Mittwoch, 30. September 2015

Gewinne mit Zertifikaten


Gewinne mit Zertifikaten

Author D.Selzer-McKenzie

Video: https://youtu.be/8ffLIvYa10g

Wer sich das Risiko zutraut, kann mit Zertifikaten durchaus hohe Wetten eingehen, vorausgesetzt, man hat eine klare Marktmeinung — und gute Nerven.

Das hat freilich schon etwas Verlockendes an sich, der Ge¬danke, mit einem Zertifikat gleich einen fünf- oder vielleicht sogar zehnfachen Gewinn zu lukrieren. Ein¬zig, dafür sollte man aber eine klare Marktmeinung haben. Denn viel Spiel¬raum gibt es bei gehebelten Produkten schließlich nicht, je nach Risikostufe. Allein, Anleger, die nicht bloß 1:1 auf einzelne Märkte setzen oder eine regel¬mäßige Kuponzahlung lukrieren wol¬len, können sich durchaus in gehebelte Wetten mit Zertifikate trauen - sie fal¬len unter die Kategorie der Hebelpro¬dukte (in der Ausgabe 2/2015 finden Sie im Gegensatz dazu den Beitrag „Die Meinungsmacher", Zertifikate für Ein¬steiger).

Dabei umfasst Heike Arl;ter, Leiterin Strukturierte Produkte der RCB (Raiff-eisen Centrobank), den typischen Ein-satz: „Hebelprodukte werden in turbu-lenten Zeiten vermehrt gehandelt. Der Anleger nutzt gezielt volatile Phasen im Markt, um mit gehebelten Produk-

 

ten exponentiell an den Marktbewe-gungen zu partizipieren." Auch wenn grundsätzlich auf beide Richtungen ge-setzt werden kann, „überwiegen meis-tens die Long-Produkte, also jene, mit denen man auf steigende Kurse setzt", resümiert Arbter, fügt dabei noch hin-zu: „Wer mit Hebel handelt, ist eher tra-dingorientiert und möchte kurzfristige Marktbewegungen ausnützen. Vielfach wird auch die Charttechnik in der Anla-geentscheidung berücksichtigt."

RISIKEN NICHT UNTERSCHÄTZEN Zum „Hebeln" gibt es dabei grundsätz¬lich zwei gängige Möglichkeiten - sie sind beide nicht ohne Risiken. Allein, eine der ältesten Produktarten sind Turbozertifikate - oft auch Minifu-tures genannt. Anleger müssen bei einem entsprechenden Investment bereit sein, im schlimmsten Fall ei¬nen Totalverlust zu verkraften. Nicht ohne Grund mahnt Christian Glaser, Produktmanager bei der BNP Paribas, deshalb: „Insbesondere Einsteiger grei¬fen oftmals zu schnell zu den großen

 

Hebeln und unterschätzen deren Wir-kung. Es empfiehlt sich stets mit mo-deraten, eher einstelligen Hebeln zu beginnen."

Grundsätzlich profitieren Anleger von der zugrunde liegenden Strategie - bei-spielsweise von der Entwicklung des DAX -, eben mit einem Hebel. Dieser gibt an, um wie viel kräftiger sich der Kurs des Zertifikats im Vergleich zum Basiswert bewegt, und zwar nach oben, aber auch nach unten, wenn man auf fallende Kurse setzt. Je größer der He¬bel ist, desto mehr profitiert man frei¬lich, wenn die Richtung stimmt. Liegt man allerdings falsch und die Entwick¬lung läuft kräftig in die entgegengesetz¬te Richtung, droht ein Totalverlust des eingesetzten Geldes. Und zwar dann, wenn dabei auch noch die festgelegte Barriere berührt wird.

CHANCEN, ABER NICHT RISIKOLOS Dabei gilt: Je höher der gewählte He¬bel ist, desto größer sind nicht nur die Gewinnchancen, sondern auch die Ge- fahr, dass man rasch einen Totalverlust erleidet. Dann nämlich ist auch der Ab-stand zur Barriere sehr klein. Das sollte man vor allem bei sehr schwankungs-freudigen Märkten beachten, bei de¬nen es rasch auch zu einem Richtungs-wechsel kommen kann. BNP-Experte Glaser: „In Marktphasen erhöhter Vo-latilität sollten Anleger die Hebelgröße anpassen, um die stärkeren Bewegung im Basiswert auszugleichen."

Und dann gibt es bei Turbozertifikaten noch eine Eigenheit: Je weiter etwa ein Long-Zertifikat nach oben klettert, desto mehr schwächt sich der Hebel ab. Das lässt sich anhand einer simplen Formel verdeutlichen: Der Hebel be-rechnet sich aus dem Basispreis ¬zum Beispiel der Kurs einer Aktie aus Deutschland - dividiert durch den Zer-tifikatepreis (mal dem Bezugsverhält-nis). Der Zertifikatepreis steigt auf-grund der Hebelwirkung aber überpro-portional schneller als der Basispreis, wenn die Märkte in die richtige Rich-tung verlaufen. Somit schrumpft die gesamte Gleichung, sprich: der Hebel.

INVESTIEREN OHNE BARRIEREN

Etwas kniffliger ist der Verlauf von Faktorzertifikaten. Auf den ersten Moment klingen sie gegenüber Tur-bozertifikate verlockender, da sich der Hebel - der in diesem Fall als Faktor bezeichnet wird - nicht verändert. Es gibt auch einen weiteren Unterschied, auf den Arbter verweist: „Ein Faktor-

 

Zertifikat ermöglicht eine gehebelte Partizipation an der Wertentwicklung des zugrunde liegenden Basiswerts ohne Knock-out-Schwelle."

Was aber nicht bedeutet, dass diese Produktkategorie keine Tücken hat. Bei Faktor-Zertifikaten wird die tägliche prozentuale Veränderung des zugrunde liegenden Marktes herangezogen und mit dem Faktor multipliziert. Genau diese Eigenschaft kann zum Beispiel in Zeiten, in denen der Markt längere Zeit in die falsche Richtung läuft, unvorteil-hafte Auswirkungen haben.

Anhand eines konkreten Rechenbei-spiels lässt sich dies ein wenig verdeut-lichen: Setzt man etwa auf ein DAX Long Zertifikat mit einem Faktor von zwei, bildet das Zertifikat die zweifa¬che tägliche prozentuale Bewegung des DAX ab. Steigt der DAX an einem guten Tag um zwei Prozent, zum Beispiel von 9500 auf 9690 Punkte, würde ein Ein¬satz von 100 Euro in das Zertifikat auf 104 Euro ansteigen (vier Prozent also). Fällt nun der Index am nächsten Tag wieder auf die 9500, ist unterm Strich quasi „nichts passiert".

Mit dem Zertifikat wäre man hinge¬gen leicht im Minus. Denn prozentual wäre der DAX um 1,96 Prozent gesun¬ken. Bei einem Faktor von zwei müss¬ten 3,92 Prozent von den 104 Euro abgezogen werden. Und schon liegt man leicht unter den eingesetzten 100 Euro. Je länger solche Zick-Zack-Phasen anhalten, desto mehr wird man ein Stückchen mehr Geld verlie¬ren. Solange man also die einzelnen Tücken genauso wie die Chancen im Auge behält, haben Faktorzertifikate durchaus ihre Berechtigung.

SEITWÄRTS MIT RENDITEN

Und dann gibt es noch eine weitere Form einer Wette - nämlich jene, dass sich die Märkte seitwärts bewegen. Auch damit kann man Geld verdienen, und zwar anhand sogenannter Inline-Optionsscheine, wie sie beispielsweise die Commerzbank sowie die Sociht

 

G&I&ale anbieten. Der Clou: Solange festgelegte Barrieren nach unten und zugleich auch nach oben nicht berührt werden, erhalten Anleger zum Laufzeit-ende zehn Euro je Schein.

Wird hingegen eine der Barrieren be-rührt, verliert man seinen Einsatz. Gehebelt wird bei „Inliners" dabei indi¬rekt. Denn, je enger die Barrieren ein¬gezogen sind, desto günstiger ist der Schein, da auch die Wahrscheinlich¬keit steigt, dass die Barrieren berührt werden. Passiert bis zum Laufzeitende nichts, kann man mit geringem Einsatz zu zehn Euro je Schein gelangen. Je weiter die Barrieren auseinander klaf¬fen, desto teurer ist der Schein, womit auch die Differenz zu den zehn Euro sinkt. Das spiegelt sich eben in einem kleineren Hebel wider.

Allein, schon aufgrund dessen, dass die Konstruktion und somit die Er-wartung bei dieser Produktkategorie ein wenig anders ist, unterscheidet sich auch der typische Anleger ein we¬nig von den zwei vorherigen Zertifi¬kate-Arten. Zertifikate-Expertin Alana Maue von der Societe G&-i6rale: „Inli-ne-Optionsscheine eignen sich zur Di-versifizierung des eigenen Portfolios und weisen eine einfache Funktions-weise auf. Deshalb greifen nicht nur Trader auf diese Produkte zurück." Letztendlich müssen Anleger freilich selbst entscheiden, wie viel Risiko sie sich zutrauen möchten.

 

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