Zinswende in den USA?
Author D.Selzer-McKenzie
https://youtu.be/HJqCTKnY2Ck
Steigen die Renditen, fallen die Kurse und umgekehrt. Mit
dieser vereinfachten Darstellung lässt sich ein essen¬ziell wichtiger
Zusammenhang bei der Performance von Anleihen charakterisieren. Zwei Beispiele
aus der jüngs¬ten Vergangenheit machen die Auswirkungen dieses Zusammenspiels
besonders deutlich. So gab es am 15. Oktober 2014 am Markt für
US-Staatsanleihen einen sogenannten Flash-Crash. Binnen weniger Minuten stiegen
die Renditen deutlich und die Preise fielen kräftig, um sich dann schnell
wieder zu erholen. Wäh¬rend es sich hierbei um ein äußerst kurzfristiges
Ereignis im lntraday-Bereich handelte, kam es im Frühjahr dieses Jahres beim
Euro-Bund-Future zu einer mehrtägigen Talfahrt. Die anziehenden Renditen bei
den deutschen Staatsanleihen führten zu einem signifikanten Kursein¬bruch.
Dabei kam ein weiterer Wirkmechanismus bei Anleihen zum Tragen: Sind die Renditen
sehr niedrig, wie es bei den Bundesanleihen der Fall war, ist die Sen¬sitivität
der Preise höher, wenn es zur Veränderungen bei den Renditen kommt. Vereinfacht
gesagt: Umso niedriger die aktuelle Rendite ist, umso höher fallen die
Kursverluste bei einem Renditeanstieg aus. Dieser Effekt wird noch verstärkt,
je größer die Restlaufzeit ist.
Normalisierung der US-Geldpolitik
Brisant sind diese Zusammenhänge auch vor dem Hintergrund
der für die USA erwarteten Zinswende. Während der Finanz- und Wirtschaftskrisen
in den Jahren 2007 bis 2008 hatte die US-Notenbank (Fed) ihre Leitzinsen massiv
gesenkt. Im vorangegangenen Aufschwung der US-Wirtschaft wurde der
Schlüssel¬zins, die sogenannte Federal Funds Rate, zu der sich Geschäftsbanken
untereinander über Nacht Geld leihen, in der Spitze bis auf 5,25 Prozent
angehoben. Von September 2007 an wurde dieses Niveau dann bis Dezember 2008 auf
das Zielband von 0,00 bis 0,25 Prozent nach unten geschraubt. Dieses
rekord¬niedrige Niveau hat bis heute Bestand. Es gehörte zu den geldpolitischen
Instrumenten, mit denen die Fed bei der Krisenbewältigung darauf abzielte, die
Refinanzierung der Geschäftsbanken untereinander zu stützen sowie
konjunkturelle Impulse für die US-Wirtschaft zu generieren. Allerdings hatten
die Noten¬banker keinen Hehl daraus gemacht, die Geldpolitik wieder
normalisieren zu wollen.
Zinswende für 2015 erwartet
Bereits im Juni 2011 konkretisierte sie, wie eine solche
Normalisierung aussehen könnte. Seither wurden die Pläne ergänzt und angepasst.
Zur Strategie gehört eine Anhebung der Federal Funds Rate. Eine erste Erhöhung
und damit der Start der Zinswende wurden von der Fed für 2015 angekündigt, wenn
dazu die notwendigen Vor-aussetzungen oder Notwendigkeiten vorliegen, zu denen
eine stabile US-Konjunktur sowie eine nachhaltige Besserung der Lage am
US-Arbeitsmarkt oder ein zu großer Inflationsdruck zählen. David Schnautz,
Interest Rate Strategist von Commerzbank Research Corporates
Markets, geht davon aus, dass die Notenbank ihren
Ankündigungen Taten folgen lässt und noch 2015 mit dem Zinsanhebungszyklus
startet: »Die Daten zur US-Wirtschaft, allen voran die Lage am Arbeitsmarkt,
scheinen von den Mitgliedern der Fed als ausreichend robust angesehen zu
werden, um der aktuellen Nullzins-politik als Ergebnis der Krise endlich ein
Ende zu setzen. Neben anhaltend niedrigen Inflationsraten müssten die
anstehenden US-Daten wohl sehr enttäuschen, um die Fed von einer Zinserhöhung
abzuhalten.«
Gemächliches Tempo
Bis dato wurde der Leitzins jedoch noch nicht ange¬rührt.
Zudem hält sich die Notenbank bezüglich des Zeitpunkts einer Anhebung bedeckt.
Die Erwartunghöherer Leitzinsen am Markt, die auch von der Noten¬bank selbst
kontinuierlich geschürt wurde, haben bei den Renditen für 10- und 30-jährige
US-Staatsanleihen, nachdem sie 2014 gesunken waren, mit zu der steigen¬den
Tendenz in diesem Jahr beigetragen. Damit ein¬hergehend sanken die
entsprechenden Anleihenkurse. Sollte die Fed die Zinswende einläuten und
anschlie¬ßend die Leitzinsen sukzessive erhöhen, dürfte das dadurch anziehende
allgemeine Zinsniveau auch die Anleihenrenditen weiter steigen lassen.
Gleichzeitig dürften die Kurse sinken. Allerdings hatte die Fed immer wieder
betont, nach dem Start der Zinswende die Leit¬zinsen nur in einem gemächlichen
Tempo erhöhen zu wollen. Sie versuchte damit die Marktteilnehmer zu beruhigen.
Schließlich werden zu schnelle Anhebungen als großes Risiko gesehen, könnten
solche doch zu größeren Verwerfungen am US-Anleihenmarkt führen.
Fingerspitzengefühl gefragt
Bei der Normalisierung der Geldpolitik ist daher weiter¬hin
Fingerspitzengefühl gefragt. Auch weil die Fed mit ihrer extrem lockeren
Geldpolitik in den vergangenen Jahren mit zu dem Bullenmarkt historischen
Ausmaßes bei den US-Staatsanleihen beigetragen hat, was zu einer Überhitzung
der Preise führte und diese in noch nie da gewesene Höhen katapultierte. Durch
ihre seit Jahren immer wieder verbal ins Spiel gebrachte Nor-
Grafik 2: Nominales Gesamtvolumen marktfähiger ausstehender
US-Staatsanleihen
in Mrd. US-Dollar
14.000
12.791
12.000
10.000
8.000
6.000
4.000
2.000
0
1980
Stand: 19. August 2015; Quelle: U.S. Department of the
Treasury, Bureau of the Fiscal Service
TITELTHEMA
malisierung der Geldpolitik haben sich die Kurse von ihren
Rekordhöhen zwar etwas entfernt, das Rückschlag-potenzial ist jedoch nach wie
vor sehr groß. Daraus resultiert vor dem Hintergrund der enormen Größe dieses
Markts ferner ein hohes Risiko für die weltweiten Finanzmärkte im Allgemeinen.
In den vergangenen Jahren ist der Schuldenberg in den USA von einem Rekord zum
nächsten geklettert. Zur Finanzierung der großen Defizite im Staatshaushalt und
in der Leistungs-bilanz wurden dabei auch viele Staatsanleihen emittiert.
Allein seit 2007 ist das nominale Volumen der ausste-henden marktfähigen
US-Staatsanleihen nach Angaben des US-Finanzamts von rund 4.500 auf zuletzt
fast 12.800 Milliarden US-Dollar geklettert. Noch deutlicher wird das rapide
Wachstum in der längerfristigen Be¬trachtung. Beispielsweise ging es seit 2000
um fast 10.000 Milliarden US-Dollar aufwärts.
Sorgen über Marktliquidität
Und nicht nur die absolute Größe des ausstehenden
US-Anleihenvolumen ist gewaltig, sondern auch das tägliche Handelsvolumen. Im bisherigen
Verlauf 2015 wechselten jeden Tag Papiere für durchschnittlich rund 500
Milliarden US-Dollar die Besitzer. Kurzum: Hier wird reichlich Kapital bewegt
und viele Investoren sind auf diesem Markt aktiv. Daher gilt der Markt für
US-Staats¬anleihen auch als einer der weltweit liquidesten. Den¬noch machen
sich seit einigen Monaten Beobachter über einen Rückgang der sogenannten
Marktliquidität Sorgen. Dabei geht es nicht nur um das reine Handels¬volumen,
sondern auch um niedrige Differenzen zwischen Kauf- und Verkaufskursen
(Bid-Ask-Spread) sowie die Tiefe des Markts, definiert als die
durch-schnittliche Höhe der drei besten Angebote und Nach-fragen. In einem
normalen Umfeld ist eine geringere Marktliquidität kein Problem. Anders sieht
es bei Stress aus. Nämlich dann, wenn viele Investoren schnell ver¬kaufen
wollen oder müssen. Sollte es dann nicht aus¬reichend Liquidität geben, könnte
es zu einem größeren Preisdruck kommen, was wiederum zu einer Ketten¬reaktion
und damit zu größeren Verwerfungen führen könnte. Einen kleinen Vorgeschmack
auf größere Preis¬sprünge lieferte der eingangs erwähnte Flash-Crash. Auch wenn
dieser schnell wieder ausgeglichen wurde, bleibt die Gefahr größerer
Turbulenzen.
Vier neue ETFs
Halter von US-Staatsanleihen können sich gegen solche
Bewegungen absichern. An der größten Terminbörse der Welt, der CME, gibt es
entsprechende Produkte, wie beispielsweise Futures. Auch hier ist das tägliche
Handelsvolumen im Rentenbereich sehr groß. Neben der Absicherung werden die
Futures zur Ausnutzung von Marktbewegungen, also aus spekulativen Motiven,
eingesetzt. Im Future-Handel tummeln sich vor allem institutionelle Anleger,
weil der Umgang mit derartigen Terminkontrakten vergleichsweise kompliziert
ist. Um auch privaten Anlegern die Möglichkeit zu geben, an den Auf- und
Abwärtsbewegungen bei den US-Anleihen-Futures und den sich damit ergebenden
Anlagechancen am US-Rentenmarkt zu partizipieren, hat ComStage vier neue ETFs
aufgelegt. Basiswerte sind die Strategien, die sich auf den 10-Year U.S. Treasury
Note Future sowie den U.S. Treasury Bond Future beziehen.
Unterschiedliche Laufzeiten
Beiden Terminkontrakten liegt eine fiktive
Schuldver-schreibung der USA mit einem Zinskupon von jeweils 6 Prozent
zugrunde. Der Nominalwert eines Future-Kontrakts beträgt jeweils 100.000
US-Dollar. Außerdem erfolgt am Verfalltag, wenn die offenen Terminkontrakte
ausgeübt werden, bei beiden eine physische Lieferung der entsprechenden
US-Staatsanleihen. Hierbei unter-scheiden sich die Futures. Bei den 10-Year
U.S. Treasury Note Futures müssen Verkäufer reale US-Schuldver-schreibungen im
Nominalwert mit einer Restlaufzeit von mindestens sechs Jahren sowie einer
Anfangslaufzeit von höchstens zehn Jahren liefern. Der Käufer hat sich wiederum
dazu verpflichtet, die entsprechenden Papiere abzunehmen. Beim U.S. Treasury
Bond Future beträgt die Restlaufzeit der zu liefernden US-Staatsanleihen
mindestens 15 und weniger als 25 Jahre. Der 10-Year U.S. Treasury Note Future
ist im US-Anleihenmarkt der liquideste und bedeutendste Terminkontrakt und gilt
somit als Referenz für den effektiven Zinssatz von 10-jährigen
US-Staatsanleihen. Ausstattung und Stellen¬wert sind in etwa vergleichbar mit
dem Euro-Bund-Future, dem bedeutendsten Terminkontrakt für die europäischen
Rentenmärkte. Er dient als Referenz für 10-jährige deutsche Staatsanleihen.
Hier liegt die Kon¬traktgröße bei 100.000 Euro. Bei Ausübung geliefert
werden Bundesanleihen mit einer Restlaufzeit von mindestens
8,5 und höchstens 10,5 Jahren.
ETFs auf U.S. Treasury Future Strategien Der neue CBK 10Y
US-Treasury Future TR UCITS ETF (WKN: ETF 570) basiert auf der Wertentwicklung
des 10-Year U.S. Treasury Note Future. Die Performance einer Anlage basiert
dabei auf der Entwicklung des 10-Year U.S. Treasury Note Future inklusive Verzinsung
des nicht gebundenen Kapitals. Der ETF richtet sich an Anleger, die von
fallenden Renditen im Bereich der 10-jährigen US-Staatsanleihen ausgehen.
Anleger, die dagegen steigende Renditen erwarten, können mit dem CBK 10Y
US-Treasury Future Short TR UCITS ETF (WKN: ETF 571) an einer solchen
Entwicklung partizi¬pieren. Für Anleger, die auch im sehr langen Bereich der
US-Anleihen steigende Renditen erwarten, hat ComStage außerdem zwei neue ETFs
auf den U.S. Treasury Bond Future aufgelegt. Der CBK U.S. Treasury Bond Future
Short TR UCITS ETF (WKN: ETF 572) bildet dabei die Gesamtrendite eines
täglichen Short-Investments in den U.S. Treasury Bond Future inklusive
Verzinsung des nicht gebundenen Kapitals ab. Mit dem CBK U.S. Treasury Bond
Future Double Short TR UCITS ETF (WKN: ETF 573) partizipieren Anleger von einer
mit dem Faktor 2 gehebelten täglichen Short-Position auf den U.S. Treasury Bond
Future.
Wichtig zu wissen
Bei den drei neuen Short-ETFs zu beachten ist, dass die den
ETFs zugrunde liegenden Strategien die Gesamt-rendite eines täglichen
prozentualen Investments ab-bilden und nicht die absolute Wertentwicklung der
zu-grunde liegenden Futures. Das bedeutet: Wenn der Preis des Futures steigt
und am folgenden Tag um die exakt gleiche Punktzahl wieder sinkt, führt dies
dazu, dass das Ausgangsniveau nicht wieder erreicht wird. Wissen sollten
Anleger auch, dass die Strategie auf Treasury-Future-Kontrakten mit festen
Laufzeiten basiert. Diese laufen am Verfalltag aus. An der Terminbörse sind
da¬bei beim 10-Year U.S. Treasury Note Future jeweils die nächsten fünf und
beim U.S. Treasury Bond Future die nächsten drei aufeinanderfolgenden
Laufzeiten aus dem Zyklus März, Juni, September und Dezember handelbar.
Basiswert für die Strategien ist stets der nächstfällige
Kontrakt. Um ein zeitlich durchgehendes Anlagepro¬dukt zu
bilden und die tatsächliche Lieferung des Basiswerts zu vermeiden, findet ein
sogenannter Rollprozess statt. Kurz vor dem letzten Handelstag wird dazu der
aktuell investierte Kontrakt mit dem der darauffolgenden Fälligkeit
ausgetauscht. Durch dieses Rollen sind Erträge bzw. Verluste möglich, die
automatisch in die Strategie einbezogen werden.
Anlagechancen und Absicherung
Mit den vier neuen ETFs auf die beiden U.S Treasury Futures
haben Anleger die Möglichkeit, an den Auf-und Abwärtsbewegungen am
US-Anleihenmarkt zu partizipieren. Gerade vor dem Hintergrund der
ange-kündigten Zinswende in den USA könnte es hier ent-sprechende Chancen
geben. Die einfach und kosten-günstiger zu handelnden ETFs richten sich dabei
vor allem an Anleger, die zum einen kurz- bis mittelfristig auf eine Änderung
des Zinsniveaus spekulieren und von diesen Veränderungen in einfacher oder
gehebelter Form profitieren wollen. Zum anderen können Investo-
ren, die US-Staatsanleihen in ihrem Portfolio haben, die
Short-ETFs nutzen, um sich gegen fallende Anleihen-kurse abzusichern.
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