Erfolgs-Faktor Service
Author D.Selzer-McKenzie
Video: https://youtu.be/qyfmzBbk1s0
Der Mix aus geringen Investitionskosten, Konkurrenz aus den
Emerging Markets, „Marktstörungen” durch neue Technologien und Deflation zwingt
Technolo-gieunternehmen dazu, sich anzupassen. Eine Möglichkeit könnte der
Ausbau des Servicesegments sein. Dabei geht es nicht nur um Dienstleistungen
nach dem Kauf von Produkten, sondern vielmehr um den Trend, sich generell als
Service-unternehmen zu positionieren.
Dieser Trend wird durch einen höheren Grad an
Automatisierung, durch Daten, Software und Analysen gestützt. Alles zusammen
senkt die Kosten der angebo¬tenen Services. Doch welche Vorteile bie¬ten sich,
und welche Gefahren lauern für Kunden und Anbieter? Und wie können Investoren
von dem Trend zu mehr Ser¬vice profitieren? Viele Anbieter von verschiedensten
Gerä¬ten setzen bereits auf den Service nach dem Kauf, etwa in Form von
Wartung, Reparaturen, der Lieferung von Ersatztei- len oder auch Upgrades. Hier
sind die Margen oftmals höher als im klassischen Produktverkauf. Die deutlich
rückläufigen Kosten von Technologie, etwa von Senso¬ren, Kameras oder Displays,
haben dazu geführt, dass immer mehr Technologie im Servicebereich Einzug hält.
Mit Erfolg: Wenn man beispielsweise An-lagen durch moderne
Technik überwacht und sie wartet, bevor sie kaputtgehen, so senkt das die
Ausfallzeiten und verbessert die Anlagennutzung. General Electric (GE) hat
beispielsweise festgestellt, dass dank seiner Datenanalyseplattform 283 ange¬schlossene
Windturbinen ihren Output um 4 Prozent gesteigert haben. Doch auch den
Herstellern der Anlagen bietet datenge¬stützter Service Vorteile. Sie können so
et¬wa Wartungen besser planen oder Perso¬nal gezielter einsetzen.
FOKUS AUF SERVICE
Anstatt einfach ein Produkt zu verkaufen, versuchen
Unternehmen mehr und mehr, die Funktion zu verbessern und den Nutzen für die
Kunden zu erhöhen. So werden Schlosshersteller wie Assa Abloy zu An-bietern von
Sicherheitslösungen, Nokia und der Kameraanbieter GoPro werden zu
Contentanbietern, während Autoherstel¬ler etwa durch Car-Sharing zu
Transport-unternehmen werden. Dieser Trend könn¬te dazu führen, dass Kunden
sich vom Produkt lösen und stattdessen für die Nut¬zung zahlen oder es mieten.
Wo findet diese Entwicklung bereits statt? Amazon Web
Services (AWS) ist ein offen-sichtliches Beispiel. Hier können die Nutzer auf
Stundenbasis oder pro Gigabyte für Speicher- und Datenübertragungsfunktio-nen
zahlen. Ein solches Preismodell redu¬ziert die Eintrittsbarrieren, da neue
Markt¬teilnehmer nicht mehr die sehr hohen IT-Infrastrukturkosten tragen
müssen. Es er-
möglicht auch eine größere Flexibilität und die Fähigkeit,
sehr schnell zu wach¬sen. Netflix, einer der größten AWS-Kun-den, hat
beispielsweise seine Investitionen in Sachanlagen deutlich senken können, als
es zur Amazon-Cloud wechselte.
Außerhalb des Hardware-Bereichs haben servicebasierte
Geschäftsmodelle auch im Energiesektor Einzug gehalten. SolarCity zum Beispiel
setzt auf „Solarenergie als Service". Die Kunden müssen nun das teure
Equipment nicht mehr anschaffen. LED-Hersteller wie Acuity und Philips
versuchen dieses Modell zu replizieren ( „Lighting as a Service"). Auch in
anderen Segmenten, etwa bei Luftkompressoren für Lkw-Rei¬fen, ist eine ähnliche
Entwicklung denk¬bar. Sogenannte „As-a-Service-Angebote" für Unternehmen
sind das Pendant zu „On-Demand-Offerten" für Kunden.
Durch den Ausbau des Servicebereichs werden Unternehmen
defensiver und weni¬ger abhängig von Zyklen. Zwar ist die Einnahme für den
Verkäufer zunächst ge¬ringer und weniger attraktiv. Doch die Er¬löse steigen,
wenn die Kunden das System über längere Zeiträume nutzen. Auch kommt es zu mehr
Kundenkontakt. Die Beziehung endet nicht mit dem Verkauf.
Doch die Fokussierung auf Service birgt auch Risiken. Nicht
alle Dienstleistungen nach dem Verkauf sind margenstark oder schützen mit hohen
Eintrittsbarrieren vor Konkurrenz. Ein Beispiel hierfür ist der Markt für
Aufzüge. In Europa entfallen
auf die Top vier Kone, Otis, Schindler und ThyssenKrupp rund
60 Prozent des Ln-standhaltungsmarktes. Dagegen sind es in China nur etwa 25
Prozent. Konkurrenten und Drittanbieter haben einen Anteil von drei Vierteln.
Die Präsenz von lokalen An¬bietern sorgt dort für größeren Preisdruck_ Die
Preisbildung ist generell ein entschei¬dender Aspekt bei wiederkehrenden
Ein¬nahmen. Es kann für Unternehmen fatal
sein, wenn sie die Kosten der Servicebet eit-
stellung unterschätzen oder die Zahl der Nutzer zu
optimistisch kalkulieren.
Hinzu kommt, dass Daten- und analyse-getriebene Services die
Gefahr bergen, cl>= eigentliche Produktgeschäft zu kannibali-sieren. Eine
längere Nutzung von Anlagen führt schließlich zu einer geringeren Nach-frage
nach neuen Ausrüstungsgegenständen Schließlich wären noch die Risiken durci, das
Kundenverhalten zu nennen. Manche Nutzer könnten es bevorzugen, das Produk: zu
besitzen, um es nach ihrem Belieben zs verwenden. Sie könnten es nicht mögen_
wenn diese Option nicht besteht. Auch die Frage des Datenschutzes birgt
Risiken_ Der Kunde könnte die Nutzungsdaten nicht herausgeben wollen oder einen
Drittanbieter hinzuziehen, um Ineffizien¬zen abzustellen.
Neue Technologien führen auf der einen Seite häufig dazu,
dass Markteintrittsbar-rieren niedriger werden. Zahlreiche en-folgreiche
Start-ups sind der Beleg dat::: Andererseits legt der Trend zu mehr Se7-vice
aber auch nahe, dass diese Barrieren
weiter ansteigen könnten, wenn es etab¬lierte Unternehmen
verstehen, neue Tech¬nologien sinnvoll einzusetzen.
INVESTITIONSBEDARF
Gerade europäische Giganten kommen wohl um höhere
Investitionen in Daten-
ABB. 2: MEHR ALS EIN JAHRHUNDERT
in Jahren 140
120 H 100 --¬80 60
und Analyseexpertise sowie in künstliche Intelligenz nicht
herum. Das gilt nicht zu¬letzt für etliche DAX°-Firmen, die im Schnitt zu den
ältesten Unternehmen zäh¬len. Durchschnittlich existieren Daimler, BMW &
Co. schon über ein Jahrhundert. Das heißt nicht zwangsläufig, dass sie da-
durch Ziele für „kreative Zerstörer" sind. Doch ohne
Expertise in den Bereichen Software oder künstliche Intelligenz würde es ihnen
im Wettbewerb mit Aufsteigern aus den Emerging Markets oder auch mit
Unternehmen wie Google künftig schwerer fallen.
Die „As-a-Service"-Geschäftsmodelle er-lauben es
Kunden, kapitalintensive Ge-schäftsbereiche outzusourcen. Das bedeu¬tet weniger
Investitionen. Bisherige Kos¬ten für die Anschaffung von Anlagegütern verlagern
sich auf den operativen Bereich. Höhere Ausgaben für Investitionen könn¬ten
sich künftig nur noch bei wenigen Un¬ternehmen ergeben. Im Technologiesektor
ist dieser Trend bereits sichtbar. Analysten zufolge stehen Google und Amazon
für 65 Prozent des gesamten Zuwachses bei den Ausgaben für Investitionen in den
USA zwischen 2013 und 2017.
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