Rätselraten über die US-Fed-Finanzpolitik
Author D.Selzer-McKenzie
Video: http://youtu.be/yIdzY5EKS7E
Rätselraten um Fed-Politik
Die Unsicherheit über das weitere Vorgehen der Fed bleibt
auch nach den jüngst robusten US-Daten hoch. Das wird das Aufwertungspotenzial
des US-Dollar gegenüber dem Euro vorerst begrenzen. Mittel- bis langfristig
dürfte der Euro/US-Dollar-Wechselkurs allerdings seinen Abwärtstrend wieder
aufnehmen.
US-Wirtschaft wächst wieder
Nach einem wetterbedingt schwachen Start ins Jahr wächst die
US-Wirtschaft wieder ordentlich. Insbe-sondere der private Verbrauch hat
deutlich zugelegt. Die steigenden Einkommen und die guten Aussichten für den
Arbeitsmarkt dürften den Konsum weiter beflügeln.
Entsprechend mehren sich wieder die Stimmen aus den Reihen
des Offenmarktausschusses der Fed (FOMC), die eine baldige Normalisierung der
Geld-politik unterstützen. Ihre große Hoffnung ist, dass sich die Erholung am
Arbeitsmarkt in schneller steigenden Löhnen und damit mittelfristig in einer
höheren Inflation niederschlägt.
Fed-Politik: Alles anders?
Angesichts der robusten Entwicklung am Arbeits-markt
erscheint eine erste Zinserhöhung der Fed im September sehr wahrscheinlich.
Doch der Markt ist
diesbezüglich noch sehr skeptisch, was erklärt, wes-wegen
sich die US-Dollar-Wechselkurse seit dem Frühjahr nur noch mehr oder weniger
seitwärts bewegen (siehe Grafik 1). Grund für die Skepsis ist, dass die Fed
recht deutlich gemacht hat, dass dieser Zinserhöhungszyklus anders sein wird
als in der Vergangenheit:
Vorsichtiger Zinserhöhungszyklus: Zum einen hat die
Vorsitzende des Federal Reserve Board Janet Yellen bereits mehrfach darauf
hingewiesen, dass nicht der Zeitpunkt der ersten Zinserhöhung ent-scheidend
sei, sondern die Geschwindigkeit der Zinserhöhungen insgesamt. So hat sie explizit
ei¬nen »graduellen« Zinserhöhungszyklus in Aussicht gestellt. Das heißt, die
Fed plant, ihren Leitzins weitaus weniger aggressiv zu erhöhen, als sie dies in
vergangenen Zyklen getan hat. Laut den aktuel¬len Projektionen des
Offenmarktausschusses der Fed (FOMC) rechnen die US-Notenbanker aktuell
mit einer Fed Funds Rate von etwa 1,625 Prozent Ende 2016
(siehe Grafik 2). Das entspricht in etwa fünf bis sechs Zinsschritten ä 25
Basispunkten von jetzt bis Ende 2016. Zum Vergleich: In ihrem letz¬ten Zinserhöhungszyklus
2004 bis 2006 hatte die Fed allein von Ende August 2004 bis Ende 2005 ihren
Leitzins in elf Schritten um insgesamt 275 Basispunkte erhöht — ein doppelt so
hohes Anhe-bungstempo.
hen wird. Das kann heißen, dass ein Zinsschritt in der
nächsten Sitzung unwahrscheinlich ist. Eine wahrscheinlichere Erklärung ist,
dass sie damit den datengetriebenen Charakter dieses Zyklus noch einmal
unterstreichen will. Die Äußerungen der meisten FOMC-Mitglieder deuten
zumindest eben-falls in diese Richtung. Denn sie haben grundsätz-lich ihre
Bereitschaft signalisiert, für eine Zins-erhöhung im September zu stimmen,
sollten die US-Daten bis dahin nicht enttäuschen.
Datengetriebene Zinserhöhungen: Zum
anderen haben die US-Notenbanker betont, dass der Zeit-punkt jeder Zinserhöhung
von der Entwicklung der US-Daten abhängen würde. Auch dies unterschei-det sich
von früheren Zinserhöhungszyklen, in welchen die Fed auf »mechanistische« Weise
(bei-spielsweise in jeder ihrer Sitzungen) ihre Zinsen erhöht hat, ihr Zinserhöhungspfad
also absehbar war. Darüber hinaus hatte sie bislang in ihren vor-hergehenden
Kommuniqus eine Zinserhöhung immer recht deutlich angekündigt. Nun hat die Fed
in ihrer jüngsten Sitzung im Juli keinerlei Hinweis geliefert, ob sie im
September ihren Leitzins erhö- Anhaltend
hohe Unsicherheit um Fed-Politik Da die Unsicherheit über das weitere Vorgehen
der Fed wohl vorerst noch hoch bleiben wird, sehen wir auf kurze Sicht nur
begrenztes Aufwertungspotenzial für den US-Dollar gegenüber dem Euro. So besteht
das Risiko, dass die noch kommenden US-Daten enttäuschen und das FOMC daher
beschließt. mit einer ersten Zinserhöhung zu warten. Die Tatsache, dass der
Markt trotz zuletzt robuster US-Daten einer Zinserhöhung im September eine
Wahrscheinlichkeit von nur etwas mehr als 50 Prozent zurechnet. zeigt den nach
wie vor hohen Grad der Unsicherheit.
Euro profitiert von guten Konjunktur- und Inflationsdaten
Der Euro neigt hingegen seit einiger Zeit zur Stärke. Dabei
profitiert er vor allem von der zuletzt recht positiven Entwicklung der
Konjunktur und Inflation im Euroraum. Rückenwind erhält die Wirtschaft vor
allem von den niedrigeren Rohölpreisen sowie dem schwachen Euro. Für den
Devisenmarkt dürfte sich die Frage, ob die EZB ihr Anleihenkaufprogramm noch einmal
ausweitet, somit vorerst nicht stellen.
Auf kurze Sicht wird der Euro/US-Dollar-Wechselkurs daher
wohl weiter seitwärts handeln. Auf mittlere bis lange Sicht wird der Euro
gegenüber dem US-Dollar unserer Ansicht nach allerdings weiterhin nachge¬ben.
Zum einen dürfte der Markt von der Geschwin¬digkeit der US-Zinserhöhungen
überrascht werden.
Dafür spricht vor allem die Entwicklung des
US-Ar-beitsmarkts, die die Fed zu einem rascheren Zinsan-hebungstempo bringen
dürfte, als der Markt gegen-wärtig erwartet. Zum anderen ist die
Wahrschein-lichkeit hoch, dass die EZB ihre Anleihenkäufe über September 2016
hinaus fortsetzt. Denn im Gegensatz zur EZB gehen unsere Volkswirte davon aus,
dass sich der unterliegende Preisauftrieb nicht nur 2015, sondern auch 2016 kaum
verstärken wird. Denn die Konjunkturerholung dürfte kaum ausreichen, um die
hohe Arbeitslosigkeit im Euroraum nennenswert zu senken und somit Lohndruck zu
erzeugen.
Eine Ausweitung des QE-Programms der EZB wird den Euro im
kommenden Jahr belasten. Der Euro/ US-Dollar-Wechselkurs sollte zum Ende des
kom-menden Jahres die Parität erreichen.
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