Sonntag, 25. Oktober 2015

Trading Strategien passend zum Marktgeschehen


Trading Strategien passend zum Marktgeschehen

Author D.Selzer-McKenzie

Video:

Fiir viele Trader ist es schwierig, mit dem sich standig verandernden Marktverhalten klarzukommen. Es scheint so, als wEirde sich der Markt immer dann 6ndern, wenn man sich gerade gut an dessen Verhalten gewohnt hat. Der Erfolg einzelner Handelsstrategien hangt aber vor allem davon ab, dass das richtige Marktumfeld gegeben ist. Die Coverstory zeigt Moglichkeiten, wie die Marktphase analysiert werden kann and welche Strategien sich in welchen Phasen eignen.

In einem Interview machte der

bekannte     US-Trading-Psychologe

Dr. Brett Steenbarger eine bemer-kenswerte Aussage. Seiner Erfah-rung nach ist es fur professionelle Trader die grogte Herausforderung, sich dem immer wechselnden Markt-verhalten anzupassen. Steenbarger beschrieb seine Erfahrung aus seinen Coachings mit Top Tradern fiber viele Jahre, dass die Zeiten des Umbruchs, wenn sich eingefahrene Trends und Bewegungsablaufe plotzlich in Luft auflosen und es zu einem veranderten Marktverhalten kommt, die schwie-

rigsten Phasen Liberhaupt sind.        B1) Den Ausbruch handeln

Aber nicht nur professionelle Trader, sondern auch Privatanleger haben oft Probleme mit einem sich verandernden Marktverhalten. Und dass dies fruher oder spater immer

wieder passieren wird, gilt es von vornherein zu akzeptie-ren. Denn nichts ist an der Borse so sicher wie die Verande-

rung. Diese scheint immer genau dann zu passieren, wenn sich die Mehrzahl der Marktteilnehmer an ein bestimmtes Kursverhalten gewohnt hat.

Reflexivitat

Dieses Problem, sich immer wieder neu an das veranderte Marktverhalten anpassen zu mussen, haben also letztlich alle Anleger und Trader. Denn egal, wie professionell man han-delt und wie lange man schon dabei ist — keiner weiR, was morgen passieren wird. Alles, was man als Trader tun kann, ist, auf Basis der aktuellen Situation und der geschatzten Wahrscheinlichkeiten fur verschiedene Szenarien die beste Entscheidung zu treffen, urn so statistische Vortei le zu nutzen. Trader, die diesen Prozess unermiidlich immer wieder umset-zen, konnen auf Dauer erfolgreich an den Markten sein.

Um die standige Veranderung besser zu verstehen, ist es wichtig zu wissen, dass die Markte reflexiv sind. Dieser Begriff stammt urspriinglich vom bekannten Hedgefonds-Manager George Soros, der das Konzept der „Reflexivity Theory" aufstellte. Diese besagt, dass sich nicht nur die Fundamentaldaten auf die Kursentwicklung auswirken kann, sondern umgekehrt auch die Kursentwicklung auf die Fundamentaldaten. Je nachdem, was die Marktteilnehmer erwarten und glauben, werden sie sich entsprechend ver-halten und damit kollektiv den Gang der Dinge beeinflus-sen. Diese sichtbaren Effekte wirken sich dann wiederum auf die Erwartungen und das Denken der Marktteilnehmer aus. So kann eine selbstlaufende Schleife entstehen, deren Verlauf im Vorfeld unvorhersehbar ist.

Beispiel: Ein starker Kursrutsch kann durch tatsachliche negative fundamentale Entwicklungen in der Wirtschaft entstehen. Andererseits kann es sein, dass viele Markt-teilnehmer gleichzeitig Gewinne mitnehmen und ihre Aktienquoten senken, was den Kursrutsch auslost und in der Folge die Entwicklung der Fundamentaldaten negativ beeinflusst. Je starker der Kursrutsch, desto heftiger der mogliche Einfluss auf die realen Gegebenheiten.

Doppeltes Antizipieren

Hinzu kommt, dass — wie einst schon der berEihmte Oko-nom John Maynard Keynes erkannte — die Marktteilneh-mer stets versuchen zu antizipieren, was die anderen Marktteilnehmer wohl tun werden. In der Wissenschaft ist dies als sogenannter „Beauty Contest" bekannt. Dieser Effekt kann dazu führen, dass Anleger nicht diejenige Aktie kaufen, die sie selbst am attraktivsten finden, sondern die-jenige, von der sie glauben, dass die meisten anderen sie wohl auch kaufen werden.

Ein gutes Beispiel ist „Sell on Good News" —Verkaufen bei guten Nachrichten. Wenn ein Unternehmen Quartals-zahlen veroffentlicht, die besser als erwartet sind, kommt es in der Regel zu einem Kurssprung nach oben. Manch-mal nutzen aber institutionelle Anleger genau diesen Kaufdruck aus, urn zu guten Kursen bei hohem Handels-volumen aus ihren Positionen zu kommen und verkaufen die Aktie im groflen Stil. Dann kann es passieren, dass der Kurs immer welter fallt und sogar niedriger als zuvor notiert, obwohl es gute Nachrichten gab. Aber das ist noch nicht alles. Wenn viele Marktteilnehmer antizipieren,

 

dass die guten Kurse am Markt wohl zum Ausstieg genutzt werden, kann

            15,000          es sogar sein, dass die Aktie gleich

am Anfang negativ reagiert, weil alle mit Gewinnmitnahmen rechnen —

            14.500          und zwar paradoxerweise aufgrund

von guten Nachrichten.

            14,000          Durch die beiden verzerrenden

Effekte der Reflexivitat und des dop-

            13,500          pelten Antizipierens lasst sich selbst

bei Kenntnis aller wichtigen Infor-

            1 13,000      mationen Liberhaupt nicht serios

vorhersagen, was an den Markten passieren wird. Denn jede mogliche Bewegung lasst sich auf die eine oder andere Art erkl6ren. Entweder bewe-gen die Nachrichten die Kurse, oder die Kurse die Nachrichten (Reflexivi-tat). AuRerdem kann das passieren, was zu erwarten ist, oder eben etwas anderes (doppeltes Antizipieren). Mit anderen Worten: Es kann so ziem-lich alles passieren. Und die Reaktion wird jedes Mal eine andere sein, zumindest im Detail, da bestimmte Ereignisse nie genau gleich ablaufen. Genau das ist es, was Trading unter sich veranderndem Marktverhalten auf Dauer so schwierig macht.

Das richtige Umfeld

Allerdings gibt es durchaus Moglichkeiten, zumindest die wahrscheinlichsten Entwicklungen zu bestimmen, was fur den Anlage- undTrading-Erfolg entscheidend ist.

Zwar gibt es eine Reihe verschiedener funktionierender Handelsstrategien. Damit diese aber richtig arbeiten kön-nen, benotigen sie vor allem ein geeignetes Marktumfeld, in dem gunstige Bedingungen fur die entsprechenden Signale vorliegen. Zum Beispiel werden Long-Strategien vor allem in Bullen- und Short-Strategien in Barenmarkten funktionieren.

Hat man also nur eine Strategie, wird es fruher oder spater ausgepragte Durststrecken geben — es sei denn, die Strategie ist so einfach und wird auf so kurz-fristigem Intraday-Zeitrahmen gehandelt, dass sie in alien Marktphasen ahnlich gut funktioniert. Dies ist aller-dings nur professionellen Ultra-Kurzfristhandlern mog-lich, die sich zum Beispiel mit einfachen Ausbruchs- undUmkehr-Strategien immer wieder wenige Punkte aus Bewegungen in Futures-Kontrakten „ heraussch nei-den': Diese mental extrem heraus-fordernde Art desTradings ist fur den normalen Anleger kaum umsetzbar und wenig praktikabel. Zudem erfor-dert dies einen hohen Zeitaufwand.

Die Marktphasen

Urn Handelsstrategien wirkungsvoll einsetzen zu konnen, ist es zuerst not-wendig, die aktuelle ubergeordnete Marktphase zu bestimmen. Diese Ein-teilung kann auf der h6chsten Ebene in die Phasen ,Trend" und „Korrek-tur" erfolgen, beziehungsweise auf einer tieferen Ebene in „Aufwarts-trend: „Korrektur', „Seitwartsphasec' „Abwartstrend" und „Pullback':

Naturlich gibt es noch weitere, detailliertere Marktmodelle, die eben-falls genutzt werden 'carmen. Urn aber einzuschatzen, welche Handelsstrategie gerade sinnvoll ist, reicht eine einfache Unterteilung aus. Denn die konkreten Ein- und Ausstiegssignale ergeben sich ohnehin erst bei Anwen-dung der entsprechenden Strategie.

Grundsatzlich gilt: Liegt eine Trendphase vor, sollten Trendfolge-Strategien gehandelt werden. Dies umfasst insbesondere Momentum- und Ausbruchs-Strategien. In Korrekturen, die auch langere Seitwartsbewegungen ein-schlieRen, sind dagegen antizyklische Strategien ideal, die insbesondere auf Fehlausbriliche setzen.

 

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voraussetzt. Ein Kaufsignal in einem Markt kann ein Ver-kaufssignal in einem anderen Markt sein.

Urn eine Trendphase zu definieren, gibt es verschie-dene einfache Maglichkeiten. Es ist grundsatzlich sinn-voll, fur die Analysetools bei den Grundlagen zu bleiben und nicht auf komplizierte Indikatoren zu setzen. Denn eine Trendphase zeichnet sich vor allem durch eines aus: Eine klare, leicht erkennbare Bewegung Ober langere Zeit in eine Richtung. Gangige Definitionen fur einen Aufwartstrend sind (far Abwartstrend entsprechend u rng eke h rt):

         Kurs Ober der 200-Tage-Linie

         Kurs Ober der 50-Tage-Linie

         Steigende Hochs undTiefs

         Niedrige, idealerweise welter fallende Volatilitat

         Viele Einzeltitel, bei denen AusbrOche erfolgreich sind

Urn eine ausgepragte Korrektur- oder Seitwartsphase zu erkennen, konnen Anleger ebenfalls einfache Hilfsmittel einsetzen. Wichtig dabei ist die Unterscheidung zwischen einem reinen Rucksetzer innerhalb einesTrends und einer ausgewachsenen Korrektur oder Seitwartsphase. Nur, well der Kurs eines Trendmarktes fOr drei Tage korrigiert, ist deswegen noch nicht die Obergeordnete Trendphase beendet. Oftmals laufen Trends welter beziehungsweise langer, als viele Marktteilnehmer das fur moglich hal-ten und enden mitunter erst in einer extremen Ubertrei-bung. Urn antizyklische Strategien mit Erfolg einsetzen zu k6nnen, sollte sich die Bewegung klar von einem Trend unterscheiden:

         Keine klare Abfolge von tieferen/hoheren Hochs/Tiefs

         Ausbildung vieler Doppeltops- und Doppelboden

         Kurse schwanken urn 200- und 50-Tage-Linie

         Kurzfristig stark schwankende Volatilitat

         Wenige Einzeltitel mit erfolgreichen AusbrOchen

 

1st erst einmal die aktuelle Marktphase definiert, konnen Trader eine geeignete Handelsstrategie anwenden. Indem die Strategie nur in einem allgemein gunstigen Umfeld eingesetzt wird, sollte sie zu vergleichsweise guten Ergeb-nissen führen. Fehlsignale sind aber natOrlich dennoch nie ausgeschlossen, sodassTrader in jedem Fall immer auf ein angemessenes Risiko-Management achten mussen. Denn selbst im gOnstiosten Marktumfeld kann die beste Stra-tegie groRe Verluste produzieren, wenn Trader extreme Risiken eingehen.

Ideal sind Ausbruchsstrategien in Trendphasen und Fehlausbruchsstrategien in Seitwartsphasen und Korrek-turen. Die Bilder 5 und 6 zeigen jeweils ein Beispiel dafOr, wie Trader diese Handelsideen mit Hebelzertifikaten aktiv umsetzen konnen.

Beispiel Ausbruchs-Trade

Bild 5 zeigt die Aktie von Fresenius SE. Im Januar und Marz 2015, als der Gesamtmarkt in einem Aufwartstrend war, gab es erfolgreiche AusbrOche. Trader konnten diese mit WAVEs XXL handeln, deren Stopp-Loss-Schwelle mog-lichst knapp unterhalb des vorherigen Tiefs lag.Trader, die etwas offensiver vorgehen wollten, konnten auch ein ent-sprechendes Hebelprodukt wahlen, dessen Stopp-Loss

h6her — beispielsweise im Bereich

der 50-Tage-Linie — lag. Allerdings

XXP

ist dabei zu beachten, dass die Wahr-

10000,00     scheinlichkeit des Ausstoppens mit

9800,00       abnehmendem Abstand des Stopps

vom aktuellen Kurs ansteigt. Ande-

9600,00       rerseits ist der WAVE XXL dadurch

9400,00       auch gunstiger, sodass Trader fur den

gleichen absoluten Risiko-Geldbe-

9200,00       trag mehr Hebelprodukte kaufen und

9000,00       damit im Fall eines erfolgreichen Aus-

8800,00       bruchs starker an der Bewegung par-

tizipieren k6nnen. Dieses Abwagen

8600,00       zwischen Chance und Risiko ist letzt-

8400,00       lich immer eine individuelle Entschei-

dung des Anlegers.

Zwar herrschte am Gesamtmarkt ein gunstiges Umfeld (Aufwarts-trend), jedoch sollten Trader dennoch die Moglichkeit eines Fehlsignals in Erwagung ziehen. Entsprechend ware fur den Fall, dass drei Tage

nach dem ersten Ausbruchsversuch noch kein Schlusskurs 0ber dem Ausbruchslevel erreicht wurde, die Position per Zeitstopp geschlossen werden. Diese Art des Ausstiegs bietet einen gewissen Schutz gegen schwache Ausbruche, bei denen es keine dynamische Anschlussbewe-gung gibt. Gleichzeitig bietet der Zeitstopp in der Regel einen ver-gleichsweise guten Ausstiegskurs, da — anders als beim klassischen Stopp-Loss — die Position in den sel-tensten Fallen an einem lokalen Tief glattgestellt werden muss.

Fiir den Fall eines erfolgreichen Ausbruchs konnen kurzfristige Tra-der ihre Gewinne mitnehmen, wenn es erstmals einen Schlusskurs unter-halb des Tiefs des Vortages gibt. Wer der Bewegung mehr Spielraum geben mochte und Positionen ten-denziell [anger halt, konnte den Trade beim ersten Schlusskurs unterhalb der 50-Tage-Linie schlief3en. Fur den ersten Trade in Bild 5 stellte die Ian-gerfristige Positionierung die bessere Variante dar, beim zweiten Trade war das Ergebnis in etwa gleich. Welche Variante fur Trader besser geeignet ist, hangt vor allem vom individuellen Zeithorizont ab. Trader, die langer investiert bleiben m6chten, mussen entsprechend auch h6here Ruckset-zer aushalten k6nnen, wenn der Kurs sich weniger stabil bewegt.

Bild 6 zeigt abschliefend ein Bei-spiel fur einen Fehlausbruchs-Trade.

Fazit
FOrTrader ist es entscheidend, zu wis-sen, in welcher Phase sich der Markt gerade befindet. Erst dann macht es Sinn, spezifische Strategien anzuwen-den, da der Erfolg in hohem Ma

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