Mittwoch, 7. Oktober 2015

Devisenmarkt – mal mehr – mal weniger


Devisenmarkt – mal mehr – mal weniger

Author D.Selzer-McKenzie

Video: https://youtu.be/2mY5pGPGxtY

Der Devisenmarkt schläft nie, das wird zumindest behauptet. Jedoch zeigt der Marktverlauf von vergangenem und diesem Jahr enorme Unterschiede auf. Während der Währungsmarkt 2014 teilweise in einen Halbschlafmodus fiel, war seit Anfang 2015 so einiges los.

 

 

 

 

 

Die Halbjahre könnten kaum unterschiedlicher sein. Prä-sentierte sich die erste Jahreshälfte 2014 an den Wäh-rungsmärkten eher als ein Fest der gepflegten Langeweile — abgesehen von leichter Unruhe bei den Emerging Mar-kets-Währungen im Januar und Februar 2014 — ging es 2015 gleich vom Startschuss weg ordentlich zur Sache. Zum Beispiel handelte der Euro gegen den US-Dollar zwischen dem 03. März und dem 11. Mai 2015 nicht ein einziges Mal zwei Tage hintereinander in einer Tages-Handelsspanne von weniger als einem Prozent. 2014 dauerte es bis zum 03. Oktober, bis sich dieses Währungspaar erstmalig über¬haupt zwei Tage hintereinander in einerTrading Range von mehr als einem Prozent bewegte.

Etwas hat sich jedoch nicht geändert, nämlich dass die Märkte im Bann der Zentralbanken und derer Zinsent¬scheide beziehungsweise geldpolitischer Maßnahmen ste¬hen. Dabei ist die Strategie der EZB ziemlich eindeutig. Bis mindestens Ende September 2016 werden monatlich Anlei¬hen im Gegenwert von 60 Milliarden Euro angekauft mit der Absicht, die Inflationsrate wieder in Richtung des wie ein „Heiliger Gral" von den Zentralbanken vor sich hergetra¬genen Zielwertes von zwei Prozent zu bewegen.

Zinserhöhung ja — aber wann?

Wesentlich unklarer ist die Situation in den USA. Selbst die Experten können sich nicht einigen: Werden zehn Analysten gefragt, gibt es gefühlt zwanzig verschiedene Meinungen über den Zeitpunkt der ersten Zinserhöhung der Fed. Die aktuellsten Prognosen changieren zwischen September 2015 (bis dahin könnten allerdings die Konjunkturdaten in den USA noch zu schwach sein), Dezember 2015 (hier könnte es ein Liquiditätsproblem geben, da viele Investoren ihre Bücher wegen des nahenden Jahresendes schon

 

geschlossen haben) und März 2016. Da die Mitglieder des Offenmarktausschusses der Federal Reserve Bank sich rhe-torisch alle Möglichkeiten offen halten wollen, tappen hier die Märkte etwas im Dunkeln. Das könnte in diesem Wäh-rungspaar weiterhin stärkere Kursschwankungen bedeuten. Dabei wechselt die Richtung für den Euro. Bei schwachen Konjunkturdaten aus den USA oder „taubenhaften" Ansa¬gen eines Vertreters der Fed bewegt sich der Euro aufwärts. Umgekehrt bei starken US-Daten oder einem „falkenhaften" Auftritt eines Fed-Vertreters geht es für die Gemeinschafts-währung abwärts.

Schlaftablette USD/JPY

Absolut uninteressant handelte jedoch fast das ganze erste Halbjahr hindurch ein anderes Währungspaar, nämlich der US-Dollar gegen den Japanischen Yen. Als wäre hier tonnenweise Baldrian verabreicht oder zwischen der Marke von 120 Yen pro US-Dollar und 125 Yen pro US-Dollar ein riesiger Magnet installiert worden, bewegte sich dieses Währungspaar in den vergangenen Monaten so gut wie gar nicht. Meistens war es daher ein klarer Fall für Inline-Optionsscheine. Erstaunlich ist, dass derYen im Gegensatz zum Euro sich kaum gegen den US-Dollar bewegte, als sich die Erwartungen hinsichtlich der Geldpolitik der US-Noten¬bank mal wieder verschoben hatten. Daher ist es fraglich, was diesem Währungspaar überhaupt wieder richtiges Leben einhauchen könnte.

Power im Pfund

Neben dem Schweizer Franken gab es Anfang Juni immer¬hin noch eine andere Währung, die gegen den mächtigen US-Dollar im Jahresverlauf 2015 zulegen konnte: Das Britische Pfund. Dieses hatte zwar auch von Januar bis Mitte April gegen den Greenback deutlich an Wert verloren, im Vorfeld der Parlamentswahl in Großbritannien und insbe-sondere nach dem unerwartet deutlich ausgefallenen Wahl-ergebnis, legte es jedoch außerordentlich zu und überschritt damit sein Jahresanfangsniveau. Ab Mitte Mai geriet es aber wieder etwas außer Puste und schwächelte. Auch hier dreht sich vieles um die geldpolitischen Maßnahmen der britischen Notenbank, der Bank of England. Nachdem die jährliche Inflationsrate im Vergleich zum Vorjahr einerseits erstmals seit 1960 wieder in den negativen Bereich rutschte, andererseits der Effekt der schwachen Rohölpreise im Jah¬resverlauf auslaufen könnte (so dass die Inflationsraten dann quasi von selbst wieder steigen werden), rechnen die meisten Marktbeobachter nun mit einer ersten Zinserhö¬hung der Bank of England im Frühjahr 2016. Der Zeitpunkt der Anhebung wäre damit etwas später, als dies von der Federal Reserve Bank erwartet wird.

Unterschiedliche Notenbankpolitik

Geldpolitische Maßnahmen der Zentralbanken könnten auch in Schweden und Norwegen auf der Agenda stehen. Allerdings sind dort keine Zinserhöhungen anzunehmen, sondern eher zusätzlich expansive Maßnahmen. Ähnliches gilt für den Australischen Dollar (hier könnte der Zinssen-kungszyklus hingegen bereits an seinem Ende angelangt sein) und den Neuseeländischen Dollar (hier werden von vielen Analysten noch zwei Zinssenkungen in diesem Som¬mer erwartet). Diese beiden Währungen haben gemein, dass sie den jeweiligen dortigen Nationalbanken als zu teuer erscheinen, so dass diese den Außenwert ihrer Währungen lieber weiter nachgeben sehen würden. Somit wären hier

 

sich jedoch in den ersten Monaten des Jahres 2015 eher graduell, still und heimlich — vielleicht aber auch gerade deswegen umso nachhaltiger. Die Ratio, die hier hinter den Kursbewegungen steckt, heißt, dass die absolute Mehrheit der Großanleger bei steigenden Renditen für US-Staats¬anleihen eher mit einem „sicheren Zins" im US-Dollar zufrieden wäre, als mit einem immer noch (zum Beispiel in Brasilien, Russland oder Südafrika) deutlich höherem Zins in einer Währung, die tendenziell abwertungsgefährdet ist. Insbesondere dann, wenn die Zinswende in den USA nun doch wirklich stattfindet. Zusätzlich verkompliziert wird das Ganze dadurch, dass viele Schuldner in diesen Emerging-Markets-Ländern Kredite in US-Dollar aufgenommen haben beziehungsweise sich in US-Dollar verschuldet haben, ihre Einnahmen aber in der Landeswährung erzielen. Schuldner haben daher höhere Verpflichtungen, wenn ihre Landes¬währung, wie geschehen, gegen den US-Dollar abwertet. In vielen Währungen aus dieser Gruppe der „Schwellenlän-derwährungen" gegen den US-Dollar oder Euro könnte und sollte weiterhin ordentlich Bewegung angesagt sein, und zwar je nachdem, ob die Federal Reserve Bank früher oder später in den ersten Zinserhöhungszyklus seit fast einer Dekade einsteigen wird.

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