Geldanlage: Smart Beta ETF
Author D.Selzer-McKenzie
Video: https://youtu.be/0lh4Kp2ZKCQ
Selbst in der Welt der passiv gehandelten Indexfonds wird
immer öfter auf maßgeschneiderte Produkte gesetzt. Welche Möglichkeiten es mit
sogenannten Smart-Beta-ETF inzwischen gibt und worauf dabei zu achten ist,
lesen Sie jetzt.
inen Index zu kopieren, ist in der heutigen Finanzwelt
wahr¬lich keine große Hexerei. Mittels sogenannten ETF (Exchange Traded Funds)
werden Messlatten einfach nachgebaut, ohne dass dabei teure Entscheidungen von
Fondsmanagern einfließen. Allein, bislang wurden sie meist gekauft, um die
Wertentwick¬lung großer Standardindizes, wie dem US-amerikanischen Markt, den
S&P 500 oder in Europa den Eurostoxx 50 sowie den DAX, abzubilden.
Schließlich sei es hier für aktive Fondsmanager mittlerweile sehr schwer, einen
Mehr¬wert über die Marktrendite hinweg zu erzielen, auf gut Deutsch ein
„Alpha" zu generieren. Da könne man gleich rein auf Index setzen — und
somit le¬diglich Marktperformance, sprich das Beta erzielen.
Doch selbst hier macht die Welt der börsegehandelten
Passivfonds nicht Halt. Inzwischen scheint das simple Beta-Produkt schon fast
als „altmo-disch". Warum nicht selbst an den zugrunde liegenden Indizes
ein wenig
feilen? Genau das haben sich die An-bieter von sogenannten
Smart-Beta-ETF gedacht. Bei diesen Produkten wird nach wie vor ein Index 1:1
abge-gebildet. Aber: Es werden dabei nicht herkömmliche Standardindizes
nach-gebaut. Vielmehr handelt es sich um Indizes, die unterschiedliche
Schwer-punkte bei der Zusammensetzung auf-weisen — eine Strategie, die
scheinbar fruchtet.
Allein in Europa legt das verwaltete Vermögen in
Smart-Beta-ETF inzwi-schen stark zu, wie man bei Lyxor be-rechnet hat. Noch
Ende 2011 lag das Volumen bei gut 873 Millionen Euro. Inzwischen wurde die Marke
von 10 Milliarden Euro geknackt.
Der Grund für das steigende Interesse ist etwa für Heike
Fürpaß-Peter, Head of Public Distribution bei Lyxor für Deutschland und
Österreich, durch¬aus nachvollziehbar: „Bei Smart-Beta-ETF weichen die zugrunde
liegenden Indizes vom traditionellen Ansatz der Marktkapitalisierung ab und
können
so zu besseren Anlageergebnissen füh-ren." Ein Beispiel
laut Fürpaß-Peter sei etwa der klassische Anleihenindizes, „er wird in der
Regel so zusammenge-stellt, dass Unternehmen mit hohem Emissionsvolumen, daher
einer hohen Verschuldung, eine starke Gewichtung erhalten". Das kann
gerade in Zeiten, in denen die Verschuldung ein Rekord-hoch, die Verzinsung ein
Rekordtief erreicht hat, durchaus ein wesentli¬ches Argument für alternative
Indizes sein.
ALTERNATIVE ANSÄTZE
Und tatsächlich gibt es sie, die alter-nativen
Anleiheindizes, bei denen bei-spielsweise die Gewichtung aufgrund der
Tilgungsfähigkeit des Emittenten berechnet wird. So lasse sich etwa das
Kreditausfallrisiko besser steuern, was sich in der Regel positiv auf das
Risiko-Rendite-Verhältnis des Fonds auswirke, so Fürpaß-Peter. Geeignet seien
Smart-Beta-ETF letztendlich für jene Anleger, die unter anderem „dabei auch
alternative Gewichtungs-methoden in einem diversifizierten Portfolio nutzen
möchten", meint die Lyxor-Expertin.
Doch wie wird das in der Praxis letzt-endlich umgesetzt? Bei
Lyxor gibt es etwa den Lyxor EuroMTS Highest Rated Macro Weighted Governemnt
Bond ETF (FR0010820258), er setzt auf jene europäischen Staatsanleihen mit der
besten Bonität. Deutschland macht deshalb derzeit rund die Hälfte des Index
aus, Frankreich und Öster-reich sind ebenfalls vertreten. Die In-dexgewichtung
wird zusätzlich mittels fundamentaler Faktoren, wie etwa die Schuldenquote,
Leistungsbilanz oder Wirtschaftswachstum, angepasst (sie¬he auch Tabelle
„Smarte Ansätze").
Auch bei ETF Securities aus England möchte man im
Renten-Bereich nicht auf interessante Chancen verzichten. Bernhard Wenger,
Executive Director und Head of European Distribution bei ETF Securities, hebt
ebenfalls her-vor: „Der traditionelle passive Markt-kapitalisierungs-Ansatz hat
vielfach ausgedient. Gerade im Anleihenseg-ment machen Smart-Beta-Produkte
besonders großen Sinn." Investoren von Anleihen könnten laut Wenger mit Smart-Beta-ETF
letztendlich so¬gar eine bessere Diversifikation errei¬chen als etwa mit
Produkten, die sich an herkömmlichen Messlatten orien-tierten. „Das ist
insbesondere auch für
all jene Großanleger interessant, die in festverzinsliche
Anlagen investieren müssen. Denn weshalb soll man Län-der bzw. Unternehmen, die
bereits die höchsten Schulden aufweisen, auch noch übergewichten", so der
ETF-Ex-perte.
Allein, bei dem jüngsten Konzept von ETF Securities legt man
den Fokus auf die Wahrscheinlichkeit der Rückzah-lungsfähigkeit des Emittenten.
Heraus kommt der ETFS Lombard Odier IM Global Corporate Bond Fundamental ETF
(IE0OBSVYHV63). Hier werden die Bilanzen der Unternehmen im In-dex genau unter
die Lupe genommen und jene Schuldner, die gut aufgestellt sind, darin höher
gewichtet. Einzelne Branchen werden je nach Beitrag zur Wirtschaftsleistung
gewichtet, wes¬halb Anleihen von Banken geringer als in herkömmlichen Indizes
gewichtet sind, jene aus dem Einzelhandel umso höher. Zudem enthalten die
größten Schuldner eine geringere Gewichtung - ein Kriterium, das auch beim
zugrun¬de liegenden Index des ETFS Global Government Bond Fundamental ETF
(IE00BSVYHQ11) angewendet wird.
Zusätzlich wird bei den Staaten auf so-ziale
Ungleichgewichte, die Größe der Wirtschaftsleistung sowie die Höhe der privaten
Haushaltsverschuldung in den Ländern geachtet. Schluss ist
damit bei ETF Securities aber lange noch nicht, weitere
Produkte sollen folgen. Wenger: „Wir arbeiten bereits an neuen
Produktinnovationen, und zwar sowohl im Renten-Bereich, als auch in anderen
Assetklassen."
AUCH AKTIENINDIZES LOCKEN
Wobei, auch im Aktienbereich gibt es interessante
Entwicklungen im Smart-Beta-Bereich. Schon seit einiger Zeit sieht man
beispielsweise beim Markt-führer i-Shares (Tochtergesellschaft von BlackRock)
großen Bedarf etwa an Produkten, mit denen sich gröbe¬re Marktschwankungen
verringern lassen, wie Bahram Sadighian, Leiter iShares-Vertrieb für Österreich
und Osteuropa, unterstreicht: „Wir sehen derzeit eine große Nachfrage nach
so¬genannten Minimum-Volatility-ETF." Schließlich gebe es ein gewisses
Absi-cherungsbedürfnis gegen eine mögli¬che Zunahme von Kursschwankungen - der
sogenannten Volatilität - an den Aktienmärkten. Und das möglicher-weise zu
Recht, wie allein die Markt-ereignisse im August verdeutlichten. So könne man
laut Sadighian eben mit geringeren Kursschwankungen trotz-dem an den weltweiten
Aktienmärk¬ten investiert bleiben.
Doch wie so oft kommt es auch hier auf die Details an. Denn
der S&P 500 Minimum Volatility Index, auf den etwa iShares einen ETF
anbietet (IE00B6SPMN59), versucht jene Ak-tien auszuloten, die ein geringeres
Risiko aufweisen als der Hauptindex selbst, ohne dass dabei aber die
Zu-sammensetzung des Passivfonds allzu-weit vom S&P 500 abweicht. Deshalb
gibt es auch einige Beschränkungen bei der Zusammensetzung. So darf im
Minimum-Vola-Index beispielsweise eine Sektorgewichtung nicht mehr als fünf
Prozent von jener Gewichtung im S&P 500 abweichen. Beim S&P 500 Low
Volatility hingegen - hier bietet State Street Global Advisors einen ETF an
(IE00B802KR88) - werden lediglich jene 100 Titel aus dem Index genommen, die
historisch gesehen die geringsten Kursschwankungen auf-weisen.
Doch damit ist im Aktienbereich bei den smarten Produkten
längst nicht Schluss. Ein weiteres aktuelles The¬ma sind derzeit schließlich
auch die großen Cash-Positionen zahlreicher globaler Konzerne, auch dem widmen
sich inzwischen einige „Smart"-ETF. Immerhin nehmen seit Mitte der 1980er
Jahre die Bestände allein bei den Unternehmen im S&P 500 Index
kontinuierlich zu, zeigt Michael Hu¬ber, Invesco PowerShares-Experte, auf. Im
Jahr 2014 erreichten die Cash-Positionen gut 1,4 Billionen Dollar. Weshalb also
das Geld nicht an Aktio-näre retournieren? Dies kann freilich sowohl in Form
von Dividendenerhö-hungen oder in Form von Aktienrück-käufen erfolgen.
Immerhin entfielen in Europa im Jahr 2014 fast 80 Milliarden
Euro auf Ak-tienrückkäufe und mehr als 300 Mil-liarden Euro auf
Dividendenzahlun-gen. In den USA machen hingegen Aktienrückkäufe mit mehr als
560 Milliarden Dollar den größeren Bro-cken aus, auf Dividendenausschüttun-gen
entfielen 353 Milliarden Dollar. Addiert man weiters die Dividenden-und
Rückkaufrendite zusammen, er¬gibt sich daraus die
Gesamt-Ausschüt-tungs-Rendite, so Huber von Invesco
PowerShares. Diese lag im Vorjahr etwa beim S&P 500 bei
5,2 Prozent.
Auch in diesem Fall gibt es eigene Indi-zes, die mit jenen
Unternehmen ausge-stattet sind, die entsprechend Geld an Aktionäre
retournieren. Allein, gerade bei Ausschüttungen kann ein genaues Screening
wichtig sein, um die Divi-dendenfalle zu vermeiden, sprich jene Werte zu
meiden, die lediglich auf-grund des Kurseinbruchs eine hohe Di¬videndenrendite
aufweisen, wie Huber von Invesco PowerShares hinzufügt. Allerdings findet auch
hier ohnedies die Zusammensetzung auf Indexebene statt. Interessierte Anleger
brauchen auch hier lediglich nur den entspre¬chenden „Smart-Beta"-ETF zu
kaufen.
Von iShares gibt es etwa den US Equi-ty Buyback Achievers
(DE000A14M-BJO). Die zugrunde liegende Mess¬latte (Nasdaq US Buyback Achievers)
setzt sich aus Aktien der Nasdaq, der NYSE sowie der NYSE MKT (Small Caps)
zusammen, die aufgrund so-
lider Unternehmensfinanzierungen
auch Aktienrückkaufprogramme durch-führen. Bei Invesco
PowerShares geht man mit dem PowerShares Global Buy-back Achievers
(IEOOBLSNMW37) ein Stück weiter, hierin sind Aktien aus dem Nasdaq US Buyback
Achievers so-wie dem Nasdaq International Buyback Achievers enthalten.
Mit dem Amundi ETF MSCI Europe High Dividend (FR0010718874)
wer-den hingegen die rund 100 größten und umsatzstärksten Unternehmen aus 16
europäischen Ländern abge¬deckt, die in ihren jeweiligen Ländern die höchsten
Dividendenzahlungen aufweisen. Schon allein aufgrund der tiefen Anleiherenditen
könnten diese ETF-Strategien sogar interessante Al-ternativen - freilich auch
mit entspre-chendem Marktrisiko - bieten.
Einzig, diese Produkte werden von Experten eher als
kurzfristige Beimi-schung empfohlen. Denn langfristig senken die Unternehmen
dafür Inves-
titionen in Forsdning und Entwick-lung und investierten das
Geld nicht in die Zukunft, so die Kritik.
NACHTEILE AUCH BEACHTEN
Allerdings, wie so oft haben Smart-Beta-ETF nicht nur
Vorteile. Sie haben freilich auch ihre Schwachstellen, die ebenfalls aufgezeigt
werden sollten. Günther Stibbe, Analyst bei Avana In-vest, unterstreicht, dass
Smart „nicht unbedingt immer smart ist. Beispiels-weise verloren 2008 gerade
Dividen-denstrategien aufgrund des hohen Anteils an Finanzwerten besonders
stark an Wert." Auch müsse sich der Anleger laut Stibbe bewusst sein, das
jede Strategie in manchen Marktpha¬sen besser „und in manchen Markt¬phasen
weniger gut funktioniert".
So zeichneten sich beispielsweise
Mi-nimum-Varianz-Strategien durch ein geringeres Risiko als ein herkömmli¬cher
Index aus. „Dafür partizipieren Anleger in positiven Marktphasen weniger stark
von der Aufwärtsbewe¬gung", unterstreicht Stibbe ein wei¬teres Beispiel.
Auch sei dem Avana-Invest-Experten zufolge die derzeit noch geringe Liquidität
ein weiterer Nachteil im Vergleich etwa zu einem ETF auf den DAX oder den
Eurostoxx 50. Für Anleger steht jedenfalls fest: Wer sich für einen
Smart-Beta-ETF entscheidet, muss im Gegensatz zu einem herkömmlichen Indexfonds
schon ein gutes Stück genauer wissen, worin er investieren möchte.
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