Sonntag, 23. August 2015

Weltweit brechen die Börsen-Kurse ein


Weltweit brechen die Börsen-Kurse ein

Author D.Selzer-McKenzie

Video: http://youtu.be/T4rZCZ2zBvA

er legendäre Investor War-ren Buffett hat es schon im¬mer gewusst: „Der Markt .ist ein betrunkener Irrer, der zwischen Euphorie und

Depression hin und her schwankt", sagte er im Frühjahr. Und er scheint recht zu haben, wie die vergangene Woche ge¬zeigt hat. In der hat sich der Markt be¬drohlich zur Seite geneigt, Richtung De¬pression.

Das war heftig. So eine harte Woche haben die Anleger schon lange nicht mehr erlebt. Acht Prozent rauschte der Dax in den Keller, der höchste Woc

verlust seit vier Jahren. Seit dem Höch e-stand vom April hat er schon fast zo Pe-zent verloren und ist wieder auf io 000 Punkte gefallen. Einzelne Aktien haben seitdem sogar mehr als 3o Prozent abge¬geben. Alle Gewinne des Jahres 2015 sind damit fast wieder weg. Der Dax ist dabei in bester Gesellschaft. Auch an der Wall Street, in Tokio, in London, an allen wichtigen Börsenplätzen der Welt stürz¬ten die Aktienkurse ab. Weltweit wurden in wenigen Monaten fast 9000 Milliar¬den Euro Börsenwert vernichtet, das ist dreimal so viel wie die deutsche Wirt¬schaftsleistung eines Jahres.

Dabei hätten sich die Anleger eigent¬lich freuen können, denn die monatelan¬ge Griechen-Krise hat sich mit dem Ab¬schluss des dritten Hilfspakets erst ein¬mal beruhigt. Doch stattdessen blickte man nach China, wo sich die schlechten Nachrichten häufen. Die Aktienkurse dort brachen so stark ein, dass sich die Regierung genötigt sah, in den Markt einzugreifen und mit eigenen Aktienkäu¬fen die Preise etwas zu stabilisieren. Kon¬junkturdaten fielen mau aus. Die Abwer¬tung des Yuan zum Dollar, die erste seit vielen Jahren, schien die Angste vor ei¬nem schwächeren Wachstum zu bestäti-gen. All das passiert vor dem Hinter-grund einer bis vor kurzem sicher schei¬nenden Zinserhöhung in Amerika im September, die das Ende des billigen Gel¬des einläuten würde. Dieses Geld war der Haupttreiber der Aktienhausse in den, vergangenen Jahren. Das macht die Anleger sowieso schon seit längerem ner¬vös.

All diese schlechten-Nachrichten tref¬fen auf einen Aktienmarkt, der sich schon im siebten Jahr eines Aufschwungs befindet. Alle stellen sich darum nur noch eine Frage: Ist diese lange Hausse jetzt womöglich vorbei? Die Analysten in den Banken wiegeln schnell ab und sprechen verharmlosend von einer „will-

 

kommenen Korrektur innerhalb eines in¬takten Börsenaufschwungs". Doch ganz so einfach ist es nicht.

China ist immerhin nach den Vereinig¬ten Staaten die zweitgrößte Volkswirt¬schaft der Welt. Einige deutsche Export¬firmen machen dort einen Großteil ihrer Geschäfte. Volkswagen steht dabei an der Spitze, ein Drittel des Umsatzes wird in China erwirtschaftet, der Chiphersteller Infineon macht 20 Prozent seines Ge¬schäfts dort, etwas mehr als BMW. Für Adidas sind es rund u Prozent. Am Ge¬winn sind die Anteile Chinas teilweise noch höher, weil zum Beispiel Autobauer dort höhere Preise verlangen können und größere Modelle verkaufen. Für die Er¬gebnisse solcher Unternehmen ist die Ver¬langsamung des chinesischen Wirtschafts¬wachstums eine ernsthafte Bedrohung, vor allem wenn sie wie Volkswagen kaum vom boomenden amerikanischen Markt als Ausgleich profitieren können.

Weniger gut erklärbar ist allerdings, warum auch fast alle anderen Du-Unter-nehmen so stark fallen, auch wenn sie mit China nur wenig Geschäfte machen. Gut, die Versorger Eon und RWE kämp¬fen immer noch mit den Folgen der Energiewende. Aber warum stürzt die

 

Aktie der Deutschen Telekom in zwei Wochen um 14 Prozent ab? Warum ver¬liert Fresenius Medical Care 17 Prozent. obwohl die Firma vor allem in Nordame¬rika Geld verdient? Mit China haben die¬se Unternehmen wenig zu tun.

Die negative Stimmung hat sich also auf alle Aktien übertragen. Hier scheint die Börse zu übertreiben. Denn China ist für viele Firmen eben auch nicht sehr wichtig. Insgesamt gehen nur sieben Pro¬zent der deutschen Exporte dorthin. 65 Prozent jedoch werden nach Europa ge¬liefert, rund neun nach Nordamerika. Beides sind Regionen, in denen sich die Wirtschaft erholt. Die jüngsten Konjunk¬turdaten haben das bestätigt, nur haben das in der vergangenen Woche die meis¬ten ignoriert. "Hier wird sich das Wachs¬tum im zweiten Halbjahr eher noch be¬schleunigen", sagt der Chefvolkswirt der Schweizer Großbank UBS, Andreas Hö-fert. In China sieht er eine schwierige Phase, aber keinen Crash. Schließlich werde das Land weiter stark wachsen, nur eben nicht so stark, wie einige bisher noch erwarten. Bedrohlich könnte es werden, wenn China eine Krise in allen Schwellenländern auslöst. Danach sieht es aber nicht aus.

ie Marktreaktionen sehen wir als _ ftig an", sagt denn auch Höfert. chinesische Regierung habe die ichkeit, mit Leitzinssenkungen und Jnkturprozrammen die Wirtschaft aufen zu halten. Ein gutes Zeichen xlern, dass der Yuan sich nach den rtungen vor zehn Tagen nicht wei-irbilligt hat.

arum dann diese heftige Reaktion -',örse bei fast allen Aktien? Das sei eine Folge der niedrigen Zinsen, t der Chefanlagestratege der BHF-, Kai Franke. „Sie zwingen Großin-ren wie Pensionskassen in den Ak-iarkt, um die den Kunden verspro-2n Renditen erwirtschaften zu kön-Sie haben aber keinen Puffer, zeit-Kursverluste aussitzen zu können." olge: Sie verkaufen sofort, wenn es brenzlig wird. Das verstärkt die Ab-bewegungen. Vor allem im August, In viele Händler und Anleger im Ur-sind und daher insgesamt weniger dität im Markt ist.

nke erwartet solche Kurseinbrüche nschließenden Erholungen auch in kommenden Monaten. „Der Auf-ang läuft schon seit 2000, und Ak-ind längst nicht mehr günstig, da ist

die Risikobereitschaft klein." Das heißt: Bei negativen Nachrichten wird schnell verkauft. Ähnliche Abstürze gab es schon ein paar in der seit der Finanzkrise lau¬fenden Hausse. Im vergangenen Okto¬ber drückten Konjunktursorgen den Dax bis auf 8400 Punkte. Die Angste waren unbegründet. Der Index stieg bis April in einer beeindruckenden Erholung bis auf 12 000 Punkte. Im August und Sep¬tember 2011 fielen die Kurse um 3o Pro¬zent auf 5000 Punkte, als über die ameri¬kanischen Schulden gestritten wurde und die Schließung von staatlichen Ein-richn4en drohte. Es war eine Unterbre¬chung 3er Hausse, nicht ihr Ende.

Aue::h diesmal spricht einiges dafür, dass der lange Aufschwung noch nicht zu Ende ist. „Die Hausse stirbt nicht durch ihr Alter, sondern durch die Notenban¬ken, überbordende Euphorie oder eine Rezession", sagt Michael Wiaterek, bei der Commerzbank zuständig für die De¬potstrukturierung von Privatkunden. Das heißt, erst wenn die Zinsen deutlich höher lägen, verlören Aktien an Attrakti¬vität. Weil die Unternehmen dann weni¬ger investieren können und weil Anlei¬hen dann wieder zu einer Alternative wer-den. Ein solches Zinsniveau ist derzeit aber nicht in Sicht. Auch nach einer Zins¬erhöhung in Amerika wird es bis dahin noch länger dauern. Zumal die nächsten Anhebungen nur kommen, wenn sich Amerikas Wirtschaft entsprechend gut entwickelt. Sie wären dann ein Zeichen der Stärke. Auch die andere Bedrohung des Aufschwungs, nämlich zu viel Eupho¬rie am Markt, ist derzeit nicht zu sehen. Im Gegenteil: Die Anleger sind sehr vor¬sichtig.

Eine Rezession ist ebenfalls unwahr-scheinlich. In Amerika und Europa er-holt sich gerade die Konjunktur. Die Fir¬mengewinne steigen. Der abermals ge¬sunkene Ölpreis wird den Unternehmen zusätzlich helfen. Dieser Effekt ist auch stärker als der leichte Anstieg des Euro¬kurses zum Dollar, der deutsche Exporte etwas verteuert. Sobald sich die Zinserhö¬hung in Amerika konkretisiert, dürfte zu¬dem der Euro auch wieder schwächer werden. Das kann schon bald der Fall sein. Die meisten Anleger erwarten eine Zinserhöhung jetzt im Dezember.

„Ich rechne damit, dass der Dax zum Jahresende und im kommenden Jahr hö¬her als derzeit notiert", folgert aus alle¬dem Commerzbank-Stratege Wiaterek und äußert damit die Meinung der gro¬ßen Mehrheit der Marktbeobachter. Sei¬ne Empfehlung: „Die aktuelle Unruhe kann man für Aktienkäufe nutzen."


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