Sonntag, 23. August 2015

Lebensmittel aus dem Drucker – Science Fiction beim Essen


Lebensmittel aus dem Drucker – Science Fiction beim Essen

Author D.Selzer-McKenzie

Video: http://youtu.be/tj0G5uB5Ozk

schwebt die Spritzdüse des

„Bocusini" über die schwar-

Schieferplatte.      In

schwungvollen Bögen malt sie ein J und ein 0 auf die Platte. Schicht für Schicht. Aus Kartoffelbrei. So wachsen in weni-gen Minuten die Initialen des Autors in die Höhe, die er kurz zuvor auf einem Computer-Tablet gezeichnet hat. Doch es geht noch spektakulärer: Als Nächstes druckt der Food-Printer einen Oktopus aus Kartoffelbrei. Mit sieben Tentakeln, daumengroßem Kopf und zwei Glupsch-augen. „Hier, probieren Sie mal", sagt Melanie Senger, Ernährungswissen¬schaftlerin der Fachhochschule Weihen-stephan in Freising bei München, und reicht den Löffel.

Die Zukunft des Essens schmeckt we¬der künstlich noch nach Tintenpatrone. Schlicht nach purem Kartoffelbrei. Le¬cker. 'Wahlweise druckt der „Bocusini" ebenfalls Marzipan in barocker Orna¬ment-Optik. Dazü reichen Senger und ihre Kollegin Anna Knäulein eine Kugel Vanilleeis. Noch ist der „Bocusini" ein Prototyp auf Basis eines regulären 3D-Druckers. Anstelle eines Spritzkop¬fes für zum Beispiel flüssigen Kunststoff hat dieser einen auswechselbaren Behäl¬ter mit Marzipan oder Kartoffelbrei. Doch schon im Dezember dieses Jahres sollen die ersten von 7o geplanten Gerä¬ten an die Kunden ausgeliefert werden. Möglich macht es die Crowdfunding-Online-Plattform Kickstarter, die 40 000 Euro auf -das Konto des Start-ups spülte. Erhofft hatte sich das Team ursprünglich nur 3o 000 Euro. „Es ist enorm, wie viele Anfragen wir schon aus der Gastronomie und Lebensmittelpro-duktion haben."

Mittlerweile hat sich das Projekt als Spin-off mit dem Namen „Print2taste" aus der Fachhochschule ausgegründet. Es ist eines der Ergebnisse des dreijährigen Pilotprojektes „Performance", das diesen Oktober zu Ende geht, und eines der we¬nigen deutschen Unternehmen, die auf dem vielversprechenden Food-Printing-Markt mitmischen. Die Europäische Uni¬on hat das Projekt gefördert, um neue Ver¬fahren für die personalisierte Ernährung zu erforschen.

3D-Drucker können nicht nur Speisen ausdrucken, sondern diese den Wünschen des Nutzers anpassen. Damit erlauben sie Restaurantbesitzern, Konditoren und Le-bensmittelproduzenten völlig neue Mög¬lichkeiten der Speisenzubereitung. Gäste des Restaurants „elBuffi" von Ferran Adriä in Spanien, dem Erfinder der Molekular-küche, konnten bereits Desserts probie¬ren, die mit dreidimensionalen Zuckerge¬bilden aus dem 3D-Drucker gekrönt wa¬ren. Konditoren werden schon bald den Geburtstagskuchen für den Vater mit der Handschrift der kleinen Tochter bedru¬cken. Der italienische Nudelproduzent Ba-nlla präsentierte auf der diesjährigen E90 in Mailand, welch besonders kunst-.r.:Z. verdrehte Nudeln der 3D-Food-Prin--.2.7 Inszudrucken vermag. Und die Nasa .7-..r-2-cht am 3D-Food-Printer für hungrige -29crauten. Kostenpunkt eines Geräts: 't' xes-.. Euro.

 

LeDensmiiiei aus

dem Drucker sind

eine Revolution -

zu Hause, aber

auch in Restaurants

oder Altersheimen.

Von Jörg Oberwittler

 

Hat Vorteile auch für pflegebedürftige Menschen: Labyrinth aus Leberpastete.

In Las Vegas stellten zwei Amerikanier auf der Elektronikmesse CES vergange¬nes Jahr erstmals Bonbons aus dem Dru¬cker vor. Der „Cheflet 3D" druckt Bon¬bons, Schokolade oder Zucker in angeb¬lich jeder beliebigen Form, zum Beispiel in bunten, filigranen Würfeln oder Ku¬geln. Als Zutaten dienen ihm lediglich Trockenpulver und Wasser. Ein klein we¬nig Wartezeit mussten die Süßigkeiten-Liebhaber indes auf der Messe mitbrin¬gen: Eine Stunde dauerte es, bis eines der 2,5 Zentimeter hohen Gebilde ausge¬druckt war. Katjes schließlich will kom¬mende Woche den weltweit ersten 3D-Drucker für essbaren Fruchtgummi präsentieren; die Leckerlis aus der "Ma-gic Candy Factory" seien „individualisier-bar, lecker, bunt und auch noch vegan".

In Deutschland gibt es noch keine Re¬staurants öder Caf6s, die ihren Gästen eine solch kuriose Köstlichkeit anbieten. Und aus Spanien sollte eigentlich längst der „Foodini" des Start-ups „Natural Ma-chines" kommen. Er vermag angeblich so¬gar ganze Burger, Kekse und Kuchen zu drucken. Ursprünglich sollte der Foodini bereits im Sommer 2014 auf den Markt kommen - jetzt kündigt Mitgründerin Lynette Kucsma „Ende 2015, erstes Quar¬tal 2016" auf Nachfrage als neuen Termin an. Als Gründe nennt sie Schwierigkei¬ten, die Software mit einer ansprechen¬den Hardware zu vereinen. Will heißen.: Das Gerät soll nicht nur qualitativ gut drucken, sondern auch noch ein schönes Design haben. Als Endpreis strebt „Natu-ral Machines" 1370 Euro an - das dürft, Hobbyköche eher abschrecken.

Damit liege man allerdings im unteren Preissegment bei 3D-Druckern, entgeg¬net Kucsma. „Eine Vielzahl elektroni¬scher Geräte ist erst im Laufe der Zeit bil¬liger geworden, weil sich die Technologi, und Herstellungsbedingungen verbesser haben. Wir gehen davon aus, dass dit

Bei flachen Speisen, wie zum Beispiel Pfannkuchen, Pizza oder Flammkuchen, ist die Food-Printing-Branche bereits wei¬ter. Gleich mehrere Geräte servieren den Pfannkuchen in allen erdenklichen For¬men. Mal als Stern, mal als Eiffelturm.

.sprechende Pionier-Geräte kommen aus Amerika („PancakeBot") oder China (-PeterPancake"), erfunden von Vätern, die ihren Kindern etwas Besonderes auf den Frühstückstisch stellen wollten. In den Niederlanden nutzt die Fertig¬lebensmittelindustrie die Technik bereits für die Fließbandproduktion. Mit nur we¬nigen Klicks am Computer können Ma-schinen runde statt eckige Pfannkuchen produzieren - ohne dass das Fließband ex¬tra angehalten werden muss, um Gussfor¬men und Endstücke auszutauschen.

Was nach Zukunft klingt, hat also längst in die Lebensmittelproduktion Ein¬zug gehalten. Wer die Science-Fic-tion-Serie „Raumschiff Enterprise" kennt, wird sich an den „Replikator" erin¬nern, der scheinbar aus dem Nichts Cap-tain Jean-Luc Picard auf mündlichen Be¬fehl hin seinen „Tee Earl Grey schwarz" oder wahlweise einen Snack dazu servier¬te. Dass das heute gar nicht mehr so un¬realistisch ist, zeigt das Projekt „Iron Man" des Lebensmittelkonzerns Nestle. Ein Team aus i5o Wissenschaftlern forscht in Lausanne an einer 3D-Food-Technik, die das Essen individualisieren soll. Ein Sprecher von Nestle möchte kei¬ne weiteren Informationen geben.

Überhaupt geben sich Lebensmittel-produzenten sehr bedeckt, wenn es um den 3D-Drucker als Koch geht. Essen aus dem Drucker - das hat immer noch den Beigeschmack von Künstlichkeit und Un¬natürlichkeit. Ein paar Informationen zu „Iron Man" sind indes bereits durchgesi¬ckert: Auf Basis seines Geräts Nespresso könnte Nestle die Inhaltsstoffe einer Mahlzeit zur Verfügung stellen, die der Drucker dann je nach Geschmack aus¬druckt und ganz nebenbei Mangelerschei-nungen oder sogar Krankheiten wie Dia¬betes oder Fettleibigkeit vorbeugt. Mela¬nie Senger von Printztaste träumt sogar vom 3D-Food-Printer, der auf Basis eines Bluttropfens den Bedarf des Nutzers ana¬lysieren kann und bei einem Eisen- oder Vitaminmangel entsprechend mehr Brok-oli oder Zitrone auf den Teller druckt.

der Zutaten aufgrund von Allergien au-omatisch wegläSst.

Der Drucker als Mahlzeit-Zensor ¬so manchen Genussmenschen ist das er ein Horrorszenario. Dabei hat die echnologie durchaus Vorteile, vor allem ältere und pflegebedürftige Men-hen. In Bremerhaven arbeitet die Firma iozoon" zusammen mit der Fachhoch-ule Weihenstephan am Essen aus dem -Drucker für Alten- und Pflegeheime. reits jetzt beliefert Biozoon Kantinen t seinem „smooth food" - mit Hilfe Silikonformen geformtem Essen. Was für den Laien auf den ersten Blick :en seiner künstlich gerundeten For-wie Spielzeug-Essen anmutet, hat :n großen Pluspunkt: Es gibt den tzungsweise fünf Millionen Men-.n mit Kau- und Schluckbeschwerden

 

qualität zurück. „Diese Menschen brau-chen pürierte Kost. Was heute in Alten-heimen serviert wird, entspricht aller-dings oft nicht einer altersgerechten Er-nährung. Oft wird das Essen zur Seite ge¬nommen, püriert und dann gibt es drei Kleckse", berichtet Geschäftsführer Mat¬thias Kück. „Dadurch verlieren diese Menschen die Lust am Essen."

Das Essen aus dem 3D-Drucker könn¬te durch den 3D-Druck hingegen wieder die Form einer Kartoffel bekommen. So¬gar feine Mikrostrukturen, die sich mit der Zunge unterschiedlich anfühlen, wer¬den möglich sein. „Ältere Menschen schmecken zudem schlechter. Durch eine intelligente Drucktechnik kriegen wir hin, dass das Essen wieder salziger schmeckt, obwohl es gar nicht salziger ist - indem wir mehr Salz in den Rand dru¬cken, der als Erstes die Zunge berührt."

Doch Lebensmittel sind keine Dru-ckerfarbe. Sie verhalten sich unterschied¬lich. Marzipan fließt anders als Kartoffel¬brei. Sogar Erbsen sind nicht gleich Erb¬sen. Je nachdem, ob sie aus Italien, Spa¬nien oder Deutschland stammen, variiert ihr Stärkegehalt, was sich auf das Druck¬verhalten auswirkt. Das erschwert das Projekt, einen alltagstauglichen 3D-Dru¬cker für Kantinen und Küchen auf den Markt zu bringen. „Das Problem ist die tägliche Reproduzierbarkeit. Die Technik muss aber für alle Lebensmittel gehen. Da arbeiten wir gerade dran", sagt Kück.

Noch ist die Branche der 3D-Food-Technik überschaubar. Die Belgier und Niederländer sind bereits etwas weiter als ihr großes Nachbarland. Im Mai dieses Jahres kamen die Vertreter im nieder¬ländischen Venlo zur ersten „3D Footprin-ting"-Konferenz zusammen. So mancher der i6o Teilnehmer wagte auf der Konfe¬renz bereits die Prognose, dass schon in zwei Jahren die ersten 3D-Food-Printer flächendeckend in Haushalten stehen könnten. Auch in Deutschland. Damit hätten sie das Potential, eine ähnliche Ver¬breitung wie die Mikrowelle zu finden.

Doch Kritiker haben daran noch Zwei¬fel. Für einen Single-Haushalt oder eine kleine Familie wird sich ein vierstelliger Anschaffungspreis nicht lohnen. für Ca-fes oder Restaurants könnte die Anschaf¬fung schon attraktiver sein. Noch sind die Geräte auch nicht die schnellsten. Da könnten die Kinder längst über alle Berge sein, wenn der Drucker sein Werk voll¬bracht hat.

Keineswegs aber werden die Mahlzei-ten künstlich schmecken. Das bewies kürzlich anschaulich die Forschungsar-beit der Absolventin Chlod Rutzerveld von der Technischen Universität Eindho-ven aus den Niederlanden. Die Food-De-signerin präsentierte quasi lebendiges Es¬sen aus dem 3D-Drucker. Das Gerät druckte eine essbare Pastete in Form ei¬nes kleinen Korbgeflechts. Der Clou: Die Pastete beherbergte Sporen und Sa¬men, aus denen in den folgenden drei bis fünf Tagen Pilze und Brunnenkresse wachsen. So braucht es noch nicht mal mehr ein extra Gewächshaus, in dem die Pflanzen wachsen. Eine Speise, die wahr¬lich jedes Dinner im Restaur t oder bei Freunden krönen dürfte.

 

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