Die Stadt Speyer
Author D.Selzer-McKenzie
Video: https://youtu.be/mLAzTZLHBsg
Mit dem Speyerer Dom erschuf Kaiser Konrad li. im 11.
Jahrhundert eine der eindrucksvollsten Kirchen des Abendlandes. Aufgrund seiner
großen historischen und architektonischen Bedeutung zählt der Dom seit dem Jahr
1981 zum UNESCO-Weltkulturerbe.
>Die Kaiserdomstadt Speyer atmet Geschich¬te, ihre
historischen Bauwerke und der mit¬telalterliche Stadtkern rund um den Dom und
Domgarten sind einzigartig. Der Dom zu Speyer—offiziell „St. Maria und St.
Stephan" —zählt heute zu den besterhaltenen Werken romanischer Baukunst.
Allein in den Jahren 2009 bis 2014 stell¬te das Bundesministerium für Umwelt,
Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit im Rahmen des Inves¬titionsprogramms
Nationale UNESCO-Welterbe-stätten 1,45 Millionen Euro an Bundesmitteln für den
Erhalt und die Renovierung zur Verfügung. SpeyerMehr
als 30 Jahre Bauzeit benötigte man damals bis zur Fertigstellung des Dorns im
Jahre 1061. Weder der Auftraggeber — der salische König und spätere Kaiser
Konrad II. —, noch sein Sohn Heinrich III. erlebten allerdings die Weihe der
Kir¬che. Diese übernahm der Enkel, Heinrich IV., der damit den Kaiser- und
Mariendom zu Speyer offi¬ziell eröffnete. In einer zweiten Bauphase von 1082
bis 1106 vergrößerte er den bedeutendsten Kir¬chenbau seiner Zeit nochmals
deutlich. Heute kann die Kirche mit einer Gesamtlänge von 134 Metern, einer
Breite von bis zu 55 Metern im Querhaus und einer Höhe von bis zu 71 Metern
aufwarten.
Die mächtige dreischiffige Gewölbebasilika über dem Grundriss
eines lateinischen Kreuzes bringt eine Gestaltung zur Vollendung, die in der
Folgezeit großen Einfluss auf die Entwicklung der romanischen Architektur des
11. und 12. Jahrhun¬derts ausübte. Ihre Kennzeichen sind die ausge-
wogene Verteilung der Baumassen im Osten und Westen sowie
die symmetrische Anordnung von vier Türmen an den Ecken des von Langhaus und
Querhaus gebildeten Baukörpers. In der Krypta befindet sich noch heute die
letzte Ruhestätte von insgesamt acht salischen, staufischen und habs-burgischen
Kaisern und Königen, vier Königinnen und zahlreichen Bischöfen.
GRENZE ZWISCHEN KIRCHE UND STAAT
Wer sich mit dem Speyerer Dom auseinandersetzt, darf den auf
dem Vorplatz des Hauptportals ste-henden legendären Domnapf nicht vergessen:
Diese riesige steinerne Schale mit einem Fassungs-vermögen von 1580 Litern
symbolisierte damals die Immunitätsgrenze zwischen Stadt und Kirche. Bei jeder
Neuwahl eines Bischofs wurde sie mit Wein für das gesamte Volk gefüllt. Als
freie Reichs-stadt gehörte Speyer im Mittelalter zu den bedeu-tendsten Städten
des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation. Nachdem der Dom und die
Alt¬stadt im Laufe der Jahrhunderte mehrfach Bränden zum Opfer fielen, war es
aufgrund fehlender Liqui¬dität für die Renovierung 1806 nach der Verwüstung
durch französische Truppen bereits beschlossene Sache, die Kathedrale vollends
niederzureißen. In letzter Sekunde konnte dieser Abriss verhindert werden. In
der Folgezeit, als Speyer eine Zeitlang zu Bayern gehörte, prägte vor allem
König Ludwig I. von Bayern Mitte des 19. Jahrhunderts das heu¬tige Bild des
Dorns.
UBER LEBENSVVILLE EINER STADT
Die Stadt selbst erlebte parallel zur Domhistorie über die
Jahrhunderte eine wechselhafte Geschichte. Durch zahlreiche Kriege und
Epidemien fiel die Ein-wohnerzahl bis zum Ende des 18. Jahrhunderts im¬mer
wieder nahezu auf null. Erst seit der Jahrhun-dertwende um 1800 wuchs die
Stadtbevölkerung beständig von rund 3000 Personen bis auf über 50000 Einwohner
im Jahr 2007. In den vergangenen Jahren schwankte die Zahl nun um diese Marke.
Zeitgleich mit dem Wachstum der Bevölkerung nahm auch die
wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der seit 1946 kreisfreien Stadt Speyer zu.
Heutzutage finden rund 25000 Menschen Arbeit in der Stadt. Neben einigen großen
Betrieben aus dem verarbeitenden Gewerbe, wie beispielsweise der PWF Aerospace
AG oder TE Connectivity, ist Speyer heutzutage vor allem für kleinere und
mittlere Unternehmen ein at¬traktiver Wirtschaftsstandort.
BESUCHER BOOM AUSGELÖST
Einen enormen Bekanntheitsschub erlangte Spey¬er, als die
UNESCO 1981 den Dom als zweite deut¬sche Welterbestätte nach dem Aachener Dom
in die Weltkulturerbe-Liste aufnahm. Auch deshalb nimmt die Besucherzahl bis
heute kontinuierlich zu. Die Attraktivität für Touristen lässt sich am bes¬ten
an der ständigen Erhöhung der Zahl der Be-herbergungsbetriebe sowie an den
Besucherströ¬men selbst erkennen: So hat sich laut Statistischem Landesamt Bad
Ems seit dem Jahr 1994 die Zahl der Unterkünfte von 15 auf 37 mehr als
verdoppelt. Die angebotene Bettenzahl wuchs um rund 235 Prozent von 646 auf
1521 Betten. Damit klet¬terte auch die Zahl der Gäste und Übernachtungen, die
in diesem Zeitraum von 48266 Gästen bezie¬hungsweise 86932 Übernachtungen auf
156 000 Besucher und 267 000 Übernachtungen im Jahr 2014 angestiegen ist. Das
bedeutet eine Touristen¬intensität von 518 Übernachtungen je 100 Einwoh¬ner.
Darin sind die zahlreichen Tagesgäste noch nicht eingerechnet. Insgesamt
reisten 2014 rund 1,8 Millionen Besucher per Pkw, Zug, Schiff oder Bus an.
ZWEITER UNESCO-TITEL IN SICHTWEITE
Wie viele Gäste dem Dom als touristischem Besu-chermagnet
zugerechnet werden können, ist laut Oberbürgermeister Hansjörg Eger schwer
abzu-schätzen (siehe Interview rechts), da der Dom neben seiner historischen
Bedeutung auch aus liturgischer Sicht, als Ort lebendiger Kirche, eine
wesentliche Funktion über die Bistumsgrenzen hinaus einnimmt. Und Menschen
jüdischen Glaubens pilgern aus der ganzen Welt nach Speyer zum ältesten
jüdischen Ritualbad Mitteleuropas. Von ihrer Entstehung 1084 bis in die Mitte
des 13. Jahrhunderts gehörte die Heilige Gemeinde von Speyer zu den
bedeutendsten Judengemeinden Mitteleuropas und ist bis heute in der jüdischen
Welt als SchUM-Gemeinde bekannt. „SchUM” ist eine Abkürzung aus den
Anfangsbuch-staben der hebräischen Namen für Speyer (Schpira), Worms
(Urmaisa/Warmaisa) und Mainz (Magenza). Diese drei großen Kathedralstädte des
Mittel- und Oberrheins gelten als „Wiege der Gelehrsamkeit" für das
mittelalterliche Judentum in „Aschkenas", dem Gebiet nördlich der Alpen.
Aus diesem Grund und aufgrund der erheblichen baulichen Überreste einzigartiger
jüdischer Kultur hat sich Speyer ge-meinsam mit Worms und Mainz unter dem
Begriff „SchUM-Städte" um einen weiteren Weltkulturerbe-Titel beworben.
„Wir befinden uns bereits auf der sogenannten Tentativliste, der
Vorschlagsliste für zukünftige Nominierungen Deutschlands zur Auf¬nahme in die
UNESCO-Liste des Kultur- und Natur¬erbes der Welt", sagt Oberbürgermeister
Eger nicht ohne Stolz.
Eine Stadt voller
Sehenswürdigkeiten
Oberbürgermeister Hansjörg Eger über die grandiose Symbiose
zwischen Geschichte und Moderne, die jährlich mehr als zwei Millionen Besucher
nach Speyer strömen lässt.
X-press: Was ist besonders an der Domstadt Speyer? Hansjörg
Eger: Die „Marke Speyer" zeichnet die kultu¬relle und gesellschaftliche
Vielfalt aus. Ih Speyer ver¬binden sich historische At¬mosphäre und moderne
Lebensqualität. Einerseits begegnet man in unserer über 2000-jährigen Stadt der
Geschichte auf Schritt und Tritt, andererseits bieten wir aktuelle Attraktionen
wie das Technik Museum, das Großaquarium Sealife am neuen Yachthafen und das
Historische Museum der Pfalz, das mit seinen Wechselausstellungen bundesweit
Popularität erlangt hat und dessen Junges Museum regel¬mäßig spannende
Sonderausstellungen bietet. Und nicht zuletzt sorgt ein dichter
Veranstaltungskalender für einen erlebnisreichen Aufenthalt.
X-press: Lockt der UNESCO-Titel nachweisbar mehr Touristen
in die Stadt?
Eger: Der salische Kaiserdom ist sicherlich Hauptanzie-hungspunkt
für die rund zwei Millionen Touristen jährlich. Doch spätestens vor Ort staunen
die Besucher über wei¬tere Kulturdenkmäler, die fußläufig erreichbar sind.
Eben¬falls ein Kulturdenkmal ersten Ranges ist das Judenbad als älteste
erhaltene Mikwe in Mitteleuropa. Ein weiteres Wahrzeichen Speyers ist das
Altpörtel: mit seinen 55 Metern eines der höchsten Stadttore Deutschlands. Und
die Gedächtniskirche erinnert an die berühmt ge¬wordenen
Protestations-Reichstage von 1526 und 1529, bei denen die Spaltung der
Christenheit besiegelt wurde, um nur einige Sehenswürdigkeiten zu benennen.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.