Mittwoch, 30. September 2015

Geldanlage: Smart Beta ETF


Geldanlage: Smart Beta ETF

Author D.Selzer-McKenzie

Video: https://youtu.be/0lh4Kp2ZKCQ

Selbst in der Welt der passiv gehandelten Indexfonds wird immer öfter auf maßgeschneiderte Produkte gesetzt. Welche Möglichkeiten es mit sogenannten Smart-Beta-ETF inzwischen gibt und worauf dabei zu achten ist, lesen Sie jetzt.

 

inen Index zu kopieren, ist in der heutigen Finanzwelt wahr¬lich keine große Hexerei. Mittels sogenannten ETF (Exchange Traded Funds) werden Messlatten einfach nachgebaut, ohne dass dabei teure Entscheidungen von Fondsmanagern einfließen. Allein, bislang wurden sie meist gekauft, um die Wertentwick¬lung großer Standardindizes, wie dem US-amerikanischen Markt, den S&P 500 oder in Europa den Eurostoxx 50 sowie den DAX, abzubilden. Schließlich sei es hier für aktive Fondsmanager mittlerweile sehr schwer, einen Mehr¬wert über die Marktrendite hinweg zu erzielen, auf gut Deutsch ein „Alpha" zu generieren. Da könne man gleich rein auf Index setzen — und somit le¬diglich Marktperformance, sprich das Beta erzielen.

Doch selbst hier macht die Welt der börsegehandelten Passivfonds nicht Halt. Inzwischen scheint das simple Beta-Produkt schon fast als „altmo-disch". Warum nicht selbst an den zugrunde liegenden Indizes ein wenig

 

feilen? Genau das haben sich die An-bieter von sogenannten Smart-Beta-ETF gedacht. Bei diesen Produkten wird nach wie vor ein Index 1:1 abge-gebildet. Aber: Es werden dabei nicht herkömmliche Standardindizes nach-gebaut. Vielmehr handelt es sich um Indizes, die unterschiedliche Schwer-punkte bei der Zusammensetzung auf-weisen — eine Strategie, die scheinbar fruchtet.

Allein in Europa legt das verwaltete Vermögen in Smart-Beta-ETF inzwi-schen stark zu, wie man bei Lyxor be-rechnet hat. Noch Ende 2011 lag das Volumen bei gut 873 Millionen Euro. Inzwischen wurde die Marke von 10 Milliarden Euro geknackt.

Der Grund für das steigende Interesse ist etwa für Heike Fürpaß-Peter, Head of Public Distribution bei Lyxor für Deutschland und Österreich, durch¬aus nachvollziehbar: „Bei Smart-Beta-ETF weichen die zugrunde liegenden Indizes vom traditionellen Ansatz der Marktkapitalisierung ab und können

 

so zu besseren Anlageergebnissen füh-ren." Ein Beispiel laut Fürpaß-Peter sei etwa der klassische Anleihenindizes, „er wird in der Regel so zusammenge-stellt, dass Unternehmen mit hohem Emissionsvolumen, daher einer hohen Verschuldung, eine starke Gewichtung erhalten". Das kann gerade in Zeiten, in denen die Verschuldung ein Rekord-hoch, die Verzinsung ein Rekordtief erreicht hat, durchaus ein wesentli¬ches Argument für alternative Indizes sein.

ALTERNATIVE ANSÄTZE

Und tatsächlich gibt es sie, die alter-nativen Anleiheindizes, bei denen bei-spielsweise die Gewichtung aufgrund der Tilgungsfähigkeit des Emittenten berechnet wird. So lasse sich etwa das Kreditausfallrisiko besser steuern, was sich in der Regel positiv auf das Risiko-Rendite-Verhältnis des Fonds auswirke, so Fürpaß-Peter. Geeignet seien Smart-Beta-ETF letztendlich für jene Anleger, die unter anderem „dabei auch alternative Gewichtungs-methoden in einem diversifizierten Portfolio nutzen möchten", meint die Lyxor-Expertin.

Doch wie wird das in der Praxis letzt-endlich umgesetzt? Bei Lyxor gibt es etwa den Lyxor EuroMTS Highest Rated Macro Weighted Governemnt Bond ETF (FR0010820258), er setzt auf jene europäischen Staatsanleihen mit der besten Bonität. Deutschland macht deshalb derzeit rund die Hälfte des Index aus, Frankreich und Öster-reich sind ebenfalls vertreten. Die In-dexgewichtung wird zusätzlich mittels fundamentaler Faktoren, wie etwa die Schuldenquote, Leistungsbilanz oder Wirtschaftswachstum, angepasst (sie¬he auch Tabelle „Smarte Ansätze").

Auch bei ETF Securities aus England möchte man im Renten-Bereich nicht auf interessante Chancen verzichten. Bernhard Wenger, Executive Director und Head of European Distribution bei ETF Securities, hebt ebenfalls her-vor: „Der traditionelle passive Markt-kapitalisierungs-Ansatz hat vielfach ausgedient. Gerade im Anleihenseg-ment machen Smart-Beta-Produkte besonders großen Sinn." Investoren von Anleihen könnten laut Wenger mit Smart-Beta-ETF letztendlich so¬gar eine bessere Diversifikation errei¬chen als etwa mit Produkten, die sich an herkömmlichen Messlatten orien-tierten. „Das ist insbesondere auch für

 

all jene Großanleger interessant, die in festverzinsliche Anlagen investieren müssen. Denn weshalb soll man Län-der bzw. Unternehmen, die bereits die höchsten Schulden aufweisen, auch noch übergewichten", so der ETF-Ex-perte.

Allein, bei dem jüngsten Konzept von ETF Securities legt man den Fokus auf die Wahrscheinlichkeit der Rückzah-lungsfähigkeit des Emittenten. Heraus kommt der ETFS Lombard Odier IM Global Corporate Bond Fundamental ETF (IE0OBSVYHV63). Hier werden die Bilanzen der Unternehmen im In-dex genau unter die Lupe genommen und jene Schuldner, die gut aufgestellt sind, darin höher gewichtet. Einzelne Branchen werden je nach Beitrag zur Wirtschaftsleistung gewichtet, wes¬halb Anleihen von Banken geringer als in herkömmlichen Indizes gewichtet sind, jene aus dem Einzelhandel umso höher. Zudem enthalten die größten Schuldner eine geringere Gewichtung - ein Kriterium, das auch beim zugrun¬de liegenden Index des ETFS Global Government Bond Fundamental ETF (IE00BSVYHQ11) angewendet wird.

Zusätzlich wird bei den Staaten auf so-ziale Ungleichgewichte, die Größe der Wirtschaftsleistung sowie die Höhe der privaten Haushaltsverschuldung in den Ländern geachtet. Schluss ist

 

damit bei ETF Securities aber lange noch nicht, weitere Produkte sollen folgen. Wenger: „Wir arbeiten bereits an neuen Produktinnovationen, und zwar sowohl im Renten-Bereich, als auch in anderen Assetklassen."

AUCH AKTIENINDIZES LOCKEN

Wobei, auch im Aktienbereich gibt es interessante Entwicklungen im Smart-Beta-Bereich. Schon seit einiger Zeit sieht man beispielsweise beim Markt-führer i-Shares (Tochtergesellschaft von BlackRock) großen Bedarf etwa an Produkten, mit denen sich gröbe¬re Marktschwankungen verringern lassen, wie Bahram Sadighian, Leiter iShares-Vertrieb für Österreich und Osteuropa, unterstreicht: „Wir sehen derzeit eine große Nachfrage nach so¬genannten Minimum-Volatility-ETF." Schließlich gebe es ein gewisses Absi-cherungsbedürfnis gegen eine mögli¬che Zunahme von Kursschwankungen - der sogenannten Volatilität - an den Aktienmärkten. Und das möglicher-weise zu Recht, wie allein die Markt-ereignisse im August verdeutlichten. So könne man laut Sadighian eben mit geringeren Kursschwankungen trotz-dem an den weltweiten Aktienmärk¬ten investiert bleiben.

Doch wie so oft kommt es auch hier auf die Details an. Denn der S&P 500 Minimum Volatility Index, auf den etwa iShares einen ETF anbietet (IE00B6SPMN59), versucht jene Ak-tien auszuloten, die ein geringeres Risiko aufweisen als der Hauptindex selbst, ohne dass dabei aber die Zu-sammensetzung des Passivfonds allzu-weit vom S&P 500 abweicht. Deshalb gibt es auch einige Beschränkungen bei der Zusammensetzung. So darf im Minimum-Vola-Index beispielsweise eine Sektorgewichtung nicht mehr als fünf Prozent von jener Gewichtung im S&P 500 abweichen. Beim S&P 500 Low Volatility hingegen - hier bietet State Street Global Advisors einen ETF an (IE00B802KR88) - werden lediglich jene 100 Titel aus dem Index genommen, die historisch gesehen die geringsten Kursschwankungen auf-weisen.

Doch damit ist im Aktienbereich bei den smarten Produkten längst nicht Schluss. Ein weiteres aktuelles The¬ma sind derzeit schließlich auch die großen Cash-Positionen zahlreicher globaler Konzerne, auch dem widmen sich inzwischen einige „Smart"-ETF. Immerhin nehmen seit Mitte der 1980er Jahre die Bestände allein bei den Unternehmen im S&P 500 Index kontinuierlich zu, zeigt Michael Hu¬ber, Invesco PowerShares-Experte, auf. Im Jahr 2014 erreichten die Cash-Positionen gut 1,4 Billionen Dollar. Weshalb also das Geld nicht an Aktio-näre retournieren? Dies kann freilich sowohl in Form von Dividendenerhö-hungen oder in Form von Aktienrück-käufen erfolgen.

Immerhin entfielen in Europa im Jahr 2014 fast 80 Milliarden Euro auf Ak-tienrückkäufe und mehr als 300 Mil-liarden Euro auf Dividendenzahlun-gen. In den USA machen hingegen Aktienrückkäufe mit mehr als 560 Milliarden Dollar den größeren Bro-cken aus, auf Dividendenausschüttun-gen entfielen 353 Milliarden Dollar. Addiert man weiters die Dividenden-und Rückkaufrendite zusammen, er¬gibt sich daraus die Gesamt-Ausschüt-tungs-Rendite, so Huber von Invesco

 

PowerShares. Diese lag im Vorjahr etwa beim S&P 500 bei 5,2 Prozent.

Auch in diesem Fall gibt es eigene Indi-zes, die mit jenen Unternehmen ausge-stattet sind, die entsprechend Geld an Aktionäre retournieren. Allein, gerade bei Ausschüttungen kann ein genaues Screening wichtig sein, um die Divi-dendenfalle zu vermeiden, sprich jene Werte zu meiden, die lediglich auf-grund des Kurseinbruchs eine hohe Di¬videndenrendite aufweisen, wie Huber von Invesco PowerShares hinzufügt. Allerdings findet auch hier ohnedies die Zusammensetzung auf Indexebene statt. Interessierte Anleger brauchen auch hier lediglich nur den entspre¬chenden „Smart-Beta"-ETF zu kaufen.

Von iShares gibt es etwa den US Equi-ty Buyback Achievers (DE000A14M-BJO). Die zugrunde liegende Mess¬latte (Nasdaq US Buyback Achievers) setzt sich aus Aktien der Nasdaq, der NYSE sowie der NYSE MKT (Small Caps) zusammen, die aufgrund so-

lider   Unternehmensfinanzierungen

auch Aktienrückkaufprogramme durch-führen. Bei Invesco PowerShares geht man mit dem PowerShares Global Buy-back Achievers (IEOOBLSNMW37) ein Stück weiter, hierin sind Aktien aus dem Nasdaq US Buyback Achievers so-wie dem Nasdaq International Buyback Achievers enthalten.

Mit dem Amundi ETF MSCI Europe High Dividend (FR0010718874) wer-den hingegen die rund 100 größten und umsatzstärksten Unternehmen aus 16 europäischen Ländern abge¬deckt, die in ihren jeweiligen Ländern die höchsten Dividendenzahlungen aufweisen. Schon allein aufgrund der tiefen Anleiherenditen könnten diese ETF-Strategien sogar interessante Al-ternativen - freilich auch mit entspre-chendem Marktrisiko - bieten.

Einzig, diese Produkte werden von Experten eher als kurzfristige Beimi-schung empfohlen. Denn langfristig senken die Unternehmen dafür Inves-

 

titionen in Forsdning und Entwick-lung und investierten das Geld nicht in die Zukunft, so die Kritik.

NACHTEILE AUCH BEACHTEN

Allerdings, wie so oft haben Smart-Beta-ETF nicht nur Vorteile. Sie haben freilich auch ihre Schwachstellen, die ebenfalls aufgezeigt werden sollten. Günther Stibbe, Analyst bei Avana In-vest, unterstreicht, dass Smart „nicht unbedingt immer smart ist. Beispiels-weise verloren 2008 gerade Dividen-denstrategien aufgrund des hohen Anteils an Finanzwerten besonders stark an Wert." Auch müsse sich der Anleger laut Stibbe bewusst sein, das jede Strategie in manchen Marktpha¬sen besser „und in manchen Markt¬phasen weniger gut funktioniert".

So zeichneten sich beispielsweise Mi-nimum-Varianz-Strategien durch ein geringeres Risiko als ein herkömmli¬cher Index aus. „Dafür partizipieren Anleger in positiven Marktphasen weniger stark von der Aufwärtsbewe¬gung", unterstreicht Stibbe ein wei¬teres Beispiel. Auch sei dem Avana-Invest-Experten zufolge die derzeit noch geringe Liquidität ein weiterer Nachteil im Vergleich etwa zu einem ETF auf den DAX oder den Eurostoxx 50. Für Anleger steht jedenfalls fest: Wer sich für einen Smart-Beta-ETF entscheidet, muss im Gegensatz zu einem herkömmlichen Indexfonds schon ein gutes Stück genauer wissen, worin er investieren möchte.

 

 

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