Krankenhaus der Zukunft und molekulare Mechanismen
Author D.Selzer-McKenzie
Video: https://youtu.be/Ccal5ccdjbI
Wer einen Blick in die Zukunft der Medizin werfen will, der
muss in den Untergrund gehen — genauer in den Keller des Universitätsklinikums
Mannheim. Am Ende eines verwinkelten Gangs des Universitätsklinikums Mannheim
sitzen Inge-nieure hinter Monitoren. Durch ein Glasfenster können sie ständig
das Geschehen beobachten: Soeben positioniert im »Interventionsraum« ein
Roboterarm die Röntgenquelle über dem Pati¬enten. Das Aufleuchten einer roten
Lampe zeigt an, dass jetzt Aufnahmen gemacht werden. Wenige Sekunden später
erscheinen die Bilder auf den Monitoren im Kontrollraum. Die Position des
Tumors ist deutlich zu sehen. Wie durch Geisterhand gesteuert, bereitet ein Roboterarm
die Biopsie-Nadel für die Probenentnahme vor.
Beginnt die Automatisierung der Medizin? Wird der
Klinikalltag künftig von Robotern gesteuert, die unsere Krankheiten
diagnostizieren, uns be¬handeln und entscheiden, wann wir wieder ge¬sund sind
und arbeiten können? »Keine Angst, ein vollautomatisiertes Gesundheitswesen
wird es nicht geben«, betont Professor Jan Stallkamp, Leiter der Mannheimer
Projektgruppe für Auto¬matisierung in der Medizin und Biotechnologie des
Fraunhofer-Instituts für Produktionstechnik und Automatisierung IPA. »Maschinen
können immer nur unterstützen. Sie dürfen keine Ent-scheidungen fällen über
Leben und Tod.«
Doch die Automatisierung kann Ärzten helfen, die richtigen
Entscheidungen zu treffen. Wie, das erforscht Stallkamps Team im
Interventions¬raum. Noch liegt auf dem OP-Tisch im Zentrum des Raums kein
Mensch, sondern eine Puppe. Und der Roboterarm, der die Biopsie-Nadel hält,
wartet geduldig auf die Anweisungen der Ingenieure. »Er wird auch künftig nicht
autonom agieren, denn die eigentliche Biopsie-Entnahme
wird immer ein Arzt machen«, erklärt Gruppen-leiter Timo
Cuntz. »Doch der Roboter bekommt von der Recheneinheit die Bild- und
Steuerungs¬daten, die notwendig sind, um die Nadel an der richtigen Stelle im
richtigen Winkel zu positio¬nieren. Der Arzt kann nun die Nadel einführen, ohne
weitere Ultraschall- oder Röntgenaufnah¬men machen zu müssen, die die
Probenentnah-me in die Länge ziehen.«
Dass diese Roboterunterstützung tatsächlich sinnvoll ist,
wissen die Fraunhofer-Forscher aus erster Hand: Im Gründungs- und
Kompetenz¬zentrum für Medizintechnologie CUBEX arbeiten sie eng mit kleinen und
mittelständischen Start-ups aus der Medizintechnikbranche sowie
Wissenschaftlern von der medizinischen Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg
zusam¬men. Weil sich das CUBEX auf dem Gelände des Mannheimer
Universitätsklinikums befindet, können sich Ingenieure und Mediziner jederzeit
treffen und austauschen. »Unser Team hat die Möglichkeit, am klinischen Alltag
teilzuneh¬men — während eines Eingriffs oder einfach nur am Mittagstisch. Der
enge Kontakt schafft ein grundlegendes Verständnis der Erwartun¬gen und ist der
Schlüssel zur Identifikation von neuen Trends in der Medizin wie die
Automati-sierungstechnik«, berichtet Stallkamp.
Ingenieure und Mediziner unter einem Dach
»Die Zusammenarbeit zwingt uns, über den Tellerrand zu
blicken und gemeinsam zu über-legen, was machbar und was sinnvoll ist: Wie viel
Automatisierung wollen wir in der Medi-zin? Wie viel nutzt dem Patienten, wie
viel der Allgemeinheit? Das sind wichtige Fragen«, sagt Stallkamp. »Noch
arbeiten wir an Einzelprojek-ten, verbessern Prozesse. Am Ende werden sich
diese jedoch, wie Teile eines Puzzles, zu einem großen Ganzen zusammenfügen.
Unser Ziel ist es, Diagnose und Therapie zu automatisieren und zu vernetzen.
Das geht Hand in Hand mit einer individualisierten Medizin.«
Der neue Ansatz könnte den Klinikalltag nach-haltig
verändern. Bisher muss beispielsweise ein Patient mit Krebsverdacht zahlreiche
Sta-tionen durchlaufen: Der Onkologe benötigt radiologische Untersuchungen
sowie umfassen¬de Laboruntersuchungen und eventuell auch eine Biopsie, die
histologisch geprüft werden muss, bevor er eine Diagnose stellt und dann
vielleicht den Chirurgen hinzuzieht. Bis alle Untersuchungen abgeschlossen
sind, lebt der Patient in ständiger Unsicherheit — dies bedeutet nicht nur eine
enorme psychische Belastung, sondern zögert auch den Beginn der Therapie
hinaus. »In unserem Interventionsraum versu-chen wir, diese Abläufe zu
optimieren, indem wir Wege verkürzen«, erklärt Cuntz. Röntgen und
Biopsie-Entnahme wurden bereits zusam-mengefasst. Als nächstes wollen die
Forscher ein automatisiertes Diagnosesystem anschließen. DiagnoSYS wurde
entwickelt, um die Chemo-sensitivität von Krebspatienten zu untersuchen. Diese
entscheidet darüber, welche Chemothe¬rapeutika für die Behandlung geeignet
sind. Das Gerät kann mit Hilfe der Zellproben, die bei der Biopsie entnommen
wurden, analysieren, welche Chemotherapeutika-Kombinationen für die Behandlung
erfolgversprechend sind — eine große Hilfe für den Arzt.
Schnellere Diagnose und bessere Therapie
Von der neuen, schnelleren Diagnostik sollen künftig auch
Patienten profitieren, bei denen der Tumor bereits Metastasen gebildet hat. In
dem vom Bundesforschungsministerium geförder¬ten Projekt »Mannheim Molecular
Intervention Environment«, kurz M«OLIE, entwickelt das Fraunhofer-Team zusammen
mit verschiedenen Forschergruppen der Universität Heidelberg, der Universität
Mannheim, der Hochschule Mann¬heim und mehreren Industriepartnern einen
Prozess, mit dem sich fünf bis sieben genetisch
veränderte Metastasen lokalisieren, entnehmen und noch im
Interventionsraum analysieren las¬sen. Weil meist jede der Metastasen einzeln
dia¬gnostiziert und therapiert werden muss, dauert eine Behandlung bisher
mehrere Stunden. Der Patient muss dafür mehrfach einbestellt werden. »Wir
wollen jetzt erreichen, dass die komplette Diagnostik an einem Vormittag
ablaufen kann«, erklärt Stallkamp.
Wie das funktionieren kann? Der Projektgrup-penleiter hat
hier schon einige Ideen: »Ent-scheidend ist zunächst einmal, dass der Patient
nur noch eine Station anlaufen muss.« Diese Station wäre ein erweiterter
Interventionsraum. Dort würden alle Untersuchungen gemacht, Maßnahmen ergriffen
und dort liefen auch alle Informationen zusammen — zum Beispiel Daten aus
Computer- und Kernspintomogra-phie, Massenspektroskopie-Analysen sowie
Vorschläge, welche Therapeutika geeignet wären. Wenn sämtliche Ergebnisse
vorliegen, könnte sofort die Herstellung von individuellen Medikamenten
beginnen: Der Laborautomat würde online mit der Produktion beauftragt. Die
frisch produzierten Therapeutika könnte der Arzt dann mit bildgebenden
Verfahren in den Tumor einbringen und eines Tages vielleicht gleich die Wirkung
überprüfen.
Dass dieses hochkomplexe Zusammenspiel von Technologien,
Daten und Disziplinen tatsäch¬lich funktioniert, wollen die Forscher in den
kommenden Jahren beweisen. 2029, wenn das Projekt M2OLIE ausläuft, soll der
Prototyp eines Gesamtsystems für die Diagnostik und Therapie von Metastasen
fertig sein. Bevor das System auf den Markt kommt, muss es dann allerdings noch
die klinischen Prüfungen durchlaufen. »Diagnostik und Therapie werden sich
verän¬dern«, prognostiziert Stallkamp. »Die Medizin der Zukunft wird nicht nur
schnell sein und den Patienten möglichst wenig belasten, sondern muss auch
höchsten Qualitätsstandards genü¬gen. Und hier kann die Prozessautomatisierung
einen wichtigen Beitrag leisten
Molekulare Mechanismen
erforschen
Alzheimer, Parkinson und Chorea Huntington führen zum
Absterben von Nervenzellen im Gehirn. In einem europäischen Projekt untersuchen
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die molekularen Gemeinsam¬keiten
dieser Krankheiten und versuchen daraus neue Therapieansätze abzuleiten.
Alois Alzheimer, George Huntington und James Parkinson haben
eine Gemeinsamkeit: Sie beschrieben als erste jene schweren Leiden, die heute
nach ihnen benannt sind. Auch die Krank¬heiten selbst zeigen Parallelen. Alle
drei führen zum fortschreitenden Abbau von Nervenzellen und bewirken bei den
Betroffenen schwerste neurologische Störungen. Verursacht wird dieser Prozess
durch eigentlich harmlose körpereige¬ne Proteine: Sie falten sich falsch
zusammen, verklumpen mit ihresgleichen und lagern sich je nach Krankheit in
unterschiedlichen Hirnregi¬onen ab. Wie es zu den Protein-Fehlfaltungen und
-Verklumpungen kommt, ist für keine der drei Erkrankungsformen restlos geklärt
— und wird bislang unabhängig voneinander erforscht. Ein EU-Projekt unter
Leitung der Außenstelle Molekulare Wirkstoffbiochemie und Therapie¬entwicklung
Halle des Fraunhofer-Instituts für Zelltherapie und Immunologie IZI in Leipzig
will dies nun ändern. Unter dem Titel »CrossSeeds« suchen fünf Arbeitsgruppen
aus Deutschland, Frankreich und Norwegen nach gemeinsamen molekularen
Entstehungsmechanismen für die drei häufigsten neurodegenerativen
Erkrankun¬gen. Im Sommer fiel der Startschuss für das Ver¬bundvorhaben, das von
der Europäischen Union drei Jahre lang mit insgesamt 1,7 Millionen Euro gefördert
wird.
Projektkoordinator Professor Hans-Ulrich De-muth — er leitet
in Halle (Saale) die Arbeitsgrup¬pe Molekulare Wirkstoffbiochemie und
Thera¬pieentwicklung des IZI — erklärt die Idee hinter CrossSeeds: »Wir haben
uns die Frage gestellt: Könnte es nicht sein, dass die fehlgefalteten Proteine,
die gehäuft bei Alzheimer entstehen,
auch jene Moleküle zu Fehlfaltungen, und damit zur
Aggregation anregen, die für die anderen Krankheiten ausschlaggebend sind?« Die
Übel¬täter sind in allen drei Fällen bekannt: Sie heißen Abeta (bei Alzheimer),
alpha-Synuclein (bei Par¬kinson) und Huntingtin (bei Chorea Huntington). Nach
Demuths Hypothese würde beispielsweise Abeta als Kristallisationskeim
(englisch: seed) für alpha-Synuclein oder Huntingtin dienen und aufgrund eines
gemeinsamen Krankheits¬mechanismus' zu einer Kreuzung (cross) der
Proteinverklumpung führen — oder umgekehrt: alpha-Synuclein oder Huntingtin
fördern die Verklumpung von Abeta. Für diese Vermutung spricht, dass immer mehr
Menschen zugleich an Alzheimer- und an Parkinson-Symptomen leiden. Einige
dieser Patienten hatten verfügt, dass nach ihrem Tod ihr Gehirn untersucht
werden darf. Tatsächlich fand man bei manchen von ihnen sowohl die für
Alzheimer typischen »Plaques« mit Abeta-Ablagerungen als auch die für
Par-kinson charakteristischen »Lewy-Körperchen« aus verklumptem
alpha-Synuclein. In Hirn-schnitten von Verstorbenen, die als klassische
Parkinson-Patienten galten, finden sich an den obligatorischen Lewy-Körperchen zuweilen
auch Ablagerungen der für Alzheimer spezifischen Abeta-Proteine.
Gemeinsamkeiten bei den
verschiedenen Demenzerkrankungen
Neben diesen klinischen Befunden und Unter-suchungen des
Gehirngewebes von Patienten deuten auch Laborexperimente auf einen gemeinsamen
Entstehungsmechanismus für verschiedene Demenz- bzw. neurodegenerative
Erkrankungen hin. Besonders interessant ist eine bestimmte
biochemische Reaktion, die die harmlosen Proteine verändert, ihre
Verklum-pungsneigung steigert und sie in krankmachen¬de Varianten verwandelt.
Wie sich zeigte, ist daran das Enzym Glutaminyl-Cyclase beteiligt; offenbar
wirkt es als Geburtshelfer sowohl für die erkrankungsfördernden Varianten von
Abeta als auch von alpha-Synuclein und Huntingtin. An dieser Entdeckung durch
Hans-Ulrich Demuth und Stephan Schilling, die damals noch für das in Halle
angesiedelte Unternehmen Probiodrug arbeiteten, waren auch Wissenschaftler aus
Japan beteiligt. Mittlerweile hat der habilitierte Biochemiker Demuth die
Arbeitsgruppe am IZI aufgebaut (2013). Seither versucht er die verschiedenen
Puzzlesteine zu einem einheitli¬chen Bild zusammenzufügen. In dem von ihm
angeregten EU-Projekt sollen nun alle drei neu-rodegenerativen Erkrankungen
systematisch mit standardisierten Methoden untersucht werden — sowohl im
Reagenzglas als auch in Zellkultu-ren und mittels spezieller Mäuse und Ratten,
die menschliche Gene in sich tragen und daher entsprechende Krankheitssymptome
entwickeln.
Als Partner konnte das IZI vier Arbeitsgruppen mit
fundierter Expertise und entsprechenden ge¬netisch veränderten Tierstämmen
gewinnen: Am French National Institute of Health and Medical Research in Paris
ist man auf Parkinson spezi¬alisiert, die Kollegen am Universitätsklinikum
Erlangen-Nürnberg konzentrieren sich auf die Huntington-Erkrankung und an der
Universität Leipzig hat man langjährige Erfahrung mit der Alzheimer'schen
Erkrankung. Die Forschungs-ergebnisse aller Projektpartner laufen an der Universität
Oslo in einer computerbasierten Datenbank zusammen. Dort werden
dreidimen¬sionale Karten der Mäuse- und Rattengehirne erstellt, in denen die
krankhaften Proteinan¬sammlungen verortet werden. So lässt sich das
Fortschreiten der degenerativen Erkrankungen nachvollziehen.
Cross-Seeding-Untersuchung im Reagenzglas
»Wir am IZI wollen das Cross-Seeding im Reagenzglas
untersuchen«, erklärt Hans-Ulrich Demuth. »Dazu stellen wir zunächst die
isolier¬ten Proteine her. Dann mischen wir sie — zum Beispiel Abeta mit
alpha-Synuclein — und sehen nach, ob sie koagulieren, sprich miteinander
ver¬klumpen. Solche Kreuz-Aggregate können wir mit speziellen Techniken wie
Elektronenmikro¬skopie oder Fluoreszenz-Spektroskopie sichtbar machen und näher
untersuchen.« Neben den Proteinen stellt das Hallenser Team auch Anti-körper
her, die sich jeweils nur an eine Klasse von Proteinen anlagern. Diese
spezifischen Antikörper werden mit jeweils unterschiedlichen
Fluoreszenzfarbstoffen gekoppelt und erlauben es, Proteinablagerungen in den
Hirnschnitten er-krankter Tiere oder auch verstorbener Patienten selektiv
anzufärben.
Professor Steffen Roßner von der Universität Leipzig wird
mit Hilfe dieser maßgeschneiderten Antikörper histologische Hirnschnitte von
Mäu¬sen und Ratten untersuchen, die zu Lebzeiten Symptome der
Alzheimer-Erkrankung gezeigt hatten. Insbesondere die Plaques im Gehirn dieser
Nager will er gezielt danach absuchen, ob
sich um die charakteristischen Abeta-Aggregate herum auch
typische Proteine der jeweils ande¬ren Erkrankungen abgelagert haben. Denselben
Ansatz verfolgen auch die Arbeitsgruppen in Erlangen, Leipzig und Paris an
ihren Hunting-tin- bzw. Parkinson-Mäusen und -Ratten. »Wir verwenden die
gleichen Antikörper und arbeiten mit den gleichen standardisierten
Färbeproze¬duren wie unsere Partner. Das ist die Stärke des CrossSeeds-Teams«,
betont Steffen Roßner.
Demuths maßgeschneiderte Antikörper erlauben freilich nicht
nur das präzise Anfärben aggregier-ter Proteine. Sie rufen auch das
körpereigene Immunsystem auf den Plan und eignen sich somit als Impfstoffe.
»Das Wirkprinzip ist eine passive Vakzinierung, wie man sie zum Beispiel gegen
Hepatitis A kennt. Da bekommen die Patienten entsprechende Antikörper gegen die
Hepatitis-Viren gespritzt. Im Falle von Alzheimer und Parkinson wäre das
langfristige Ziel, dass die Antikörper an die Protein-Aggregate gehen und diese
dann von Immunzellen erkannt und vernichtet werden«, erklärt Stephan Schilling.
Wichtig sei dabei, so der IZI-Forscher, dass die Antikörper nur die »bösen«
verklumpten Protei¬ne erkennen — und nicht die »gute« korrekt ge¬faltete Form,
die vermutlich wichtige Aufgaben im Körper erfüllt. Jedoch sei man noch weit
von einer Impfung gegen Alzheimer entfernt, betont Hans-Ulrich Demuth: »Das
Ziel des Projekts ist in erster Linie, das Wirkprinzip zu belegen«, so der
Biochemiker.
Eine zweite Option auf eine künftige Therapie bietet das
Prinzip der aktiven Immunisierung. »Als Impfstoff käme hier eine bösartige
Variante
von Abeta infrage«, erklärt Steffen Roßner. »Allerdings
müsste sie so abgewandelt werden, dass sie selbst nicht verklumpt. So könnte
man das Immunsystem reizen, auf dass es seine Fresszellen auf die
fehlgefalteten Proteine loslässt — und die vom Körper selbst gebildeten
bösartigen Aggregate gleich mitbekämpft.« Auch daran arbeitet das Hallenser
Fraunhofer-Team. Und für dieses Konzept gilt ebenfalls: Ob und wann es sich als
praktikabel erweisen wird, lässt sich heute noch nicht abschätzen.
Andere Wissenschaftler-Teams verfolgen noch eine weitere therapeutische
Strategie, mit der die bislang unheilbaren Gehirnerkrankungen womöglich
wirkungsvoller behandelt werden können. Dabei stehen nicht die fehlerhaften
Proteine selbst im Fokus, sondern eine Reihe von Enzymen, die sie erzeugen,
darunter auch die Glutaminyl-Cyclase. »Gegen diese kann man etwas tun: Man kann
sie hemmen oder Antikörper gegen sie impfen«, erklärt Professor Stephan von
Hörsten vom Universitätsklinikum Erlangen. Derzeit wird etwa ein erster
Wirkstoff der Firma Probiodrug klinisch getestet, der die unerwünschten
Nebenwirkungen solcher Enzyme unterbinden soll, die zur Fehlfaltung von
Proteinen beitragen. Im Vordergrund steht die Untersuchung der Verträglichkeit
dieser neuen Gruppe von Wirkstoffen. Dies stünde den neuen Ansätzen ebenfalls noch
bevor. »Um hier weiterzukommen, müssen wir mehr über die molekularen
Entstehungsmechanismen der drei großen neurodegenerativen Erkrankungen lernen«,
betont von Hörsten. »Die gemeinsamen Anstrengungen von CrossSeeds werden uns
dabei ein gutes Stück voranbringen.
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