Grippe-Impfungen
Author D.Selzer-McKenzie
Video: https://youtu.be/btX3Io8s15s
Jedes Jahr kommt die Grippe. Und jedes
Jahr stellt sich die Frage, gegen welche
Stämme man impfen soll. Ein aktueller
Blick,nach Australien legt nahe: gegen
möglichst viele.
Die Grippe war schon im¬mer für unangenehme Überraschungen
gut. 1944 beispielsweise hatten die Amerikaner an ihrem ers¬ten Impfstoff nicht
lange Freude. Kaum waren drei Jahre ins Land gezogen, schien er seine
Wirksamkeit eingebüßt zu haben. Der Feind hatte sein Äußeres so sehr verwandelt,
dass er von der Im-munabwehr nicht mehr erkannt wurde. Das war noch nichts
gegen den Schreck, den das Influenzavirus der Welt 1957 ein¬jagte. Diesmal
hatte sich der Erreger noch stärker verändert und Merkmale chinesischer
Vogelgrippeviren angenom¬men. Ein bis zwei Millionen Menschen sollen der
Asiatischen Grippe damals zum Opfer gefallen sein. 1968 machte sich von
Hongkong aus ein ganz neuer Keim auf die Reise und raubte wieder¬um einer
geschätzten Million Menschen das Leben.
In diesem Jahr hat die Influenza nun die Australier auf dem
falschen Fuß er-wischt. Die hatten sich eigentlich wie je-des Jahr auf den
Besuch der üblichen In¬fluenza-A-Stämme und eines weiteren
Vi¬rus-Familienmitglieds, des Influenza-B-Erregers Yamagata, eingestellt.
Dies¬mal kam Yamagata allerdings in Beglei¬tung des Schwesterstamms BVictoria,
der nun ebenfalls auf dem fünften Konti¬nent unterwegs ist. Das bringt das
übli¬che Problem mit sich: Der Impfstoff ist kaum gegen den unerwarteten Gast
aktiv.
„Mismatch", Nichtübereinstimmung, nennen die
Immunologen solche Fehl-treffer. Die Deutschen durften erst im vergangenen
Winter ihre Erfahrungen damit machen. Die Notaufnahmen der Kliniken quollen
über, im besonders be¬troffenen Baden-Württemberg gab es zehnmal mehr gemeldete
Erkrankte und dreimal mehr Todesfälle als 2013, einem eher durchschnittlichen
Influenzajahr. Der harte Grippewinter hatte sich ange-In den kommenden Monaten
könnte Deutschland die australischen Probleme erben. Weil auch der hiesige
Impf¬stoff nicht auf B-Victoria einge¬stellt sei, hieß es in der Fachzei¬tung
Eurosurveillance, solle man sich hierzulande am besten schon jetzt auf ähnliche
Schwie¬rigkeiten einstellen.
Die Weltgemeinschaft ver¬sucht eigentlich alles, um ge-
nau solche Probleme zu ver¬meiden. In insgesamt ei
na¬tionalen Grippenzentren wer¬den rund ums Jahr die zirkulie¬renden
Grippestämme eingesam¬melt und nach genetischen Veränderun¬gen abgesucht. Sechs
sogenannte Colla-borating Center der Weltgesundheitsor¬ganisation WHO tragen
die Daten zu¬sammen und suchen nach wirksamen Impfstoffen gegen die gemeldeten
Vari-* anten. Zweimal im Jahr setzen sich die Fachleute in Genf zusammen und
be¬schließen, welche der Erreger wahr¬scheinlich im kommenden Jahr am meis¬ten
Ärger bereiten werden und welche Impfstoffe am aussichtsreichsten sind.
Im September tagt regelmäßig die Run-
de für die Südhalbkugel, im Februar die für die nördliche
Hälfte. Notwendig sei¬en diese frühen Vorausplanungen, sagt Wenqing Zhang, die
Sprecherin des Glo-
bal-Influenza-Programms der WHO, ti
weil die Herstellungsprozesse bei den Influenzaimpfstoffen
so lange dau¬ern. Ausgeliefert werden die neuen Mittel in Europa erst sechs bis
acht Monate später.
Kein Wunder, dass man im¬mer wieder danebenlangt. Zwi-
schen 1987 und 1997 waren nur
23 der 3o ausgewählten Impfdo¬sen ein Volltreffer. Nicht im-
mer liegen die Influenza-Pro¬pheten dabei so schief wie 1957
und 1968, als plötzlich ein ganz neues Virus auftauchte. Die Ab¬wehrzellen
erkennen den Grippe¬erreger an seinen Antigenen, den charakteristischen Dornen
auf sei¬ner Oberfläche, genauer gesagt an den Enzymen Hämagglutinin, kurz H,
und Neuraminidase, N. Insgesamt weiß man von 18 ver¬schiedenen H-Antigenen, die
be¬kannten Neuraminidase-Typen wer¬den mit den Zahlen 1 bis ft gekenn¬zeichnet.
Seit 1977 kreisen zwei verschiedene Influenza-A-Viren um den
Globus: H3Nz und HiN1. Ihr Vorgänger 1121N2 war bis 1968 ein Jahrzehnt allein
unter¬wegs. Aber auch diese alten BekanntenReicht trivalent
verändern ständig ihre Gestalt. "Die vira- es nicht doch b(
le Polymerase, mit deren Hilfe das Virus tetravalente Sto
sein Erbgut vermehrt, besitzt keine Feh lerkorrektur",
sagt Thorsten Wolff, der Leiter des Fachgebiets Influenzaviren am
Robert-Koch-Institut. Genetische Feh¬ler, heißt das, die bei der Vermehrung der
Viren auftreten, werden nicht repa¬riert. Saison für Saison sind deshalb Vi¬ren
mit leicht abgewandelten H- und N-Antigenen unterwegs. Erweist sich eine dieser
Varianten als besonders er¬folgreich beim Versteckspiel mit dem Im-munsystem,
hat die Welt es bald mit ei-nem Virus zu tun, der zwar bekannte H¬und N-Nummern
in seinem Namen trägt, dem aber der herkömmliche Impf¬stoff weniger anzuhaben
scheint. Des¬halb bessert die WHO jedes Jahr nach.
Neben abgetöteten HiNi- und H3N2 Viren oder ihren
Einzelteilen muss das Rezept für einen erfolgreichen Grippeimpfstoff aber noch
eine weitere Zutat enthalten. Denn auf der Erde sind neben den Influenza-A-
auch Influenza-B-Viren unterwegs. Anfangs maß man ih¬nen keine große Bedeutung
bei, denn hinter den globalen Pandemien steckte stets der A-Zweig der Familie
Inzwi¬schen weiß man aber, dass die B-Viren unterschätzt wurden. Zwar sind sie
im
Schnitt nur für ein Viertel der Fälle antwortlich, die
Infizierten werden : nicht weniger krank als Influenza-A-fer. Besonders häufig
handelt es sich Kinder. Und alle sieben Jahre gib eine Saison, wie die
Australier sie ge] erleben, bei denen sich mehr als Hälfte der Grippekranken
mit er B-Virus infiziert haben.
Den Problemkeim, der ihnen in sem Jahr zu schaffen macht,
haben Mediziner so richtig erst seit der Jahr sendwende auf dem Schirm. Damals
auf, dass auf einmal zwei verschie( B-Stämme gleichzeitig unterwegs wa Yamagata
und Victoria. Der Impf der WHO enthält zwar zwei Influe A-Stämme, aber nur eine
B-Kompoi te, also entweder Yamagata oder Victd Auch hier ist ein Mismatch
möglich, der passiert nicht selten: In den Verei ten Staaten, so berichten die
ameril schen Centers for Disease Control, mi te die WHO zwischen 2001 und 20]
der Hälfte der Fälle den fals( B-Stamm ins Serum. Vor drei Jahrer ein
Mitarbeiter der Gesundheitsbeh in der Zeitschrift Vaccine vorgerecl mehr als
ein Hinweis darauf, dass der Er- zu vermehren, das Erbgut zt reger auch in
Deutschland vor der Tür und sich eine neue Tarnung Kaum sinken in Europa oder
die Temperaturen, begibt er auf seine Weltreise, ohne gro mutieren. Im Frühjahr
stirb aus, um im Winter durch eint ger aus Fernost ersetzt zu v den vergangenen
zehn Jahre wir stets beobachten, dass en rus aus Südostasien sechs bis n te
später auch bei uns aufta der Virologe Colin Russell vc versität Cambridge.
Influenza-B-Stämme sir wandelbar. Ein für das tem
unbekannter Stam alle sechs bis sieben J ropa ein. Dort zirka gemeinsam mit de
ger. Inzwischen ist za B sogar zu dritt Zu Victoria und
Massachusetts ist genständiger Keim Phuket gekommen
Impfstoffsuche weit
pliziert. „All dieses '
ße sich für bessere V nutzen", sagt Russel nau weiß, wo
er sm glaubt der Forschen
Auswahl der Impfviru ten und damit auch d Fehlgriffe klein
halter
Noch bleibt die W rem System, alle glol melten Grippeerrege
maßen in ihre Vorhei fließen zu lassen. „U gnose muss weiter au
Daten und Viren aus a der Welt basieren, da gib
Zweifel", sagt die WHC Zhang. Aber langsam sollet Genf erste Zweifel
aufkomm Bedford: „Die WHO besch sehr intensiv mit unseren Stud
Es bleibt ihr wohl auch nicl übrig. Für eine Reform des In
spricht nicht nur der Fehlgriff gegangenen Grippesaison. der Kölner Physiker
Michael die New Yorker Biologin Ma] in Nature virtuell durchgespie erfolgreicheres
Influenzaseru von der WHO zusammengem sehen könnte. Ihr Computer errechnete
anhand des gentil fils der umherziehenden Stä der Erfahrungen der Vergange ches
Virus sich als das durchß higste und damit als geeigneter keim fürs kommende
Jahr erg, de. Ihre Vorhersagen schlug( Weltgesundheitsorganisation deutlich.
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