Heinrich der Löwe
1129-1195
Author D.Selzer-McKenzie
Video: http://youtu.be/y2eybr9ppy0
Der ungekrönte König
Heinrich der Löwe
1729 —1795
Was für ein Bild! Kaiser Friedrich I. Barbarossa (s. S. io6
vor Herzog Heinrich dem Löwen auf dem Boden und demütig um Hilfe. Der Grund für
die missliche Lage des zu Beginn des Jahres 1176 ist der Krieg gegen den no
schen Städtebund, der sich mit aller Macht gegen die k Herrschaft wehrt. Und
das so erfolgreich, dass Friedrich anderen Ausweg sieht, als seinen mächtigsten
Fürsten um militärischen Beistand zu bitten.
Diese ohnehin schon skurrile Szene des flehenden Kai de
dadurch noch pikanter, dass dem vornüber gebeugten plötzlich die Krone vom Kopf
fiel - und Heinrich ge vor die Füße rollte. Hierauf sagte ein Gefolgsmann zum H
»Lasst die Krone des Reiches jetzt nur zu Euren Füßen Herr, sie wird bald auf
Euer Haupt kommen!« Heinrich :¬der Tat die Hoffnung gehabt haben, noch mehr
erreichen r_ nen. Zumindest fühlte er sich zu Höherem berufen - gle: als
ungekrönter König.
Aus diesem Bewusstsein heraus schlug Heinrich dem d
bittenden Kaiser - um es wohlwollend auszudrücken ¬Handel vor und forderte,
dass die reichsunmittelbare und kaiserliche Residenz Goslar in seinen Besitz
hen solle, dann wäre er zu militärischer Hilfe in I bereit.
Dem Kaiser muss dieser »Handel« jedoch
eine Erpressung vorgekommen sein, denn war mit seinen
Silberminen, Erzvorkommen
rund 4o Kirchen die reichste Stadt Sachsens_ erpressen lässt
sich ein Kaiser nicht: Fri lehnte ab, und die beiden trennten sich
ohne eine Einigung erzielt zu haben. Doch woher kam dieses
ausgeprägte
bewusstsein des Herzogs? Nicht
ungefähr jedenfalls, denn Heinrich
stammte nicht irgendeinem Herz
schlecht, sondern war der Enkel
Lothars III. von Süpplingenburg. Als
ein neuer deutscher König gesucht v.
7te Heinrich der Löwe zum engeren Kreis der Thronanwär-_-_
ach er gewährte seinem staufischen Vetter Friedrich Barba-, den Vortritt —
freilich nicht, ohne sich wahrhaft fürstlich : entschädigen zu lassen: Heinrich
erhielt die Herzogtümer _ -.sen und Bayern zurück, die sich schon einmal im
Besitz - Vaters befunden hatten. Auf dieser Grundlage lebten die n Verwandten
Heinrich und Friedrich lange Jahre in einem Verhältnis miteinander, und
Heinrich war dem Kaiser auf -sen Kriegszügen ein guter und treuer Begleiter.
seinen beiden Herzogtümern genoss Heinrich eine äußerst
.,:htvolle Position, schuf zahlreiche Bistümer und gründete
_ _ LÖWE
;er Löwe galt von jeher als König der Tiere und
symbolisierte 'Wacht und Stärke. Als Familienkennzeichen der Welfen hatten
schon Heinrichs Vorfahren den Löwen als Beinamen geführt,
z.-.,z^ niemand benutzte ihn so konsequent zur Repräsentation wie .-nerrich. In
der Nähe Lübecks gründete Heinrich eine Stadt und rirrte sie stolz »Löwenstadt«
(dennoch musste sie wieder aufge-rzen werden). Im Jahr 1166 ließ er im Hof
seiner Braunschweiger
eine goldene Löwenfigur aufstellen — die älteste frei
stehen-ze Zenkmalsplastik in Deutschland.
Städte an strategisch wichtigen Positionen. S.t war Heinrich
der Löwe mächtiger als manche Reich, aber damit gab er sich nicht zufrieden. \
führte der Herzog eine expansive Politik mit sein aus diversen einzelnen
Grafschaften Herzogtum zu einem geschlossenen Territorium chen. Dabei
konzentrierte er sich auf Sachsen_ mals weitgehend das heutige Bundesland Ni
umfasste; sein Einflussbereich erstreckte sich auch über die Elbe hinaus nach
Norden und Sachsen war Heinrich der reichste Grundbes er hatte sich mit den
Jahren eine politische G angeeignet, die bei seinen Untertanen nicht so kam:
Überall, wo ein sächsischer Graf starb. Grafschaft sofort direkt sich selbst
unterstellen Herzogtum einverleiben, anstatt einen neuen Lehnsmann einzusetzen.
Das brachte verst weise die sächsischen Fürsten und auch die E von
Hamburg-Bremen und Magdeburg geger die unter seiner Politik zu leiden hatten.
In 1166 und 1167 war dies besonders zu spüren_ Chronist vermerkte: »Durch ganz
Sachsen b wilde Sturm des Aufstandes, weil alle Fürsten Herzog kämpften.«
Heinrich der Löwe war zudem ein äußerst
Wirtschaftspolitiker. In der Mitte des 12. Ja waren Stade und Bremen (Hamburg
spielte
Hafen noch keine Rolle) an der Nordsee bereits wicht*
delsplätze; um auch vom Ostseehandel profitieren zu gründete Heinrich Lübeck an
der Stelle neu, an der die re Hansestadt noch heute steht. Um seine Kassen zu
Heinrich auch die Religion als Mittel recht: Er trieb die anisierung der an
Elbe und Ostsee lebenden Slawen vc sich nach wie vor als hartnäckige Gegner des
christlich: ¬aufführten -, denn indem die Slawen die Taufe über sic- _ -
ließen, wurden sie in das Bistum aufgenommen - und d Herzog tributpflichtig.
Heinrichs eigentliches Ziel der Si.-_ sion war allerdings schon für seine
Zeitgenossen ein ofter,: heimnis: »Bei allen Unternehmungen aber, die der junge
im Slawenland durchführt, geht es ihm nicht um das Chrir sondern vor allem um
das Geld«, lesen wir in einer Chro jener Zeit.
Dass sich Heinrich mehr um die Missionierung und Besied-_mg
des Slawenlandes kümmer¬e. als mit Friedrich Barbarossa - Italien zu kämpfen,
hatte folg-h macht- und wirtschaftspoli--Ate Gründe. In der Zeit des
ftionalsozialismus aber wurde Herzog von deutschnationa-- Kreisen dafür als
wahrhaft utscher« Politiker gefeiert, 1 er sich gegen eine Italien-
:tik gewehrt habe, um stattdessen lieber den »Lebensraum im
:en« mit deutschen Siedlern zu bereichern ...
Als Tatsache bleibt festzuhalten, dass Heinrich nördlich der
Al¬- der mächtigste Fürst im Reich war, während sich Barbarossa Jahre nur in
Italien aufhielt. Heinrich der Löwe konnte sich 1 r Tat wie ein ungekrönter
König fühlen, und er tat alles, um ,-.2m gefühlten Status gerecht zu werden.
Seine Braunschweiger -; glich einer königlichen Residenz, vergleichbar etwa der
Aa¬r Kaiserpfalz. Im Burghof gab das 1166 errichtete Standbild zes Löwen die
Macht und Entschlossenheit des Herzogs wieder. ) Jahren heiratete er Mathilde,
die Tochter des englischen ;s Heinrich II. (s. S. 124). Verglichen mit seinem
kaiserlichen _ der lediglich mit der Tochter eines Pfalzgrafen verheiratet
war, brauchte Heinrich sich also ke-_ zu verstecken.
Auf einer Pilgerfahrt nach Jeru er mit fünfhundert Rittern
sowie z Geistlichen und Fürsten durchführte_ wie ein König geehrt und auch vorn
nischen Kaiser Manuel entsprechend empfangen. Dabei mag ihm allerdinp der
Umstand zugutegekommen sein. nuel ein Interesse daran hatte, in He-starkes
politisches Gegengewicht ins zu etablieren, denn Manuel und stritten darum, wer
der wahre Kaiser stark Heinrichs eigenes Interesse g die Rolle des politischen
Gegners a lässt sich nicht sagen; manche Histo muten, dass er in den Jahren
nach der kehr aus dem Heiligen Land sogar die würde für Sachsen anstrebte.
In jedem Fall versuchte der Herzog
seine eigene Position durch die Na
Kaisers zu verbessern, doch es so
bald zeigen, dass Heinrich mit dem geschilderten
Erpressungsversuch zu hoch gepokert haue Kaiser saß schlichtweg am längeren
Hebel. Nachdem aus Italien zurückgekommen war, prozessierte er gegen Vetter und
konnte ihn schließlich tr8o erfolgreich en Heinrich der Löwe verlor beide
Herzogtümer und musste lische Exil gehen.
Heinrichs politische Karriere war damit praktisch aber der
Löwe genießt seither einen schillernden Nac mächtiger und prächtiger Fürst.
Zeit seines Lebens war er ehrgeizig und egozentrisch — diese
Charaktereigenschaften ihn in eine königsgleiche Machtposition, aber eben auch
gebracht. So sollte ihm die Königskrone immer versagt obwohl sie ihm für eine
kurze Zeit zu Füßen lag.
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