Friedrich II.
1194-1250
Author D.Selzer-McKenzie
Video: http://youtu.be/miGlpL3CCao
Stupor mundi — das Staunen der Welt
Friedrich II.
1194-1250
Man nannte ihn Stupor mundi - »das Staunen der Weh« schon am
Tag seiner Geburt begann die Welt zu stauneal Mutter Konstanze hatte eine für
das Hochmittelalter un liche Biographie, denn während viele junge Frauen der
sellschaft schon in zartem Jugendalter verheiratet wurden --I selten bereits
mit zwölf Jahren -, war Konstanze schon 3 re alt, als sie den deutschen
Thronfolger Heinrich VI. ehd Doch damit nicht genug: In diesem Alter war es
natürlich ird Zeit, der dynastischen Pflicht zu genügen und Nachkonen die Welt
zu setzen. Als aber jahrelang nichts passierte, ging rüchte um, dass entweder
Konstanze oder ihr elf Jahre Kn Gemahl Heinrich zeugungsunfähig seien. Als
Konstanze clan 40 Jahren zum ersten Mal schwanger war, zweifelten nichi 1 ge an
dieser Tatsache, weshalb die Kaiserin selbst dafür g I haben soll, dass die
Niederkunft in einem offenen Zelt ard Marktplatz von Jesi in der Provinz Ancona
stattfand. So 1 Friedrich II. am zweiten Weihnachtstag des Jahres 1194 Ui
Öffentlichkeit geboren.
Doch nicht nur Friedrichs Eintritt ins Leben war erstau der
staufische Thronfolger entwickelte sich auch zu eine
ßerst bemerkenswerten Mann. Mit nicht einmal vier I war der
kleine Friedrich Vollwaise geworden, 'n
ne Mutter Konstanze hatte testamentarisd
Papst, Innozenz III. (s. S. 142), zu seiner mund bestimmt.
Als Enkel Rogers II. wuc junge Thronfolger in Palermo auf. Innozen de über die
Entwicklung des Jungen stets al Laufenden gehalten. Als Friedrid Jahre alt war,
erfuhr der Papst aus Brief seines Informanten, dass de Mann einen wachen,
scharfen VI und eine rasche Auffassungsg sessen habe. Mehr noch: FT wird als
geradezu glänzende gepriesen, als frühreifer Jüngl gewinnendem Äußeren, kö
::urchtrainiert und zudem auffallend intel-:gent und
wissensdurstig. Kurzum: »dem Alter nach ein Knabe, nach seinen Eigen-
haften aber bereits ein König!« Doch :richtet der Brief
ebenfalls von befremd-_ch rohen und nicht standesgemäßen Ver--:altensweisen des
jungen Thronfolgers;
diese daher rühren, dass er tatsächlich - wie manche Quellen
uns überliefern -- dachlos und Hunger leidend durch die - -aßen der sizilischen
Stadt streunte, mag -eingestellt bleiben. Doch gab es vorerst
nen Anlass für den Papst, Friedrich ne Unterstützung zu
versagen. Diese Dstliche Rückendeckung brachte dem :.chsoberhaupt später sogar
den hämi-:en Beinamen »Pfaffenkaiser« ein.
So nahm Friedrich II. den vorgezeichne-- Weg, wurde
römisch-deutscher König d Kaiser des Reiches. Die Jugendjak-ui Palermo aber
hatten ihn für immer -2rägt - einerseits, weil er dadurch eine
. ,ondere Vorliebe für Sizilien entwickelt :te, obwohl er
doch Kaiser des gesamten .tschen Reiches war, andererseits, weil dieses
einzigartige Gemisch der Kultu-- in sich aufgesogen hatte, das durch die
zhselhafte Geschichte Siziliens seit dem Frühmittelalter
ent-_lden war: Friedrich lernte Sizilianer, Sarazenen, Normannen, echen und
Deutsche kennen, wurde mit Christen, Juden und _,slimen gleichermaßen vertraut
und sprach später neben Italie-
e'Y FF HÄUSER
*.ach dem Tod Friedrichs II. entstand die Legende, dass der
Kaiser - einem Gebirge schlafe und nach seinem erneuten Erwachen das eich zu
alter Stärke führen werde — aus den Wirren des Interreg--ms heraus wird diese
Hoffnung verständlich. Auf Sizilien vermu¬r=te man Friedrich II. im Ätna,
während man ihn in Deutschland im
nisch, Latein und Deutsch auch Gr-_-:: Arabisch und
Französisch. In diesem ma der Weltoffenheit, der Empfän gegenüber neuen
Wissenschaften_ ten und Ideen eignete sich Friedrich umfassende Bildung an, und
— was wichtiger war — er entwickelte . Interessen. Die Bildung besaß in Augen
einen so hohen Stellenwert auch für seine Mitarbeiter einen Mindeststandard
sichern wollte. gründete er 1224 die »Hohe Schule pel«, was gewissermaßen die
erste
universität« Europas war, denn hatte sie im Interesse seines
Reiches gegründet, um geb. ristisch versierte und loyale Amtsträger für seine
Regie vorzubringen. Jeder, der unter Kaiser Friedrich II. arbeiten musste dort
studiert haben.
Friedrich selbst zeigte insbesondere auf naturwisse chem,
technischem und medizinischem Gebiet einen ren Wissensdurst. Berühmt geworden
ist sein sogen kenbuch, genauer gesagt eine Abhandlung Über die Vögeln zu jagen
(De arte venandi cum avibus); die F war das ganz besondere Steckenpferd des
Kaisers. D aus war der Kaiser auch offen für technische Neue
nicht selten von praktischem Nut¬zen waren. Auf dem Castel
del Monte in Apulien ließ er das wohl erste Wasserklosett des Abend-lands
einbauen. Aus heutiger Sicht st diese Art der Entsorgung eine
Selbstverständlichkeit, doch wenn --.1an sich die unhygienischen und sinkenden
Verhältnisse des hohen Mittelalters vorstellt, ahnt man, wie :-evolutionär
diese Erfindung war. Jass sie danach wieder in Verges¬senheit geriet und erst
Jahrhunderte s7äter üblich wurde, mag ein Beleg
Friedrichs überdurchschnittliche F'D rtschrittlichkeit sein.
Diese Dinge sind gleichwohl harmlos im Vergleich zu den
Schau-erzeschichten, die man sich alsbald von Friedrichs medizinischer r:d
naturwissenschaftlicher Neugier und seinen Experimenten _-zählte, von denen
noch heute oft zu lesen ist. Beispielsweise -rabe Friedrich herausfinden
wollen, was die Ursprache des Men-szhen sei - in Frage kamen nach damaligem
Verständnis allein febräisch, Griechisch und Latein. Was also spricht der
Mensch,
enn man ihm keine Sprache beibringt? Friedrich habe
Neuge-31: rene separieren lassen und den Ammen die Auflage erteilt, die
Sauglinge zwar zu versorgen, aber nicht mit ihnen zu sprechen. Es Ab jedoch
kein Ergebnis, denn anstatt dass ein Kind plötzlich in lialektfreiem Hebräisch
zu sprechen anfing, starben nacheinan-er alle Kinder, weil sie keine Zuwendung
bekommen hatten.
In einem anderen Fall habe Friedrich herausfinden wollen, ob
3:ie Seele sichtbar sei: Ein todkranker Mann sei in ein versiegel-i Fass gelegt
worden; beim späteren Öffnen des Fasses wollte
n seine Seele entweichen sehen. Doch keiner der Beobachter
tabe etwas erkennen können. Noch unappetitlicher ist das Expe-ernent, das
Friedrich durchgeführt haben soll, um Erkenntnisse ü'er den Einfluss
menschlicher Bewegung auf den Verdauungs¬ara .« zu gewinnen. Nach einer
reichhaltigen Mahlzeit habe er ei¬le-. Mann auf die Jagd geschickt und einen
schlafen gelegt, um itr.r:erher beiden die Bäuche aufschlitzen und die
Mageninhalte a die Verträglichkeit des Jagens und Schlafens hin untersuchen
a lassen. Auch hier bleibt die Überlieferung uns allerdings
ein rz--1.-.2bnis schuldig.
n Papst
Innozenz IV. spricht den Bannfluch über Friedrich II. Holzstich,1875, von
Friedrich Hottenroth (184o-1917) Möglicherweise
haben diese Geschichten einen wahren K da Friedrichs Wissensdurst durch
zahlreiche Quellen bele Doch derartige Erzählungen von pietätlosen Experimenten
c ten wohl nicht zuletzt auf Propaganda der Päpste zurückge Seine einstigen
Förderer in Rom waren mit den Jahren nämlic seinen größten Feinden geworden.
Insbesondere Friedrichs in wieder scheiternde Kreuzzugsvorhaben sorgten für
Spannur Als 1227 ein erneuter Anlauf, ins Heilige Land zu ziehen, naci drei
Tagen abgebrochen werden musste, griff Papst Gregcv hart durch und verhängte
den Bann über Kaiser Friedrich. Fc arbeiteten die Nachfolger Petri gegen ihn,
was 1245 in Fried Absetzung gipfelte; zudem wollten sie seinen Ruf ruinieren
ihn zum Antichrist schlechthin aufbauen. Die Geschichten Friedrichs
Menschenversuche sind vor diesem Hintergrund mit Vorsicht zu genießen. Es
bleiben die Zeugnisse über richs Forschergeist und seinen herausragenden
Intellekt, de zum Stupor mundi werden ließ. Kaiser Friedrich II. war in v
seiner Zeit voraus, und daher war er für den Schweizer Gele Jacob Burckhardt im
19. Jahrhundert sogar »der erste mo Mensch auf dem Thron«.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.