Hugo Capet 940-996
Author D.Selzer-McKenzie
Video: http://youtu.be/O4xZ4rTz6TI
Im Westen was Neues
Hugo Capet
um 940-996
Ein lauter Schrei. Äste krachen. Ludwigs Begleiter sehen
noch sein Pferd davongaloppieren. Der 20-jährige König in liegt regungslos im
Unterholz; jede Hilfe kommt zu spät. Für einen mittelalterlichen Adligen war
das Jagen sowohn, gnügen als auch Training für den Kampf - für Ludwig V. war
tödlich. Und dieser Jagdunfall war auch mehr als nur der tragi Tod eines jungen
Regenten, denn der kinderlose Ludwig war letzte karolingische König, den die
Welt gesehen hat. Die reiche Epoche der Herrscher aus dem Geschlecht Karls des
G ßen (s. S. 8) endete glanzlos im frühlingshaften Dickicht nahe
nordfranzösischen Comp4ne. Im Westfrankenreich des J 987 musste nun eine neue
Zeit beginnen.
Wer an Ludwigs Stelle treten sollte, war für die mächtigen F
ten des westfränkischen Königreiches überhaupt keine Frage. musste der
einflussreiche Berater des jungen Königs sein, d er war der Mächtigste unter
ihnen: Hugo aus der Familie der bertiner, der Herzog von Franzien, das im
ausgehenden io. J hundert ein relativ überschaubares Gebiet von Orlans im Sü
über Paris und St. Denis bis nach Senlis im Norden umfasste. Robertiner
gehörten bereits seit anderthalb Jahrhunderten Hochadel und hatten auch schon
vor H zwei westfränkische Könige gestellt, was Fürsten die Königswahl Hugos im
Mai sicher erleichterte.
Ein paar hundert Kilometer nordöstlich \ Franzien gab es
allerdings jemanden. über die Nachfolge ganz anders dachte die Nachricht vom
Tod des jungen Königs mit großem Interesse aufnahm. Jemand. d die
karolingischen Herrscher bei weitem na nicht als ausgestorben ansah, denn er,
der Her-¬zog von Niederlothringen, war als Onkel Lud¬wigs V. selbst Karolinger
und trug sogar den programmatischen Namen Karl. Dadurch, dass er zu einem
früheren Zeitpunkt aus der Re¬he der Thronfolger ausgeschlossen wordeT
HUGO CAPET
43
hatte er nun jedoch keinen rechtlichen 1-.,.-7.s2ruch mehr
auf den Königsthron. Darü-2`- ;7naus besaß Karl eine für die westfränki-L7-e7.
Fürsten allzu enge Verbindung zu den ankischen Ottonen, die ihm erst zu
sei-irr.7 Herzogsamt verholfen hatten; die West¬aber wollten sich von dem
mächtigen `4,,bc:-_--2arn abgrenzen, um ihr eigenes König-
-Lir stärken.
dieses Vorhaben war der Robertiner zenau der Richtige,
deshalb machte er ins Ende das Rennen, obwohl auch er mit den -ren verwandt war
- sogar in genau dem Grad wie Karl. Doch entscheidend
- Hugo den
Schwerpunkt auf eine ei-
- --:dige Politik im Sinne des Westfranken-:e-9-_te und
nicht auf seine gesamtfränki-wcyt ---i-trkunft. Eine radikale Zäsur war dieser
itzt--...7-.g_swechsel von 987 dennoch nicht.
lie e Vorgänger
nannte sich Hugo »Kö-
mut franken« (Rex
Francorum), und auch
rt _7-Kunden standen sowohl inhaltlich als ;,[ :serlich ganz
in der Tradition der karolingischen Könige. machte er unmissverständlich klar,
dass er um jeden rer: Konflikt mit dem Ostfrankenreich vermeiden wollte. e
seiner ersten Handlungen nach der Königswahl die äucTuir.z. Verduns, das im
ostfränkischen Machtbereich lag. lobe= i.estfränkische Politik hin oder her -
dem neuen König 7:_:.,:orische Chance durchaus bewusst, seine Familie an dlor
ierczt-- des Reiches etablieren zu können. Nur wenige Mo-Regierungsantritt
wollte er seinem Sohn Robert die z-‘--7.,:r_-_ene Macht sichern, indem die
Fürsten ihn zu seinem
NIEDERLOTHRINGEN
sche Karolinger Karl (953-991) wurde bereits .on der
königlichen Thronfolge ausgeschlossen, -1- später verschiedentlich, die Macht
im West-
- -1 erlangen.
Schließlich setzte ihn sein kaiserlicher
_ 977 als
Herzog ein. Von 987 an kämpfte Karl mit
_m die Macht. Dieser ließ ihn schließlich 991 gefan-- .vo er
kurz darauf verstarb.
Mitkönig - und damit automatischen Nachfolger - wählen
soll¬ten. Dabei kam ihm ein Hilferuf der Aquitanier, er solle ihnen iaa Kampf
gegen die spanischen Omaijaden beistehen, gerade recht Unter Hinweis auf die
Gefährlichkeit eines solchen Feldzugs ge¬gen die »muslimischen Heiden«
überzeugte er die Fürsten von der Wichtigkeit dieser Wahl. Das Vorhaben
glückte. Der Feidill gegen die Omaijaden war dann allerdings so gefährlich,
dass ni einmal Hugo selbst daran teilnehmen wollte ...
Hugos Onkel, Kaiser Otto der Große (s. S. 32), war ihm bei
einem weiteren Versuch, die robertinische Macht dauerhaft zn stärken, ein
Vorbild. Ebenso wie Otto für seinen gleichnamigen Sohn versuchte nun auch Hugo,
seinem Spross eine byzantini¬sche Gattin zu verschaffen. Der König hatte den
Brief an den oströmischen Kaiser bereits fertig, schickte ihn dann aber doch
nicht ab. So wurde es nichts mit der byzantinischen Schwieger¬tochter, und das
war nicht Hugos einziges Problem. Neben dem jahrelangen Kampf gegen die
Karolinger und Ostfranken und der Niederschlagung mehrerer Aufstände musste
Hugo sogar inner¬halb des Westfrankenreichs um seine Macht fürchten. Die
Herr¬schaft über Franzien mag ihn als Herzog stark gemacht haben. doch für
einen König war diese Basis etwas dünn. Obwohl ihn die anderen Fürsten zum
König gewählt hatten, bekam er in seinem Amt kaum Unterstützung. Das lag zwar
nicht an ihm, sondern an dem Geltungsbedürfnis der Fürsten, unter dem alle
westfrän¬kischen Könige dieser Zeit zu leiden hatten, aber es engte Hugo
dennoch sehr ein. Sein Aktionsradius war auf die nordfranzösi¬schen Gebiete
beschränkt, und er selbst hat die südfranzösischen Landschaften jenseits der
Loire nie gesehen. Dort, im Süden des Reiches, erzählte man sich immer wieder
schmunzelnd, wie Hugo den widerspenstigen aquitanischen Grafen Aldebert anfuhr:
»Wei hat dich denn zum Grafen gemacht?« Aldebert entgegnete nui kühl: »Und wer
hat dich zum König gemacht?«
Hugo, der seit dem 12. Jahrhundert mit dem Beinamen »Capet•
bezeichnet wird, ist wegen der zahlreichen innen- wie außenpo litischen
Probleme oft kritisch beurteilt worden. Zweifelos ist e! ihm aber in
schwieriger Zeit gelungen, sich zu behaupten und vo: allem seinem Sohn die
Macht zu sichern - und damit seiner Fa milie. Die nach Hugo Capet nur noch als
Kapetinger bezeichnet) Familie beherrschte seit 987 in direkter Linie bis ins
rq.. Jahrhun dert das Westfrankenreich, das alsbald zum mächtigen Frankreicl
werden sollte. Die Basis für diese neue Epoche hatte Hugo Cape in seiner
neunjährigen Regierungszeit gelegt.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.