DAX immer noch in Sommerlaune
Author D.Selzer-McKenzie
Video: https://youtu.be/YJXDSTOIv4g
In der Regel zeigen die Sommermonate eine nicht allzu
vielversprechende Performance auf dem Aktienmarkt. Doch dies ist nur saisonal
bedingt oder doch nicht? Wie zu diesen Jahreszeiten Anleger trotzdem am Markt
partizipieren können, zeigt der folgende Artikel.
„Seil in May and go away" — diesen oder ähnliche
Sprü¬che haben Sie sicherlich schon öfters gelesen oder gehört. Vielleicht noch
ergänzt durch „But remember to come back in September': Gemeint ist damit, sich
im Sommer an der Börse zurückzuhalten und im Herbst wieder verstärkt
einzusteigen. Hinter solchen Börsenweisheiten steckt die Erfahrung aus vielen
Jahren, die auch einen statistisch belegbaren Hintergrund hat. So ist im
langjährigen Durch¬schnitt (50 Jahre) der September mit einer Monatsrendite von
-1,7 Prozent der schlechteste Börsenmonat für den
DAX. Der oftmals als Crash-Monat denunzierte Oktober kann
dagegen mit einer durchschnittlichen Performance von +0,6 Prozent aufwarten und
ist damit besser als sein Ruf. Die zumTeil großen Unterschiede zwischen den
Mona¬ten können Sie in Bild 1 sehen.
Die Zeiten ändern sich
In der langfristigen Statistik des DAX erweisen sich die
Wintermonate tatsächlich als diejenigen mit den stärk¬sten Kurszuwächsen im
Durchschnitt. Die Sommermonatezeigen dagegen eine schwächere Per¬ 3,00%
formance. Doch die Zeiten ändern 2,50%
sich, ebenso die Zusammensetzung 2,00%
des DAX mit seinen Branchen, die 1,50%
technischen Zyklen, das Handels¬ 1,00%
verhalten und vieles mehr. Dement¬ 0,50%
sprechend kommt man zu anderen
Ergebnissen, wenn man einen kür¬ 0,00%
zeren Zeitraum betrachtet, zum Bei¬ -0,50%
spiel nur die letzten zehn Jahre. Bild -1,00%
1 zeigt daher auch, dass der Septem¬ -1,50%
ber in den letzten zehn Jahren sogar -2,00%
ein guter Börsenmonat war, dass die Outperformance des
vierten Quartals sogar noch gestiegen ist und dass dafür der Januar und der
Februar von guten zu schwachen Börsenmonaten mutierten.
Der unter einem schlechten Ruf stehende Oktober zählt
dagegen im Durchschnitt sogar zu den besse¬ren Börsenmonaten. Es ist manch¬mal
aber trotzdem schwierig, gute Begründungen für die Saisonalität zu finden. Zum
Jahresende spielt es offenbar eine große Rolle, dass sich zum Beispiel Fonds
aus bilanztech-nischen Gründen nochmals mitAktien eindecken („window
dressing") und die Kurse dadurch nach oben treiben. In den Sommermonaten
sind dage¬gen viele Profianleger im Urlaub, die Handelsumsätze sind gering und
die Kurse daher anfällig für Rückschläge.
Doch der Sommer hat in den letzten Jahren nicht nur durch
das berühmte Sommerloch Schlagzeilen gemacht. Es ist bemerkenswert, dass die
meisten großen Krisen der letzten Jahrzehnte im Sommer stattfanden:
Russlandkrise 1998, Crash im Sep¬tember 2001, Lehman-Pleite im August 2008, der
Höhe¬punkt der Eurokrise im August 2011 und der China-Crash im August 2015.
Kein Wunder also, dass der August und in der langfristigen Betrachtung der
September nach unten
gezogen werden. Dabei ist es manchmal purer Zufall, der
regiert, denn die Anschläge am 11.09.2001 in New York hätten genauso auch im
November oder März passieren können.
Die Ausnahme von der Regel
Eine Handelsstrategie auf Saisonalitäten aufzubauen ist
schwierig, denn auch wenn sich im langfristigen Mittel bestimmte Monate als
gute oder schlechte Börsenmonate erwiesen haben, gibt es doch keine Garantie
dafür, dass sich der DAX in jedem Jahr an die Statistik hält. In der Tat gibt
es sehr große Kursschwankungen innerhalb der ein-zelnen Monate (siehe Bild 2).
Man braucht also einen langen Atem, wenn man eine Strategie
mit Saisonalitäten verfolgt. Freilich spielt auch hier wieder der
Betrachtungszeitraum eine große Rolle für die Ergebnisse. Doch was ist nun der
„richtige" Zeit¬raum für die Berechnung der Durchschnittsrenditen? Bei
einer sehr langen Datenbasis besteht die Gefahr, dass zu viele
Kursinformationen einfach weggeglättet wer¬den. Ist die Datenbasis zu kurz,
muss man damit rechnen, dass Ausreißer in einzelnen Monaten den Durchschnitt zu
stark beeinflussen. Die Deutsche Börse berechnet mit dem DAXplus Seasonal
Strategy TR Index den DAX auf Basis saisonaler Gegebenheiten. Die schwachen
Börsen¬monate August und September werden einfach wegge¬lassen. In dieser Zeit
ist man aus dem Aktienmarkt quasi ausgestiegen.
Alternative Strategien
Bild 3 zeigt allerdings, dass es durch¬aus Zeiträume gibt,
in denen der Saison-DAX trotzdem schlechter als der DAX performte — man wäre
also besser gefahren, wenn man den DAX einfach gehalten hätte wie zum Bei¬spiel
in den letzten drei Jahren.
Genauso gibt es allerdings Peri¬oden, in denen der
Saison-DAX bes¬ser war als der DAX, vor allem in der sehr langfristigen
Betrachtung. Eine Garantie dafür, dass die Saison¬strategie eine bessere Anlage
bringt, gibt es aber dennoch nicht, denn wie eingangs erwähnt, ist die
durch-schnittliche Monatsperformance nicht in Stein gemeißelt und unterliegt im
Laufe der Zeit Veränderungen.
Eine mögliche Handlungsalter¬native wäre eine
Stopp-Loss-Stra-tegie, mit der man sich in den Sommermonaten gegen mögliche
starke Kursrückschläge beim DAX absichert. Der Vorteil dabei wäre, dass man im
Markt dabei ist, wenn der DAX doch einmal einen starken Sommer verzeichnen
sollte. Mit der Seasonal-Strategie würde man nur zuschauen.
Und was ist nun mit der Jahresendrallye?
Was für den Sommer gilt, hat auch im Winter Bestand. Zwar
sagt die Statistik, dass Oktober, November und Dezember gute Börsenmonate sind,
doch auch hier gibt es Ausnahmen. Immerhin: In den letzten zehn Jahren hat die
durchschnittliche Performance im Oktober, November und Dezember signifikant
zugenommen. Das liegt auch daran, dass der letzte Monat mit starken
Kursverlusten schon lange zurück liegt. Beim Dezember muss man schon bis 2002
zurückgehen, als -12,9 Prozent zu Buche schlugen. Mit Ausnahme von 2011
lieferte der Dezember seitdem in allen Jahren ein positives Ergebnis.
Nicht ganz so positiv ist die Bilanz für den November und
noch etwas weniger gut sieht es für den Oktober aus. Unter dem Strich ist
jedoch ein positives viertes Quartal aus Sicht der Statistik sehr
wahrscheinlich. Die Chancen dafür stehen
auch 2015 gut, eine Garantie gibt es natürlich nicht.
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