Donnerstag, 27. August 2015

Wandern rund um Oberstdorf


Wandern rund um Oberstdorf

Author D.Selzer-McKenzie

Video: http://youtu.be/p_vOD-AtiR8

Windböen peitschen über den See. Kleine Schaum¬kronen tanzen auf dem aufgewühlten Wasser. Die Landschaft rund um den Schreck-see hat sich in einer weißgrauen Wand aufgelöst. Donner grollen, als würde ein unsichtbares Raubtier gereizt seinen Un¬willen kundtun. Im nach Westen offenen Bergkessel des Schrecksees über dem Hin-tersteiner Tal entladen sich Unwetter mit voller Wucht. Hugo Anwander, alteinge¬sessener Hintersteiner, hat es oft erlebt: »Da kann man nur noch den Kopf einzie-

 

hen.« Vielleicht habe der Bergsee deshalb seinen Namen erhalten, vermutet er und erzählt von einer alten Sage: Ein paar Burschen aus Hindelang waren zum See hinaufgestiegen, um mit Hilfe eines an einem Seil befestigten Steines seine Tiefe zu ergründen. Doch in den Fluten hauste ein wilder Hengst, den der heidnische Rei¬ter Muotis, als das Christentum im Allgäu Einzug hielt, in den Tiefen des Bergsees gebannt hatte. Sobald sich die jungen Leute näherten, schlug er mit seinem feu¬rigen Schweif ins Wasser, dass es zischte und dampfte und über das Ufer trat, An einem sonnigen Tag hat der Berg-see hingegen wenig Schreckliches. Als blaugrünes Idyll schmiegt er sich zwi-schen sanfte Wiesenhügel und steile Gras-hänge, die im Frühling bunt gesprenkelt sind — eine typische Allgäuer Landschaft.

Schlafendes Allgäuer Nessie

Der Oberstdorfer Fischer staunte nicht schlecht, als er seinen Fang aus dem See-alpsee zog. Mehr als einen Meter maß die Regenbogenforelle und brachte 15 Kilo-gramm auf die Waage. »Der möchte man beim Baden lieber nicht begegnen«, kommentiert ein Anglerkollege. Das Gewässer, mit 42 Metern der tiefste Allgäuer Bergsee, war bereits zu einer Zeit für seinen Fisch¬reichtum bekannt, als nur in die Berge ging, wer hinauf musste. Im 19. Jahrhun¬dert hieß er auch Sälblingsee, nach den Saiblingen, die bei den Fischern besonders begehrt waren. Doch wer an den Fang kommen wollte, musste eine steile Rinne nördlich des Sees bewältigen, die seitdem als Fischerrinne bezeichnet wird.

Wanderer haben es heute einfacher: Auf bequemem Weg geht es von der Sta¬tion der Oberstdorfer Nebelhornbahn

1 Wenig schrecklich:

der Schrecksee

und seine Insel

2 Der Rappensee: Bergpool für die gleichnamige Hütte

3 Nur für Mutige: ein Bad im schroffen Koblatsee

 

zum Zeigersattel hinüber. Kaum jemand, der nicht überrascht ist, wenn er dort zum ersten Mal den blauen Spiegel des Seealpsees erblickt. Wie auf einem Ser¬viertablett präsentiert er sich, bevor an seinem südlichen Rand die Seewände 600 Meter ins Oytal abfallen. Dahinter ist die zackige Gipfelsilhouette des Allgäuer Hauptkamms ein würdiger Rahmen für dieses Kunstwerk der Natur. Und auch auf seinem Grund soll ein sagenhaftes Ungeheuer leben. Glaubt man der Legen¬de, schlummert dort friedlich ein Drache. Doch eines Tages wird das Allgäuer Nes-sie erwachen und die Felswände, die den See zum Oytal hin abschließen, durch¬fressen. Dann versinkt Oberstdorf in sei¬nen Fluten.

Noch ist es nicht so weit und der See-alpsee ist ein stiller Platz. Im Gegenlicht sprühen silbrige Funken über die Was¬serfläche, die Bergkathedrale der Höfats gegenüber scheint zum Greifen nah und weckt Bergträume.

Eis bis in den August

Es ist ein Bild, das Hans Triebenbacher nicht so schnell vergessen wird. Fünf sei¬ner Kälber trieben mit verdutztem Blick auf einer Eisscholle mitten im See. Sie hatten sich zu weit vor gewagt. Ein Stück der Altschneedecke, die sich am Eissee oft bis in den August hinein hält, war ge¬brochen. Der 1827 Meter hoch gelegene Eissee hat seinen Namen zu Recht. »Viel mehr als zehn Grad hat er selten«, weiß Triebenbacher. Er wird von Quellen ge-speist, die in Ufernähe eisig kalt aus dem Boden sprudeln. Der Hirte verbrachte 17 Jahre lang jeden Sommer zwei Wo¬chen mit seinem Vieh am Hochplateau im Talschluss des Oytals. Bei schlechtem Wetter, wenn der Nebel wie ein feuchtes Tuch über der Hochfläche liegt, lernte er den Eissee als unwirtlichen Platz kennen: windig, rau und einsam. Doch an schö-nen Tagen, wollte er mit niemandem tau¬schen. Dann genoss er die morgendlichen Nebelschleier über dem dunklen See oder das Farbenspiel des Sonnenuntergangs auf der zerklüfteten Felsflucht des Wil¬den, dessen Spiegelbild auf der Wasser¬fläche wie ein Aquarell verschwimmt.

Fast unwirklich leuchten die Seen-augen von Koblat- und Laufbichelsee aus der kargen Karstlandschaft der Koblat- Wiesenhängen, die bis ans Seeufer rei¬chen und türkisblauem Wasser, so klar, dass man daraus trinken möchte.

Bergsee mit Fernsehauftritt

Bis in die 1960er-Jahre brachten die Hir-ten ihr Milchvieh zu den Weiden am See. Die Milch füllten sie in Holzfässer und zogen sie auf Schlitten über die Grashän-ge zur fast 500 Meter tiefer gelegenen Kä-seralpe hinab, wo sie zu Käse verarbeitet wurde — ein Aufwand, der heute kaum mehr vorstellbar ist.

Die Rappenseehütte hat ihren Pool fast vor der Haustüre. Nur zehn Minuten entfernt befindet sich mit dem Großen Rappensee ein wahres Seejuwel. Doch die meisten Wanderer haben anderes im Sinn. Sie visieren den Heilbronner Höhenweg an, der ins Herz der Allgäuer des Bayerischen Rundfunks unterwmg. Sie und ihr Mann Theo Waigel ließe m es sich nicht nehmen, im Rappensee unidap, zutauchen — trotz Nieselregen und Ne¬bel. »Es war ein saukalter Tag«, crimalmt sich Greiner. Das Wasser habe bestimm nicht mehr als zwölf Grad gehabt. In dar Fernsehsendung erzählt die Skirennläu-ferin, sie habe als Jugendliche im Rap-pensee gebadet. »Seitdem liebe ich ble Bergseen.« Eine Leidenschaft, die bei Re¬gen und wolkenverhüllten Gipfeln nide jedermanns Sache ist. Doch wenn cfe Sonne das Wasser zum Glitzern bre

_ - sind die Bergseen eine andere Welt wah¬re Wellnessoasen in traumhafter Kulisse Für die Fußmassage sorgen die Kiesel az. Ufer, weiche Graspolster dienen als N.I.-ckenstütze und eiskaltes Bergseewa.5..-prickelt wohltuend auf der Haut.

 





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