Mittwoch, 30. September 2015

Geldanlage: Portfolio umstellen


Geldanlage: Portfolio umstellen

Author D.Selzer-McKenzie

Video: https://youtu.be/lfOmMCyFgOw

Warten auf die US-Notenbank? Warum eigentlich. Wer in klassischen Anleihenfonds investiert ist, sollte sein Portfolio jetzt umstellen. Denn es gibt an den Rentenmärkten Anlagesegmente, die besser mit der anstehenden Zinserhöhung klar kommen sollten.

ommt sie oder kommt sie nicht? Kaum ein Börsentag vergeht, an dem Analysten und Medien nicht über die erwartete Zinserhöhung durch die amerikanische Notenbank Fed sinnieren. Klar, es wäre immerhin die erste Leitzinserhöhung in den USA seit rund einem Jahrzehnt. Sozusagen eine Zinswende erster Güte. Doch das durch die Entwicklungen in China aus-gelöste Beben an den Börsen weltweit hat gezeigt, wie schnell sich die Erwar-tungshaltungen auch hier verschieben können.

Noch bevor die Börsen auf Talfahrt gingen, hatte FONDS exklusiv be-kannte globale Rentenfondsmanager nach ihrer Einschätzung gefragt. Der Tenor: Ja, die Fed wird die Zinsen in diesem Jahr erhöhen, möglicherweise noch im September, jedenfalls in klei-nen Schritten. Teils wurde der erste Zinsschritt auf 25 Basispunkte bezif-fert. Ein entsprechendes Bild liefert auch die sogenannte Fed Funds Rate. Bloomberg ermittelt diesen Wert auf der Basis der Preisentwicklung von

 

Optionskontrakten (siehe Schaubild auf der nächsten Seite).

Ausgehend vom Februar dieses Jahres bestätigt der Verlauf des Wertes die Einschätzungen der Rentenfondsma-nager: Während die Annahme, dass die amerikanische Notenbank den Zins-schritt schon im September vollziehen wird, zuletzt deutlich schwankte, ver-stetigte sich die Erwartungshaltung, dass mit einer Zinsanhebung erst im Dezember 2015 zu rechnen ist. Die folgenreichen Entwicklungen in China ließen dann beide Erwartungskurven gleichsam fallen. So betonte Mathias Müller, Head of Retail Europe bei Al-lianz Global Investors (AGI), nach dem China-Debakel auf unsere Nachfrage: „Mit den jüngsten Turbulenzen an den Finanzmärkten und der deutlicheren konjunkturellen Abkühlung in den Schwellenländern, vor allem in China, ist die Wahrscheinlichkeit für eine Ver-schiebung des ersten Zinserhöhungs-schritts allerdings zuletzt gestiegen." Zuvor ging man vom Herbst, also dem September-Termin, aus.

 

Aber ist das für Fondsanleger eigent¬lich wichtig? Nein, denn für ihren mit¬tel- bis langfristigen Anlagehorizont ergeben sich schon heute einige Impli-kationen, die es jetzt zu berücksichti¬gen gilt. Die Frage, ob die Zinswende im September, Dezember oder wohl-möglich doch erst im kommenden Jahr eingeläutet wird, erscheint dabei eher von sekundärer Bedeutung. „Die Rentenmärkte bleiben verunsichert, unabhängig vom Zeitpunkt der Zins-entscheidung der Fed, mit negativer Grundtendenz", „Typischerweise und historisch haben Zinserhöhungsschritte in den USA auch in Europa höhere Renditen zur Folge", sagt Müller. Für den Anleihen-Investor bedeutet dies: fallende Kur¬se. Denn die Schuldverschreibungen passen sich in der Folge dem neuen Level bis zu einer marktgerechten Be-wertung an. Diese Reaktion fällt umsostärker aus, je länger das investierte Kapital in einer Anleihe gebunden ist. Daher ist bei Anleihen mit langen Laufzeiten grundsätzlich mit stärke¬ren Kursverlusten zu rechnen als bei sogenannten Kurzläufern.

KEIN SELL-OFF BEI STAATSANLEIHEN „Lange Laufzeiten sollten Anleger auf Grund des Zinsänderungsrisikos der¬zeit meiden", bestätigt Marco Grzesik, Anlageexperte und Leiter Kunden¬betreuung bei PIMCO Global Wealth Management Deutschland und Ös¬terreich. Mit Blick auf die anstehen¬de Zinserhöhung sagt Grzesik, dass diese am US-Rentenmarkt weitgehend eingepreist ist, sodass keine großen Veränderungen zu erwarten sind. Der europäische Anleihen-Markt wird sich dieser Entwicklung nach Einschätzung des Anlage-Experte nicht vollständig entziehen können, erhalte aber durch das fortgesetzte Anleihenkauf-Pro-gramm der EZB Unterstützung.

„In den USA werden die Preise für zehnjährige Staatsanleihen im erstenSchritt fallen", sagt Jörn Wasmund. Der Global Co-Head Fixed Income bei der Deutsche Asset & Wealth Ma¬nagement (DeAWM) schränkt aber dann ein: „Allerdings dürfte die Reak¬tion nach einem ersten Überschie¬ßen verhalten ausfallen, da die Fed gleichzeitig den Ausblick für weitere Zinsschritte dämpfen und eine wei¬tere Verbesserung von Wachstums-und Inflationsindikatoren abwarten wird." Kurzum, es werde zu keinem massiven Sell-off bei Staatsanleihen kommen, da Wachstum und Inflation global strukturell niedrig blieben. Aufgrund der Erwartung weiterer Zinsschritte der Zentralbank würden kurzfristige Zinsen aber leicht stei¬gen. Nur in der Eurozone wird sich die Entwicklung aufgrund der Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) auch nach Einschätzung des AGI-Experten anders darstellen: Grund hierfür sei, dass das kurze Zinsende in Euroland durch die quantitative Lockerungspolitik der EZB bei null bzw. im negativen Bereich gehalten wird. „Die Langfristzinsen dürften dagegen leicht nach oben tendieren", ergänzt Müller.

Auch Tristan Perrier, Strategy and Economic Research bei Amundi, er-wartet von einem Zinsschritt in Höhe

 

von 25 Basispunkten nur begrenzte negative Auswirkungen. Zudem dürf-ten sich Euro-Anleihen mit kürzeren Laufzeiten wegen der EZB-Politik we-niger sensitiv gegenüber US-Aktivitä¬ten zeigen. Zudem wird bei Langläu¬fern mit Effekten gerechnet, aber nur geringen und begrenzten Ausmaßes, heißt es. Perrier gibt allerdings zu be-denken: „Wenn US Triple A-Anleihen höher rentieren, wer sollte dann noch das Interesse haben, deutsche Bun-desanleihen oder gar Emerging Mar-kets-Anleihen zu kaufen?"

POPULÄRE US-ANLEIHEN

Tatsächlich sind US Investment Grade-Anleihen immer noch das populärste Investment im Fixed Income-Bereich. Während allerdings im letzten Quartal noch 39 Prozent dieses Segment für attraktiv hielten, sind es derzeit noch 28 Prozent der Investoren. Zu diesem Ergebnis kommt die jüngste „Risk Ro-tation Index Umfrage" im Auftrag von NN Investment Partners unter 120 internationalen institutionellen In-vestoren. „Im Hinblick auf Qualität, Renditeaufschläge und Duration ist und bleibt US Investment Grade eine attraktive As s etklasse", sagt Valentijn van Nieuwenhuijzen, Head of Strate-gy Multi-Asset bei der Gesellschaft. Kommende Zinserhöhungen könntenzwar problematisch sein, würden an dieser Bewertung dennoch nichts än-dern. Auf den folgenden Rängen plat-zieren sich High Yield-Anleihen, Euro Investment Grade-Anleihen sowie Emerging Markets-Anleihen (siehe Grafik unten).

ALTERNATIVEN GESUCHT

Viele Investment Grade-Anleihen ren-tieren jedoch im Negativbereich oder bieten nur einen kleinen Aufschlag gegenüber der Inflationsrate. Hinzu kommen die beschriebenen Unsi-cherheiten hinsichtlich des Zinsände-rungsrisikos, das auch mit Blick auf die seitens der EZB angestrebte Erhö¬hung der Inflationsrate besteht. Au¬ßerdem mussten Anleger bereits in der ersten Hälfte dieses Jahres erhebliche Kursverluste an den Rentenmärkten verkraften (lesen Sie hierzu auch unse-ren Beitrag auf Seite 40). Da erscheint es nur ratsam, nach Alternativen für Staatsanleihen zu suchen, die den eher sicherheitsorientierten Gegenpart der Aktieninvestments im Portfolio dar-stellen können.

Für den DeAWM-Experten sind Cash und ein diversifiziertes Portfolio aus-gesuchter Investment Grade-Unter-

 

nehmensanleihen sowie kurzlaufen¬de europäische High Yield-Anleihen eine viel versprechende Strategie. Die entsprechenden „Deutsche Invest"-Fonds bieten zwar einen effizienten und diversifizierten Zugang zu den ge-nannten Marktsegmenten, erläutert Wasmund, ergänzt aber: „Mit einer mittleren Duration können sich die Fonds Zinssteigerungen jedoch nur begrenzt entziehen." Folglich bieten sich eher flexible Strategien an, die der Fondsanbieter mit dem „Deut¬sche Invest Global Bonds" und dem konservativ ausgerichteten „DWS Zinseinkommen" bereithält. In den zurückliegenden drei Jahren erzielte letztgenannter Fonds (per Ende Juli dieses Jahres) ein durchschnittliches Plus von 2,4 Prozent pro Jahr.

Besser schnitt der „Deutsche Invest Global Bonds" mit einem durch-schnittlichen Plus von 3,7 Prozent per anno ab. Die Fonds streben eine brei¬te Diversifikation über Regionen so¬wie unterschiedliche Zinskurven und Anlagesegmente an, heißt es und be-dienen sich eines aktiven, aber risiko-kontrollierten Managementansatzes. „Einzelne Risiken, wie z. B. Zinssteige-rungen, Ausfallrisiken von Unterneh-

 

mensanleihen, u. a. sollen keine domi-nierende Rolle für die Erzielung einer attraktiven Wertentwicklung sein", ergänzt der DeAWM-Experte.

ETF Securities, Anbieter der bei An-legern immer beliebter gewordenen Exchange Traded Funds (ETF), sieht in fundamental gewichteten Strategien eine sinnvolle Lösung im Anleihen-Be-reich. „Herkömmliche marktkapitali-sierende Indizes oder benchmarknahe, aktive Produkte haben das Problem, dass diejenigen Länder bzw. Unter-nehmen übergewichtet werden, die eh schon die meisten Schulden haben", erläutert Bernhard Wenger, Executive Director und Head of Executive Dis-tribution bei dem ETF-Anbieter. Des-halb hat man gemeinsam mit Lombard Odier Investment Managers im April dieses Jahres drei ETF aufgelegt: den „ETFS Lombard Odier IM Global Go-vernment Bond Fundamental", den „ETFS Lombard Odier IM Corporate Bond Fundamental" sowie den „ETFS Lombard Odier IM Global Corporate Bond Fundamental". Alle drei Fonds messen denjenigen Schuldnern eine höhere Bedeutung bei, bei denen die Rückzahlungswahrscheinlichkeit am größten ist. „In Kombination mit Ren-dite- und Liquiditätsfiltern ergibt dies eine attraktivere und diversifiziertere Asset Allocation als bei herkömmli¬chen Produkten", betont Wenger.

FLEXIBILITÄT ERÖFFNET CHANCEN

„In diesen für Bond-Anleger unsicheren Zeiten sollten sie nach Strategien Aus¬schau halten, die ein größtmögliches Maß an Flexibilität bieten", sagt hin¬gegen Marie-Anne Allier, Head of Euro Aggregate Fixed Income bei Amundi. Sie plädiert deshalb für „Aggregate Fonds", die in ihrer jeweiligen Region die größten Anlagemöglichkeiten be¬inhalten. Die Investmentgesellschaft offeriert einen solchen „All-Wetter"-Fonds für die Eurozone und mit glo¬baler Ausrichtung. So investiert der „Amundi Funds Bond Euro Aggregate" bspw. nicht nur in Staatsanleihen und Covered Bonds, sondern kann auch bis zu einem Drittel des Fondsvermögens außerhalb des Universums z. B. in Wandelanleihen und High Yield-Bonds investieren. Der „Amundi Funds Bond Global Aggregate" kann zusätzlich noch die Währungskarte spielen. „Mit einer großen Zahl kleiner, möglichst nicht miteinander korrelierender In-vestments wollen wir vermeiden, dass einzelne große Wetten die Gesamt-performance beschädigen könnten", erläutert Allier. Das Management folgt einer mittel- bis langfristigen Makro-Ausrichtung, wobei auf Marktereig¬nisse schnell taktisch reagiert werden könne. Per Ende Juli erzielte der Euro-Fonds eine Fünf-Jahres-Performance von 33,2 Prozent. Dabei musste der Fonds in den zurückliegenden zehn Jahren lediglich in 2006 ein knappes Minus von 0,18 Prozent hinnehmen. Beim globalen Aggregate-Fonds, der in demselben Zeitraum ein Plus von 33,6 Prozent erreichte, gab es seit Auflage in den zurückliegenden sechs Jahren in 2011 das einzige Minusergebnis mit 4,9 Prozent.

ERTRAGSCHANCEN AUCH BEI STEIGENDEN ZINSEN

Auch der AGI-Experte hält eine fle¬xible Anpassung an Marktveränderun¬gen für ein entscheidendes Kriterium bei der Auswahl zeitgemäßer Renten¬fonds. Diese Anforderungen erfüllt der „Allianz Flexible Bond Strategy

 

)) Bond-Anleger

sollten nach Strategien Ausschau halten, die ein größtmögliches Maß an Flexibilität bieten.

MARIE-ANNE ALLIER,

Amundi

Fund". „Der Portfoliomanager kann neben Staatsanleihen auch in Unter-nehmensanleihen, High Yield sowie in Schwellenländeranleihen investieren und durch eine negative Duration auch von steigenden Zinsen profitieren", betont Müller. Seit Auflage vor vier Jahren beträgt das Plus 8,5 Prozent. Auf Drei-Jahres-Sicht erreichte das Fondsmanagement einen jährlichen Wertzuwachs von 1,7 Prozent.

Bei Pimco empfiehlt man sogenannte Income-Strategien, wie sie im „Pimco Gis Income Fund" umgesetzt werden. „Wir halten im aktuellen Umfeld Un-ternehmensanleihen für interessant, insbesondere auch an der Schnittstelle von High Yield zu Investment Grade. Hier können wiederum US-Unterneh-mensanleihen eine gute Alternative bieten", sagt Grzesik. Wesentliche Cha-rakteristika des Fonds sind die Vermei-dung von Risikokonzentrationen, das Erzielen unterschiedlicher Dividen-deneinkünfte sowie eine Begrenzung von Anlagen unterhalb des Invest¬ment Grade-Ratings auf 50 Prozent des Fondsvermögens. „Der Fonds wird von unserem Group CIO Dan Ivascyn und Alfred Murate gemeinsam gema-nagt, die 2013 den Titel als Morning-star Fund Managers of the Year, USA, erhielten", ergänzt der Pimco-Experte. Über die Anlageergebnisse lassen sich

 

aber keine aussagekräftigen Angaben machen, da der Fonds noch keine drei Jahre am Markt ist.

Ganz anders ist dies beim „Axa IM FIIS US Short Duration High Yield", der vor mehr als zehn Jahren aufgelegt wurde. Der Fonds investiert in Hochzinsanlei-hen mit Laufzeiten bis zu drei Jahren. Unter der Annahme, dass kurz laufen¬de Anleihen deutlich weniger unter ei¬nem Zinsschritt der Fed leiden werden als Langläufer, bietet der Fonds ein interessantes Risiko-Rendite-Profil, heißt es, weil er die vergleichsweise hohen Renditen des High Yield-Mark-tes mit geringer Volatilität kombiniert. Die geringen Kursschwankungen lägen vor allem in den niedrigen Ausfallra¬ten begründet. „Seit 2001 verzeichne¬ten wir lediglich zwei Zahlungsausfälle bei von uns gehaltenen Anleihen — das entspricht einer Ausfallquote von 0,5 Prozent", betont Reinhard Jährling, Sales Director bei AXA Investment Managers.

Seit Auflage erzielte der Fonds einen Wertzuwachs von 63,2 Prozent. Das entspricht einer jährlichen Wertent-wicklung von 4,9 Prozent. Zusätzlich profitiere der Fonds davon, dass die US-Wirtschaft sich noch in einer ex-pansiven Phase befände, die aber nicht so weit geführt habe, dass sich viele Unternehmen übertrieben stark ver-schuldet hätten. Jährling: „Die Aus-fallraten auf dem High Yield-Markt dürften daher weiter vergleichsweise gering bleiben."

 

 

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