Adelheid 931-999
Author D.Selzer-McKenzie
Video: http://youtu.be/SD3N3W95O9A
Selbstbewusst und doch bescheiden
Adelheid
um 931-999
Nein, das ging zu weit. Eine burgundische Königstochter und
ru-henische Königin wie Adelheid ließ sich nicht einfach so gefan£E1 halten.
Über drei Monate saß sie nun schon in der Burg am Gaz, dasee fest, als sie mit
ihren beiden Begleitern, dem Priester Ward und einer Magd, ihr Schicksal selbst
in die Hand nahm. Die dra begannen, einen Tunnel zu graben, und nach genau vier
Monate' Gefangenschaft gelang ihnen tatsächlich die Flucht.
Dass es der erst zo Jahre alten, bereits verwitweten Königic
Adelheid nicht an Selbstbewusstsein mangelte und sie ihren ei genen Weg zu
gehen verstand, war dem italienischen Möchte gernkönig Berengar durchaus klar -
das war schließlich auch da Grund, warum er sie eingesperrt hatte. Denn nach
altem lange bardischem Gewohnheitsrecht durfte die Königinwitwe durch la Wahl
eines neuen Gatten entscheiden, wer die italienische Kront erhielt, und um das
zu verhindern, wollte Berengar sie so lange nt higstellen, bis seine Herrschaft
anerkannt war. Doch vier Monati reichten ihm nicht aus. Nach Adelheids Flucht
wurde sie va den zu Hilfe gekommenen Rittern Ottos des Großen (s. S.
in Sicherheit gebracht, und als Otto durch die Hochzeit mi
Adelheid die Krone Italiens erlangt hatte, waren Berengar Pläne endgültig
durchkreuzt.
Adelheid war schon in jungen Jahren in die höchsten Sphä ren
der Macht gelangt, wurde mit 16 italienische Königin, mi zo
ostfränkisch-deutsche Königin, und an Ottos Seite sollt sie ein gutes Jahrzehnt
später gar Kaiserin des mächtigstes europäischen Reiches werden. Große
Wertschätzung ei fuhr sie bereits von ihrem ersten Ehemann Lothar, de sie nicht
nur vielfach als »liebenswerte Gattin« un »teure Gemahlin« bezeichnete, sondern
zudem al Consors regni, als »Teilhaberin an der König herrschaft«. Schon in
jungen Jahren verfügt sie über politischen Einfluss, und auch an d( Seite des
Kaisers Otto war Adelheid selbs bewusst genug, sich regelmäßig in
politiscl-Entscheidungen einzumischen, wenn sie es fi richtig hielt. Nach Ottos
Tod 973 begann allerdim
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- bewegtes Vierteljahrhundert in der politi-
. Geschichte
Mitteleuropas - und damit
_ für Adelheid,
die schließlich über ver-
, 7dtschaftliche Verbindungen im werden¬- Frankreich, in
Burgund, Italien und dem _ iszhen Regnum verfügte. Das nun begin-- = Auf und Ab
in Adelheids Leben spiegelt - .1-üntralen Wesenszug dieser »Mutter der Jeiche«,
wie der spätere Papst Silves-. sie einmal nannte. Sie wusste, wann sie
angjährige politische Erfahrung und ihre _ - Verbindungen in die Waagschale
wer-
- aber sie
wusste auch, wann es an war, sich herauszuhalten: Adelheid - :ein Sohn Otto II.
einige Jahre lang eine e politische Beraterin, zog sich jedoch - in ihre
burgundische Heimat zurück, in den ersten 16 Jahren ihres Lebens onnen hatte.
Auch nach der erfolgrei-
• erteidigung
der Kaiserkrone für ihren - eijährigen Enkel Otto III. (s. S. 58) und einsamen
Regentschaft mit Theopha--.3 46) wählte Adelheid 985 erneut den Rückzug auf
ihre - - diesmal nach Pavia. Durch Adelheids Einsatz für ihre - Emma, die
verwitwete westfränkische Königin, wurde
_ L;ItniS zu
Theophanu noch angespannter, sodass die grie-
_ Kaiserin 991 zähneknirschend über ihre allzu mächtige
=__:-mutter verlauten ließ: »Wenn ich noch ein halbes Jahr Adelheid von der
ganzen Erde nicht mehr regieren, als
- - einer Hand
umspannen kann!« Wenige Wochen später
- phanu - die
mittlerweile 6o-jährige Kaiserin hatte wie-den längeren Atem. Da der elfjährige
Kaiser Otto III.
Ek'TLEITE
fe sogenannte Schwertleite wurden junge Männer mit dem
2nyis.er: ausgestattet und zum Ritter erhoben. Der früheste Zeit-za.r-j.r war
der 14. Geburtstag, der die Volljährigkeit bedeutete. =estlichen Zeremonie
waren neben Fürsten oft auch kirch-7+±1.—sträger anwesend, um den Schwertsegen
zu erteilen und auf seine Pflicht hinzuweisen, Kirche und Bevölkerung zu
mec^rt,-..1..rzen.
noch immer nicht volljährig war, erfüllte Adelheld ihre
verantwortungsvolle Pflicht und regierte
Reich im Namen ihres Enkels. Mit der Schwertlehe Ottos 994
konnte Adelheid sich endgültig aus dümi politischen Leben zurückziehen.
Bei allem Selbstbewusstsein, das Adelheid aus¬zeichnete,
blieb sie jedoch erstaunlich bescheiden Sie strebte nicht nach Reichtümern und
weltlichte Genüssen, verlangte keine extravaganten Mahlzei¬ten, trug schlichte
Kleidung und wollte nicht gelobt werden. Für ihr zurückhaltendes Auftreten,
aber auch für ihre Schönheit, Klugheit und Sittenstrenne wurde Adelheid zeit
ihres Lebens geschätzt. Darm kamen eine ausgeprägte Frömmigkeit und chris...--
liehe Demut. Sie schrieb selbst, dass sie von Gc' lediglich »für eine gewisse
Zeit mit der Herrsch über das christliche Volk betraut« worden sei. Und als
diese Zeit mit der Volljährigkeit ihres Enkels abgelaufen waz. grollte sie
keineswegs über die verlorene Macht, sondern zog sich in das Klosterleben
zurück. Dies hatte ihr schon immer besonders am Herzen gelegen, und die ihr
verliehene Herrschaft über das christliche Volk nutzte sie, um Klöster in
Italien und am Rhein zu gründen und die monastische Reformbewegung von Cluny zu
unterstützen. Ihre liebste eigene Klostergründung stand ganz Zeichen dieser
Reform: das Benediktiner-Doppelkloster im elsäs¬sischen Selz. Dort beschloss
Adelheid ihr langes Leben, nachdem sie nicht nur ihre beiden Ehemänner, sondern
am Ende auch aal ihre fünf Kinder überlebt hatte.
In den Jahren, in denen Adelheid nicht mit
Regierungsgeschäf¬ten betraut war, tat sie alles, um ihr Seelenheil und das
ihrer Fa-milienangehörigen zu sichern. Sie unternahm Pilgerfahrten, üb sich in
Buße und Mildtätigkeit. Ihre Frömmigkeit wurde von al¬len Seiten bewundert, und
schon zu ihren Lebzeiten wurden ihr Wundertaten und Visionen zugesprochen. Die
Quellen lassen
uns wissen, dass sie eine Verehrung als Heilige in ihrer
Beschei-denheit immer abgelehnt hat. Ein knappes Jahrhun¬dert nach ihrem Tod
wur¬de sie dennoch als erste mittelalterliche Herrsche¬rin heiliggesprochen.
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