Rom – Das römische Imperium
Author D.Selzer-McKenzie
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Brudermord am Tiber
Die mythischen Anfänge des römiscien Gemeinwesens (753 v.
Chr.
Die Legende hat die Anfänge Roms tief in die Vergangenheit,
ins Jahr 753 v. Chr., verlegt, und bis heute hat sich der Merkvers bei den
Schülern gehalten: „Sieben-fünf-drei - Rom kroch aus dem Ei." In
Wirklichkeit hat die Besiedlung der Sieben-Hügel-Landschaft am Tiber schon weit
vorher eingesetzt. Grabfunde reichen bis ins 2. vorchristliche Jahrtausend
zurück. Richtig hingegen liegt die Legende, wenn sie die Gründung mit dem
Griechentum verbindet, denn schon für die früheste Zeit lassen sich
Handelsverbindungen Roms mit den griechischen Kolonien und entsprechender
kultureller Einfluss nachweisen. Der Geschichtsschreiber Titus Livius (59
v.Chr.-17 n.Chr.) hat die mythischen Ursprünge in seinen „Ab urbe
Forum Boarium
Am Ufer des Tibers ließ der Sage nach schon Halbgott
Herkules (griechisch Herakles) seine Rinder weiden, als von Rom dort noch
nichts zu sehen war. Und tatsächlich fanden sich da, wo heute die Relikte des
Forum Boarium zu besichtigen sind, griechische Gefäße aus vorrömischer Zeit und
weitere Hinweise, dass bereits zu Beginn des 1. Jahrtausends v.Chr Händler am
Tiber-Knie Waren tauschten. Es muss damals auch schon eine Ara Maxima (Altar)
des Herkules be-
condita libri" (Bücher von der Stadtgründung an)
aufgezeichnet, einer bis ins Jahr 9 v.Chr. reichenden Geschichte von Stadt und
Staat.
Zuflucht für Verfolgte
Danach waren die Zwillingsbrüder Romulus und Remus, Söhne
des Kriegsgottes Mars und einer Sterblichen, der Priesterin Rhea Silvia,
Gründer der Stadt. Über ihre Mutter stammten sie aus dem Geschlecht des
trojanischen Kriegshelden Aeneas, den es vor Urzeiten in die Landschaft Latium
verschlagen hatte. Der jetzige Herrscher des Gebiets, Amulius, missgönnte
seiner Nichte Rhea Silvia die Nachkommenschaft und ließ die Säuglinge auf dem
Tiber in einem Kasten aussetzen. Das „Schiff-
standen haben, der unter anderem für den Schutz der Händler
zuständig war. Den Namen aber erhielt dieses Forum nach seinen Tieren
(lateinisch bos = Rind). Der Ort war für einen Viehmarkt bestens geeignet, da
in der Nähe eine Furt durch den Fluss führte. Auch später behielt er seine
Handelsfunktion, obwohl mit der Zeit, in der die Stadt ihn mehr und mehr
schluckte, andere Waren die Besitzer wechselten und im nahen Hafen, dem Portus
Tiberinus, angelandet und verschifft wurden.
chen" aber wurde an Land geschwemmt, eine Wölfin
entdeckte die Knaben und nährte sie, bis ein Hirte sich ihrer annahm und sie
großzog. Am Ort ihrer glücklichen Rettung gründeten die Brüder später eine
Siedlung und befragten die Götter, nach wem sie die Stadt nennen sollten. Die
Götter entschieden für Ro-mulus, und fortan hieß die Siedlung Rom. Der
enttäuschte Remus verhöhnte daraufhin den Bruder, indem er über die Furche
hüpfte, die dieser gezogen hatte, um den künftigen Befestigungsring anzuzeigen.
Wutentbrannt erschlug Romulus den Frevler mit den Worten: „So soll es jedem
ergehen, der über meine Mauer springt." In der Folgezeit wurde Rom zur
Zuflucht für Verfolgte und Unterdrückte. Soweit die Sage. Über die Frühzeit
wissen wir sonst nur wenig aus Bodenfunden und durch sprachhistorische
Untersuchungen. Danach wurde das Gebiet Roms zu Beginn des 1. Jahrtausends
v.Chr. von den Latinern, einem um 1200 eingewanderten Stamm, bewohnt. Es
folgten die Etrusker, die bereits über eine hochentwickelte Zivilisation
verfügten. Unter etruskischem Einfluss kam es um 600 v.Chr. zum Zusammenschluss
von latinischen Sied-lungen auf den Hügeln am Tiber. Der Name dieser Gemeinde,
Rom, ist herzuleiten vom etruskischen Geschlecht Ruma.
Unter fremden Herrschern
Etrus
Den Römern galt Stadtgründer Romulus auch als erster König,
dem noch sechs weitere gefolgt seien, ehe es zur Bildung der römischen Republik
(lateinisch res publica = öffentliche Angelegenheiten) kam. Vermutlich spielte
sich die Strukturierung der Gemeinschaft wie in vielen Gegenden im Verlauf des Anwachsens
der Bevölkerungszahl ab: Familien (Clans) mit größerem Landbesitz bildeten mit
der Zeit die Elite, ihre Oberhäupter (patres = Väter, daher der Begriff
„Patrizier") bestimmten die Geschicke der Ansiedlungen, und schließlich
wählten sie einen zum Wächter über den Kult. Seine Nähe zu den Göttern
verschaffte ihm zusätzliche Autorität und damit eine herausgehobene Rolle unter
den Clanchefs. Er wurde zum Anführer oder eben König (lateinisch rex, daher der
Begriff „regieren").
Optimale Lage
Die Siebenzahl dieser Könige ist wie die der Hügel, auf und
an denen Rom entstand, eher symbolisch zu verstehen. Denn die überlieferten
Herrschaftszeiten für die Könige (durch-schnittlich über 30 Jahre) sind
überdehnt, und was als Hügel in der latinischen Landschaft zu gelten hat, ist
Definitionssache. Zutreffend aber dürfte tradiert sein, dass die Nachfolger des
Romulus etruskische Herrscher waren,
denn dieser Volksstamm, dessen Herkunft noch immer nicht
ganz geklärt ist, drängte damals von seinem toskanischen Kerngebiet nach Süden.
Zeugnisse lassen sich bis Neapel und noch weiter nachweisen. Rom wird die
Begehrlichkeit der Etrusker geweckt haben wegen seiner optimalen Lage für den
Handel mit dem griechischen Süden der italienischen Halbinsel und mit dem
Landesinneren, wohin von den Salinen an der Tiber-Mündung eine Salzstraße
führte. Auch waren die Anhöhen gut zu verteidigen. Problematisch nur, dass der
Fluss oft über die Ufer trat; erst mit der Zeit gelang es, dem durch
Uferbefestigungen zu begegnen.
Das erlaubte die Ausdehnung der Weide- und Anbauflächen und
machte die angestammten großen Grundbesitzer noch mächtiger. Konflikte mit dem
als fremd empfunden Königtum blieben nicht aus. Sie rührten auch daher, dass
die Herrscher den militärischen Oberbefehl be-anspruchten und mit der Zeit ein
Machtmittel in die Hand bekamen, das sich notfalls auch nach innen nutzen ließ.
Die Könige agierten immer selbstherrlicher, nahmen Rat kaum noch an und
provozierten damit wachsenden Widerstand bei den Patriziern. Im Jahr 510/509
entledigten sich diese schließlich des etruskischen Königtums, was die Legende
später fantasievoll ausschmückte (siehe Kasten).
Willkommenes Erbe
Errungenschaften aus der Königszeit (6./5. Jh.)
Natürlich versuchte die Herrscherfamilie, die Stadt
zurückzugewinnen, doch alle Angriffe scheiterten am Mut der Römer (siehe
Kasten). Sie waren nun die etruskischen Könige los, übernahmen aber von den
Etruskern viele Errungenschaften wie etwa die hochentwickelte Technik der
Metallgewinnung und die Kunst des Schmiedens von Gefäßen und Waffen. Auch
politische Muster aus etruskischer Zeit blieben erhalten, zum Beispiel die
Purpurge-wänder der obersten Beamten oder die Insignien der Liktoren, den
Sicherheitskräften zum Schutz hochgestellter Persönlichkeiten. Die Liktoren
trugen zum Zeichen ihrer Macht ein Rutenbündel (fasees) über der Schulter, au-
ßerhalb der heiligen Grenze der Stadt (urbs) mit einem Beil
darin. Auch diese Grenze, das sogenannte pomerium (von post murum = hinter der
Mauer), stammte aus der Etrusker-zeit; es umfriedete ein Kernareal, das —
modern gesagt — entmilitarisiert war.
Wohlstand dank Kriegsbeute
Und das sich neu formierende römische Gemeinwesen kam
natürlich auch in den Genuss der Machtfülle, die ihm die Könige erkämpft
hatten. Die Stadt hatte inzwischen gut 35000 Bewohner und kontrollierte ein
Gebiet von annähernd 900 Quadratkilometern in Latium; ihr Einfluss reichte noch
darüber hinaus. Belegen
lässt sich diese Vormachtstellung in Mittelitalien durch
Funde aus dem 6. Jahrhundert v.Chr., die vom großen Reichtum zeugen. Den
konnten die Römer kaum allein aus landwirtschaftlichen Überschüssen und durch
Handel erwirtschaftet haben, er war wohl eher, dafür sprechen auch die
gefundenen Gegenstände selbst, in erster Linie auf Kriegsbeute zurückzuführen.
Verräterischer Tempelbau
Auch dem Ausbau der Stadt war der herbeige-siegte Wohlstand
zugute gekommen. Noch in die Zeit der etruskischen Könige fielen einige
Tempelbauten sowie erste Bemühungen um eine Befestigung des Tiber-Hafens.
Überhaupt beeinflusste die etruskische Kultur die römische Religion nachhaltig,
was die spätere umfassende Anlehnung an die griechische Götterwelt begünstigte.
Das war schon zur Königszeit bemerklich geworden, als der „überhebliche”
Tarquinius mit dem Bau eines großen Jupiter-Tempels begonnen hatte. Mit der
Verehrung eines höchsten Gottes nach dem Beispiel des Zeus strebte er eine
Hierar-chisierung des Himmels an und spiegelbildlich die sakrale Verankerung
seines Königtums. Vielleicht auch das ein Auslöser der Revolte der Großen Roms
gegen ihn.
Sicherungen vor Machtmissbrauch
Politische Neuordnung des Stadtstaates (um 500 v. Chr.)
Die Beseitigung der Monarchie war eine Art Revolution von
oben. Als Gewinner konnten sich die Patrizier fühlen, also die aufgrund ihres
Besitzes führenden Sippen. Hatten sie allerdings die Rückkehr zu informellen
Zuständen der Frühzeit, als der Stadtverband noch lose war, angestrebt, so ließ
sich dies in der bedrohten Lage nicht verwirklichen. Man brauchte klare
Regelungen, wer die Führung beanspruchen durfte, und einigte sich auf ein
Modell, das gegen missbräuchliche Amtsführung Sicherungen einbaute: An die
Spitze des Stadtstaates traten zwei von den Vertretern der Patrizier gewählte
Konsuln, die beide auto-
Wir sind das Volk
Die Erbitterung der Volksmasse (plebs) nahm sol-che Formen
an, dass die Leute ihre Streitigkeiten begruben, im Jahr 494 zur Durchsetzung
ihrer Forderungen einträchtig die Stadt verließen und auf den Heiligen Berg,
den mons sacer nördlich der Mauern zogen. Das brachte die verbliebenen Adligen
(patricii) in Bedrängnis, und sie entsand-ten Menenius Agrippo, der selbst aus
bescheide-nen Verhältnissen stammte, zu den Plebejern. Mit politischen
Zugeständnissen (u. a. Schaffung des Amts der Volkstribunen) und einem plastischen
Gleichnis konnte er die Menschen schließlich zur
nom alle politischen Fragen entscheiden durften und sich
darin nur gegenseitig blockieren konnten. Außerdem erhielten sie ihr Mandat
immer nur für ein Jahr, damit sich gefährliche Seilschaften erst gar nicht
bildeten.
Innere Konflikte
Allenfalls halbhistorisch ist die Bestellung der
Lukretia-Rächer Brutus und Collatinus zu den ersten Anführern der jungen
Adelsrepublik. Sie stehen für viele Mitwirkende am der Neuord-nung der
römischen Verhältnisse und dafür, dass diese im Sinn einer Oberschicht geschah,
was innere Konflikte programmierte. Die plebs
Rückkehr in die Stadt bewegen: Die Glieder des Körpers, so
führte er aus, waren es leid, immer nur für den faul genießenden Magen zu
arbeiten, und stellten die Tätigkeit ein. Die Finger griffen keine Speise mehr,
die Hände führten sie nicht mehr zum Mund, und die Zähne hörten auf zu kauen.
„Wir werden es dem fetten Fresser schon zeigenrsagten sie zueinander. Bald aber
merkten sie, dass sie immer schwächer wurden, weil der Magen nicht mehr
verdaute und keine Energie mehr lieferte. Da besannen sie sich auf ihre
Aufgaben und übernahmen sie wieder mit neuem Fleiß zum gemeinsamen Wohl.
(= Masse) nämlich blieb weitgehend rechtlos und war von
politischer Mitwirkung ausge-schlossen. Das warf in einer höchst unruhigen Zeit
schwere Probleme auf, in der gerade die Plebejer für die Kriegführung dringend
ge-braucht wurden und die aus ihnen gebildeten Fußtruppen gegenüber der adligen
Reiterei an Gewicht gewannen. Der Unmut - heute hieße das Politikverdrossenheit
- spitzte sich zu; ver-einzelt zunächst, dann anschwellend kam es zu
Befehlsverweigerung, von der Legende als eine Art Aufstand überliefert (siehe
Kasten). Weitere Vorschriften schürten die Unzufriedenheit der kleinen Leute:
So waren Eheschließungen zwischen Plebejern und Patriziern verboten. Erobertes
Land wurde nur an patrizische Familien verteilt. Plebejer konnten ihre Sache
nicht selbst vor Gericht bringen, sondern mussten sich vom adligen Patron
vertreten lassen. Ein Diktator (von dictare = ansagen, befehlen) konnte
natürlich auch nur aus der Führungsschicht kommen. Das war ein in Krisenzeiten
zu wählender Oberkommandie-render, der die gesamte Macht von den beiden Konsuln
übernahm und alle notwendigen Maßnahmen bis hin zu Zwangsverpflichtungen zum
Schutz des Volkes ergreifen konnte. Nach sechs Monaten aber endete auch sein
Mandat.
Gegen Bergvölker und Etrusker
Vom Stadtstaat zur Territorialmacht (5. Jh.)
Ein so dramatischer politischer Umbruch, wie er sich in Rom
um die Wende vom 6. zum 5. Jahrhundert abgespielt hatte, ließ Nachbarn
Morgenluft wittern. Gemeinden in Latium, denen Roms Dominanz schon lange lästig
war, versuchten, dem angeschlagenen Stadtstaat Positionen im Tibertal
abzujagen. Daraus ent-wickelte sich seit 498 Roms Latinerkrieg. Er zog sich
fünf Jahre lang hin und brachte dennoch keine militärische Entscheidung. Es
wuchs aber die Erkenntnis, dass die investierten Mittel besser anderweitig
eingesetzt würden. Das fruchtbare Latium sah sich nämlich immer häufigeren
Angriffen der sogenannten Bergvölker ausgesetzt, die zu Beutezügen vor-stießen.
Der Latinerkrieg endete schließlich mit einem Bündnis der bisherigen Gegner,
dem nach dem römischen Unterhändler Spurius Cassius benannten foedus Cassianum.
Es be-gründete eine Wehrgemeinschaft der sprachlich und kulturell eng
verwandten Latiner, in der Rom die Führung übernahm.
Wehrhafte Außenposten
Das Zusammengehen bewährte sich. Volsker, Sabiner und
Aequer, um nur die drei wichtigs-ten der wilden Bergstämme zu nennen, konnten
nicht bloß in Schach gehalten, sondern zurückgedrängt werden. Die besetzten
Gebie-
te teilten sich Latiner und Römer und besiedel-ten sie. Die
Bewohner der so im Verlauf des 5. vorchristlichen Jahrhunderts entstehenden
Gemeinden erhielten dieselben Rechte wie die Stadtrömer. Damit und mit
geschickt dosierten weiteren Zugeständnissen (siehe Kasten) an die Plebejer
motivierte die regierende Schicht ihre Kolonisten in diesen Außenposten für den
riskanten und aufreibenden Dienst, ohne an der überkommenen Staatsarchitektur
grundsätzliche Änderungen vorzunehmen.
Während der ständig aufflackernden Kämpfe musste sich Rom
weiterhin vor den Etruskern in acht nehmen. Ihr Einfluss auf die Geschicke der
Stadt war beseitigt, doch ihre Handels-
Zwölftafelgesetz
Wachsende Lasten, wie sie im waffenklirrenden 5. Jahrhundert
zu tragen waren, ließen sich dem Volk nur aufbürden, wenn ihm die
Führungsschicht sozial und rechtlich entgegenkam. Vor altem nach
Rechtssicherheit verlangten die Menschen. Im Jahr 450 berief man daher zehn
Männer zur Niederschrift des geltenden Rechts. Auf zwölf öffentlich
ausgestellte Tafeln wurde die Gleichheit von Patriziern und Plebejern vor dem
Gesetz festgeschrieben. Allerdings blieb es bei einem harten Schuldrecht, das
die ärmere Be-
konkurrenz und ihr territorialer Appetit blieben eine
Gefahr. Verkörpert wurde sie durch die Stadt Veji, die kaum anderthalb Dutzend
Kilometer nördlich von Rom lag und den Tiber in Reichweite hatte. Da kam es oft
zu bewaffneten Konflikten, nach der Legende sogar zu Kriegen, von denen sich
aber nur der letzte um 400 erbittert ausgefochtene als historisch gesichert
ansehen lässt. Mindestens ein Jahrzehnt lang wechselte das Kriegsglück, ehe
Veji 391 (römische Überlieferung 396) bezwungen war. Rom verleibte die
Konkurrenz dem eigenen Gebiet ein und war damit zu einer beachtlichen
Territorialmacht in Mittelitalien herangewachsen.
völkerung weiterhin disziplinierte: „Wenn jemand dem Spruch
zur Zahlung seiner Schuld nicht nachkommt, so mag man ihn mit sich nehmen und
fesseln mit Beinschellen und Fußblock, 15 Pfund schwer, nicht weniger, eher,
wenn man will, noch schwerer" Im Gefolge dieses Zwölftafelgesetzes kam es
bald zu weiteren Zugeständnissen. So fiel das Heiratsverbot zwischen den
Gesellschafts-schichten, und es öffnete sich für wohlhabende Plebejer der
Zugang zu ehrenvollen Ämtern. Bis zur Zulassung zum Konsulat sollte es
allerdings noch fast ein Jahrhundert dauern.
Wehe den Besiegten!
Invasion der Gallier und Plüncerung Roms (387 v.Chr.)
Nur wenige Jahre konnte Rom die Ausschaltung des Rivalen
Veji genießen. Von Norden nahte eine neue Bedrohung in Gestalt der Kelten oder
Gallier. Dieses ursprünglich am Niederrhein siedelnde Volk hatte sich süd- und
westwärts nach Burgund und bis Spanien ausgedehnt und drang um 390 über die
Alpen nach Norditalien vor. Etrurien wurde sein erstes Opfer, wobei die
kriegerischen Kelten keine dauerhafte Landnahme planten, sondern in erster
Linie an Beute interessiert waren. Rom, darüber machte sich niemand IlluSionen,
würde über kurz oder lang auch in ihr Visier geraten. Als daher das von den
Galliern bedrängte Clusium (Chiusi) die Stadt um Hilfe bat, zog ein römisches
Heer von angeblich 40 000
Mann den Eroberern entgegen und erlitt an der Allia (Fosso
di Bettina), einem linken Tiber-Zufluss, eine vernichtende Niederlage. Das
Datum der Schlacht, nach römischer Überlieferung der 18. Juli 387 v.Chr., ging
als „Schwarzer Tag" (dies ater) in die Geschichte ein und begründete die
notorische Gallier-furcht (metus Gallicus) der Römer.
Die Stadt ein Trümmerhaufen
Die versprengten römischen Soldaten suchten Zuflucht in Rom,
das aber nicht mehr die Mittel zu effektiver Verteidigung besaß. Nur auf dem
Kapitol konnte sich eine Garnison verschanzen und soll dort sogar eine
siebenmonatige Belagerung überstanden haben (siehe
Kasten). Ohnmächtig allerdings mussten die dort Ausharrenden
mit ansehen, wie Rom geplündert und verwüstet wurde. Die Gallier
transportierten alles ab, was sie irgend zu brauchen meinten. Die Frauen hatten
allen Schmuck abliefern müssen, und ganz zum Schluss verlangte der
Gallier-Anführer Bren-nus noch eine riesige Lösegeldsumme für den Abzug. Über
die Höhe der Zahlung soll es dabei zu so heftigen Beschwerden der Römer
gekommen sein, dass Brennus erbost sein Schwert als Gegengewicht zusätzlich in
die Waagschale legte und damit die Forderung nochmals erhöhte mit den grimmigen
Worten: „Vae victis!"(Wehe den Besiegten!).
Die Berichte wissen aber auch von einem letzten römischen
Aufgebot, das Rom schließlich befreit haben soll. Das lässt sich allerdings
nicht belegen und sollte vermutlich auch nur die verwundete römische
Heldenseele besänftigen. Ihr drohte schon bald neue Gefahr, denn die bisherigen
latinischen Bundesgenossen begannen sich gegen die Führung der ge-schwächten
Stadt aufzulehnen. Der Konflikt ließ sich lange unter Kontrolle halten,
eskalierte aber im Jahr 340 und führte zu heftigen Kämpfen, aus denen Rom 338
als Sieger hervorging. Es löste den Latinerbund auf und dehnte seine
Aufs
Praktische gerichtet
Frührömische Götterwelt und Verehrung der A inen
In der Prägephase Roms, also während der Königszeit und in
der frühen Republik, stand der Stadtstaat unter dem Einfluss überlegener
Kulturen. Von Süden machten sich griechische Impulse bemerkbar, von Norden
strömte etruskisches Gedankengut in die noch lange bäuerisch geprägte religiöse
Vorstellungswelt der Römer. Sie formten allerdings das Fremde so um, dass es zu
ihrer einfachen, nüchternen und aufs Praktische gerichteten Lebensweise passte.
Deren Säulen waren Respekt vor den Göttern, Hochschätzung der Leistungen der
Vorfahren, Achtung vor Gesetz und Recht, Wahrung von Tugenden wie Treue, Fleiß,
Wahrhaftigkeit und Familiensinn.
So entsprachen zwar viele Gottheiten im römischen Himmel
direkt denen der Griechen, doch fehlte ihnen die pralle Pracht der
„Kollegen" auf dem Olymp. Indogermanischer Herkunft wie der griechische
Zeus war Roms oberster Himmelsherrscher Jupiter, und auch seine Frau luno hatte
in Hera ihre olympische Entsprechung, doch ihre Verehrung trug ernstere Züge
als in Griechenland. Mythen von den erotischen Eskapaden der obersten
Gottheiten und ihren Zwistigkeiten waren bekannt, aber nicht Teil des Kultes.
Der konzentrierte sich auf die Pflege der Bindung (religio kommt von religa-re
= festbinden) an die Himmlischen und auf Bitten um Beistand bei der Bewältigung
des
Alltags oder besonderer Herausforderungen. Kein Wunder, dass
sich eine vielfältige Schar von „niedrigeren" Gottheiten bildete mit je
spezieller Zuständigkeit: Janus bewachte die Schwelle des Hauses und hielt
Dämonen wie Feinde fern, Terminus schützte die Grenzen und das Eigentum, die
Laren nahmen sich der Reisenden, der Familien und der Feldfluren an. Die Göttin
Vesta hielt das Herdfeuer in Gang, und die Penaten behüteten die Vorräte.
Die Ahnen waren immer anwesend
Alle Götter verlangten Opfer und dankten dafür mit Hinweisen
darauf, was in dieser oder jener Lage zu tun war. Vor Kriegszügen und
möglicherweise folgenschweren Entscheidungen befragten Priester die
entsprechende Gottheit mit Hilfe besonderer Techniken (siehe Kasten). In
familiären Angelegenheiten oblag dem Oberhaupt (pater familias)das Opfer für
die Hausgötter und für die Ahnen, deren Bilder in einem Vorraum aufgestellt
waren. Ging es bei den Göttern darum, sie günstig zu stimmen, so verehrte man
die Vorfahren aus Dank. Auf sie und ihre Tüchtigkeit führte die Familie ja
ihren sozialen Rang zurück. Zum Zeichen der ewigen Verbundenheit wurden bei
Beerdigungen Bilder der Ahnen mitgeführt, zu denen der Verstorbene nun aufrückte.
EL-' Hilfeersuchen gerne angenommen
Konflikte mit den Samniten, Angehörigen von Bergstämmen aus
dem mittleren und südlichen Apennin, gab es schon früher. Der Bericht über
einen ersten Krieg zwischen Rom und den Samniten in den Jahren 343 bis 341 hat
wohl hier seine Grundlage, denn historisch zu belegen ist er nicht. Es ging bei
den ersten Zusam-menstößen um den wachsenden Einfluss Roms in Kampanien
(Landstrich an der Südwestküste bis südlich von Neapel), auf dessen fruchtbare
Böden auch die Samniten ein Auge geworfen hatten. Sie hatten aber Rom mit ihren
eigenen Vorstößen Richtung Küste selbst auf den Plan gerufen, denn die dort
betroffenen Städte wie etwa Capua suchten bei den mächtigen Rö-
mern um Hilfe nach, die diese nur zu gern gewährten. Sie
erhielten so Gelegenheit, ihre Strategie des Vorschiebens von Wehrsiedlungen
auch gegen die Samniten zu praktizieren. Dadurch fühlten sich diese wiederum
provoziert, und es kam seit 326 zum (zweiten) Krieg. Er zog sich fast zwei
Jahrzehnte lang hin, obwohl er schon 321 mit dem Sieg der Samniten bei den
Kaudinischen Pässen (furculae Caudi-nae, eigentlich kaudinische Gabeln) östlich
von Neapel beendet schien. Das römische Heer war in eine Falle geraten und
seine Reste mussten unter demütigenden Bedingungen abziehen (siehe Kasten). Es
wären aber keine bäuerisch-zähen Römer gewesen, wenn sie
nicht umgehend und nun gerade auf Revanche gesonnen hätten.
Allerdings mussten dafür erst neue Rüstungen in Angriff genommen und die
Ausgangspositionen verstärkt werden, worüber ein Jahrzehnt unter vereinzelten
Gefechten verging (z.B. römische Nie-derlage bei Lautulae 315). Dann ging Rom
in die Offensive und konnte die Samniten nach der Einnahme ihrer Hauptstadt
Bovianum im Jahr 304 zu einem Frieden zwingen, der die römische Herrschaft in
Kampanien bestätigte.
Sieg nach einem halben Jahrhundert
Er hielt nicht lange, denn die Samniten standen den Römern
an Hartnäckigkeit nicht nach. Sie verbündeten sich mit den Gegnern Roms im
Norden und nahmen 298 die Feindseligkeiten wieder auf. Rom verließ sich bei
diesem (dritten) Waffengang im Süden auf seine Kolonien und wandte sich
zunächst gegen Etrusker und Umbrer im Norden. Bei Sentinum (nahe dem heutigen
Sassoferrato) in den um-brischen Bergen gelang den Römern 295 der entscheidende
Sieg, der ihnen die Umgruppierung ihrer Truppen nach Süden erlaubte. Obwohl nun
ohne Unterstützung, hielten die Samniten noch bis 290 durch, ehe sie sich der
römischen Übermacht beugten und Roms Vorherrschaft anerkannten.
Bildung eines Amtsadels
Gleichstellung der Plebejer (bis um 300 v. C
Die Anspannung aller Kräfte des Gemeinwesens zur
Verteidigung, aber auch im Dienst einer expansiven Politik für die wachsende
Bevölkerung, war den Menschen nur zuzumuten, wenn sie sich auch für sie lohnte.
Der Aufstieg Roms war daher mit sozialen und politischen Reformen verbunden,
die den Plebejern weitere Rechte brachten. Die sogenannte Zen-turienverfassung
aus der 2. Hälfte des 5. Jahrhunderts gehörte dazu: Die Bürger wurden danach
von zwei Zensoren nach Vermögen in 193 Hundertschaften (Zenturien, centum =
hundert) eingeteilt. Neben 18 patrizischen (adligen) Zenturien der Reiterei
standen 80 schwerbewaffnete Zenturien der wohlhabenden Landbesitzer und 90
leichtbewaffnete Zenturien der Kleinbauern, Handwerker und Kaufleute sowie fünf
unbewaffnete Zenturien der Techniker, Musiker und Meldegänger.
Abstimmung nach Vermögensklassen
Die Zenturien verkörperten das bewaffnete Volk; es
versammelte sich vor wichtigen Entscheidungen auf dem Marsfeld westlich der
Stadtmauern. Hier stimmte man über Krieg und Frieden ebenso ab wie über die
Berufung der höchsten Beamten und über die von den Konsuln vorgeschlagenen
Gesetze. Die Überzahl der Plebejer wurde dadurch neutralisiert,
dass geschlossen nach Vermögensklassen abgestimmt wurde. Da
erfahrungsgemäß die reichen Schwerbewaffneten mit den Patriziern einig waren,
stand das Ergebnis meistens schon nach der Stimmabgabe der beiden ersten
Gruppen fest, die mit 98 Zenturien die Mehrheit hatten. Der Fortschritt bestand
also nur in der Ablösung des Standesprinzips durch das des Grundbesitzes.
Bald konnten Plebejer auch das Konsulat bekleiden; seit 366
sollten sie sogar immer einen der Konsuln stellen. In Frage dafür kamen wie für
das Volkstribunat (siehe Kasten) nur sehr angesehene, weil reiche und mithin
einfluss-
reiche Männer. Im Verlauf der Samnitenkriege erhielten die
Plebejer dann Zugang zu allen hohen Staats- und Priesterämtern, so dass um 300
die rechtliche, soziale und politische Gleichstellung beider Stände weitgehend
vollendet war. Den Schlussstein des Ausgleichs setzte der zum Diktator ernannte
Quintus Hor-tensius 287 mit einem Gesetz, das die Beschlüsse der plebs für alle
Römer, auch die Patrizier, verbindlich machte (Lex Hortensia). Aus der formalen
Gleichheit aber entstand neue Ungleichheit: Neben den Blutadel trat eine
parallele Oberschicht: der Amtsadel der reichen Plebejer-Familien.
In
Ruinöse Triumphe Zäher Krieg gegen Tarent und Pyrrhus von
Epirus (282-272)
Schon vor der Zeit der mythischen Gründung Roms gab es griechische
Kolonien an den Küsten Unteritaliens. Zu politischer Gemeinsamkeit aber fanden
sie nicht. Die Konflikte in der Heimat verlängerten sich bis hierher und
ver-hinderten tragfähige Bündnisse. Nachdem Rom zur Führungsmacht in
Mittelitalien aufgestiegen war, suchten von Bergstämmen bedrohte Griechenstädte
daher lieber Schutz bei den Römern als bei ihren griechischen Nachbarn. Das kam
Roms Strategie der Bildung von Stützpunkten entgegen, von denen aus sie die
Expansion weiter vorantreiben konnten. Im Jahr 282 rief das von Lukanern
belagerte Thu-rii die Römer zur Hilfe, die den Ring sprengten und gegen neue
Angriffe eine Schutztruppe in der Stadt zurückließen. Davon fühlte sich die
mächtigste griechische, genauer: spartanische Kolonie Tarent am gleichnamigen
Golf provoziert. Ihre Flotte attackierte ein vor der Küste ankerndes römisches
Geschwader und zwang die römische Garnison in Thurii zur Aufgabe.
Wie ein Erdbeben
So schmerzhaft die Schlappe war, so gelegen kam sie Rom, das
im reichen Tarent schon lange einen Störfaktor für seine süditalienischen Pläne
gesehen hatte. Verhandlungen (siehe Kasten) scheiterten, Krieg wurde unvermeid-
lich. Tarent bat König Pyrrhus von Epirus, dessen Land am
gegenüberliegenden Ufer der Adria lag, um Hilfe, die dieser in der Hoffnung auf
Erweiterung seiner Machtbasis gewährte. Er führte höchstselbst eine
beachtlichen Streit-
Drastische Diplomatie
Dass es Rom ernst war, einen Krieg mit Tarent zu vermeiden,
steht zu bezweifeln. Warum den-noch eine Gesandtschaft an den Golf reiste?
Vielleicht wollte man nicht als Aggressor daste-hen, und schaden konnte es
zudem nicht, die Entschlossenheit des Gegners zu prüfen. Sie wurde den
römischen Emissären drastisch de-monstriert, wobei die Fabulierlust der
Ge-schichtsschreiber ein wenig übertrieben haben mag. Wie in Griechenstädten
üblich stellte der römische Delegationsleiter seine Verständi-gungsvorschläge
auf der Volksversammlung dar, höflichkeitshalber auf Griechisch. Dabei machte
er ein paar Schnitzer, was bei den Hörern hämische Heiterkeit auslöste. In
dieser Stimmung sah es ein stadtbekannter tarentini-scher Witzbold als
besonders lustig an, sein Wasser an der Toga des Römers abzuschlagen. Der
ertrug die Schmach zunächst wortlos und wandte sich dann an das Volk: „Dieses
Kleid werdet ihr mit eurem Blut reinigen müssen."
macht von angeblich 20 000 Infanteristen, 3000 Reitern und
26 Kriegselefanten, die „wie ein alles zerstörendes Erdbeben" über die
Römer kamen, so der Geschichtsschreiber Plutarch (46-120 n.Chr.). Während aber
die Römer Verluste relativ rasch ersetzen konnten, war Pyrrhus von Nachschub
weitgehend abgeschnitten. Zwar siegte er in mehreren Treffen, doch zu einem so
hohen Preis, dass sich für solche ruinösen Triumphe der Begriff
„Pyrrhussiege" einbürgerte. „Noch ein solcher Sieg", soll der König
gesagt haben, „und ich bin verloren."
Hinzu kam die Bedrohung der Griechenstädte auf Sizilien
durch die Seemacht Karthago. Auch gegen sie wandte sich Pyrrhus, und wieder gab
es eine Kette von Siegen, die aber zu weiterer Erschöpfung führten. Aufs
Festland zurückgekehrt, sah sich Pyrrhus erneut einem römischen Heer gegenüber.
Bei Benevent konnte dieses im Jahr 275 erstmals eine Schlacht gegen den König
offen gestalten, der den Kampf daraufhin aufgab und seine verbliebenen Truppen
nach Epirus zurückführte. Tarent allein konnte nur noch hinhaltend Widerstand
leisten und musste sich 272 den Römern ergeben. Sie beherrschten nun direkt
oder durch Bündnisse den gesamten italieni-schen Stiefel.
Beute und Ehre
Heerwesen und Bündnispolitik
Vielleicht das Erstaunlichste am Aufstieg Roms zur Herrin
von ganz Italien war die Tatsache, dass die meisten, ja fast alle ihre Kriege
mit Niederlagen begannen. Darunter waren viele, die das Gemeinwesen am Tiber an
den Rand der Existenz führten. Auf den Gedanken aber, sich zu bescheiden oder
gar aufzugeben, kam niemand. Das war nicht nur der römischen Mentalität fremd,
sondern hatte auch damit zu tun, dass letztlich alle von der Expansionspolitik
profitierten. Nicht einmal die schweren inneren Konflikte zwischen Plebejern
und Patriziern konnten daher die Wehrhaftigkeit nennenswert mindern. Der Dienst
mit der Waffe war für den Römer eine Selbstverständlichkeit, und er kam dem
zwischen dem 16. und
46. Lebensjahr klaglos, wenn nicht gern nach, winkten doch
Beute und Ehre. Über das Risiko des Kampfeinsatzes machte er sich kaum
Gedanken. Im Gegenteil: Das Wort des Dichters Horaz (65-8 v.Chr.) galt schon
immer: „Dulce et decorum est pro patria mori- Süß und ehrenvoll ist das Sterben
fürs Vaterland."
Hohe Motivation brauchte es anfangs zudem wegen der geringen
Zahl wehrfähiger Männer. Zunächst konnte das junge Rom nur eine Legion (von
legere = [aus-]lesen) aufbieten, rund 3000 Mann, da aus wirtschaftlichen
Gründen immer nur ein Teil der männlichen Bevölkerung zu mobilisieren war; wer
einrücken musste oder besser: durfte, darüber entschied das Los. Die
Heeresstärke vervielfachte
sich rasch, hielt jedoch kaum Schritt mit den zunehmenden
militärischen Aufgaben. Rom entwickelte daher ein besonderes Geschick bei der Behandlung
von Besiegten, die es sich durch Entgegenkommen oft zu Verbündeten zu machen
verstand. Man vereinbarte gegen-seitigen militärischen Beistand, wobei Rom sich
die alleinige Entscheidung über Waffengänge vorbehielt. Dabei achtete man
strikt darauf, dass es sich um einen „gerechten und frommen Krieg" (bellum
iustum et pium) handelte zur Grenzverteidigung, zum Schutz von Schwächeren, zur
Ahndung von Vertragsbrüchen oder zur Herstellung von Frieden.
Bewährung durch Leistung
Mit der Zeit gebot die Stadt über ein Netz von
Bundesgenossen und verbreiterte damit ihre personelle Basis entscheidend:
Latiner und Sa-biner erhielten volles Bürgerrecht, andere nur das
eingeschränkte ohne Wahlrecht, und die meisten weiter weg liegenden Partner
waren sozusagen assoziierte Mitglieder des römischen Systems, die sich erst
noch durch militärische Leistungen für engere Beziehungen empfehlen mussten.
Hinzu kamen von Römern besiedelte Stützpunkte (Kolonien, von colere = Land
bebauen), die durch Heerstraßen (siehe Kasten) verbunden wurden.
Kollision mit einer Großmacht
Der erste Punische Krieg (264-241)
Zum Aufstieg Roms beigetragen hatte auch eine Macht, die aus
dem Osten stammte (Gebiet um die Hafenstädte Tyros und Sidon) und die nun den
Westen des Mittelmeers beherrschte: die Seefahrernation der Phönizier, von den
Römern Punier genannt. Sie hatten die blühende Handelsstadt Karthago an der
Sizilien gegenüber liegenden afrikanischen Küste gegründet und waren daher in
Konkurrenz zu den dortigen Griechenstädten und auch zu denen auf dem
italienischen Festland geraten. Insofern waren sie natürliche Verbündete für
Rom gegen Tarent und hatten im Krieg gegen Pyrrhus mit ihrer Flotte sogar
rö-mische Truppentransporte abgewickelt. Das Bild wandelte sich, als die
griechische Kolonie Messana (Messina) an der Nordostspitze Siziliens Rom im
Jahr 264 um Beistand gegen das griechische Syrakus im Süden der Insel bat und
römische Truppen landeten.
Schritt vor die Haustür
Was veranlasste die Römer, die noch alle Hände voll zu tun
hatten, in Italien Ordnung zu schaffen, zum Eingreifen zugunsten einer Bande
von Desperados? Messana hatten nämlich erst kürzlich Mamertiner erobert,
itali-sehe Söldner aus Kampanien, die für Brutalität und dafür bekannt waren,
dass sie gern dort
ernteten, wo sie nicht gesät hatten. Nicht zuletzt deswegen
war der Konflikt mit Syrakus ausgebrochen. Und: Messana hatte auch die
Karthager um Hilfe ersucht; eine punische Besatzung lag bereits in der
Hafenstadt. Rom riskierte also mit der Einmischung einen Krieg mit einer
wirklichen Großmacht. Römische Geschichtsschreiber haben behauptet, dass die
Römer darüber nicht Bescheid gewusst hätten,
Provinzen
Erstmals hatte Rom über das italische Festland
hinausgegriffen. Die Griechenstädte auf Sizilien gliederte es dem Bündnissystem
an, machte aber das übrige Sizilien zu einer Provinz. Es erhielt damit einen
bisher nicht bekannten Status als Land, das Rom gehörte und von dessen
Ernteerträgen es daher den Zehnten forderte. Ein römischer Statthalter
(ehemaliger Konsul) regierte die Insel mehr oder weniger despotisch, da kaum
einer Kontrolle unterworfen. Das Modell wurde wenig später auch auf Korsika und
Sardinien ausgedehnt, die Rom als weitere Pro-vinzen während einer
Schwächephase Karthagos aufgrund von Söldneraufständen annektierte. Im Kampf
gegen illyrische Seeräuber folgte bald als weiteres Schutzgebiet, später
ebenfalls Provinz, die dalmatinische Küste.
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