Mittwoch, 19. August 2015

Friedrich II. 1194-1250


Friedrich II.  1194-1250

Author D.Selzer-McKenzie

Video: http://youtu.be/miGlpL3CCao

Stupor mundi — das Staunen der Welt

Friedrich II.

1194-1250

 

Man nannte ihn Stupor mundi - »das Staunen der Weh« schon am Tag seiner Geburt begann die Welt zu stauneal Mutter Konstanze hatte eine für das Hochmittelalter un liche Biographie, denn während viele junge Frauen der sellschaft schon in zartem Jugendalter verheiratet wurden --I selten bereits mit zwölf Jahren -, war Konstanze schon 3 re alt, als sie den deutschen Thronfolger Heinrich VI. ehd Doch damit nicht genug: In diesem Alter war es natürlich ird Zeit, der dynastischen Pflicht zu genügen und Nachkonen die Welt zu setzen. Als aber jahrelang nichts passierte, ging rüchte um, dass entweder Konstanze oder ihr elf Jahre Kn Gemahl Heinrich zeugungsunfähig seien. Als Konstanze clan 40 Jahren zum ersten Mal schwanger war, zweifelten nichi 1 ge an dieser Tatsache, weshalb die Kaiserin selbst dafür g I haben soll, dass die Niederkunft in einem offenen Zelt ard Marktplatz von Jesi in der Provinz Ancona stattfand. So 1 Friedrich II. am zweiten Weihnachtstag des Jahres 1194 Ui Öffentlichkeit geboren.

Doch nicht nur Friedrichs Eintritt ins Leben war erstau der staufische Thronfolger entwickelte sich auch zu eine

ßerst bemerkenswerten Mann. Mit nicht einmal vier I war der kleine Friedrich Vollwaise geworden, 'n

ne Mutter Konstanze hatte testamentarisd

Papst, Innozenz III. (s. S. 142), zu seiner mund bestimmt. Als Enkel Rogers II. wuc junge Thronfolger in Palermo auf. Innozen de über die Entwicklung des Jungen stets al Laufenden gehalten. Als Friedrid Jahre alt war, erfuhr der Papst aus Brief seines Informanten, dass de Mann einen wachen, scharfen VI und eine rasche Auffassungsg sessen habe. Mehr noch: FT wird als geradezu glänzende gepriesen, als frühreifer Jüngl gewinnendem Äußeren, kö

 

::urchtrainiert und zudem auffallend intel-:gent und wissensdurstig. Kurzum: »dem Alter nach ein Knabe, nach seinen Eigen-

haften aber bereits ein König!« Doch :richtet der Brief ebenfalls von befremd-_ch rohen und nicht standesgemäßen Ver--:altensweisen des jungen Thronfolgers;

diese daher rühren, dass er tatsächlich - wie manche Quellen uns überliefern -- dachlos und Hunger leidend durch die - -aßen der sizilischen Stadt streunte, mag -eingestellt bleiben. Doch gab es vorerst

nen Anlass für den Papst, Friedrich ne Unterstützung zu versagen. Diese Dstliche Rückendeckung brachte dem :.chsoberhaupt später sogar den hämi-:en Beinamen »Pfaffenkaiser« ein.

So nahm Friedrich II. den vorgezeichne-- Weg, wurde römisch-deutscher König d Kaiser des Reiches. Die Jugendjak-ui Palermo aber hatten ihn für immer -2rägt - einerseits, weil er dadurch eine

. ,ondere Vorliebe für Sizilien entwickelt :te, obwohl er doch Kaiser des gesamten .tschen Reiches war, andererseits, weil dieses einzigartige Gemisch der Kultu-- in sich aufgesogen hatte, das durch die

zhselhafte Geschichte Siziliens seit dem Frühmittelalter ent-_lden war: Friedrich lernte Sizilianer, Sarazenen, Normannen, echen und Deutsche kennen, wurde mit Christen, Juden und _,slimen gleichermaßen vertraut und sprach später neben Italie-

e'Y FF HÄUSER

*.ach dem Tod Friedrichs II. entstand die Legende, dass der Kaiser - einem Gebirge schlafe und nach seinem erneuten Erwachen das eich zu alter Stärke führen werde — aus den Wirren des Interreg--ms heraus wird diese Hoffnung verständlich. Auf Sizilien vermu¬r=te man Friedrich II. im Ätna, während man ihn in Deutschland im

 

 

 

nisch, Latein und Deutsch auch Gr-_-:: Arabisch und Französisch. In diesem ma der Weltoffenheit, der Empfän gegenüber neuen Wissenschaften_ ten und Ideen eignete sich Friedrich umfassende Bildung an, und — was wichtiger war — er entwickelte . Interessen. Die Bildung besaß in Augen einen so hohen Stellenwert auch für seine Mitarbeiter einen Mindeststandard sichern wollte. gründete er 1224 die »Hohe Schule pel«, was gewissermaßen die erste

universität« Europas war, denn hatte sie im Interesse seines Reiches gegründet, um geb. ristisch versierte und loyale Amtsträger für seine Regie vorzubringen. Jeder, der unter Kaiser Friedrich II. arbeiten musste dort studiert haben.

Friedrich selbst zeigte insbesondere auf naturwisse chem, technischem und medizinischem Gebiet einen ren Wissensdurst. Berühmt geworden ist sein sogen kenbuch, genauer gesagt eine Abhandlung Über die Vögeln zu jagen (De arte venandi cum avibus); die F war das ganz besondere Steckenpferd des Kaisers. D aus war der Kaiser auch offen für technische Neue

 

 

 

nicht selten von praktischem Nut¬zen waren. Auf dem Castel del Monte in Apulien ließ er das wohl erste Wasserklosett des Abend-lands einbauen. Aus heutiger Sicht st diese Art der Entsorgung eine Selbstverständlichkeit, doch wenn --.1an sich die unhygienischen und sinkenden Verhältnisse des hohen Mittelalters vorstellt, ahnt man, wie :-evolutionär diese Erfindung war. Jass sie danach wieder in Verges¬senheit geriet und erst Jahrhunderte s7äter üblich wurde, mag ein Beleg

Friedrichs überdurchschnittliche F'D rtschrittlichkeit sein.

Diese Dinge sind gleichwohl harmlos im Vergleich zu den Schau-erzeschichten, die man sich alsbald von Friedrichs medizinischer r:d naturwissenschaftlicher Neugier und seinen Experimenten _-zählte, von denen noch heute oft zu lesen ist. Beispielsweise -rabe Friedrich herausfinden wollen, was die Ursprache des Men-szhen sei - in Frage kamen nach damaligem Verständnis allein febräisch, Griechisch und Latein. Was also spricht der Mensch,

enn man ihm keine Sprache beibringt? Friedrich habe Neuge-31: rene separieren lassen und den Ammen die Auflage erteilt, die Sauglinge zwar zu versorgen, aber nicht mit ihnen zu sprechen. Es Ab jedoch kein Ergebnis, denn anstatt dass ein Kind plötzlich in lialektfreiem Hebräisch zu sprechen anfing, starben nacheinan-er alle Kinder, weil sie keine Zuwendung bekommen hatten.

In einem anderen Fall habe Friedrich herausfinden wollen, ob 3:ie Seele sichtbar sei: Ein todkranker Mann sei in ein versiegel-i Fass gelegt worden; beim späteren Öffnen des Fasses wollte

n seine Seele entweichen sehen. Doch keiner der Beobachter tabe etwas erkennen können. Noch unappetitlicher ist das Expe-ernent, das Friedrich durchgeführt haben soll, um Erkenntnisse ü'er den Einfluss menschlicher Bewegung auf den Verdauungs¬ara .« zu gewinnen. Nach einer reichhaltigen Mahlzeit habe er ei¬le-. Mann auf die Jagd geschickt und einen schlafen gelegt, um itr.r:erher beiden die Bäuche aufschlitzen und die Mageninhalte a die Verträglichkeit des Jagens und Schlafens hin untersuchen

a lassen. Auch hier bleibt die Überlieferung uns allerdings ein rz--1.-.2bnis schuldig.

 

 

n         Papst Innozenz IV. spricht den Bannfluch über Friedrich II. Holzstich,1875, von Friedrich Hottenroth (184o-1917)    Möglicherweise haben diese Geschichten einen wahren K da Friedrichs Wissensdurst durch zahlreiche Quellen bele Doch derartige Erzählungen von pietätlosen Experimenten c ten wohl nicht zuletzt auf Propaganda der Päpste zurückge Seine einstigen Förderer in Rom waren mit den Jahren nämlic seinen größten Feinden geworden. Insbesondere Friedrichs in wieder scheiternde Kreuzzugsvorhaben sorgten für Spannur Als 1227 ein erneuter Anlauf, ins Heilige Land zu ziehen, naci drei Tagen abgebrochen werden musste, griff Papst Gregcv hart durch und verhängte den Bann über Kaiser Friedrich. Fc arbeiteten die Nachfolger Petri gegen ihn, was 1245 in Fried Absetzung gipfelte; zudem wollten sie seinen Ruf ruinieren ihn zum Antichrist schlechthin aufbauen. Die Geschichten Friedrichs Menschenversuche sind vor diesem Hintergrund mit Vorsicht zu genießen. Es bleiben die Zeugnisse über richs Forschergeist und seinen herausragenden Intellekt, de zum Stupor mundi werden ließ. Kaiser Friedrich II. war in v seiner Zeit voraus, und daher war er für den Schweizer Gele Jacob Burckhardt im 19. Jahrhundert sogar »der erste mo Mensch auf dem Thron«.

 





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