Donnerstag, 15. Oktober 2015

Zinswende in den USA?


Zinswende in den USA?

Author D.Selzer-McKenzie

https://youtu.be/HJqCTKnY2Ck

Steigen die Renditen, fallen die Kurse und umgekehrt. Mit dieser vereinfachten Darstellung lässt sich ein essen¬ziell wichtiger Zusammenhang bei der Performance von Anleihen charakterisieren. Zwei Beispiele aus der jüngs¬ten Vergangenheit machen die Auswirkungen dieses Zusammenspiels besonders deutlich. So gab es am 15. Oktober 2014 am Markt für US-Staatsanleihen einen sogenannten Flash-Crash. Binnen weniger Minuten stiegen die Renditen deutlich und die Preise fielen kräftig, um sich dann schnell wieder zu erholen. Wäh¬rend es sich hierbei um ein äußerst kurzfristiges Ereignis im lntraday-Bereich handelte, kam es im Frühjahr dieses Jahres beim Euro-Bund-Future zu einer mehrtägigen Talfahrt. Die anziehenden Renditen bei den deutschen Staatsanleihen führten zu einem signifikanten Kursein¬bruch. Dabei kam ein weiterer Wirkmechanismus bei Anleihen zum Tragen: Sind die Renditen sehr niedrig, wie es bei den Bundesanleihen der Fall war, ist die Sen¬sitivität der Preise höher, wenn es zur Veränderungen bei den Renditen kommt. Vereinfacht gesagt: Umso niedriger die aktuelle Rendite ist, umso höher fallen die Kursverluste bei einem Renditeanstieg aus. Dieser Effekt wird noch verstärkt, je größer die Restlaufzeit ist.

Normalisierung der US-Geldpolitik

Brisant sind diese Zusammenhänge auch vor dem Hintergrund der für die USA erwarteten Zinswende. Während der Finanz- und Wirtschaftskrisen in den Jahren 2007 bis 2008 hatte die US-Notenbank (Fed) ihre Leitzinsen massiv gesenkt. Im vorangegangenen Aufschwung der US-Wirtschaft wurde der Schlüssel¬zins, die sogenannte Federal Funds Rate, zu der sich Geschäftsbanken untereinander über Nacht Geld leihen, in der Spitze bis auf 5,25 Prozent angehoben. Von September 2007 an wurde dieses Niveau dann bis Dezember 2008 auf das Zielband von 0,00 bis 0,25 Prozent nach unten geschraubt. Dieses rekord¬niedrige Niveau hat bis heute Bestand. Es gehörte zu den geldpolitischen Instrumenten, mit denen die Fed bei der Krisenbewältigung darauf abzielte, die Refinanzierung der Geschäftsbanken untereinander zu stützen sowie konjunkturelle Impulse für die US-Wirtschaft zu generieren. Allerdings hatten die Noten¬banker keinen Hehl daraus gemacht, die Geldpolitik wieder normalisieren zu wollen.

 

Zinswende für 2015 erwartet

Bereits im Juni 2011 konkretisierte sie, wie eine solche Normalisierung aussehen könnte. Seither wurden die Pläne ergänzt und angepasst. Zur Strategie gehört eine Anhebung der Federal Funds Rate. Eine erste Erhöhung und damit der Start der Zinswende wurden von der Fed für 2015 angekündigt, wenn dazu die notwendigen Vor-aussetzungen oder Notwendigkeiten vorliegen, zu denen eine stabile US-Konjunktur sowie eine nachhaltige Besserung der Lage am US-Arbeitsmarkt oder ein zu großer Inflationsdruck zählen. David Schnautz, Interest Rate Strategist von Commerzbank Research Corporates

Markets, geht davon aus, dass die Notenbank ihren Ankündigungen Taten folgen lässt und noch 2015 mit dem Zinsanhebungszyklus startet: »Die Daten zur US-Wirtschaft, allen voran die Lage am Arbeitsmarkt, scheinen von den Mitgliedern der Fed als ausreichend robust angesehen zu werden, um der aktuellen Nullzins-politik als Ergebnis der Krise endlich ein Ende zu setzen. Neben anhaltend niedrigen Inflationsraten müssten die anstehenden US-Daten wohl sehr enttäuschen, um die Fed von einer Zinserhöhung abzuhalten.«

Gemächliches Tempo

Bis dato wurde der Leitzins jedoch noch nicht ange¬rührt. Zudem hält sich die Notenbank bezüglich des Zeitpunkts einer Anhebung bedeckt. Die Erwartunghöherer Leitzinsen am Markt, die auch von der Noten¬bank selbst kontinuierlich geschürt wurde, haben bei den Renditen für 10- und 30-jährige US-Staatsanleihen, nachdem sie 2014 gesunken waren, mit zu der steigen¬den Tendenz in diesem Jahr beigetragen. Damit ein¬hergehend sanken die entsprechenden Anleihenkurse. Sollte die Fed die Zinswende einläuten und anschlie¬ßend die Leitzinsen sukzessive erhöhen, dürfte das dadurch anziehende allgemeine Zinsniveau auch die Anleihenrenditen weiter steigen lassen. Gleichzeitig dürften die Kurse sinken. Allerdings hatte die Fed immer wieder betont, nach dem Start der Zinswende die Leit¬zinsen nur in einem gemächlichen Tempo erhöhen zu wollen. Sie versuchte damit die Marktteilnehmer zu beruhigen. Schließlich werden zu schnelle Anhebungen als großes Risiko gesehen, könnten solche doch zu größeren Verwerfungen am US-Anleihenmarkt führen.

Fingerspitzengefühl gefragt

Bei der Normalisierung der Geldpolitik ist daher weiter¬hin Fingerspitzengefühl gefragt. Auch weil die Fed mit ihrer extrem lockeren Geldpolitik in den vergangenen Jahren mit zu dem Bullenmarkt historischen Ausmaßes bei den US-Staatsanleihen beigetragen hat, was zu einer Überhitzung der Preise führte und diese in noch nie da gewesene Höhen katapultierte. Durch ihre seit Jahren immer wieder verbal ins Spiel gebrachte Nor-

Grafik 2: Nominales Gesamtvolumen marktfähiger ausstehender US-Staatsanleihen

in Mrd. US-Dollar

14.000

12.791

12.000

10.000

8.000

6.000

4.000

2.000

0        

1980

Stand: 19. August 2015; Quelle: U.S. Department of the Treasury, Bureau of the Fiscal Service

 

TITELTHEMA

malisierung der Geldpolitik haben sich die Kurse von ihren Rekordhöhen zwar etwas entfernt, das Rückschlag-potenzial ist jedoch nach wie vor sehr groß. Daraus resultiert vor dem Hintergrund der enormen Größe dieses Markts ferner ein hohes Risiko für die weltweiten Finanzmärkte im Allgemeinen. In den vergangenen Jahren ist der Schuldenberg in den USA von einem Rekord zum nächsten geklettert. Zur Finanzierung der großen Defizite im Staatshaushalt und in der Leistungs-bilanz wurden dabei auch viele Staatsanleihen emittiert. Allein seit 2007 ist das nominale Volumen der ausste-henden marktfähigen US-Staatsanleihen nach Angaben des US-Finanzamts von rund 4.500 auf zuletzt fast 12.800 Milliarden US-Dollar geklettert. Noch deutlicher wird das rapide Wachstum in der längerfristigen Be¬trachtung. Beispielsweise ging es seit 2000 um fast 10.000 Milliarden US-Dollar aufwärts.

Sorgen über Marktliquidität

Und nicht nur die absolute Größe des ausstehenden US-Anleihenvolumen ist gewaltig, sondern auch das tägliche Handelsvolumen. Im bisherigen Verlauf 2015 wechselten jeden Tag Papiere für durchschnittlich rund 500 Milliarden US-Dollar die Besitzer. Kurzum: Hier wird reichlich Kapital bewegt und viele Investoren sind auf diesem Markt aktiv. Daher gilt der Markt für US-Staats¬anleihen auch als einer der weltweit liquidesten. Den¬noch machen sich seit einigen Monaten Beobachter über einen Rückgang der sogenannten Marktliquidität Sorgen. Dabei geht es nicht nur um das reine Handels¬volumen, sondern auch um niedrige Differenzen zwischen Kauf- und Verkaufskursen (Bid-Ask-Spread) sowie die Tiefe des Markts, definiert als die durch-schnittliche Höhe der drei besten Angebote und Nach-fragen. In einem normalen Umfeld ist eine geringere Marktliquidität kein Problem. Anders sieht es bei Stress aus. Nämlich dann, wenn viele Investoren schnell ver¬kaufen wollen oder müssen. Sollte es dann nicht aus¬reichend Liquidität geben, könnte es zu einem größeren Preisdruck kommen, was wiederum zu einer Ketten¬reaktion und damit zu größeren Verwerfungen führen könnte. Einen kleinen Vorgeschmack auf größere Preis¬sprünge lieferte der eingangs erwähnte Flash-Crash. Auch wenn dieser schnell wieder ausgeglichen wurde, bleibt die Gefahr größerer Turbulenzen.

Vier neue ETFs

Halter von US-Staatsanleihen können sich gegen solche Bewegungen absichern. An der größten Terminbörse der Welt, der CME, gibt es entsprechende Produkte, wie beispielsweise Futures. Auch hier ist das tägliche Handelsvolumen im Rentenbereich sehr groß. Neben der Absicherung werden die Futures zur Ausnutzung von Marktbewegungen, also aus spekulativen Motiven, eingesetzt. Im Future-Handel tummeln sich vor allem institutionelle Anleger, weil der Umgang mit derartigen Terminkontrakten vergleichsweise kompliziert ist. Um auch privaten Anlegern die Möglichkeit zu geben, an den Auf- und Abwärtsbewegungen bei den US-Anleihen-Futures und den sich damit ergebenden Anlagechancen am US-Rentenmarkt zu partizipieren, hat ComStage vier neue ETFs aufgelegt. Basiswerte sind die Strategien, die sich auf den 10-Year U.S. Treasury Note Future sowie den U.S. Treasury Bond Future beziehen.

Unterschiedliche Laufzeiten

Beiden Terminkontrakten liegt eine fiktive Schuldver-schreibung der USA mit einem Zinskupon von jeweils 6 Prozent zugrunde. Der Nominalwert eines Future-Kontrakts beträgt jeweils 100.000 US-Dollar. Außerdem erfolgt am Verfalltag, wenn die offenen Terminkontrakte ausgeübt werden, bei beiden eine physische Lieferung der entsprechenden US-Staatsanleihen. Hierbei unter-scheiden sich die Futures. Bei den 10-Year U.S. Treasury Note Futures müssen Verkäufer reale US-Schuldver-schreibungen im Nominalwert mit einer Restlaufzeit von mindestens sechs Jahren sowie einer Anfangslaufzeit von höchstens zehn Jahren liefern. Der Käufer hat sich wiederum dazu verpflichtet, die entsprechenden Papiere abzunehmen. Beim U.S. Treasury Bond Future beträgt die Restlaufzeit der zu liefernden US-Staatsanleihen mindestens 15 und weniger als 25 Jahre. Der 10-Year U.S. Treasury Note Future ist im US-Anleihenmarkt der liquideste und bedeutendste Terminkontrakt und gilt somit als Referenz für den effektiven Zinssatz von 10-jährigen US-Staatsanleihen. Ausstattung und Stellen¬wert sind in etwa vergleichbar mit dem Euro-Bund-Future, dem bedeutendsten Terminkontrakt für die europäischen Rentenmärkte. Er dient als Referenz für 10-jährige deutsche Staatsanleihen. Hier liegt die Kon¬traktgröße bei 100.000 Euro. Bei Ausübung geliefert

 

werden Bundesanleihen mit einer Restlaufzeit von mindestens 8,5 und höchstens 10,5 Jahren.

ETFs auf U.S. Treasury Future Strategien Der neue CBK 10Y US-Treasury Future TR UCITS ETF (WKN: ETF 570) basiert auf der Wertentwicklung des 10-Year U.S. Treasury Note Future. Die Performance einer Anlage basiert dabei auf der Entwicklung des 10-Year U.S. Treasury Note Future inklusive Verzinsung des nicht gebundenen Kapitals. Der ETF richtet sich an Anleger, die von fallenden Renditen im Bereich der 10-jährigen US-Staatsanleihen ausgehen. Anleger, die dagegen steigende Renditen erwarten, können mit dem CBK 10Y US-Treasury Future Short TR UCITS ETF (WKN: ETF 571) an einer solchen Entwicklung partizi¬pieren. Für Anleger, die auch im sehr langen Bereich der US-Anleihen steigende Renditen erwarten, hat ComStage außerdem zwei neue ETFs auf den U.S. Treasury Bond Future aufgelegt. Der CBK U.S. Treasury Bond Future Short TR UCITS ETF (WKN: ETF 572) bildet dabei die Gesamtrendite eines täglichen Short-Investments in den U.S. Treasury Bond Future inklusive Verzinsung des nicht gebundenen Kapitals ab. Mit dem CBK U.S. Treasury Bond Future Double Short TR UCITS ETF (WKN: ETF 573) partizipieren Anleger von einer mit dem Faktor 2 gehebelten täglichen Short-Position auf den U.S. Treasury Bond Future.

Wichtig zu wissen

Bei den drei neuen Short-ETFs zu beachten ist, dass die den ETFs zugrunde liegenden Strategien die Gesamt-rendite eines täglichen prozentualen Investments ab-bilden und nicht die absolute Wertentwicklung der zu-grunde liegenden Futures. Das bedeutet: Wenn der Preis des Futures steigt und am folgenden Tag um die exakt gleiche Punktzahl wieder sinkt, führt dies dazu, dass das Ausgangsniveau nicht wieder erreicht wird. Wissen sollten Anleger auch, dass die Strategie auf Treasury-Future-Kontrakten mit festen Laufzeiten basiert. Diese laufen am Verfalltag aus. An der Terminbörse sind da¬bei beim 10-Year U.S. Treasury Note Future jeweils die nächsten fünf und beim U.S. Treasury Bond Future die nächsten drei aufeinanderfolgenden Laufzeiten aus dem Zyklus März, Juni, September und Dezember handelbar. Basiswert für die Strategien ist stets der nächstfällige

Kontrakt. Um ein zeitlich durchgehendes Anlagepro¬dukt zu bilden und die tatsächliche Lieferung des Basiswerts zu vermeiden, findet ein sogenannter Rollprozess statt. Kurz vor dem letzten Handelstag wird dazu der aktuell investierte Kontrakt mit dem der darauffolgenden Fälligkeit ausgetauscht. Durch dieses Rollen sind Erträge bzw. Verluste möglich, die automatisch in die Strategie einbezogen werden.

Anlagechancen und Absicherung

Mit den vier neuen ETFs auf die beiden U.S Treasury Futures haben Anleger die Möglichkeit, an den Auf-und Abwärtsbewegungen am US-Anleihenmarkt zu partizipieren. Gerade vor dem Hintergrund der ange-kündigten Zinswende in den USA könnte es hier ent-sprechende Chancen geben. Die einfach und kosten-günstiger zu handelnden ETFs richten sich dabei vor allem an Anleger, die zum einen kurz- bis mittelfristig auf eine Änderung des Zinsniveaus spekulieren und von diesen Veränderungen in einfacher oder gehebelter Form profitieren wollen. Zum anderen können Investo-

 

ren, die US-Staatsanleihen in ihrem Portfolio haben, die Short-ETFs nutzen, um sich gegen fallende Anleihen-kurse abzusichern.






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