Ölschwemme ohne Ende?
Author D.Selzer-McKenzie
Video: https://youtu.be/OELqUpJpCEM
Viele Ölproduzenten waren im Frühjahr der Ansicht, dass das
Schlimmste vorbei sei. Doch der heiße Sommer zeigte etwas anderes, Sowohl die
Preise der Sorte Brent als auch WTI stürzten erneut auf die tiefsten Stände
seit 2009. Wie geht es mit dem Ölmarkt nun weiter?
Der Ölpreisrückgang lässt sich zunächst einmal darauf
zurückführen, dass sich die Fundamentaldaten nicht allzu sehr geändert haben.
In den USA hat sich zwar die Zahl der Bohrlöcher, an denen mittels Fracking das
schwarze Gold gefördert wird, im Verhältnis zum Sommer 2014 zwar um zirka 60
Prozent vermindert, Aus den noch aktiven Bohr¬löchern wird aber jeder
möglicheTropfen Öl ansTageslicht geholt. Würden die Ölpreise signifikant
ansteigen, dann wäre es relativ schnell möglich, aus momentan inaktiven
Bohrlöchern wieder aktive zu machen. Auch auf der Ange¬botsseite außerhalb der
USA hat sich keinerlei Einschrän¬kung oder Reduktion des Angebots zu erkennen
gegeben — was bei den niedrigen Preisen, die für viele Anbieter nun nahe an
oder gar unter den Förderkosten liegen, ja laut Lehrbuch zu erwarten gewesen
wäre. Im Gegenteil, auch
unter den Opec-Ländern galt die Devise „fördern, soviel wie
möglich" weiterhin als Motto der Stunde. Sinn und Zweck dieser Übung ist
es, möglichst keine Marktanteile zu verlieren.
Die Währungskomponente
Begünstigt wurde das uneingeschränkt große Angebot aus
vielen Erdölländern durch eine Abwertung derer Hei¬matwährungen gegen den
US-Dollar. So haben gerade die Währungen der Länder, die eine gewisse
Abhängigkeit vom Erdölexport aufweisen, in den vergangenen Wochen und Monaten
deutlich abgewertet. Als Beispiele seien hier unter anderem der russische Rubel
oder die norwegische Krone genannt. Öl wird auf dem Weltmarkt in US-Dollar
gehandelt. Verkauft nun beispielsweise ein russischer
Öl-Förderer sein Öl ins Ausland, so erhält er hierfür
US-Dollar. Diese werden dann in die Heimatwährung umge¬tauscht, da der
Produzent ja in Rubel bilanziert. Durch die Abwertung des Rubels erhält er für
seine US-Dollar mehr Rubel als zum Beispiel vor einem Jahr zur gleichen Zeit,
was den Verfall der Ölpreise somit zumindest teilweise kompensiert.
Chinas Einfluss
Auf der Nachfrageseite macht sich die weiterhin recht
schleppende Weltkonjunktur bemerkbar. Hier sind denjeni¬gen, die nicht in
Urlaub gewesen sind, sicherlich noch die Turbulenzen Mitte August präsent, als
China seineWährung überraschend abwertete und es an den Märkten zu hoher
Volatilität und panikartigen Verwerfungen kam. Brent-Öl, das gerade Anfang Mai
sein bisheriges Jahreshoch bei knapp 72 US-Dollar/Barrel erreichte, fiel nach
der Abwer¬tung desYuan wie ein Stein auf 42,23 US-Dollar/Barrel. Öl der Sorte
WTI, das noch Ende Juni bei 61,50 US-Dollar/ Barrel notierte, purzelte am 24.
August gar bis auf 37,75 US-Dollar/Barrel. Wer hätte das für möglich gehalten?
Hier hatten es allerdings einige Marktteilnehmer offensichtlich auf der
Short-Seite etwas übertrieben, sodass es in den Folgetagen dann innerhalb von
drei Handelstagen zu einer Aufwärtsbewegung der Ölpreise um zirka 27 Prozent
kam. Langweilig geht anders.
Ganz entscheidend für die weitere Entwicklung der Ölpreise
wird natürlich, die Lage in China sein. Waren die Tage im August nur ein Sturm
im Wasserglas und kom¬men in den nächsten Monaten Signale einer
Konjunktur¬belebung aus China über dieTicker, so wird dies auch den Ölpreisen
helfen — auch wenn das Reich der Mitte in Öl einen geringeren Anteil der
Weltnachfrage ausübt als zum Beispiel in Kupfer und Eisenerz.
Ebenfalls von Bedeutung wird die Entwicklung des Ölangebots
und der Ölnachfrage in den USA, den welt-größten Verbraucher von Ölprodukten,
sein. Die Deutsche
Bank Research erwartet keinen wei¬teren Nachfrageeinbruch
nach Öl,
sondern im Gegenteil — aufgrund der
recht brummenden Konjunktur in den USA sowohl von dort als
auch aus
China und Indien — eine starke Nach-
frage nach Öl. Zwar könnte damit T1) Hebelprodukte auf WTI
auch das Angebot wieder wachsen, insbesondere dann, wenn der
Iran
wieder als Spieler an die Märkte zurückkehrt. Dennoch
wer¬den veraltete Förderanlagen zum Beispiel in der Nordsee die Förderung von
Öl außerhalb der USA und der Opec-Länder erschweren, sodass sowohl die Opec als
auch die Internationale Energie Agentur eine Reduktion des Ange¬bots aus diesem
Bereich erwarten. Zudem geht Deutsche Bank Research davon aus, dass, sollten
die Ölpreise nach¬haltig unter 40 US-Dollar/Barrel fallen, es früher oder
spä¬ter doch zu Angebotskürzungen seitens der Opec-Staaten kommt. Der nahende
Winter wird natürlich auch einen Ein¬fluss auf die Ölpreise haben — je kälter,
desto höher der Ölpreis und umgekehrt. Ebenso spielt die Entwicklung der
globalen Aktienmärkte eine wichtige Rolle. Für letztere gilt: Je stärker die
Aktienmärkte sich zeigen, desto höher könnte auch der Ölpreis handeln (dieser
Zusammenhang hatte sich zumindest im August über vieleTage hinweg so
angedeutet).
Fazit
In dem Sinne haben die Experten von Deutsche Bank Research
die Prognosen für die Ölpreise im Jahre 2016 und 2017 revidiert. Für WTI werden
(Stand Mitte Septem¬ber) für das Jahr 2016 im Durchschnitt 52 US-Dollar/Barrel
und für 2017 58 US-Dollar/Barrel prognostiziert, während für Öl der Sorte Brent
in 2016 und 2017 jeweils im Durch¬schnitt 57 US-Dollar/Barrel beziehungsweise
63 US-Dollar/ Barrel erwartet werden. Einerseits sollten damit Kurse von 100
US-Dollar/Barrel, wo sie zuletzt noch im Sommer 2014 stand, bis auf weiteres
passend sein. Andererseits sollten aber auch Preise von um die 20 US-Dollar/Barrel,
wie sie von anderen Marktbeobachtern erwartet wurden, nicht unbedingt ein
dauerhafter Zustand werden.
Klar
ist aber auch, dass der Ölmarkt verglichen mit vie¬len anderen Märkten eher
einer der volatileren Sorte blei¬ben sollte. Gerade deswegen können Anleger
hier auch aus einer breiten Palette von Anlageinstrumenten auswählen und sich
ihrer Marktmeinung entsprechend positionieren
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