Gewinne mit Zertifikaten
Author D.Selzer-McKenzie
Video: https://youtu.be/8ffLIvYa10g
Wer sich das Risiko zutraut, kann mit Zertifikaten durchaus
hohe Wetten eingehen, vorausgesetzt, man hat eine klare Marktmeinung — und gute
Nerven.
Das hat freilich schon etwas Verlockendes an sich, der
Ge¬danke, mit einem Zertifikat gleich einen fünf- oder vielleicht sogar
zehnfachen Gewinn zu lukrieren. Ein¬zig, dafür sollte man aber eine klare
Marktmeinung haben. Denn viel Spiel¬raum gibt es bei gehebelten Produkten
schließlich nicht, je nach Risikostufe. Allein, Anleger, die nicht bloß 1:1 auf
einzelne Märkte setzen oder eine regel¬mäßige Kuponzahlung lukrieren wol¬len,
können sich durchaus in gehebelte Wetten mit Zertifikate trauen - sie fal¬len
unter die Kategorie der Hebelpro¬dukte (in der Ausgabe 2/2015 finden Sie im
Gegensatz dazu den Beitrag „Die Meinungsmacher", Zertifikate für
Ein¬steiger).
Dabei umfasst Heike Arl;ter, Leiterin Strukturierte Produkte
der RCB (Raiff-eisen Centrobank), den typischen Ein-satz: „Hebelprodukte werden
in turbu-lenten Zeiten vermehrt gehandelt. Der Anleger nutzt gezielt volatile
Phasen im Markt, um mit gehebelten Produk-
ten exponentiell an den Marktbewe-gungen zu
partizipieren." Auch wenn grundsätzlich auf beide Richtungen ge-setzt
werden kann, „überwiegen meis-tens die Long-Produkte, also jene, mit denen man
auf steigende Kurse setzt", resümiert Arbter, fügt dabei noch hin-zu: „Wer
mit Hebel handelt, ist eher tra-dingorientiert und möchte kurzfristige Marktbewegungen
ausnützen. Vielfach wird auch die Charttechnik in der Anla-geentscheidung
berücksichtigt."
RISIKEN NICHT UNTERSCHÄTZEN Zum „Hebeln" gibt es dabei
grundsätz¬lich zwei gängige Möglichkeiten - sie sind beide nicht ohne Risiken.
Allein, eine der ältesten Produktarten sind Turbozertifikate - oft auch
Minifu-tures genannt. Anleger müssen bei einem entsprechenden Investment bereit
sein, im schlimmsten Fall ei¬nen Totalverlust zu verkraften. Nicht ohne Grund
mahnt Christian Glaser, Produktmanager bei der BNP Paribas, deshalb:
„Insbesondere Einsteiger grei¬fen oftmals zu schnell zu den großen
Hebeln und unterschätzen deren Wir-kung. Es empfiehlt sich
stets mit mo-deraten, eher einstelligen Hebeln zu beginnen."
Grundsätzlich profitieren Anleger von der zugrunde liegenden
Strategie - bei-spielsweise von der Entwicklung des DAX -, eben mit einem
Hebel. Dieser gibt an, um wie viel kräftiger sich der Kurs des Zertifikats im
Vergleich zum Basiswert bewegt, und zwar nach oben, aber auch nach unten, wenn
man auf fallende Kurse setzt. Je größer der He¬bel ist, desto mehr profitiert
man frei¬lich, wenn die Richtung stimmt. Liegt man allerdings falsch und die
Entwick¬lung läuft kräftig in die entgegengesetz¬te Richtung, droht ein
Totalverlust des eingesetzten Geldes. Und zwar dann, wenn dabei auch noch die
festgelegte Barriere berührt wird.
CHANCEN, ABER NICHT RISIKOLOS Dabei gilt: Je höher der
gewählte He¬bel ist, desto größer sind nicht nur die Gewinnchancen, sondern
auch die Ge- fahr, dass man rasch einen Totalverlust erleidet. Dann nämlich ist
auch der Ab-stand zur Barriere sehr klein. Das sollte man vor allem bei sehr
schwankungs-freudigen Märkten beachten, bei de¬nen es rasch auch zu einem
Richtungs-wechsel kommen kann. BNP-Experte Glaser: „In Marktphasen erhöhter
Vo-latilität sollten Anleger die Hebelgröße anpassen, um die stärkeren Bewegung
im Basiswert auszugleichen."
Und dann gibt es bei Turbozertifikaten noch eine Eigenheit:
Je weiter etwa ein Long-Zertifikat nach oben klettert, desto mehr schwächt sich
der Hebel ab. Das lässt sich anhand einer simplen Formel verdeutlichen: Der
Hebel be-rechnet sich aus dem Basispreis ¬zum Beispiel der Kurs einer Aktie aus
Deutschland - dividiert durch den Zer-tifikatepreis (mal dem
Bezugsverhält-nis). Der Zertifikatepreis steigt auf-grund der Hebelwirkung aber
überpro-portional schneller als der Basispreis, wenn die Märkte in die richtige
Rich-tung verlaufen. Somit schrumpft die gesamte Gleichung, sprich: der Hebel.
INVESTIEREN OHNE BARRIEREN
Etwas kniffliger ist der Verlauf von Faktorzertifikaten. Auf
den ersten Moment klingen sie gegenüber Tur-bozertifikate verlockender, da sich
der Hebel - der in diesem Fall als Faktor bezeichnet wird - nicht verändert. Es
gibt auch einen weiteren Unterschied, auf den Arbter verweist: „Ein Faktor-
Zertifikat ermöglicht eine gehebelte Partizipation an der
Wertentwicklung des zugrunde liegenden Basiswerts ohne
Knock-out-Schwelle."
Was aber nicht bedeutet, dass diese Produktkategorie keine
Tücken hat. Bei Faktor-Zertifikaten wird die tägliche prozentuale Veränderung
des zugrunde liegenden Marktes herangezogen und mit dem Faktor multipliziert.
Genau diese Eigenschaft kann zum Beispiel in Zeiten, in denen der Markt längere
Zeit in die falsche Richtung läuft, unvorteil-hafte Auswirkungen haben.
Anhand eines konkreten Rechenbei-spiels lässt sich dies ein
wenig verdeut-lichen: Setzt man etwa auf ein DAX Long Zertifikat mit einem
Faktor von zwei, bildet das Zertifikat die zweifa¬che tägliche prozentuale
Bewegung des DAX ab. Steigt der DAX an einem guten Tag um zwei Prozent, zum
Beispiel von 9500 auf 9690 Punkte, würde ein Ein¬satz von 100 Euro in das
Zertifikat auf 104 Euro ansteigen (vier Prozent also). Fällt nun der Index am
nächsten Tag wieder auf die 9500, ist unterm Strich quasi „nichts
passiert".
Mit dem Zertifikat wäre man hinge¬gen leicht im Minus. Denn
prozentual wäre der DAX um 1,96 Prozent gesun¬ken. Bei einem Faktor von zwei
müss¬ten 3,92 Prozent von den 104 Euro abgezogen werden. Und schon liegt man
leicht unter den eingesetzten 100 Euro. Je länger solche Zick-Zack-Phasen
anhalten, desto mehr wird man ein Stückchen mehr Geld verlie¬ren. Solange man
also die einzelnen Tücken genauso wie die Chancen im Auge behält, haben
Faktorzertifikate durchaus ihre Berechtigung.
SEITWÄRTS MIT RENDITEN
Und dann gibt es noch eine weitere Form einer Wette -
nämlich jene, dass sich die Märkte seitwärts bewegen. Auch damit kann man Geld
verdienen, und zwar anhand sogenannter Inline-Optionsscheine, wie sie
beispielsweise die Commerzbank sowie die Sociht
G&I&ale anbieten. Der Clou: Solange festgelegte
Barrieren nach unten und zugleich auch nach oben nicht berührt werden, erhalten
Anleger zum Laufzeit-ende zehn Euro je Schein.
Wird hingegen eine der Barrieren be-rührt, verliert man
seinen Einsatz. Gehebelt wird bei „Inliners" dabei indi¬rekt. Denn, je
enger die Barrieren ein¬gezogen sind, desto günstiger ist der Schein, da auch
die Wahrscheinlich¬keit steigt, dass die Barrieren berührt werden. Passiert bis
zum Laufzeitende nichts, kann man mit geringem Einsatz zu zehn Euro je Schein
gelangen. Je weiter die Barrieren auseinander klaf¬fen, desto teurer ist der
Schein, womit auch die Differenz zu den zehn Euro sinkt. Das spiegelt sich eben
in einem kleineren Hebel wider.
Allein, schon aufgrund dessen, dass die Konstruktion und somit
die Er-wartung bei dieser Produktkategorie ein wenig anders ist, unterscheidet
sich auch der typische Anleger ein we¬nig von den zwei vorherigen
Zertifi¬kate-Arten. Zertifikate-Expertin Alana Maue von der Societe
G&-i6rale: „Inli-ne-Optionsscheine eignen sich zur Di-versifizierung des
eigenen Portfolios und weisen eine einfache Funktions-weise auf. Deshalb
greifen nicht nur Trader auf diese Produkte zurück." Letztendlich müssen
Anleger freilich selbst entscheiden, wie viel Risiko sie sich zutrauen möchten.
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