Rohstoffpreise
Author D.Selzer-McKenzie
Video: https://youtu.be/N2R8eCsRdqY
Des einen Freud...
... ist des anderen Leid. Während sich viele Verbraucher
über niedrigere Preise für Öl oder Edelmetallschmuck freuen, hadern viele
Anleger - und nicht zuletzt auch die Produzenten - mit den nun schon seit drei
Jahren tendenziell fallenden Rohstoffpreisen,
>
Die Preise für Öl, Gold, Kupfer und Co. kön¬nen nicht endlos
fallen. Irgendwann wird der Boden dann doch recht nah kommen. Insbesondere
dann, wenn es sich für einige Produzenten nicht mehr lohnen wird, diese
Roh¬stoffe überhaupt noch zu fördern. Dies ist zwar momentan für einige große
Ölförderländer durch¬aus schon der Fall. Allerdings scheinen die Ölpreise unter
einem Sonderfaktor zu leiden. Nämlich, dass es hier momentan nur noch darum
geht, eigene Marktanteile zu verteidigen. Und zwar auch dann, wenn die
Förderkosten aktuell über dem Preis lie¬gen, der die Produktionskosten decken
würde.
ANGEBOT UND NACHFRAGE
Grundsätzlich ist es natürlich so, dass zur Bestim-mung von
Marktpreisen wie immer die Angebots-und die Nachfrageseite betrachtet werden
müssen. An den meisten Rohstoffmärkten haben wir es aktuell mit einem
Überangebot zu tun, das Druck auf die Preise ausübt. Ganz offensichtlich ist
dies bei Öl der Fall, aber auch bei einigen Metallen.
Trotz der fallenden Preise verringert sich jedoch für viele
Rohstoffe bis dato das Angebot nicht. Dies hat verschiedene Gründe, von denen
hier zwei kurz erklärt werden sollen: Zum einen werteten in den vergangenen
Wochen und Monaten viele Währungen rohstoffproduzierender Länder gegen den
US-Dollar ab. Beispielhaft seien hier der austra¬lische Dollar — Australien ist
einer der weltgrößten Produzenten von Eisenerz, Kupfer und Gold — und die
Währung Kasachstans, der Tenge, genannt. Letztere wertete nach der Freigabe des
Kurses
Mitte August um knapp 54 Prozent ab. Somit wird für
Kas'achstans Ölexporteure der Preisverfall auf dem Weltmarkt, an dem Öl in
US-Dollar gehandelt wird, durch die Abwertung der Heimatwährung zumindest zu
einem großen Teil kompensiert.
Zum anderen haben sich einige Produzenten (hier sei
beispielhaft die Fracking-lndustrie in den USA genannt) durch die Ausgabe von
Anleihen oder durch die Aufnahme von Krediten finanziert und müssen nun ihre
Produktion auch zu mög¬licherweise nicht kostendeckenden Preisen ver¬kaufen, um
diese aufgenommenen Gelder zurück¬zahlen oder Zinszahlungen bedienen zu können.
Deshalb wurde bei vielen Rohstoffen das Angebot nicht so eingeschränkt, wie es
eigentlich zu erwar¬ten gewesen wäre.
Betrachten wir nun die Nachfrageseite. Hier ist unmittelbar
einleuchtend, dass die Nachfrage nach Rohstoffen in Phasen starker Konjunktur
höher ist als zu Zeiten der Rezession. Nun schwächelte die US-Wirtschaft im
ersten Quartal 2015 wegen des harten Winters. Und aus anderen Teilen der Welt
wurden teilweise negative Steigerungsraten des Bruttoinlandsprodukts vermeldet
wie zum Beispiel aus Japan im zweiten Quartal. Länder wie Brasili¬en und
Venezuela rutschten gar in die Rezession. Die Eurozone war im ersten Halbjahr
offenbar sehr stark mit dem Thema Griechenland beschäftigt und konnte noch
nicht die gewünschten Wachs¬tumsraten liefern.
All dies verblasst jedoch gegen die Frage, wie sich die
Konjunktur in dem Land der Welt entwi¬ckelt, das den größten Appetit auf
Rohstoffe hat und von dessen Wirtschaftsstärke das Wohl und Wehe einer Reihe
von Volkswirtschaften weltweit — nämlich derjenigen der rohstoffproduzierenden
Länder—abhängt. Die Rede ist natürlich von China.
ALLE AUGEN AUF CHINA
Dort waren die Aktienbörsen bis in das Frühjahr hinein stark
angestiegen, was sich ab Mitte Juni komplett änderte. War zum Beispiel der
Shanghai Composite von etwa 3170 Punkten zu Jahresbeginn auf 5178 Punkte Mitte
Juni geklettert, so verlor der Index diese Zugewinne wieder und fiel im Au-gust
bis auf 2850 Punkte zurück. Die plötzliche Malaise an den Aktienmärkten war
dabei mehr oder weniger auch Ausdruck einer zunehmenden Besorgnis über die
Wirtschaftsentwicklung Chi¬nas. Zwar vermeldeten die Regierungsbehörden für das
zweite Quartal 2015 die geplanten 7,0 Prozent BIP-Wachstum. Einige
Marktbeobachter zweifelten jedoch daran. Zumindest ließen sich kontinuierlich
schwache Wirtschaftsdaten aus China unter anderem zur Industrieproduktion und
zu Sachinvestitionen nicht leugnen. Die volle Auf¬merksamkeit erzielte das Land
spätestens am 11. August, als die chinesische Währung, der Yuan, in einem
überraschenden Schritt leicht abgewertet
22
wurde. Und die Händler, die sich am 24. August nicht im
Sommerurlaub befanden, werden sich mit Schaudern daran erinnern, wie der Dax
zur Han¬delseröffnung in New York um circa acht Prozent unter den Vortagesschluss
fiel und der Dow Jenes Index mehr als 1000 Punkte verlor. Das alles nur
deshalb, weil China über das Wochenende hinweg nicht wie von vielen erwartet,
die Leitzinsen ge-senkt hatte. Was Chinas Zentralbank am 25. August jedoch
nachholte.
Die Preise vieler Rohstoffe handelten recht stark korreliert
mit den Aktienmärkten. Das heißt in dem Fall: Sie fielen auch. Gold, Silber,
Platin, Kupfer, Nickel, Öl und Co. purzelten allesamt auf neue Fünf- bis
Siebenjahrestiefstände. Zum einen wegen der Furcht, dass die Konjunktur in
China auf der Kippe stünde, was eine gedämpfte Nachfra¬ge nach Rohstoffen zur
Folge hätte. Hierzu muss man wissen, dass China nach diversen Quellen für mehr
als die Hälfte der weltweiten Kupfernach¬frage verantwortlich ist. Zusammen mit
Indien ist das Land zudem der weltgrößte Nachfrager nach physischem Gold und
auch ein bedeutender Nach¬frager nach Ölprodukten. Zum anderen werteten viele
asiatische Länder ihre Währungen im Zuge Wehe einer Reihe von Volkswirtschaften
weltweit — nämlich derjenigen der rohstoffproduzierenden Länder—abhängt. Die
Rede ist natürlich von China.
ALLE AUGEN AUF CHINA
Dort waren die Aktienbörsen bis in das Frühjahr hinein stark
angestiegen, was sich ab Mitte Juni komplett änderte. War zum Beispiel der
Shanghai Composite von etwa 3170 Punkten zu Jahresbeginn auf 5178 Punkte Mitte
Juni geklettert, so verlor der Index diese Zugewinne wieder und fiel im Au-gust
bis auf 2850 Punkte zurück. Die plötzliche Malaise an den Aktienmärkten war
dabei mehr oder weniger auch Ausdruck einer zunehmenden Besorgnis über die
Wirtschaftsentwicklung Chi¬nas. Zwar vermeldeten die Regierungsbehörden für das
zweite Quartal 2015 die geplanten 7,0 Prozent BIP-Wachstum. Einige
Marktbeobachter zweifelten jedoch daran. Zumindest ließen sich kontinuierlich
schwache Wirtschaftsdaten aus China unter anderem zur Industrieproduktion und
zu Sachinvestitionen nicht leugnen. Die volle Auf¬merksamkeit erzielte das Land
spätestens am 11. August, als die chinesische Währung, der Yuan, in einem
überraschenden Schritt leicht abgewertet
22
wurde. Und die Händler, die sich am 24. August nicht im
Sommerurlaub befanden, werden sich mit Schaudern daran erinnern, wie der Dax
zur Han¬delseröffnung in New York um circa acht Prozent unter den
Vortagesschluss fiel und der Dow Jenes Index mehr als 1000 Punkte verlor. Das
alles nur deshalb, weil China über das Wochenende hinweg nicht wie von vielen
erwartet, die Leitzinsen ge-senkt hatte. Was Chinas Zentralbank am 25. August
jedoch nachholte.
Die Preise vieler Rohstoffe handelten recht stark korreliert
mit den Aktienmärkten. Das heißt in dem Fall: Sie fielen auch. Gold, Silber,
Platin, Kupfer, Nickel, Öl und Co. purzelten allesamt auf neue Fünf- bis
Siebenjahrestiefstände. Zum einen wegen der Furcht, dass die Konjunktur in China
auf der Kippe stünde, was eine gedämpfte Nachfra¬ge nach Rohstoffen zur Folge
hätte. Hierzu muss man wissen, dass China nach diversen Quellen für mehr als
die Hälfte der weltweiten Kupfernach¬frage verantwortlich ist. Zusammen mit
Indien ist das Land zudem der weltgrößte Nachfrager nach physischem Gold und
auch ein bedeutender Nach¬frager nach Ölprodukten. Zum anderen werteten viele
asiatische Länder ihre Währungen im Zuge stoffe auch dann, wenn sie gegen den
US-Dollar unverändert handeln, in deren Heimatwährung teurer und war somit für
viele Investoren einer der Gründe, aus Rohstoffpositionen auszusteigen — die
vermeintlich verminderte zukünftige Nachfrage nach diesen Produkten
antizipierend.
CHANCEN FUR EINE JAHRESENDRALLY
Dennoch finden sich auch in dieser heiklen Lage
Hoffnungsschimmer für die Rohstoffmärkte: So erwarten die Experten der
Deutschen Bank für China BIP-Steigerungsraten von 7,0 beziehungs-weise 7,2
Prozent im dritten und vierten Quartal
2015. Auch für die USA, ebenso für die Eurozone, prognostizieren
Analysten robuste Wirtschafts¬daten für den Rest des Jahres. Marktbeobachter
der Deutschen Bank sehen aktuell — sofern die Fed nicht zu aggressiv die Zinsen
anheben wird — keine dramatischen Kursverluste für Rohstoffe voraus. Es lässt
sich natürlich immer schwer feststellen, ob nun gerade der Boden erreicht wurde
oder das Schlimmste überwunden ist. Aber vielleicht be-trachtete der Markt die
Weltkonjunktur während der wilden Tage im August und Anfang September einfach
zu pessimistisch. Schauen wir mal, ob es hier dann nicht doch noch Chancen für
eine kleine Jahresendrally gibt.
Seufz. Was soll man dazu noch sagen? Irgendwie hat Gold bis
dato keine Gelegenheit ausgelassen, viele Anleger zu enttäuschen. Beim
Schreiben dieser Zeilen steht der Beginn des Münchner Oktoberfestes unmittelbar
bevor. Da ich aktuell auf dem Höhepunkt der Herbstsaison im Laufen angelangt
bin, werde ich mich dort natürlich nicht betrinken können. Es würde mich aber
nicht wundern, wenn ich über die Theresienwiese spazierte und in einem der
Zelte das Gold mitsamt seinen Kumpeln namens Silber, Platin und Palladium
vorfände. Gramgebeugt über einen Maßkrug nach dem anderen, sich den Frust des
Ungeliebtseins Krug um Krug schön trinkend. Dabei hatte unser geliebtes
güldenes Metall ja in den vergangenen Monaten durchaus mehrere Gelegenheiten,
seinem Status als „sicherer Hafen" gerecht zu werden. Gab es zunächst das
Tohuwabohu um Griechenland, wurden dann im August insbesondere die Aktien- und
Währungsmärkte von den Befürchtungen, dass in China die Konjunktur auf der
Kippe stünde, ordentlich durchgeschüt-
telt. So hätte das Gold spiegelbildlich zu den taumelnden
Aktienmärkten doch zulegen sollen. Wohlgemerkt: hätte. Hat es aber nur wenige
Tage. Ich denke, in China liegt — neben der Zinserhöhungspolitik der
US-Notenbank natürlich — der Schlüssel für die weitere Entwicklung des
Goldpreises. Wir sollten nämlich nicht vergessen, dass China sich mit Indien um
die Position des 'führenden Nachfra¬gers nach physischem Gold streitet. Und schwächelnde
Aktienmärkte in Shanghai oder Shenzen sowie unangenehme Nachrichten zur
chinesischen Konjunktur machen nun einmal den chinesischen Verbraucher
zumindest auf dem Papier oder gefühlt ärmer.
Trotz allem sollte der Freund des Goldes die Flinte noch nicht
vorzeitig ins Korn werfen. Eine Steigerung des BIPs um knapp sieben Prozent in
China bedeutet einen Anstieg, den so gut wie jedes Land mit Kusshand nehmen
würde. Seien wir also nicht allzu pessimistisch für die chinesische und die
Weltkonjunktur und zerren das Gold mal aus dem Bierzelt heraus, damit es sich
zurück an die Arbeit macht.
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