Ludwig der Fromme 778-840
Author D.Selzer-McKenzie
Video: http://youtu.be/QJWEUKYibpw
Des grogen Kaisers kleiner Sohn
Ludwig der Fromme
778-840
»Vater will es so«, dachte der junge Mann bei sich. Wie gern
hätte er seine Existenz als aquitanischer König gegen ein klösterliches Leben
eingetauscht. Hatte sein Großonkel Karlmann nicht das¬selbe getan, weil er der
Politik überdrüssig gewesen war? Hatte Karlmann sich nicht kurzerhand zum
Kleriker machen lassen, um dann im ehrwürdigen Kloster Montecassino sein Leben
zu ver¬bringen? Das musste doch auch ihm möglich sein. Doch Ludwig schaffte es
nicht, sich gegen seinen Vater, den mächtigen Fran¬kenherrscher Karl (s. S. 8),
durchzusetzen. So blieb er weiter in der Politik tätig, allerdings nannte man
ihn schon zu Lebzeiten »den Mönch« und später »den Frommen«, weil ihm das
geistliche Leben so sehr am Herzen lag.
Schon im zarten Alter von drei Jahren war Ludwig von seinem
Vater Karl zum Unterkönig im südfranzösischen Aquitanien ge-macht worden, wo er
fortan aufwuchs und inmitten einer betont männlichen und kriegerischen
Hof¬gesellschaft mit der Verantwortung vertraut gemacht wurde, die Karl für ihn
vorgesehen hatte. Als jun¬ger Mann hatte Ludwig bereits zwei Kinder mit
Konkubinen gezeugt, was Karl veranlasste, Ludwigs Pri¬vatleben durch die Suche
einer stan¬desgemäßen Frau in die gewünsch¬ten Bahnen zu lenken.
»Vater will es so«, dachte der i6-jährige Ludwig sich also
einmal mehr und heiratete 794 die adlige Irmingard. In den folgenden Jahren
schenkte diese dem aquitanischer König fünf Kinder, darunter die Söhne Lothar,
Pippin und Ludwig Nachdem Karl der Große zuvor zwe seiner drei legitimen Söhne
verloret hatte, blieb nur noch Ludwig übrig der mithin das gesamte Franken
LUDWIG DER FROMME
rv.:-_ erben sollte. Im Herbst 813 wurde er 7= Mitkaiser
erhoben; vier Monate später zurr_ sein Vater Karl im Januar 814.
trat noch am Todestag Karls in ollen Rechte als fränkischer
König zart: Kaiser ein. Im Alter von 35 Jahren be-Ter-rs.L-hte der neue Kaiser
halb Europa von a:. -ris Hamburg, vom Atlantik bis zum zoir-...r_see. Das
Fränkische Reich war in uzt efestigt, und Gefahren von außen gab 71--L.72isch
nicht. So konnte Ludwig sich ef.prmen im Inneren widmen, und das 7::1: einem
bemerkenswerten Elan. Er zahlreiche Berater aus, und schon :er Zahl der
ausgestellten Urkunden
Lehr sein Regierungseifer ablesen: Die
die uns aus Karls gesamter Re-at.--2.szeit überliefert sind,
konnte Ludwig rerri-ra. = ersten Amtsjahr deutlich über-NEt seiner kirchlichen
und weltli-:-tz- -7-e-formgesetzgebung strebte Ludwig Amtsantritt nichts
weniger als des Fränkischen Reiches
-..e imperii Francorum) an. Entsprechend seinen
privaten
waren ihm die kirchlichen Reformen besonders wich¬.
:entraler Bedeutung für das abendländische Mönchtum Festlegung der
Benediktsregel als verbindlicher Norm für ,mir _eren im Kloster. Auf diese
Weise regelte Ludwig den mön-- - Alltag neu, den er selbst nie leben konnte.
-..:;:hem Gebiet kümmerte sich Ludwig der Fromme auf¬-_- um
seine Nachfolge. Bereits 817 erließ er eine »Neu¬; es Reiches« (Ordinatio
imperii), mit der er gegen alle seines karolingischen Geschlechts verstieß.
Seit Ge-
- war es
üblich, dass die Herrschaft in gleicher Weise auf
- en Söhne
verteilt wurde. Indem Ludwig der Fromme _ -_ ältesten Sohn Lothar die alleinige
Kaiserwürde und -;eborenen nur den Königstitel übertrug, brach er mit =:- -zip
- und griff damit gewissermaßen den Ottonen vor, Lrrhundert beginnen sollten,
den ältesten Sohn als Al-7:zusetzen. Ziel dieser bemerkenswerten Maßnahme
Ludwig entsprechend der Einheit der Reichskirche E.7zheit des Reiches
herstellen wollte, weil geistliche
und weltliche Reformen in seinen Augen Hand in Hand gehen
mussten.
Im Jahr darauf, 818, starb Ludwigs Frau Irmingard, und nur
vier Monate später verstarb auch sein einflussreichster Berater. der von ihm so
geschätzte Klostergründer und Kirchenreformer Benedikt von Aniane. Ludwigs
Biograph Astronomus berichtet von der Befürchtung im Umfeld des Kaisers, dass
dieser sich nach den Schicksalsschlägen aus der Politik zurückziehen wollte.
Des¬halb organisierte man mit seiner Zustimmung eine großangelegte Brautschau,
auf der man die schönsten Frauen des Fränkischer. Reiches versammelte. Die Wahl
des mittlerweile 4f-jährigen Kai-
LOTHRINGEN
Ludwigs erster Sohn Lothar (795-855) erhielt 843 das
mittlere der drei Frankenreiche, das von Friesland über Aachen bis zur Provence
und nach Rom reichte. Nach König Lothar erhielt der Reichsteil den Namen
»Lotharingien«. Schon 87o wurde dieser Teil des Mittelreichs auf die beiden anderen
Reiche aufgeteilt. Ab 959 bildeten sich das nördliche Niederlothringen (um
Lüttich) und das südliche Oberlothringen (um Metz) heraus. Letzteres ist heute
als Lothringen beziehungsweise Lorraine Teil Frankreichs.
el auf Judith, die dem sächsischen Hochadel entstammte
- er noch 819
heiratete.
- folgenden Jahren konnte Ludwig sich
weiter seinen
Zielen widmen. Er brächte zusammen mit dem Papst die
..-rr7b-r_L:zhe Mission bei den benachbarten Dänen auf den Weg, einige Jahre
auch Erfolge zeitigen sollte; zudem sicherte ht_:- ein kaiserliches
Kontrollrecht bei den Papstwahlen. Mit -m.::Lier. Maßnahmen festigte er seine
Stellung auch außerhalb des :-.127,,F.s.:hen Reiches. Während Ludwig auf
höchster Ebene un-zizchten regieren konnte, verlor er gegenüber seiner neuen
:.narr zunehmend die Kontrolle über die wichtigen Entscheidun-
r.7 :-_.2em Judith dem Kaiser im Jahr 823
einen weiteren Sohn
hatte, gewann sie immer mehr Einfluss auf ihren Mann. azfue
den 28-jährigen Halbbruder Lothar zum Taufpaten 1'172-17 kleinen Sohn, der den
Namen des Großvaters Karl er-77 vorrangiges Ziel war es, dass auch ihr Sohn an
dem Erbe des Frankenreiches beteiligt würde.
-Jtkii:±1 will es so«, dachte Ludwig schließlich und gab 829
dem seiner Frau nach: Er revidierte die als unumstößlich Ordinatio imperii von
817 und sprach dem Nachzügler 37.7i:er ,der Kahle« genannt, einige Reichsteile
zu. Halbbru-1fL" Taufpate Lothar opponierte als Benachteiligter gegen
die--ir,-..neidung. wurde aber kurzerhand nach Italien verbannt. -71r7 zwischen
Ludwig und seinen drei älteren Söhnen eska-'h derart, dass - ::•33 mit seinem
- zu Felde
zog. bei Colmar
jedoch voll-
s3-.-inen Söhnen das Feld fort-genannt wur-t-T er
schließlich - 1:-rimen wurde. ,-re lang muss¬:, Büßergewand
seine
Waffen
- n Gewänder
713 wieder in en Rechte
- Judith
frei¬. :in Ludwigs
Söhnen nicht beeindrucken und erreich¬te, dass ihr Mann das
territoriale Erbe ih¬res eigenen Sohnes, Karl, nach und nach vergrößerte. Als
839 unerwartet Ludwig zweiter Sohn Pippin starb, konnte Lud¬wig endgültig
Judiths Willen in die Tat umsetzen und Karl den gesamten Westen des
Frankenreiches zusprechen.
Nachdem Ludwig sich zu Beginn sei¬ner Amtszeit als
energischer Verfechter der Reichseinheit gezeigt hatte, ist er durch seine
zweite Frau Judith doch zum Vorkämpfer der Reichsteilung geworden die drei
Jahre nach Ludwigs Tod im be¬rühmten Vertrag von Verdun (843) fest¬geschrieben
wurde. »Des großen Kaisers kleiner Sohn« wird Ludwig oft genannt_ doch
betrachtet man seine Durchsetzungsschwäche in seiner zweiten Ehe, kann man ihn
mit gleichem Recht »der starken Ju¬dith kleiner Kaiser« nennen. Die
Nachfolgeregelungen, die ihm zu Lebzeiten so viel Kummer bereitet hatten,
führten später zur Entstehung Frankreichs und Deutschlands. Ludwigs Gebeine
wurden 1552 umgebettet und der Kaiser selbst als französischer König von der
französischen Monarchie vereinnahmt. Diese Ver¬ehrung kostete ihn gleichwohl in
der Französischen Revolution seine Totenruhe: Im Hass auf die Monarchie brachen
die Pariser Ludwigs Grab auf, und seine Gebeine wurden in alle
Himmels¬richtungen zerstreut.
BENEDIKTSREGEL
Die Benediktsregel (Regula Benedicti) war die bedeutendste
Mönchsregel des europäischen Mittelalters. Benedikt von N u r-sia, der deshalb
als »Vater des abendländischen Mönchtums« gilt, hatte die Klosterregel um 54o
verfasst, und seit dem 9. Jahr-hundert galt sie als Maßstab klösterlichen
Lebens im Abendland. Ora et labora (bete und arbeite) gilt als Grundsatz der
Benedikts-regel, ist dort jedoch nicht in diesem Wortlaut überliefert. Papst
Paul VI. erhob Benedikt 1964 zum Patron für ganz Europa.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.