Geldanlage: Portfolio umstellen
Author D.Selzer-McKenzie
Video: https://youtu.be/lfOmMCyFgOw
Warten auf die US-Notenbank? Warum eigentlich. Wer in
klassischen Anleihenfonds investiert ist, sollte sein Portfolio jetzt
umstellen. Denn es gibt an den Rentenmärkten Anlagesegmente, die besser mit der
anstehenden Zinserhöhung klar kommen sollten.
ommt sie oder kommt sie nicht? Kaum ein Börsentag vergeht,
an dem Analysten und Medien nicht über die erwartete Zinserhöhung durch die
amerikanische Notenbank Fed sinnieren. Klar, es wäre immerhin die erste
Leitzinserhöhung in den USA seit rund einem Jahrzehnt. Sozusagen eine Zinswende
erster Güte. Doch das durch die Entwicklungen in China aus-gelöste Beben an den
Börsen weltweit hat gezeigt, wie schnell sich die Erwar-tungshaltungen auch
hier verschieben können.
Noch bevor die Börsen auf Talfahrt gingen, hatte FONDS
exklusiv be-kannte globale Rentenfondsmanager nach ihrer Einschätzung gefragt.
Der Tenor: Ja, die Fed wird die Zinsen in diesem Jahr erhöhen, möglicherweise
noch im September, jedenfalls in klei-nen Schritten. Teils wurde der erste
Zinsschritt auf 25 Basispunkte bezif-fert. Ein entsprechendes Bild liefert auch
die sogenannte Fed Funds Rate. Bloomberg ermittelt diesen Wert auf der Basis
der Preisentwicklung von
Optionskontrakten (siehe Schaubild auf der nächsten Seite).
Ausgehend vom Februar dieses Jahres bestätigt der Verlauf
des Wertes die Einschätzungen der Rentenfondsma-nager: Während die Annahme,
dass die amerikanische Notenbank den Zins-schritt schon im September vollziehen
wird, zuletzt deutlich schwankte, ver-stetigte sich die Erwartungshaltung, dass
mit einer Zinsanhebung erst im Dezember 2015 zu rechnen ist. Die folgenreichen
Entwicklungen in China ließen dann beide Erwartungskurven gleichsam fallen. So
betonte Mathias Müller, Head of Retail Europe bei Al-lianz Global Investors
(AGI), nach dem China-Debakel auf unsere Nachfrage: „Mit den jüngsten
Turbulenzen an den Finanzmärkten und der deutlicheren konjunkturellen Abkühlung
in den Schwellenländern, vor allem in China, ist die Wahrscheinlichkeit für
eine Ver-schiebung des ersten Zinserhöhungs-schritts allerdings zuletzt
gestiegen." Zuvor ging man vom Herbst, also dem September-Termin, aus.
Aber ist das für Fondsanleger eigent¬lich wichtig? Nein,
denn für ihren mit¬tel- bis langfristigen Anlagehorizont ergeben sich schon
heute einige Impli-kationen, die es jetzt zu berücksichti¬gen gilt. Die Frage,
ob die Zinswende im September, Dezember oder wohl-möglich doch erst im
kommenden Jahr eingeläutet wird, erscheint dabei eher von sekundärer Bedeutung.
„Die Rentenmärkte bleiben verunsichert, unabhängig vom Zeitpunkt der
Zins-entscheidung der Fed, mit negativer Grundtendenz", „Typischerweise
und historisch haben Zinserhöhungsschritte in den USA auch in Europa höhere
Renditen zur Folge", sagt Müller. Für den Anleihen-Investor bedeutet dies:
fallende Kur¬se. Denn die Schuldverschreibungen passen sich in der Folge dem
neuen Level bis zu einer marktgerechten Be-wertung an. Diese Reaktion fällt
umsostärker aus, je länger das investierte Kapital in einer Anleihe gebunden
ist. Daher ist bei Anleihen mit langen Laufzeiten grundsätzlich mit stärke¬ren
Kursverlusten zu rechnen als bei sogenannten Kurzläufern.
KEIN SELL-OFF BEI STAATSANLEIHEN „Lange Laufzeiten sollten
Anleger auf Grund des Zinsänderungsrisikos der¬zeit meiden", bestätigt
Marco Grzesik, Anlageexperte und Leiter Kunden¬betreuung bei PIMCO Global
Wealth Management Deutschland und Ös¬terreich. Mit Blick auf die anstehen¬de
Zinserhöhung sagt Grzesik, dass diese am US-Rentenmarkt weitgehend eingepreist
ist, sodass keine großen Veränderungen zu erwarten sind. Der europäische
Anleihen-Markt wird sich dieser Entwicklung nach Einschätzung des
Anlage-Experte nicht vollständig entziehen können, erhalte aber durch das
fortgesetzte Anleihenkauf-Pro-gramm der EZB Unterstützung.
„In den USA werden die Preise für zehnjährige Staatsanleihen
im erstenSchritt fallen", sagt Jörn Wasmund. Der Global Co-Head Fixed
Income bei der Deutsche Asset & Wealth Ma¬nagement (DeAWM) schränkt aber
dann ein: „Allerdings dürfte die Reak¬tion nach einem ersten Überschie¬ßen
verhalten ausfallen, da die Fed gleichzeitig den Ausblick für weitere
Zinsschritte dämpfen und eine wei¬tere Verbesserung von Wachstums-und
Inflationsindikatoren abwarten wird." Kurzum, es werde zu keinem massiven
Sell-off bei Staatsanleihen kommen, da Wachstum und Inflation global
strukturell niedrig blieben. Aufgrund der Erwartung weiterer Zinsschritte der
Zentralbank würden kurzfristige Zinsen aber leicht stei¬gen. Nur in der
Eurozone wird sich die Entwicklung aufgrund der Geldpolitik der Europäischen
Zentralbank (EZB) auch nach Einschätzung des AGI-Experten anders darstellen:
Grund hierfür sei, dass das kurze Zinsende in Euroland durch die quantitative
Lockerungspolitik der EZB bei null bzw. im negativen Bereich gehalten wird.
„Die Langfristzinsen dürften dagegen leicht nach oben tendieren", ergänzt
Müller.
Auch Tristan Perrier, Strategy and Economic Research bei
Amundi, er-wartet von einem Zinsschritt in Höhe
von 25 Basispunkten nur begrenzte negative Auswirkungen.
Zudem dürf-ten sich Euro-Anleihen mit kürzeren Laufzeiten wegen der EZB-Politik
we-niger sensitiv gegenüber US-Aktivitä¬ten zeigen. Zudem wird bei Langläu¬fern
mit Effekten gerechnet, aber nur geringen und begrenzten Ausmaßes, heißt es.
Perrier gibt allerdings zu be-denken: „Wenn US Triple A-Anleihen höher
rentieren, wer sollte dann noch das Interesse haben, deutsche Bun-desanleihen oder
gar Emerging Mar-kets-Anleihen zu kaufen?"
POPULÄRE US-ANLEIHEN
Tatsächlich sind US Investment Grade-Anleihen immer noch das
populärste Investment im Fixed Income-Bereich. Während allerdings im letzten
Quartal noch 39 Prozent dieses Segment für attraktiv hielten, sind es derzeit
noch 28 Prozent der Investoren. Zu diesem Ergebnis kommt die jüngste „Risk
Ro-tation Index Umfrage" im Auftrag von NN Investment Partners unter 120
internationalen institutionellen In-vestoren. „Im Hinblick auf Qualität, Renditeaufschläge
und Duration ist und bleibt US Investment Grade eine attraktive As s
etklasse", sagt Valentijn van Nieuwenhuijzen, Head of Strate-gy
Multi-Asset bei der Gesellschaft. Kommende Zinserhöhungen könntenzwar
problematisch sein, würden an dieser Bewertung dennoch nichts än-dern. Auf den
folgenden Rängen plat-zieren sich High Yield-Anleihen, Euro Investment
Grade-Anleihen sowie Emerging Markets-Anleihen (siehe Grafik unten).
ALTERNATIVEN GESUCHT
Viele Investment Grade-Anleihen ren-tieren jedoch im Negativbereich
oder bieten nur einen kleinen Aufschlag gegenüber der Inflationsrate. Hinzu
kommen die beschriebenen Unsi-cherheiten hinsichtlich des
Zinsände-rungsrisikos, das auch mit Blick auf die seitens der EZB angestrebte
Erhö¬hung der Inflationsrate besteht. Au¬ßerdem mussten Anleger bereits in der
ersten Hälfte dieses Jahres erhebliche Kursverluste an den Rentenmärkten
verkraften (lesen Sie hierzu auch unse-ren Beitrag auf Seite 40). Da erscheint
es nur ratsam, nach Alternativen für Staatsanleihen zu suchen, die den eher
sicherheitsorientierten Gegenpart der Aktieninvestments im Portfolio
dar-stellen können.
Für den DeAWM-Experten sind Cash und ein diversifiziertes
Portfolio aus-gesuchter Investment Grade-Unter-
nehmensanleihen sowie kurzlaufen¬de europäische High
Yield-Anleihen eine viel versprechende Strategie. Die entsprechenden „Deutsche
Invest"-Fonds bieten zwar einen effizienten und diversifizierten Zugang zu
den ge-nannten Marktsegmenten, erläutert Wasmund, ergänzt aber: „Mit einer
mittleren Duration können sich die Fonds Zinssteigerungen jedoch nur begrenzt
entziehen." Folglich bieten sich eher flexible Strategien an, die der
Fondsanbieter mit dem „Deut¬sche Invest Global Bonds" und dem konservativ
ausgerichteten „DWS Zinseinkommen" bereithält. In den zurückliegenden drei
Jahren erzielte letztgenannter Fonds (per Ende Juli dieses Jahres) ein
durchschnittliches Plus von 2,4 Prozent pro Jahr.
Besser schnitt der „Deutsche Invest Global Bonds" mit
einem durch-schnittlichen Plus von 3,7 Prozent per anno ab. Die Fonds streben
eine brei¬te Diversifikation über Regionen so¬wie unterschiedliche Zinskurven
und Anlagesegmente an, heißt es und be-dienen sich eines aktiven, aber
risiko-kontrollierten Managementansatzes. „Einzelne Risiken, wie z. B.
Zinssteige-rungen, Ausfallrisiken von Unterneh-
mensanleihen, u. a. sollen keine domi-nierende Rolle für die
Erzielung einer attraktiven Wertentwicklung sein", ergänzt der
DeAWM-Experte.
ETF Securities, Anbieter der bei An-legern immer beliebter
gewordenen Exchange Traded Funds (ETF), sieht in fundamental gewichteten
Strategien eine sinnvolle Lösung im Anleihen-Be-reich. „Herkömmliche
marktkapitali-sierende Indizes oder benchmarknahe, aktive Produkte haben das
Problem, dass diejenigen Länder bzw. Unter-nehmen übergewichtet werden, die eh
schon die meisten Schulden haben", erläutert Bernhard Wenger, Executive
Director und Head of Executive Dis-tribution bei dem ETF-Anbieter. Des-halb hat
man gemeinsam mit Lombard Odier Investment Managers im April dieses Jahres drei
ETF aufgelegt: den „ETFS Lombard Odier IM Global Go-vernment Bond
Fundamental", den „ETFS Lombard Odier IM Corporate Bond Fundamental"
sowie den „ETFS Lombard Odier IM Global Corporate Bond Fundamental". Alle
drei Fonds messen denjenigen Schuldnern eine höhere Bedeutung bei, bei denen
die Rückzahlungswahrscheinlichkeit am größten ist. „In Kombination mit
Ren-dite- und Liquiditätsfiltern ergibt dies eine attraktivere und
diversifiziertere Asset Allocation als bei herkömmli¬chen Produkten",
betont Wenger.
FLEXIBILITÄT ERÖFFNET CHANCEN
„In diesen für Bond-Anleger unsicheren Zeiten sollten sie
nach Strategien Aus¬schau halten, die ein größtmögliches Maß an Flexibilität
bieten", sagt hin¬gegen Marie-Anne Allier, Head of Euro Aggregate Fixed
Income bei Amundi. Sie plädiert deshalb für „Aggregate Fonds", die in
ihrer jeweiligen Region die größten Anlagemöglichkeiten be¬inhalten. Die
Investmentgesellschaft offeriert einen solchen „All-Wetter"-Fonds für die
Eurozone und mit glo¬baler Ausrichtung. So investiert der „Amundi Funds Bond
Euro Aggregate" bspw. nicht nur in Staatsanleihen und Covered Bonds,
sondern kann auch bis zu einem Drittel des Fondsvermögens außerhalb des
Universums z. B. in Wandelanleihen und High Yield-Bonds investieren. Der
„Amundi Funds Bond Global Aggregate" kann zusätzlich noch die
Währungskarte spielen. „Mit einer großen Zahl kleiner, möglichst nicht
miteinander korrelierender In-vestments wollen wir vermeiden, dass einzelne
große Wetten die Gesamt-performance beschädigen könnten", erläutert Allier.
Das Management folgt einer mittel- bis langfristigen Makro-Ausrichtung, wobei
auf Marktereig¬nisse schnell taktisch reagiert werden könne. Per Ende Juli
erzielte der Euro-Fonds eine Fünf-Jahres-Performance von 33,2 Prozent. Dabei
musste der Fonds in den zurückliegenden zehn Jahren lediglich in 2006 ein
knappes Minus von 0,18 Prozent hinnehmen. Beim globalen Aggregate-Fonds, der in
demselben Zeitraum ein Plus von 33,6 Prozent erreichte, gab es seit Auflage in
den zurückliegenden sechs Jahren in 2011 das einzige Minusergebnis mit 4,9
Prozent.
ERTRAGSCHANCEN AUCH BEI STEIGENDEN ZINSEN
Auch der AGI-Experte hält eine fle¬xible Anpassung an
Marktveränderun¬gen für ein entscheidendes Kriterium bei der Auswahl
zeitgemäßer Renten¬fonds. Diese Anforderungen erfüllt der „Allianz Flexible
Bond Strategy
)) Bond-Anleger
sollten nach Strategien Ausschau halten, die ein
größtmögliches Maß an Flexibilität bieten.
MARIE-ANNE ALLIER,
Amundi
Fund". „Der Portfoliomanager kann neben Staatsanleihen
auch in Unter-nehmensanleihen, High Yield sowie in Schwellenländeranleihen
investieren und durch eine negative Duration auch von steigenden Zinsen
profitieren", betont Müller. Seit Auflage vor vier Jahren beträgt das Plus
8,5 Prozent. Auf Drei-Jahres-Sicht erreichte das Fondsmanagement einen
jährlichen Wertzuwachs von 1,7 Prozent.
Bei Pimco empfiehlt man sogenannte Income-Strategien, wie
sie im „Pimco Gis Income Fund" umgesetzt werden. „Wir halten im aktuellen
Umfeld Un-ternehmensanleihen für interessant, insbesondere auch an der
Schnittstelle von High Yield zu Investment Grade. Hier können wiederum
US-Unterneh-mensanleihen eine gute Alternative bieten", sagt Grzesik.
Wesentliche Cha-rakteristika des Fonds sind die Vermei-dung von
Risikokonzentrationen, das Erzielen unterschiedlicher Dividen-deneinkünfte
sowie eine Begrenzung von Anlagen unterhalb des Invest¬ment Grade-Ratings auf
50 Prozent des Fondsvermögens. „Der Fonds wird von unserem Group CIO Dan
Ivascyn und Alfred Murate gemeinsam gema-nagt, die 2013 den Titel als Morning-star
Fund Managers of the Year, USA, erhielten", ergänzt der Pimco-Experte.
Über die Anlageergebnisse lassen sich
aber keine aussagekräftigen Angaben machen, da der Fonds
noch keine drei Jahre am Markt ist.
Ganz anders ist dies beim „Axa IM FIIS US Short Duration
High Yield", der vor mehr als zehn Jahren aufgelegt wurde. Der Fonds
investiert in Hochzinsanlei-hen mit Laufzeiten bis zu drei Jahren. Unter der
Annahme, dass kurz laufen¬de Anleihen deutlich weniger unter ei¬nem Zinsschritt
der Fed leiden werden als Langläufer, bietet der Fonds ein interessantes
Risiko-Rendite-Profil, heißt es, weil er die vergleichsweise hohen Renditen des
High Yield-Mark-tes mit geringer Volatilität kombiniert. Die geringen
Kursschwankungen lägen vor allem in den niedrigen Ausfallra¬ten begründet.
„Seit 2001 verzeichne¬ten wir lediglich zwei Zahlungsausfälle bei von uns
gehaltenen Anleihen — das entspricht einer Ausfallquote von 0,5 Prozent",
betont Reinhard Jährling, Sales Director bei AXA Investment Managers.
Seit Auflage erzielte der Fonds einen Wertzuwachs von 63,2
Prozent. Das entspricht einer jährlichen Wertent-wicklung von 4,9 Prozent.
Zusätzlich profitiere der Fonds davon, dass die US-Wirtschaft sich noch in
einer ex-pansiven Phase befände, die aber nicht so weit geführt habe, dass sich
viele Unternehmen übertrieben stark ver-schuldet hätten. Jährling: „Die
Aus-fallraten auf dem High Yield-Markt dürften daher weiter vergleichsweise
gering bleiben."
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.