Mittwoch, 16. September 2015

Moritz von Roh Der Erfinder des punktuell abbildenden Brillenglases


Moritz von Roh Der Erfinder des punktuell abbildenden Brillenglases
Author D.Selzer-McKenzie
Video https://youtu.be/l_1QKBoieTs
Ein Meilenstein in der Geschichte der optischen Gläser war die Erfindung des punktuell abbil¬denden Brillenglases. Wie so vieles, stammen auch diese aus dem Hause Carl Zeiss. Der Erfinder: Moritz von Rohr. Von Debora Gilsebach
Moritz von Rohr Erfinder der punktuellen abgebildeten Brillengläser Author D.Selzer-McKenzie
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Otto Moritz von Rohr wurde 1868 in Longin gebo¬ren und starb 1940 in Jena, wie viele andere für die augenoptische Industrie wichtige Persönlichkeiten. Denn auch er arbeitete bei Carl Zeiss in Jena. Nach seinem Studium der Mathematik, Physik und Geografie mit anschlie¬ßender Promotion im Jahr 1892 begann er seine Laufbahn am Königlich Preußischen Meteorologischen Institut in Berlin. Drei Jahre später fing er bei Carl Zeiss als wissenschaftlicher Mitarbeiter an. Ab 1899 war er sogar der persönliche Assistent von Ernst Abbe.
Von Rohr arbeitete intensiv mit Gullstrand zusammen und wurde zu seinem engsten Vertrauten. Auf der Grundlage der Gullstrand'schen Lehre zur Bedeutung des Augendrehpunkts entwickelten sie die so genannten Katralgläser. Dies waren asphärische Stargläser für Patienten mit linsenlosen Augen nach Staroperationen.
Das Starstechen war glücklicherweise mittlerweile fortschrittli¬cheren Methoden gewichen. Vom Altertum bis in die Moderne hinein wurden


Kataraktoperationen jedoch noch von so genannten Okulisten durchgeführt, oftmals auf Jahrmärkten. Dabei saßen sie ihrem Patienten gegenüber und stachen mit einer feinen Nadel seitlich in das Auge. Mit der Nadelspitze wurde die Linse gelöst und nach unten geschoben. Das Ganze ohne Narkose oder großzügigere Hygienemaßnahmen.
Im Falle einer misslungenen Operation sollten dem Opera-teur die Hände abgehackt werden. Da nicht selten die Pati-enten nach kurzer Zeit erneut erblindeten oder sogar star-ben, wundert es nicht, dass die Starstiche von fahrenden Okulisten durchgeführt wurden. Erst um die Mitte des 18. Jahrhunderts führte Jaques Daviel die Linsenextraktion ein. Mit den Katralgläsern war es möglich, die durch die fehlende Linse entstehende starke Hyperopie auszugleichen. Die Glä-.ser hatten einen Wirkungsbereich von +8,0 dpt bis + 20,0 dpt und minimierten die astig matische Abweichung.
Der Siegeszug der punktuell abbildenden Brillengläser Als die ersten komplett wissenschaftlich berechneten Brillen-gläser gelten die unter dem Namen Punktal bekannten Gläser von Zeiss. Sie wurden 1912 auf dem Markt eingeführt. Nur vier Jahre zuvor waren sie von Moritz von Rohr entwickelt worden. Bereits 1904 hatte er mit Berechnungen dazu begonnen. Das Besondere: Sie ermöglichten erstmals eine punktscharfe Ab-.bildung in allen Blickrichtungen, bei dem die Unschärfen in der Glasperipherie deutlich verringert sind. Bis dahin konnten Brillenträger nur bei starrem Blick geradeaus ein scharfes Bild sehen. Mit den neuen Gläsern war eine Korrektion möglich, die ein natürliches dynamisches Sehen erlaubte.
Auf einem Werbeplakat von 1912 hieß es: „Und ihre Augen sind für Zeiss Punktalgläser dankbar. Sie können wieder in jeder Richtung deutlich sehen, also ungezwungen frei und natürlich umherblicken. Wie viel besser als das starre, trübe Dreinsehen, das angestrengte Blinzeln, derer, die noch ohne Gläser auszu-.kommen glauben oder sich mit unvollkommenen, schlecht sitzenden Augengläsern abmühen und dafür Migräne und Krähenfüße in Kauf nehmen. Vermeiden Sie das, tragen Sie Zeiss Punktalgläser."
Moritz von Rohr setzte sich dafür ein, die Brillengläser aus dem Hause Zeiss richtig zu vermarkten und eine Großpro-duktion aufzuziehen. Er nutzte dafür Vorträge und Tagungen von Augenärzten und Augenoptikern. 1912 wurde die Abtei-.lung Opto gegründet, deren Leiter Moritz von Rohr wurde. Damit war eine Serienproduktion der Brillengläser möglich. Vor allem in Deutschland


erschwerte später das Festhalten an der punktuellen Abbildung nach Moritz von Rohr die Markteinführung und die Anerkennung der ersten Gleitsicht-gläser. Als 1959 das erste Gleitsichtglas Varilux auf den Markt gebracht wurde, reagierten einige Augenoptiker skeptisch und ablehnend, da sie von der punktuellen Abbildung ge¬prägt waren.

Damals wie Heute

Auch die Gründung der Staatlichen Jenaer Fachschule für Augenoptik 1917 ging unter anderem auf die Initiative von Moritz von Rohr zurück. Das heißt, ein weiterer für die Augenoptik wichtiger Mensch verdankt von Rohr gewisser-maßen seinen Job: Hermann Pistor. Er wurde Leiter der Fach¬schule und heute ist sie sogar nach ihm benannt.

Neben seinen Erfindungen in der Brillenglasentwicklung und -herstellung, war Moritz von Rohr auch als Autor tätig. So schrieb er beispielsweise Biographien über seinen ehemali¬gen Kollegen Ernst Abbe oder auch über Carl Zeiss.

Außerdem gründete er zwei Zeitungen: „Zeitschrift für ophthalmologische Optik" und „Forschungen zur Geschich-te der Optik".

Auch die heute so populäre 3-D Technik hat etwas mit Moritz von Rohr zu tun: 1907 entwickelte er den so genannten Synopter. Es handelt sich dabei um ein Gerät, das, wenn man hindurch guckt, flache Bilder dreidimensional erscheinen lässt. Der bestimmte Aufbau von Linsen und Spiegeln in einem kastigen Gerät erzeugte beim Durchblicken auf zum Beispiel ein Gemälde, eine Tiefenwahrnehmung, wodurch das zwei¬dimensionale Bild dreidimensional erschien.


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