Trading Strategien passend zum Marktgeschehen
Author D.Selzer-McKenzie
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Fiir viele Trader ist es schwierig, mit dem sich standig
verandernden Marktverhalten klarzukommen. Es scheint so, als wEirde sich der
Markt immer dann 6ndern, wenn man sich gerade gut an dessen Verhalten gewohnt
hat. Der Erfolg einzelner Handelsstrategien hangt aber vor allem davon ab, dass
das richtige Marktumfeld gegeben ist. Die Coverstory zeigt Moglichkeiten, wie
die Marktphase analysiert werden kann and welche Strategien sich in welchen
Phasen eignen.
In einem Interview machte der
bekannte US-Trading-Psychologe
Dr. Brett Steenbarger eine bemer-kenswerte Aussage. Seiner
Erfah-rung nach ist es fur professionelle Trader die grogte Herausforderung,
sich dem immer wechselnden Markt-verhalten anzupassen. Steenbarger beschrieb
seine Erfahrung aus seinen Coachings mit Top Tradern fiber viele Jahre, dass
die Zeiten des Umbruchs, wenn sich eingefahrene Trends und Bewegungsablaufe plotzlich
in Luft auflosen und es zu einem veranderten Marktverhalten kommt, die schwie-
rigsten Phasen Liberhaupt sind. B1) Den Ausbruch handeln
Aber nicht nur professionelle Trader, sondern auch
Privatanleger haben oft Probleme mit einem sich verandernden Marktverhalten.
Und dass dies fruher oder spater immer
wieder passieren wird, gilt es von vornherein zu
akzeptie-ren. Denn nichts ist an der Borse so sicher wie die Verande-
rung. Diese scheint immer genau dann zu passieren, wenn sich
die Mehrzahl der Marktteilnehmer an ein bestimmtes Kursverhalten gewohnt hat.
Reflexivitat
Dieses Problem, sich immer wieder neu an das veranderte
Marktverhalten anpassen zu mussen, haben also letztlich alle Anleger und
Trader. Denn egal, wie professionell man han-delt und wie lange man schon dabei
ist — keiner weiR, was morgen passieren wird. Alles, was man als Trader tun
kann, ist, auf Basis der aktuellen Situation und der geschatzten
Wahrscheinlichkeiten fur verschiedene Szenarien die beste Entscheidung zu
treffen, urn so statistische Vortei le zu nutzen. Trader, die diesen Prozess
unermiidlich immer wieder umset-zen, konnen auf Dauer erfolgreich an den
Markten sein.
Um die standige Veranderung besser zu verstehen, ist es
wichtig zu wissen, dass die Markte reflexiv sind. Dieser Begriff stammt
urspriinglich vom bekannten Hedgefonds-Manager George Soros, der das Konzept
der „Reflexivity Theory" aufstellte. Diese besagt, dass sich nicht nur die
Fundamentaldaten auf die Kursentwicklung auswirken kann, sondern umgekehrt auch
die Kursentwicklung auf die Fundamentaldaten. Je nachdem, was die
Marktteilnehmer erwarten und glauben, werden sie sich entsprechend ver-halten
und damit kollektiv den Gang der Dinge beeinflus-sen. Diese sichtbaren Effekte
wirken sich dann wiederum auf die Erwartungen und das Denken der
Marktteilnehmer aus. So kann eine selbstlaufende Schleife entstehen, deren
Verlauf im Vorfeld unvorhersehbar ist.
Beispiel: Ein starker Kursrutsch kann durch tatsachliche
negative fundamentale Entwicklungen in der Wirtschaft entstehen. Andererseits
kann es sein, dass viele Markt-teilnehmer gleichzeitig Gewinne mitnehmen und
ihre Aktienquoten senken, was den Kursrutsch auslost und in der Folge die
Entwicklung der Fundamentaldaten negativ beeinflusst. Je starker der
Kursrutsch, desto heftiger der mogliche Einfluss auf die realen Gegebenheiten.
Doppeltes Antizipieren
Hinzu kommt, dass — wie einst schon der berEihmte Oko-nom
John Maynard Keynes erkannte — die Marktteilneh-mer stets versuchen zu
antizipieren, was die anderen Marktteilnehmer wohl tun werden. In der
Wissenschaft ist dies als sogenannter „Beauty Contest" bekannt. Dieser
Effekt kann dazu führen, dass Anleger nicht diejenige Aktie kaufen, die sie
selbst am attraktivsten finden, sondern die-jenige, von der sie glauben, dass
die meisten anderen sie wohl auch kaufen werden.
Ein gutes Beispiel ist „Sell on Good News" —Verkaufen
bei guten Nachrichten. Wenn ein Unternehmen Quartals-zahlen veroffentlicht, die
besser als erwartet sind, kommt es in der Regel zu einem Kurssprung nach oben.
Manch-mal nutzen aber institutionelle Anleger genau diesen Kaufdruck aus, urn
zu guten Kursen bei hohem Handels-volumen aus ihren Positionen zu kommen und
verkaufen die Aktie im groflen Stil. Dann kann es passieren, dass der Kurs
immer welter fallt und sogar niedriger als zuvor notiert, obwohl es gute
Nachrichten gab. Aber das ist noch nicht alles. Wenn viele Marktteilnehmer
antizipieren,
dass die guten Kurse am Markt wohl zum Ausstieg genutzt
werden, kann
15,000 es sogar sein, dass die Aktie gleich
am Anfang negativ reagiert, weil alle mit Gewinnmitnahmen
rechnen —
14.500 und zwar paradoxerweise aufgrund
von guten Nachrichten.
14,000 Durch die beiden verzerrenden
Effekte der Reflexivitat und des dop-
13,500 pelten Antizipierens lasst sich selbst
bei Kenntnis aller wichtigen Infor-
1 13,000 mationen Liberhaupt nicht serios
vorhersagen, was an den Markten passieren wird. Denn jede
mogliche Bewegung lasst sich auf die eine oder andere Art erkl6ren. Entweder
bewe-gen die Nachrichten die Kurse, oder die Kurse die Nachrichten
(Reflexivi-tat). AuRerdem kann das passieren, was zu erwarten ist, oder eben
etwas anderes (doppeltes Antizipieren). Mit anderen Worten: Es kann so
ziem-lich alles passieren. Und die Reaktion wird jedes Mal eine andere sein, zumindest
im Detail, da bestimmte Ereignisse nie genau gleich ablaufen. Genau das ist es,
was Trading unter sich veranderndem Marktverhalten auf Dauer so schwierig
macht.
Das richtige Umfeld
Allerdings gibt es durchaus Moglichkeiten, zumindest die
wahrscheinlichsten Entwicklungen zu bestimmen, was fur den Anlage-
undTrading-Erfolg entscheidend ist.
Zwar gibt es eine Reihe verschiedener funktionierender
Handelsstrategien. Damit diese aber richtig arbeiten kön-nen, benotigen sie vor
allem ein geeignetes Marktumfeld, in dem gunstige Bedingungen fur die
entsprechenden Signale vorliegen. Zum Beispiel werden Long-Strategien vor allem
in Bullen- und Short-Strategien in Barenmarkten funktionieren.
Hat man also nur eine Strategie, wird es fruher oder spater
ausgepragte Durststrecken geben — es sei denn, die Strategie ist so einfach und
wird auf so kurz-fristigem Intraday-Zeitrahmen gehandelt, dass sie in alien
Marktphasen ahnlich gut funktioniert. Dies ist aller-dings nur professionellen
Ultra-Kurzfristhandlern mog-lich, die sich zum Beispiel mit einfachen
Ausbruchs- undUmkehr-Strategien immer wieder wenige Punkte aus Bewegungen in
Futures-Kontrakten „ heraussch nei-den': Diese mental extrem heraus-fordernde
Art desTradings ist fur den normalen Anleger kaum umsetzbar und wenig
praktikabel. Zudem erfor-dert dies einen hohen Zeitaufwand.
Die Marktphasen
Urn Handelsstrategien wirkungsvoll einsetzen zu konnen, ist
es zuerst not-wendig, die aktuelle ubergeordnete Marktphase zu bestimmen. Diese
Ein-teilung kann auf der h6chsten Ebene in die Phasen ,Trend" und
„Korrek-tur" erfolgen, beziehungsweise auf einer tieferen Ebene in
„Aufwarts-trend: „Korrektur', „Seitwartsphasec' „Abwartstrend" und
„Pullback':
Naturlich gibt es noch weitere, detailliertere Marktmodelle,
die eben-falls genutzt werden 'carmen. Urn aber einzuschatzen, welche
Handelsstrategie gerade sinnvoll ist, reicht eine einfache Unterteilung aus.
Denn die konkreten Ein- und Ausstiegssignale ergeben sich ohnehin erst bei
Anwen-dung der entsprechenden Strategie.
Grundsatzlich gilt: Liegt eine Trendphase vor, sollten
Trendfolge-Strategien gehandelt werden. Dies umfasst insbesondere Momentum- und
Ausbruchs-Strategien. In Korrekturen, die auch langere Seitwartsbewegungen
ein-schlieRen, sind dagegen antizyklische Strategien ideal, die insbesondere
auf Fehlausbriliche setzen.
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voraussetzt. Ein Kaufsignal in einem Markt kann ein
Ver-kaufssignal in einem anderen Markt sein.
Urn eine Trendphase zu definieren, gibt es verschie-dene
einfache Maglichkeiten. Es ist grundsatzlich sinn-voll, fur die Analysetools
bei den Grundlagen zu bleiben und nicht auf komplizierte Indikatoren zu setzen.
Denn eine Trendphase zeichnet sich vor allem durch eines aus: Eine klare,
leicht erkennbare Bewegung Ober langere Zeit in eine Richtung. Gangige
Definitionen fur einen Aufwartstrend sind (far Abwartstrend entsprechend u rng
eke h rt):
• Kurs Ober der
200-Tage-Linie
• Kurs Ober der
50-Tage-Linie
• Steigende
Hochs undTiefs
• Niedrige,
idealerweise welter fallende Volatilitat
• Viele
Einzeltitel, bei denen AusbrOche erfolgreich sind
Urn eine ausgepragte Korrektur- oder Seitwartsphase zu
erkennen, konnen Anleger ebenfalls einfache Hilfsmittel einsetzen. Wichtig
dabei ist die Unterscheidung zwischen einem reinen Rucksetzer innerhalb
einesTrends und einer ausgewachsenen Korrektur oder Seitwartsphase. Nur, well
der Kurs eines Trendmarktes fOr drei Tage korrigiert, ist deswegen noch nicht
die Obergeordnete Trendphase beendet. Oftmals laufen Trends welter
beziehungsweise langer, als viele Marktteilnehmer das fur moglich hal-ten und
enden mitunter erst in einer extremen Ubertrei-bung. Urn antizyklische
Strategien mit Erfolg einsetzen zu k6nnen, sollte sich die Bewegung klar von
einem Trend unterscheiden:
• Keine klare
Abfolge von tieferen/hoheren Hochs/Tiefs
• Ausbildung
vieler Doppeltops- und Doppelboden
• Kurse
schwanken urn 200- und 50-Tage-Linie
• Kurzfristig
stark schwankende Volatilitat
• Wenige
Einzeltitel mit erfolgreichen AusbrOchen
1st erst einmal die aktuelle Marktphase definiert, konnen
Trader eine geeignete Handelsstrategie anwenden. Indem die Strategie nur in
einem allgemein gunstigen Umfeld eingesetzt wird, sollte sie zu vergleichsweise
guten Ergeb-nissen führen. Fehlsignale sind aber natOrlich dennoch nie
ausgeschlossen, sodassTrader in jedem Fall immer auf ein angemessenes
Risiko-Management achten mussen. Denn selbst im gOnstiosten Marktumfeld kann
die beste Stra-tegie groRe Verluste produzieren, wenn Trader extreme Risiken eingehen.
Ideal sind Ausbruchsstrategien in Trendphasen und
Fehlausbruchsstrategien in Seitwartsphasen und Korrek-turen. Die Bilder 5 und 6
zeigen jeweils ein Beispiel dafOr, wie Trader diese Handelsideen mit
Hebelzertifikaten aktiv umsetzen konnen.
Beispiel Ausbruchs-Trade
Bild 5 zeigt die Aktie von Fresenius SE. Im Januar und Marz
2015, als der Gesamtmarkt in einem Aufwartstrend war, gab es erfolgreiche
AusbrOche. Trader konnten diese mit WAVEs XXL handeln, deren
Stopp-Loss-Schwelle mog-lichst knapp unterhalb des vorherigen Tiefs lag.Trader,
die etwas offensiver vorgehen wollten, konnten auch ein ent-sprechendes
Hebelprodukt wahlen, dessen Stopp-Loss
h6her — beispielsweise im Bereich
der 50-Tage-Linie — lag. Allerdings
XXP
ist dabei zu beachten, dass die Wahr-
10000,00 scheinlichkeit
des Ausstoppens mit
9800,00 abnehmendem
Abstand des Stopps
vom aktuellen Kurs ansteigt. Ande-
9600,00 rerseits
ist der WAVE XXL dadurch
9400,00 auch
gunstiger, sodass Trader fur den
gleichen absoluten Risiko-Geldbe-
9200,00 trag mehr
Hebelprodukte kaufen und
9000,00 damit im
Fall eines erfolgreichen Aus-
8800,00 bruchs
starker an der Bewegung par-
tizipieren k6nnen. Dieses Abwagen
8600,00 zwischen
Chance und Risiko ist letzt-
8400,00 lich
immer eine individuelle Entschei-
dung des Anlegers.
Zwar herrschte am Gesamtmarkt ein gunstiges Umfeld
(Aufwarts-trend), jedoch sollten Trader dennoch die Moglichkeit eines
Fehlsignals in Erwagung ziehen. Entsprechend ware fur den Fall, dass drei Tage
nach dem ersten Ausbruchsversuch noch kein Schlusskurs 0ber
dem Ausbruchslevel erreicht wurde, die Position per Zeitstopp geschlossen
werden. Diese Art des Ausstiegs bietet einen gewissen Schutz gegen schwache
Ausbruche, bei denen es keine dynamische Anschlussbewe-gung gibt. Gleichzeitig
bietet der Zeitstopp in der Regel einen ver-gleichsweise guten Ausstiegskurs,
da — anders als beim klassischen Stopp-Loss — die Position in den sel-tensten
Fallen an einem lokalen Tief glattgestellt werden muss.
Fiir den Fall eines erfolgreichen Ausbruchs konnen kurzfristige
Tra-der ihre Gewinne mitnehmen, wenn es erstmals einen Schlusskurs unter-halb
des Tiefs des Vortages gibt. Wer der Bewegung mehr Spielraum geben mochte und
Positionen ten-denziell [anger halt, konnte den Trade beim ersten Schlusskurs
unterhalb der 50-Tage-Linie schlief3en. Fur den ersten Trade in Bild 5 stellte
die Ian-gerfristige Positionierung die bessere Variante dar, beim zweiten Trade
war das Ergebnis in etwa gleich. Welche Variante fur Trader besser geeignet
ist, hangt vor allem vom individuellen Zeithorizont ab. Trader, die langer
investiert bleiben m6chten, mussen entsprechend auch h6here Ruckset-zer
aushalten k6nnen, wenn der Kurs sich weniger stabil bewegt.
Bild 6 zeigt abschliefend ein Bei-spiel fur einen
Fehlausbruchs-Trade.
Fazit
FOrTrader
ist es entscheidend, zu wis-sen, in welcher Phase sich der Markt gerade
befindet. Erst dann macht es Sinn, spezifische Strategien anzuwen-den, da der
Erfolg in hohem Ma
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