Mittwoch, 2. September 2015

Schnurlose Elektrogeräte


Schnurlose Elektrogeräte

Author D.Selzer-McKenzie

Video: http://youtu.be/VJteDkANi6U

Wir umgeben uns mit immer mehr schnurlosen

Geräten. Was uns das bringt? Reichlich Elektrosmog, warnen Experten. Doch das eigene Zuhause lässt sich auch weitgehend unverstrahlt genießen - selbst wenn auf dem Dach nebenan ein Funkmast steht.

Die rau von mixtwer .h. war für viele ein Rätsel. Für seine Frau, für sei¬nen Chef und für seine Ärzte sowieso. Ein paar Monate lang tingelte er von einem Arzt zum nächsten, aber kei¬ner konnte ihm helfen. Woher die boh¬renden Kopfschmerzen kamen, die sich zu richtigen Migräneanfällen auswuch¬sen, und die Schlaf- und Konzentrations-störungen, das fanden sie selbst nach vie¬len Untersuchungen nicht heraus. Auch der Kernspintomograph brachte sie nicht weiter. Vor ein paar Monaten noch war Rüdiger F. ein kräftiger und robus¬ter 5o Jahre alter Mann, der sich selbst als „kemdlgesund" beschrieben hätte, wie man in Bayern sagt. Nun war er nah an der Depression. Bis ihm eine Bekann¬te einen Floh ins Ohr setzte und er sein Haus auf Elektrosmog untersuchen ließ.

Er hielt das anfangs für Quatsch: Er wohnt im bayerischen Seenland, schon seit 3o Jahren. Die nächste Stromtrasse ist fern, und Mobilfunkmasten sind weit und breit nicht zu sehen. Wo soll da der Smog herkommen? Außerdem spürte sei¬ne Frau ja nichts. Heute ist er ein neuer Mensch, oder besser gesagt: wieder ganz der Alte. Denn er griff nach diesem letz¬ten Strohhalm und beauftragte einen Baubiologen. Der kam, maß und fand eine ungewöhnliche Strahlungsquelle ¬den neuen W-Lan-Router im Heimbü¬ro. Daraufhin schickte er Rüdiger F. so-fort in den Elektromarkt, um das Gerät wegzubringen und das alte Schnurlostele-fon gegen ein neues Telefon auszutau¬schen. Bei der zweiten Messung war er zufrieden. Seitdem schläft der Vertriebs¬mitarbeiter wieder durch, und auch die Kopfschmerzen sind weg.

Geschichten wie diese können Mitar-beiter in Elektrosmog-Beratungsstellen und Baubiologen zuhauf erzählen. Und es werden immer mehr. Zwar ist es so gut wie unmöglich, zu belegen, dass die plötzliche Beschwerdefreiheit wirklich mit den Elektrogeräten zu tun hat. Schließlich wissen wir alle, welche Wir-kung der Placebo-Effekt haben kann, also der reine Glaube, man habe eine Me¬dizin verabreicht bekommen, obwohl es nur eine Pille aus Traubenzucker war. Zudem räumen Mediziner und For¬schungsinstitute wie das Umweltinstitut München ein: „Die konkreten gesund¬heitlichen Auswirkungen von Elektro¬smog sind in der Wissenschaft heftig um¬stritten."

Das ändert aber nichts daran, dass in¬zwischen ein Drittel der Bevölkerung hierzulande in Umfragen sagt, dass es das Thema Elektrosmog beunruhigend findet und die zunehmende Strahlenbe-lastung durch Mobilfunkantennen, Strommasten und kabellose Funknetze skeptisch sieht. Immerhin warnt die Weltgesundheitsorganisation WHO da-vor, Handystrahlung könne möglicher-weise krebserregend sein. Gerade weil bisher noch nichts klar bewiesen ist, be¬schäftigen sich unzählige ernsthafte For¬scher und Mediziner hierzulande mit dem Thema. Und fast alle von ihnen war¬nen davor, dass eine größere Menge an Strahlung negativ auf den Menschen wirkt. Peter Pauli, Professor für Mikro-wellentechnik an der Bundeswehruniver¬sität München, etwa findet den Verdacht nicht unbegründet, dass Elektrosmog ge¬sundheitliche Probleme verursacht wie Kopfschmerzen, Herz-Rhythmus-Stö-rungen, Konzentrationsschwäche und Bluthochdruck.

Viele amtliche Stellen sehen das offen¬bar ebenso. Einige Landesämter für Um¬weltschutz informieren mit Internetsei-ten und Broschüren darüber, wie sich Pri¬vatleute in ihrem Zuhause und im Büro

 

vor zu großer Strahlung schütz nen. Für Schulen gilt in einigen ländern gar die Anweisung, NIG masten seien von ihnen fernz und auch auf W-Lan-Netzwerke sie möglichst verzichten und ihr puter lieber verkabeln. Kons Schätzungen sagen, sechs bis ac zent der Deutschen könnten elekt bel sein, sie leiden also wie Rüc stärker unter den unsichtbaren S als andere. Das wären fünf bis sec honen Bundesbürger. Manche gel von aus, dass sogar ein Drittel der kerung körperlich darauf reagiert.

Im Vergleich zu anderen Lände] men es aber die Deutschen m Grenzwerten der Strahlung nic streng. Bei uns ist etwa das Zeh dessen erlaubt, was die Schweiz als Strah-lenhöchstwert vorgibt. Dort nimmt man das Thema Elektrosmog sehr ernst Eine Reihe von Instituten kümmert sich dar¬um, Kantone lassen es sich viel Geld kos¬ten, die Räume von Staatsbediensteten gegen Strahlung abzuschirmen. Und ei¬ner der größten Immobilienentwickler des Landes, die Mobimo, achtet schon bei der Projektentwicklung auf die E-Smog-Belastung und rüstet bestehen¬de Büro- und Geschäftshäuser großflä¬chig um. Hierzulande muss man Neubau¬ten, die möglichst strahlenfrei sind, noch mit der Lupe suchen.

Zumindest für Immobilienbesitzer ist die Strahlenbelastung längst ein Thema, wenn sie ihre eigenen vier Wände verkau¬fen oder vermieten wollen. Das erfahren viele Großstädter, von deren Wohnun¬gen aus man Mobilfunkantennen auf dem Nachbarhaus sieht. Mit mindestens zehn Prozent, wenn nicht gar 3o Prozent Wertminderung müssten Hausbesitzer rechnen, wenn sie direkt neben der An¬tenne wohnen, sagen viele Gutachter und Sachverständige. Selbst der Bundes-gerichtshof erkannte in einem Urteil schon an, dass ein Sendemast den Wert des Eigentums erheblich schmälert. „Im Extremfall kann so ein Haus sogar unver-mittelbar sein", sagt Makler Ralf Schmitt aus Krefeld. Das dürfte allerdings die Ausnahme sein.

Oft kann man aber schon mit kleinen Mitteln etwas gegen die hohe Strahlenbe-lastung tun, auch wenn sie vom Nachbar-haus kommt, sagt Dieter Kugler. Er hat als Elektrosmog-Experte und geobiologi¬scher Berater aus Bad Heilbrunn schon Tausende Wohnungen getestet. „Das größte Problem ist aber oft nicht der Mo-bilfunkmast nebenan, sondern es sind die W-Lan-Netzwerke der Bewohner selbst", weiß er nach vielen Jahren der Messung, „die wirken noch viel schlim¬mer und stehen unmittelbar in den Woh¬nungen." Der hausgemachte Elektro¬smog ist wegen der größeren Wellenlän¬ge noch viel stärker als das, was an kurz¬welliger Mobilfunkstrahlung durch Wän¬de, Fenster oder Dach von außen ins Haus eindringt, bestätigen auch andere Strahlungsexperten. Und sämtliche Smartphones, Laptops und Tablets, die permanent Verbindung zu den Routern suchen, verstärken das noch.

Der erste Tipp, den Kugler daher sei¬nen Klienten gibt, ist: abschalten! „Man muss nicht gleich auf Kabel umsteigen und aufs W-Lan verzichten, aber man sollte sich angewöhnen, den Router nur anzustellen, wenn man das Internet wirk¬lich braucht. Einen Herd lassen Sie doch auch nicht den ganzen Tag laufen, nur weil Sie morgens Kaffee und abends Nu¬deln kochen." Erlässt sich mit einer Zeit-schaltuhr oder einer Steckerleiste mit Ausknipsschalter ans Stromnetz hängen, damit er wenigstens nachts abschaltet und nicht noch in den Schlaf hinein¬funkt. Auch Smartphones sollten nachts in den Flugmodus versetzt werden. „Und telefonieren Sie mit dem Handy möglichst nicht im Haus. tiers bringt eine wahnsinnig hohe Leistung auf den Kopf", warnt Kugler. Vor allem wenn man in einem Haus lebt, das durch dicke Wände gut abgeschirmt ist. Dann strahlt das Handy umso mehr, um dennoch den Kontakt zur Außenwelt zu halten. Zu¬mindest sollte man damit ans Fenster ge¬hen oder auf den Balkon.

Möglichst alle elektrischen Geräte sollten rigoros aus dem Schlafzimmer verbannt werden. Vor allem Radiowe¬cker, die wirken wie Hochspannungslei¬tungen direkt am Kopfkissen, warnen Baubiologen. Der nächste Blick gilt dem Festnetztelefon: Wenn Kabeltelefone keine Alternative sind, dann sollten es zumindest neuere Schnurlosgeräte sein, die einen Eco-Modus haben. Denn älte¬re DECT-Geräte senden ständig Wel¬len aus, je weiter sie von der Basis ent¬fernt sind, desto stärker. Neuere verste¬hen, wenn sie nicht gebraucht werden, und fallen dann in einen Ruhemodus. So weit kostet das nicht mehr als wo bis 150 Euro.

Wer mehr Geld in die Hand nehmen will, der kann seine Elektroleitungen in den Wänden umrüsten, denn auch die wirken als Verstärker für Strahlen von außen. Elektriker bauen dazu Netzfrei-schalter für Lampen und Elektroleitun¬gen ein, mit denen man die Leitung qua¬si vorübergehend vom Stromnetz kap¬pen kann. Oder man bestreicht seine Wände mit abschirmender Wandfarbe (gibt es, auch für außen), klebt spezielle Tapeten mit Metallfäden, verwendet Spezialspachtel oder lässt Drahtnetze in

 

den Putz einarbeiten. Vorsicht, es gibt auch unzählige Schrottprodukte, die nichts ewirken. Deshalb besonders Letzzz-n-s unbedingt einen Facinnittin machen lassen. Man kann dadurch näm¬lich auch eine punktuelle Strahlung, die es an jeder Steckdose gibt, erst richtig gleichmäßig im Raum verteilen. Für Fenster, die besonders viel Strahlung von außen durchlassen, gibt es durch¬sichtige Folie. Außerdem wirkt Wärme-

schutzverglasung als ideales Mittel zur Abschirmung. Wegen der metallischen Zwischenschicht, die auf das Glas aufge¬dampft ist, schirmt sie über 99 Prozent der Mikrowellenstrahlung ab.

Mit all solchen Mitteln kann der Um¬bau schon ein paar tausend Euro kosten und bei einem Neubau rund ein bis zwei Prozent der Bausumme betragen. Da¬mit aber lässt sich ein Haus zu weit mehr als 9999 Prozent von Strahlung befreien. Die Baustoffe und die Dicke der Wände tun ein Übriges. Gute W-Lan-Strahlen-Abfänger sind Beton, Kiefernholz und Sandstein. Allerdings sollte man sich vorher gut überlegen, ob man es tatsächlich in der total strahlenlo¬sen  Oase aushält, in der garantiert kein Handy funktioniert. Oder in der das Mo-biltelefon bei minimalem Empfang so stark strahlen muss, dass es bei jedem Anruf das Hirn auf Saunatemperatur bringt. Manche zahlen für solche Woh¬nungen horrende Aufschläge, für andere ist es schon der Horror, wenn sie im voll¬verglasten Büro keinen Netzempfang ha¬ben. Man kann es ja erst mal wie Rüdi¬ger F. versuchen: den Computer wieder verkabeln oder den W-Lan-Router nachts abklemmen.

 

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