Weltweit brechen die Börsen-Kurse ein
Author D.Selzer-McKenzie
Video: http://youtu.be/T4rZCZ2zBvA
er legendäre Investor War-ren Buffett hat es schon im¬mer
gewusst: „Der Markt .ist ein betrunkener Irrer, der zwischen Euphorie und
Depression hin und her schwankt", sagte er im Frühjahr.
Und er scheint recht zu haben, wie die vergangene Woche ge¬zeigt hat. In der
hat sich der Markt be¬drohlich zur Seite geneigt, Richtung De¬pression.
Das war heftig. So eine harte Woche haben die Anleger schon
lange nicht mehr erlebt. Acht Prozent rauschte der Dax in den Keller, der
höchste Woc
verlust seit vier Jahren. Seit dem Höch e-stand vom April
hat er schon fast zo Pe-zent verloren und ist wieder auf io 000 Punkte
gefallen. Einzelne Aktien haben seitdem sogar mehr als 3o Prozent abge¬geben.
Alle Gewinne des Jahres 2015 sind damit fast wieder weg. Der Dax ist dabei in
bester Gesellschaft. Auch an der Wall Street, in Tokio, in London, an allen
wichtigen Börsenplätzen der Welt stürz¬ten die Aktienkurse ab. Weltweit wurden
in wenigen Monaten fast 9000 Milliar¬den Euro Börsenwert vernichtet, das ist
dreimal so viel wie die deutsche Wirt¬schaftsleistung eines Jahres.
Dabei hätten sich die Anleger eigent¬lich freuen können,
denn die monatelan¬ge Griechen-Krise hat sich mit dem Ab¬schluss des dritten
Hilfspakets erst ein¬mal beruhigt. Doch stattdessen blickte man nach China, wo
sich die schlechten Nachrichten häufen. Die Aktienkurse dort brachen so stark
ein, dass sich die Regierung genötigt sah, in den Markt einzugreifen und mit
eigenen Aktienkäu¬fen die Preise etwas zu stabilisieren. Kon¬junkturdaten
fielen mau aus. Die Abwer¬tung des Yuan zum Dollar, die erste seit vielen
Jahren, schien die Angste vor ei¬nem schwächeren Wachstum zu bestäti-gen. All
das passiert vor dem Hinter-grund einer bis vor kurzem sicher schei¬nenden
Zinserhöhung in Amerika im September, die das Ende des billigen Gel¬des
einläuten würde. Dieses Geld war der Haupttreiber der Aktienhausse in den,
vergangenen Jahren. Das macht die Anleger sowieso schon seit längerem ner¬vös.
All diese schlechten-Nachrichten tref¬fen auf einen
Aktienmarkt, der sich schon im siebten Jahr eines Aufschwungs befindet. Alle
stellen sich darum nur noch eine Frage: Ist diese lange Hausse jetzt womöglich
vorbei? Die Analysten in den Banken wiegeln schnell ab und sprechen
verharmlosend von einer „will-
kommenen Korrektur innerhalb eines in¬takten
Börsenaufschwungs". Doch ganz so einfach ist es nicht.
China ist immerhin nach den Vereinig¬ten Staaten die
zweitgrößte Volkswirt¬schaft der Welt. Einige deutsche Export¬firmen machen
dort einen Großteil ihrer Geschäfte. Volkswagen steht dabei an der Spitze, ein
Drittel des Umsatzes wird in China erwirtschaftet, der Chiphersteller Infineon
macht 20 Prozent seines Ge¬schäfts dort, etwas mehr als BMW. Für Adidas sind es
rund u Prozent. Am Ge¬winn sind die Anteile Chinas teilweise noch höher, weil
zum Beispiel Autobauer dort höhere Preise verlangen können und größere Modelle
verkaufen. Für die Er¬gebnisse solcher Unternehmen ist die Ver¬langsamung des
chinesischen Wirtschafts¬wachstums eine ernsthafte Bedrohung, vor allem wenn
sie wie Volkswagen kaum vom boomenden amerikanischen Markt als Ausgleich
profitieren können.
Weniger gut erklärbar ist allerdings, warum auch fast alle anderen
Du-Unter-nehmen so stark fallen, auch wenn sie mit China nur wenig Geschäfte
machen. Gut, die Versorger Eon und RWE kämp¬fen immer noch mit den Folgen der
Energiewende. Aber warum stürzt die
Aktie der Deutschen Telekom in zwei Wochen um 14 Prozent ab?
Warum ver¬liert Fresenius Medical Care 17 Prozent. obwohl die Firma vor allem
in Nordame¬rika Geld verdient? Mit China haben die¬se Unternehmen wenig zu tun.
Die negative Stimmung hat sich also auf alle Aktien
übertragen. Hier scheint die Börse zu übertreiben. Denn China ist für viele
Firmen eben auch nicht sehr wichtig. Insgesamt gehen nur sieben Pro¬zent der
deutschen Exporte dorthin. 65 Prozent jedoch werden nach Europa ge¬liefert,
rund neun nach Nordamerika. Beides sind Regionen, in denen sich die Wirtschaft
erholt. Die jüngsten Konjunk¬turdaten haben das bestätigt, nur haben das in der
vergangenen Woche die meis¬ten ignoriert. "Hier wird sich das Wachs¬tum im
zweiten Halbjahr eher noch be¬schleunigen", sagt der Chefvolkswirt der
Schweizer Großbank UBS, Andreas Hö-fert. In China sieht er eine schwierige
Phase, aber keinen Crash. Schließlich werde das Land weiter stark wachsen, nur
eben nicht so stark, wie einige bisher noch erwarten. Bedrohlich könnte es
werden, wenn China eine Krise in allen Schwellenländern auslöst. Danach sieht
es aber nicht aus.
ie Marktreaktionen sehen wir als _ ftig an", sagt denn
auch Höfert. chinesische Regierung habe die ichkeit, mit Leitzinssenkungen und
Jnkturprozrammen die Wirtschaft aufen zu halten. Ein gutes Zeichen xlern, dass
der Yuan sich nach den rtungen vor zehn Tagen nicht wei-irbilligt hat.
arum dann diese heftige Reaktion -',örse bei fast allen
Aktien? Das sei eine Folge der niedrigen Zinsen, t der Chefanlagestratege der
BHF-, Kai Franke. „Sie zwingen Großin-ren wie Pensionskassen in den Ak-iarkt,
um die den Kunden verspro-2n Renditen erwirtschaften zu kön-Sie haben aber
keinen Puffer, zeit-Kursverluste aussitzen zu können." olge: Sie verkaufen
sofort, wenn es brenzlig wird. Das verstärkt die Ab-bewegungen. Vor allem im
August, In viele Händler und Anleger im Ur-sind und daher insgesamt weniger
dität im Markt ist.
nke erwartet solche Kurseinbrüche nschließenden Erholungen
auch in kommenden Monaten. „Der Auf-ang läuft schon seit 2000, und Ak-ind
längst nicht mehr günstig, da ist
die Risikobereitschaft klein." Das heißt: Bei negativen
Nachrichten wird schnell verkauft. Ähnliche Abstürze gab es schon ein paar in
der seit der Finanzkrise lau¬fenden Hausse. Im vergangenen Okto¬ber drückten
Konjunktursorgen den Dax bis auf 8400 Punkte. Die Angste waren unbegründet. Der
Index stieg bis April in einer beeindruckenden Erholung bis auf 12 000 Punkte.
Im August und Sep¬tember 2011 fielen die Kurse um 3o Pro¬zent auf 5000 Punkte,
als über die ameri¬kanischen Schulden gestritten wurde und die Schließung von
staatlichen Ein-richn4en drohte. Es war eine Unterbre¬chung 3er Hausse, nicht
ihr Ende.
Aue::h diesmal spricht einiges dafür, dass der lange
Aufschwung noch nicht zu Ende ist. „Die Hausse stirbt nicht durch ihr Alter,
sondern durch die Notenban¬ken, überbordende Euphorie oder eine
Rezession", sagt Michael Wiaterek, bei der Commerzbank zuständig für die
De¬potstrukturierung von Privatkunden. Das heißt, erst wenn die Zinsen deutlich
höher lägen, verlören Aktien an Attrakti¬vität. Weil die Unternehmen dann
weni¬ger investieren können und weil Anlei¬hen dann wieder zu einer Alternative
wer-den. Ein solches Zinsniveau ist derzeit aber nicht in Sicht. Auch nach
einer Zins¬erhöhung in Amerika wird es bis dahin noch länger dauern. Zumal die
nächsten Anhebungen nur kommen, wenn sich Amerikas Wirtschaft entsprechend gut
entwickelt. Sie wären dann ein Zeichen der Stärke. Auch die andere Bedrohung
des Aufschwungs, nämlich zu viel Eupho¬rie am Markt, ist derzeit nicht zu
sehen. Im Gegenteil: Die Anleger sind sehr vor¬sichtig.
Eine Rezession ist ebenfalls unwahr-scheinlich. In Amerika
und Europa er-holt sich gerade die Konjunktur. Die Fir¬mengewinne steigen. Der
abermals ge¬sunkene Ölpreis wird den Unternehmen zusätzlich helfen. Dieser
Effekt ist auch stärker als der leichte Anstieg des Euro¬kurses zum Dollar, der
deutsche Exporte etwas verteuert. Sobald sich die Zinserhö¬hung in Amerika
konkretisiert, dürfte zu¬dem der Euro auch wieder schwächer werden. Das kann
schon bald der Fall sein. Die meisten Anleger erwarten eine Zinserhöhung jetzt
im Dezember.
„Ich rechne damit, dass der Dax zum Jahresende und im
kommenden Jahr hö¬her als derzeit notiert", folgert aus alle¬dem
Commerzbank-Stratege Wiaterek und äußert damit die Meinung der gro¬ßen Mehrheit
der Marktbeobachter. Sei¬ne Empfehlung: „Die aktuelle Unruhe kann man für
Aktienkäufe nutzen."
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