwa Op-divo (ein Anti-PD1 mAb-Wirkstoff, also ein Checkpoint-Hemmer) zur Behand¬lung von nicht kleinzelligem Lungen¬krebs und fortgeschrittenem Melanom, oder Pfizers Ibrance (CDK4/CDK6 In-hibitor) gegen fortgeschrittenen Brust-

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