Trading: Marktbewegung als Diskontierungsmechanismus
Author D.Selzer-McKenzie
Video: https://youtu.be/lu1nCgNSufc
Die Marktbewegung als Diskontierungsmechanismus Ein Chart
sagt mehr als tausend (Fundamental-)Daten. So könnte man überspitzt die
Grundannahme der Technischen Analyse zusammenfassen. Während die Fundamentale
Analyse darauf abzielt, durch die Untersuchung der das Angebot und die
Nachfrage beeinflussenden Faktoren den sogenannten fairen Wert zu ermitteln,
beschreitet die Technische Analyse einen komplett anderen Weg. Sie geht davon
aus, dass sich alle preis¬relevanten Informationen bereits im Kurs widerspiegeln,
sodass auch nur das Studium der Kursbewegung erforderlich ist, um sich ein
adäquates Bild von der fundamentalen Situation zu
machen. Getreu dem
Motto: Wenn die Kurse
»Die Technische Analyse steigen,
müssen die funda-
geht davon aus, dass sich mentalen,
psychologischen
alle preisrelevanten und
sonst wie relevanten
Informationen im Kurs Faktoren
bullish sein.
widerspiegeln.« Wenn
es abwärtsgeht, sind
auch die preisrelevanten
Faktoren negativ. Die Marktbewegung diskontiert alles und
der Markt hat immer recht. Übertreibungsphasen nach oben oder unten
reflektieren die in diesen Situationen extreme psychologische Verfassung der
Marktteilnehmer, das heißt Gier und Angst.
Trends existieren und sie sind Freunde
Eine sehr entscheidende Prämisse der Technischen Analyse der
Finanzmärkte ist das Konzept der Existenz von Trends im Kursverlauf. Die
Aufgabe des Technischen Analysten ist es, diese Trends zu identifizieren, um
von ihnen ab dem frühestmöglichen Stadium zu profitieren (»The trend is your
friend«). Etablierte Trends setzen sich mit größerer Wahrscheinlichkeit eher
fort, als dass sie sich umkehren. Diese Beobachtung entspricht dem
Trägheitsprinzip der newtonschen Mechanik, wonach ein Körper in Ruhe oder in
Bewegung diesen Zustand beibehält, solange er nicht durch einwirkende Kräfte zu
einer Änderung dieses Zustands gezwungen wird. Bereits der als Begründer der
moder- nen Technischen Analyse geltende Charles Dow kategorisierte und
definierte die verschiedenen Arten von Trends. Der Markt kann sich demnach in
einem Aufwärtstrend, einem Abwärtstrend oder in einem Seitwärtstrend befinden.
Welcher der drei Zustände vorliegt, bestimmt sich aus der Abfolge von Hoch-und
Tiefpunkten in der Preiskurve im jeweils beobachteten Zeithorizont. Die Sequenz
von steigenden Hoch- und Tiefpunk¬ten definiert den Aufwärtstrend, die Sequenz
fallender Hoch-und Tiefpunkte den Abwärtstrend und etwa gleich hohe Hoch- und
Tiefpunkte den Seitwärtstrend. Da der Trend fürden technisch orientierten
Anleger den Weg des geringsten Widerstands signalisiert, ergeben sich folgende
praktische Kon¬sequenzen: In einem Aufwärtstrend kann bei Rücksetzern in
Unterstützungsbereiche oder trendbestätigenden Ausbrüchen aus Konsolidierungen
gekauft werden. In einem Abwärtstrend können Erholungen in Widerstandsbereiche
oder trendbestäti¬gende Ausbrüche aus Konsolidierungen zu Verkäufen genutzt
werden. In einem seitwärts tendierenden Markt können anti¬zyklische Positionen
an den jeweiligen Begrenzungen der Han-delsspanne eingenommen werden. Diese
Handelsstrategien behält der Technische Analyst bei, solange es keine sicheren
Anzeichen dafür gibt, dass sich der vorherrschende Trend umkehrt. Obwohl es
faktisch in zeitlicher Hinsicht eine unend¬liche Anzahl von Trends gibt, haben
die meisten Technischen Analysten die Kategorisierung von Charles Dow
übernommen, wonach es langfristige (primäre), mittelfristige (sekundäre) und
kurzfristige (tertiäre) Trends gibt. Nach Dow weisen langfristige Trends eine
Dauer von mindestens zwölf Monaten auf. Mittel¬fristige Trends dauern zwischen
drei Wochen und mehreren Monaten. Als kurzfristig gelten alle Bewegungen, die
eine Dauer von weniger als drei Wochen aufweisen.
Kursmuster und die menschliche Psyche
Eine weitere wichtige Prämisse der Technischen Analyse ist
die Existenz wiederkehrender Muster im Kursverlauf. Diese reflektieren die
bullishe, bearishe oder neutrale Einstellung der Marktakteure. Da diese in der
Anleger-Psychologie wurzelnden empirischen Muster bzw. Formationen in der
Vergangenheit
funktioniert haben und sich die menschliche Psychologie
naturgemäß kaum verändern dürfte, unterstellt der technisch orientierte
Anleger, dass sie auch in Zukunft verlässlich bleiben. Üblicherweise erfolgt
eine Kategorisierung dieser zahlreich vor¬handenen Muster in Umkehrmuster und
Fortsetzungsmuster. Aus einigen dieser Formationen lassen sich zusätzlich zur
Rich-tungs-Indikation auch mögliche Kursziele ableiten. Bekannte Beispiele für
Kursmuster
sind der Doppelboden, die
und die Flagge.
Kopf-Schulter-Formation
haben den Vorteil, eine »Technische Analysten
Vielzahl von Werten
Vorteile des technischen
in einer vertretbaren Zeit
Ansatzes
Während fundamental ori¬ analysieren
zu können.«
entierte Analysten aufgrund
des zeitlichen Aufwands in
der Regel nur eine begrenzte Anzahl von Basiswerten untersu¬chen
können, haben Technische Analysten den Vorteil, eine Viel¬zahl von Werten in
einer vertretbaren Zeit analysieren zu können. Da die Technische Analyse über
alle Assetklassen (Aktien, Devi¬sen, Zinsen, Rohstoffe) hinweg gleich
funktioniert, wird zudem die Diversifikation des Portfolios erleichtert. Ferner
kann der technisch orientierte Anleger seinen Fokus flexibel auf den jeweils
aktuell interessantesten Markt legen. Nahezu unbestritten ist die Tatsache,
dass die Fundamentalanalyse im Unterschied zur Technischen Analyse dem Anleger
im Bereich des kurzfristi¬gen Timings von Anlageentscheidungen keine
Hilfestellung gibt.
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