Mittwoch, 2. September 2015

Wohin entwickelt sich die Fotographie?


Wohin entwickelt sich die Fotographie?

Author D.Selzer-McKenzie

Video: http://youtu.be/EV-ECYT1o3g

Immer mehr Bilder, aber immer weniger verkaufte Kameras.

Das bereitet der Fotoindustrie Sorgen. -Wie wehrt sie sich am

besten gegen die Konkurrenz der smarten Mobilgeräte, die

Bilder machen können

beiden Nachrichten schlu¬gen fast gleichzeitig auf: Gera-. de schaffte es der Streaming-Dienst Spotify bis in die Radio¬nachrichten mit der Mitteilung, dass er sich auf dem -Wege einer Änderung sei¬ner Nutzungsbedingungen als Datenkra¬ke neu erfinde. Da hatte der in Frankfurt ansässige deutsche Photoindustrie-Ver¬band am schicken Düsseldorfer Hafen einer Handvoll Fachjournalisten bereits erläutert, wie er die Zukunft des „Ima-ging" sehe.

Das klang in einer Erklärung des Vor¬standsvorsitzenden Rainer Führes unter der Überschrift „Die Rückkehr der Bil¬der-Hoheit" im Auszug so: „Wir gehen davon aus, dass in Zukunft nicht nur die technischen Aufnahmedaten von Bildern, die sogenannten Exif-Dateien, gespei¬chert werden, sondern dass auf Kommu¬nikationsplattformen wie Facebook, Ins-tagram oder Google relevante Bildinhalte erkannt und analysiert werden können. Dadurch wird es möglich sein, Profile über die Autoren der Bilder zu erstellen, Vorlieben zu identifizieren, Vernetzun-gen mit anderen Personen zu erkennen und dadurch letztlich Konsum- und Ver¬haltensmuster zu definieren - ähnlich wie sie Plattformen wie Paypal über das Kauf¬verhalten der Menschen anlegen. Dies be¬deutet: Wer die Hoheit über die Bilder ¬und damit deren Daten - hat, der verfügt über ein enormes Wertschöpfungspoten-tial. Wir sind davon überzeugt, dass die Imagingbranche wesentliche Teile der Bil¬der-Hoheit zurückerlangen wird, da sie über die notwendigen Ideen, Technolo¬gien und Erfahrungen verfügt, um den Konsumenten attraktive Bildservices an¬zubieten und um die Bilddaten qualifi¬ziert zu analysieren." Hallo, willkommen im Club der Datenkraken?

Einige kurze Erläuterungen: Der Pho¬toindustrie-Verband ist ein eingetragener Verein mit etwa fünfzig Mitgliedern. Ver¬treten sind nicht nur die in dieser Zahl kaum mehr existierende deutsche fotogra¬fische Industrie, sondern ebenso die den Markt dominierenden fernöstlichen Her¬steller sowie einheimische Zubehöranbie¬ter und Dienstleister. Der Photoindus¬trie-Verband ist Träger der in Köln nächs¬tes Jahr wieder stattfindenden Messe Pho-tokina, die beansprucht, für die ganze Welt die Leitmesse der Branche zu sein, die sich auch auf Deutsch mit dem Be¬griff Imaging schmückt. Der im Mai ge-wählte Vorstandsvorsitzende des Photoin-dustrieLVerbands Rainer Führes ist im Hauptberuf seit Jahresbeginn Geschäfts¬führer von Canon Deutschland. Canon ist bei Kameras mit -Wechselobjektiven seit elf Jahren Marktführer.

Obwohl noch nie so viele Fotos von so vielen Menschen gemacht und in der Weltgeschichte herumgereicht wurden wie heute, sieht sich vor allem die klassi¬sche, die Kameras und Objektive bauen¬de Fotoindustrie sinkenden Zahlen gegen¬über. Am graviereruken ist das bei den Allerweltskameras der Kompaktklasse, aus der sich manche Hersteller bereits so gut wie vollständig zurückgezogen haben: 2010 wurden noch ro8 Millionen Kameras ohne Wechseloptik gebaut, 2014 waren es nur noch 29 Millionen, ein Rückgang um 73 Prozent. Bei Spiegelreflexkameras (DSLR) und spiegellosen Systemkameras (DSLM) lag der Peak mit 21 Millionen produzierter Gehäuse im Jahr 2012, aber im vergangenen Jahr sank die Zahl auf 13 Millionen Einheiten. Nimmt man alle Ka¬meras zusammen, dann betrug allein der Rückgang der Produktion von 2013 zu 2014 31 Prozent. Bei den DSLM blieb der Absatz mit vier Millionen Einheiten im gleichen Zeitraum konstant und ist gegen¬über den vier Millionen im Jahr 2012 nur leicht gesunken. Allerdings bleibt er sehr weit hinter den noch 2012 gemachten Pro¬gnosen zurück, die für 2014 dreizehn Mil¬lionen verkaufte DSLM erwartet hatten. Um knapp ein Viertel gingen im vergan¬genen Jahr die Verkäufe von Spiegelreflex¬kameras zurück. Es ist nur logisch, dass auch Produktion und Absatz von Wechsel-objektiven rückläufig sind.

Angesichts dieser im Mai von der Zeit¬schrift „Fotomagazin" veröffentlichten Zahlen gibt es eine klare Schuldzuwei¬sung und überwiegend eher unoriginell ausfallende Rezepte dafür, die Richtung der Entwicklung umzukehren. Schließ-lich sind vor allem die Hersteller der Hardware nicht etwa müßig, sondern bringen in immer kürzeren Abständen

Die Typenbezeichnungen der OM-D-Serie von Olympus werden immer

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immer raffiniertere optische Digitaltecr nik auf den Markt. Die soll beispielsweis mit zeitlich befristeten Rabattaktion wie den Cashback-Kampagnen dem Käs fer aufgenötigt werden. Und Schuld der ganzen Misere soll das Smartphon als allgegenwärtiger Kameraersatz sein Es war sicher eher ein ironischer Akzen aber eben nicht nur dies, dass Canon-M nager Führes während der erwähnten Ve: anstaltung die Runde der Journaliste mit der Panoramafunktion seines Smar phones ablichtete. Er dagegen wurde n türlich mit ausgewachsenen Digitaltram ras fotografiert, bekannte aber frennüti, dass er das Breitwand-Knipsen mit der Smartphone einfach möge - auch wen die Bildqualität eher bescheiden sei.

Diese Überlegenheit dezidierter Kr meras, die heute längst nicht mehr s groß ist wie zu der Zeit, als das Smart phone aufkam, ist ein weiterer Ansatz punkt

Entwicklung einerseits den sich rasch etablie-renden und ebenso rasch wechselnden Moden der iGeneration hinterher und versucht andererseits durch stetiges Kom-plexerwerden der Geräte den Abstand zum Smartphone in etwa gleich zu hal-ten. Wohin genau der Photoindustrie-Ver-band bei der für 2016 angekündigten Neu-ausrichtung der Photokina will, sagte Füh-res leider nicht. Es blieb ebenso unklar, welche neuen Dienste, abgesehen von si-cheren Cloud-Speichern und dem - bei Profis längst üblichen - Verleih von teu-rem Equipment auch an Hobbyfotogra-fen unter der Überschrift „Sharing Eco-nomy", das beschworene „Imaging-Öko-system" bilden könnten.

Olaf Kreuter leitet bei Olympus das Consumer Marketing in der D-A-CH-Re-gion. Auch er sieht wie Canon-Manager Führes die Industrie in der Pflicht, sich zu bewegen: Sie soll die kreative Fotogra-fie erlebbar machen. Und so bemüht sich Olympus schon seit mehreren Jahren zu vermitteln, dass Fotografieren etwas ganz anderes ist als das schnelle Bildermachen und -verbreiten mit dem Handy. Neben Workshops, Schulungen in Zusammen-hang mit dem Handel, Internetforen und leibhaftigen Begegnungen mit Benutzern sind ein wesentliches Instrument die in ' Metropolen als „Photography Play-ground" veranstalteten interaktiven Kunstausstellungen. Mit diesen Events hat Olympus im vergangenen Jahr über izo 000 überwiegend jüngere Menschen in Städten wie Hamburg, Berlin, Amster-dam und Zürich erreicht.

Der

Eintritt ist frei. Die Besucher bekommen

für die Dauer des Ausstellungsbesuchs

eine Kamera geliehen, natürlich eine von

— Olympus, und zwar eine bessere, und sie

Inehmen anschließend die Speicherkarte mit ihren Bildern mit nach Hause. An den einzelnen Stationen gibt ein Team — Hilfestellung, erklärt die Kamerabedie-

nung und macht Vorschläge, welche Funktionen der Kamera man bei dem je-weiligen Kunstobjekt ausprobieren sollte. Jeder Playground hat seine eigene The-

' matik und jeweils neue Installationen.

Gerade hat mitten in München (im Mixed Munich Arts, Katharina-von-Bora-Straße 8a) eine solche fotografische Spielwiese eröffnet. Vor der Vernissage präsentiert Olympus noch flink der Fach-presse eine neue Kamera (siehe nebenan) unter dem Siegel der Verschwiegenheit bis zum nächsten Morgen, und dann ist Party. Der Hauptunterschied zu einer an¬deren Vernissage ist der, dass die Handy-knipser in der absoluten Minderheit sind.

„Es geht uns darum, die Besucher et¬was Schönes mit unseren Kameras erle¬ben zu lassen", sagt Olaf Kreuter. „Sie sollen kennenlernen, wie es sich anfühlt, wenn sie wirklich tolle Fotos machen können. Sie begreifen dann schnell, dass mit einer kreativen Ansprüchen genügen¬den Kamera komplett andere Ergebnis¬se als mit dem Handy erzielt werden. Dieses Erlebnis ist der sicherste Weg, sie zu überzeugen, dass Fotografieren et-was anderes ist als sein Smartphone hochhalten und abdrücken. Wer aber das erst einmal erlebt hat, der bekommt auch zu seinen Bildern ein völlig neues Verhältnis - Wertschätzung tritt an die Stelle der Beliebigkeit von schnell ge-schossenen, geposteten und ebenso schnell vergessenen Bildern."

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