Anne Frank - Tagebuch der Anne Frank
Author D.Selzer-McKenzie
Video: http://youtu.be/_65S9JqNDdc
12. Juni 1942 ist Anne Frank schon um sechs Uhr wach. Es ist
ihr 13. Geburtstag. Sie kann es kaum erwarten aufzu¬stehen. In den zwei Jahren
zuvor konnte sie nicht richtig feiern. Als sie elf wurde, hatten die Deutschen
gerade die Niederlande besetzt, und keinem war nach einem Fest zumute. Ihr
zwölfter Geburtstag wurde übergangen, weil ihre Großmutter sehr krank war.
Anne hält es bis Viertel vor sieben aus. Dann steht sie auf
und läuft ins Wohnzimmer ihrer Wohnung am Merwedeplein in Amsterdam. Moortje,
die Katze, kommt ihr maunzend entgegen und streicht ihr um die Beine. Um sieben
weckt Atme ihre Eltern. Als die ganze Familie am Frühstückstisch sitzt, darf
Anne endlich ihre Geschenke auspacken: ein Spiel, Süßigkeiten, ein Gutschein
für zwei Bücher, ein Puzzle, eine
Das Tagebuch ist Annes schönstes Geschenk. Sie hatte es sich
selbst in der nahe gelegenen Buchhandlung aussuchen dürfen. Anne hat vor,
alles, was sie wichtig findet, in dieses Tagebuch zu schreiben, vor allem
Dinge, über die sie mit ihren Freundinnen nicht reden kann. Anne führt ihr
Tage-buch, als würde sie Briefe an eine Freundin schreiben. Diese Freundin
nennt sie „Kitty".
Noch an ihrem Geburtstag fängt Anne mit ihrem Tagebuch an.
Zuerst beschreibt sie alle Kinder aus ihrer Klasse. Erst ±anach stellt sie sich
selbst vor und berichtet ihrer „neuen Freundin" ausführlich, was sie schon
alles erlebt hat.
Anne Frank wird 1929 in Frankfurt am Main geboren. Ihre
Schwester Margot ist drei. Annes Vater, Otto Frank, arbeitet in der Bank seiner
Familie. Ihre Mutter, Edith Frank-Holländer, versorgt den Haushalt. Die Franks
sind Juden. Ab und zu besuchen sie die Synagoge und sie begehen die wichtigsten
jüdischen Feiertage.
In Deutschland sieht es schlecht aus. Es ist eine richtige
Krisenzeit mit viel Armut und Arbeitslosigkeit. Der Poli¬tiker Adolf Hitler*
behauptet, er könne die Krise lösen. Adolf Hitler und seine Partei, die NSDAP,*
sind anti¬semitisch. Sie hassen Juden und geben ihnen die Schuld an allen
Problemen in Deutschland.
1932 gewinnt Hitler die Wahlen und 1933 kommt er mit seiner
Nazi-Partei an die Macht. Seine Regierung schafft die Demokratie ab. Politische
Gegner werden verhaftet. So wie viele andere Deutsche jüdischen Glaubens machen
Otto und Edith Frank sich große Sorgen um die Zukunft.
Otto und Edith Franks Sorgen um ihre Zukunft in Deutsch¬land
sind begründet. Hitlers Regierung erlässt im April 1933 Gesetze gegen Juden.
Juden werden diskriminiert.* Jüdi¬sche Lehrer und Beamte werden entlassen.
Jüdische Kinder werden in der Schule beschimpft und schikaniert. Otto und Edith
Frank wollen Deutschland verlassen. Sie sind nicht die Einzigen. Tausende
Menschen, politische Gegner Hitlers, Künstler und Wissenschaftler, darunter
viele Juden, fliehen aus Deutschland.
Otto Frank geht im Sommer 1933 nach Amsterdam. Mit Hilfe
seines Schwagers Erich Elias gründet er dort eine Firma, die ein Geliermittel
zur Herstellung von Marmelade verkauft. Die Firma heißt Opekta. Die Franks
kündigen ihre Wohnung in Frankfurt. Margot und Anne ziehen vorläufig mit ihrer
Mutter zu Oma Holländer, die in Aachen wohnt, an der niederländi¬schen Grenze.
Edith Frank fährt ab und zu nach Amsterdam und sucht dort eine Wohnung. Im
November findet sie eine Etage in einem der Neubauten am Merwedeplein. Nachdem
sie die Wohnung eingerichtet hat, kommt Margot im Dezember 1933 nach. Anne
folgt zwei Monate später. In den Niederlanden fühlen sich Otto und Edith Frank
frei und in Sicherheit. Hier gibt es keine Nazi-Regierung, die ihnen das Leben
schwer macht.
Annes Mutter ist den ganzen Tag allein und hat anfangs
Heimweh. Aber sie können ja nicht zurück. In Deutschland ist das Leben für
Juden nun gefährlich. In vielen Städten und Dörfern sieht man Spruchbänder und
Schilder: „Juden sind hier nicht erwünscht!" Durch neue Gesetze werden
Juden noch mehr diskriminiert. Juden und Nichtjuden dürfen zum Beispiel nicht
mehr heiraten.
Hitler und seine Regierung bereiten sich auf einen Krieg
vor. Straßen werden gebaut, Panzer, Flugzeuge und Waffen hergestellt.
Arbeitslose bekommen Arbeit in großen Bau-projekten und in der
Rüstungsindustrie. Dadurch geht es der deutschen Wirtschaft besser und Hitler
gewinnt immer mehr begeisterte Anhänger.
Nach einiger Zeit fühlt sich die Familie Frank in den
Niederlanden wie zu Hause. Anne und Margot schließen neuelreundschaften. Sie
haben nicht nur niederländische, sondern auch deutsche Freunde und Freundinnen,
denn immer mehr Flüchtlinge ziehen in die Gegend. Vor allem nach der
„Kristallnacht"* fliehen viele Juden aus Deutsch¬land, auch Julius und
Walter Holländer, zwei Onkel von Anne. In den Jahren, in denen die Familie
Frank sicher in den Niederlanden lebt, hat Hitler eine große Armee aufge¬baut.
Am 1. September 1939 überfällt Deutschland Polen. Es ist Krieg. Wird Deutschland
auch die Niederlande angreifen? Hitler hat das verneint, aber viele Leute haben
trotzdem Angst davor. Vor allem Juden, denn sie wissen, was in Deutschland mit
den Juden geschehen.
Am 10. Mai 1940 überfällt die deutsche Wehrmacht trotz
Hitlers gegenteiligem Versprechen die Niederlande. Nach fünf Tagen bombardieren
die Deutschen das Stadtzentrum von Rotterdam, und die niederländischen
Streitkräfte müssen den Kampf aufgeben.
Zu Annes Geburtstag einen Monat später gibt es kein Fest,
denn niemand ist in Feierstimmung. Wie befürchtet, werden die Juden nicht in
Ruhe gelassen. Zuerst müssen alle Beamten eine „Ariererklärung"*
ausfüllen, danach müssen sich alle Juden bei den Behörden melden. Wer das
unterlässt, kann eine Gefängnisstrafe von fünf Jahren bekommen. So wissen die
Nazis nach kurzer Zeit genau, wer Jude ist und wo er wohnt.
Wie in Annes Tagebuch zu lesen ist, gibt es immer neue
Gesetze gegen Juden. Die Liste der Verbote ist im Juni 1942 schon so lang, dass
Anne gar nicht alle aufschreibt.
Der Briefträger bringt einen Aufruf für Margot. Sie muss
sich melden, um in Deutschland zu arbeiten. Margot ist erst 16 und niemand
weiß, was sie in Deutschland erwartet. Eines ist sicher: Margot geht nicht!
Annes Eltern haben das vorausgesehen und einen geheimen
Unterschlupf vorbereitet. Nicht nur für ihre eigene Familie, sondern auch für
Hermann van Pels, dessen Frau Auguste und ihren Sohn Peter, ebenfalls Juden.
Hermann van Pels ist Teilhaber der Firma von Otto Frank. Annes Eltern hatten
eigentlich vor, am 16. Juli unterzutauchen, beschließen nun aber, dass es schon
am nächsten Tag geschehen muss
Annes Mutter geht sofort zu Hermann van Pels. Anne und
Margot sollen inzwischen Sachen zusammensuchen, die
sie mitnehmen wollen. Anne stopft alles Mögliche in ihre
Schultasche: das Tagebuch, Lockenwickler, Taschentücher,
Schulbücher, einen Kamm, ein paar alte Briefe. Ständig muss
sie ans Untertauchen denken.
Verstecken! Wo sollten wir uns verstecken? In der Stadt? Auf
dem Land? In einem Haus, in eine'
Hütte? Wann? Wie? Wo? Das waren Fragen, die ich nicht
stellen konnte und die mich doch nicht losließen. Ich dachte ans Untertauchen
und stopfte deshalb die unsinnigsten Sachen in die Tasc
Aber es tut mir nicht Leid, ich mache mir mehr aus
Erinnerungen als aus Kleidern. (8.Juli 1942)
ach einer Weile kommt Annes Mutter mit Hermann van Pels
:rück. Kaum sind sie da, klingelt es wieder. Diesmal ist es sächlich Hello.
Annes Mutter sagt, Anne habe keine Zeit und schickt ihn weg. Hello wundert sich
und ist enttäuscht. darauf klingelt das Telefon und Jacqueline van Maarssen
ragt nach Anne. Sie ist Annes beste Freundin. Anne spricht Jacht lange mit ihr,
denn sie hat Angst, dass ihr etwas heraus-mschr. Natürlich darf sie nichts über
den Plan der Familie amten.
van Pels geht, um Miep Gies zu holen. Miep arbeitet
r 1-7o Franks Firma und ist über die Untertauchpläne
vr'i: =fiert. Sie bringt schon einen Koffer mit Kleidung in
das
e: szeck. Später kommt sie mit ihrem Mann Jan zurück. Zu
können sie noch mehr Kleidungsstücke und Schuhe ins
bringen. Auch Johannes Kleiman, ein anderer Mit-
r-2e::er Otto Franks, ist benachrichtigt worden und kommt
cr3ei. um so viele Sachen wie möglich mitzunehmen. Es ist
nen spät, als Anne endlich schlafen geht.
et war todmüde, und obwohl ich wusste, dass es die letzte
Nacht in meinem eigenen Bett sein
e schlief ich sofort ein.
Am nächsten Morgen steht die Familie Frank schon um
halb sechs auf.
Wir zogen uns alle vier so dick an, als müssten wir in einem
Eisschrank übernachten, und das nur, um noch ein paar Kleidungsstücke mehr
mitzunehmen. Kein Jude in unserer Lage hätte gewagt, mit einem Koffer voller
Kleider aus dem Haus zu gehen. Ich hatte zwei Hemden, drei Hosen, zwei Paar
Strümpfe und ein Kleid an, darüber Rock, Mantel, Sommermantel, feste Schuhe,
Mütze, Schal und noch viel mehr. Ich erstickte zu Hause schon fast, aber danach
fragte niemand. (8.Juli 1942)
In ihrer Wohnung lassen sie einen Zettel mit einer Adresse
in Maastricht herumliegen. Falls ihn jemand finden sollte, denkt hoffentlich
jeder, sie seien dorthin geflohen. Oder vielleicht auch zu ihren Verwandten in
die Schweiz. Dem Nachbarn werfen sie einen Zettel in den Briefkasten mit der
Bitte, für Moortje, die Katze, zu sorgen.
Gegen halb acht klingelt Miep Gies. Sie und Margot fahren
mit dem Rad zum Versteck. Weil Rad fahren für Juden
verboten ist, trennt Margot den Stern vom Mantel ab. Anne
und die Eltern gehen zu Fuß.
So gingen wir dann im strömenden Regen, Vater, Mutter und
ich, jeder mit einer Schul- und Einkaufstasche, bis oben hin voll gestopft mit
den unterschiedlichsten Sachen. Die Arbeiter, die früh zu ihrer Arbeit gingen,
schauten uns mitleidig nach. In ihren Gesichtern war deutlich das Bedauern zu
lesen, dass sie uns keinerlei Fahrzeug anbieten konnten. Der auffallende gelbe
Stern sprach für sich selbst.
Nur Nur vier Mitarbeiter Otto Franks sind eingeweiht:
Johannes Kleiman, Miep Gies, Victor Kugler und Bep Voskuijl. Im Lager der Firma
im Erdgeschoss arbeiten noch mehr Leute. Sie dürfen nichts wissen, denn je
weniger Angestellte informiert sind, desto geringer ist die Gefahr, dass die
Untergetauchten entdeckt werden.
Nach den ersten aufregenden Tagen folgen ruhigere Wochen
und Monate. Anne merkt immer deutlicher, dass die Zeit des
unbeschwerten Lebens vorbei ist.
Es beklemmt mich doch mehr, als ich sagen kann, dass wir
niemals hinausdürfen, und ich habe
große Angst, dass wir entdeckt und dann erschossen werden.
Noch vor einem Monat feierte sie mit all ihren Freunden
Geburtstag, jetzt hockt sie tagein, tagaus in einem kleinen Zimmer. Ihre
Freundinnen fehlen ihr sehr. Und auch Moortje, die Katze. Wenn sie durch den
Vorhangspalt blickt, sieht sie hin und wieder im Garten eine schwarze Katze,
die sie an Moortje erinnert. Dann ist sie traurig und fühlt sich sehr einsam.
Anne muss den ganzen Tag mäuschenstill sein. Die
Lager¬arbeiter dürfen nicht merken, dass sich im Hinterhaus Leute verstecken.
Nur abends und am Wochenende, wenn kein Personal da ist, können die
Untergetauchten das Versteck verlassen. Sie können sich dann in der Büroküche
waschen oder im Direktionsbüro Radio hören. Anne findet das zu Abend sind wir
alle vier hinunter ins Privatbüro gegangen und haben den englischen ler
angestellt. Ich hatte solche Angst, dass es jemand hören könnte, dass ich Vater
buch-lich anflehte, wieder mit nach oben zu gehen. Mutter verstand meine Angst
und ging mit. sonst haben wir große Angst, dass die Nachbarn uns hören oder sehen
könnten. (11.Juli 1942)
nachts fürchtet sich Anne oft. Bei einem Gewitter oder ir
die Deutschen auf alliierte Flugzeuge schießen, schlüpft n liebsten zu ihrem
Vater ins Bett. Nur dort fühlt sie sich r. Eine Nacht ist es so schlimm, dass
sie sich nicht in ihr zurück traut. Sie holt ihre Decken und legt sich vor dem
des Vaters auf den Boden.
Woche später kommen die anderen: Hermann und
este van Pels und deren fünfzehnjähriger Sohn Peter. Sie
n auch ihre Katze mitgebracht, Mouschi. Anne kennt
schon. Zu ihrem dreizehnten Geburtstag war er kurz da
brachte ihr ein Geschenk.
gens um halb zehn (wir saßen noch beim Frühstück) kam Peter
van Pels, ein ziemlich
welliger und schüchterner Lulatsch, noch nicht sechzehn, von
dessen Gesellschaft nicht viel-iner des Hinterhauses sind auf engem Raum
_-_en und können nie nach draußen. Das ist für alle
w-e-_-fg.. aber Anne leidet besonders darunter. Sie sehnt
7..L• 2h ihrer Freiheit. Herr und Frau van Pels haben zudem
an ihr auszusetzen. Anne ärgert sich sehr über die
ke nicht daran, diese Beleidigungen auf mir sitzen zu
lassen.lch werde ihnen schon
- c ass Anne Frank nicht von gestern ist! Sie werden sich
noch wundern und ihre große e -a Iten, wenn ich ihnen klar mache, dass sie
nicht mit meiner, sondern erst mal mit ihrer
- e Erziehung beginnen müssen. Bin ich denn wirklich so
ungezogen, eigenwillig, störrisch,
• :n eiden,
dumm, faul usw., wie sie es oben behaupten? Na ja, ich weiß schon, dass ich
viele
• -nd Mängel
habe, aber sie übertreiben wirklich maßlos. Wenn du nur wüsstest, Kitty, wie
-chmal bei diesen Schimpfkanonaden koche! Es wird wirklich nicht mehr lange
dauern, - -e an gestaute Wut zum Ausbruch kommt. (28.September 1942'
rt-±em streitet sich Anne oft mit ihrer Mutter und verträgt
nicht immer mit Margot. Der einzige Mensch, mit 1_-me
wirklich gut auskommt, ist ihr Vater. Er versteht sie, _hr großes Vorbild. Anne
sagt ihm, dass sie ihn viel lieber .a_:s ihre Mutter. Otto Frank erwidert, das
würde sich .f.ndern, wenn sie älter wäre.
Doch es herrscht nicht nur Zank und Streit im Hinterhaus.
Mutter, Margot und ich sind wieder die besten Freundinnen,
und das ist eigentlich viel ange¬nehmer. Ich liege nun fast jeden Abend bei
Margot im Bett. Wir haben darüber gesprochen, das_ Margot Säuglingsschwester
werden will. Gestern Abend lagen Margot und ich zusammen in meinem Bett. Es war
sehr eng, aber gerade deshalb witzig. Sie fragte, ob sie mal mein Tagebuch
lesen dürfte.,,Manche Stücke schon", sagte ich und fragte nach ihrem. Das
dürfte ich dann auch lesen. Ich habe Margot mal gefragt, ob sie mich sehr
hässlich fände. Sie sagte, ich sähe witzig a u und hätte hübsche Augen.
Ziemlich vage, findest du nicht auch? „„,„,,b,, ,„_
Anne wundert sich darüber, dass sie so lange still sitzen
kann.
Wir sind so still wie Babymäuschen. Wer hätte vor drei
Monaten angenommen, dass die Quecksilber-Anne stundenlang ruhig sitzen müsste
und auch kann? (40)mb„1942)
Tagsüber sitzt Anne meist über ihren Schulbüchern. Otto
Frank möchte nicht, dass Margot und Anne zu sehr in Rück¬stand geraten. Anne
interessiert sich vor allem für Geschichte und liest gern griechische und
römische Göttersagen. Manchmal hilft sie Miep Gies und Bep Voskuijl bei der
Büro¬arbeit. Auch im Haushalt warten viele Aufgaben, z.B. Kochen und Abwaschen.
Doch wenn alles getan ist und Anne endlich Zeit für sich hat, schreibt sie am
liebsten Tagebuch.
ner zieht ein weiterer Bewohner ein, der Zahnarzt
r. Er ist ein jüdischer Bekannter der beiden Fami-
Freundin Charlotte ist keine Jüdin und braucht
:cht unterzutauchen. Fritz Pfeffer war schon einmal
und hat einen Sohn, Werner. Schon vor dem Krieg
- -ner nach England geschickt. Fritz Pfeffer wird in
mer untergebracht. Margot muss von da an bei den
13fen.
e • alle annahmen, ist Pfeffer ein sehr netter Mann. Er war
natürlich einverstanden, das
-:".." mit mir zu teilen. Ich bin, ehrlich gesagt,
nicht so erfreut darüber, dass ein Fremder meine
benutzt, aber für die gute Sache muss man was übrig
haben.,,Wenn wir jemanden retten
zri-e- ist alles andere Nebensache", sagte Vater, und
damit hat er vollkommen Recht.
-E-r hat schlechte Neuigkeiten. In der Stadt werden
Judenverhaftet und in Konzentrationslager
was er alles gewusst hat. Zahllose Freunde und Bekannte sind
weg, zu einem
• c hen
Ziel.Abend für Abend fahren die grünen oder grauen Militärfahrzeuge vorbei,
=der Tür wird geklingelt und gefragt, ob da auch Juden wohnen. Wenn ja, muss
die ganze e sofort mit, wenn nicht, gehen sie weiter. Niemand kann seinem
Schicksal entkommen,
• sich nicht
versteckt. Niemand wird geschont. Alte, Kinder, Babys, schwangere Frauen,
• 1 a lies, alles geht mit in dem Zug zum
Tod. Anne muss an ihre Freundinnen denken. Wie ergeht es ihnen
wohl? Welche schrecklichen Dinge erleben sie? Sind sie über-
haupt noch am Leben? Anne hat Schuldgefühle, weil sie im
Hinterhaus in Sicherheit ist.
Ich fühle mich schlecht, weil ich in einem warmen Bett
liege, während meine liebsten Freundin r irgendwo draußen niedergeworfen werden
oder zusammenbrechen. Ich bekomme selbst Angst wenn ich an alle denke, mit
denen ich mich draußen immer so eng verbunden fühlte und die nu-den Händen der
brutalsten Henker ausgeliefert sind, die es jemals gegeben hat. Und das alles.
i.e. sie Juden sind. ,-9.Novernber 1942)
Die Untergetauchten versuchen, nicht ständig an das ganze
Kriegselend zu denken. Am 4. Dezember feiern sie Chanukka, ein wichtiges
jüdisches Fest. Sie machen sich gegenseitig kleine Geschenke. Zu Nikolaus einen
Tag später haben die Helfer für jeden Untergetauchten ein kleines Geschenk und
ein Gedicht in einem Korb versteckt. Die Untergetauchten haben auch für die
Helfer Geschenke vorbereitet. Es ist das erste Mal, dass Anne Nikolaus feiert.
Es gefällt ihr noch besser als Chanukka. _ - findet Anne Fritz Pfeffer ganz
nett, aber zu zweit ein
- Zimmer teilen zu müssen, ist doch nicht so einfach.
ien bekommen immer öfter Streit.
—*rar Pfeffer, der Mann, von dem immer gesagt wurde, dass er
hervorragend mit Kindern zurecht-tarne und sie auch gern hätte, entpuppt sich
als der altmodischste Erzieher und Prediger von ellenlangen Manierenreihen. Da
ich das seltene Glück (!) habe, mit dem hochedelwohlerzogenen
errn mein leider sehr enges Zimmer teilen zu dürfen, und da
ich allgemein als die am schlech-:-.en Erzogene der drei Jugendlichen gelte,
habe ich ziemlich zu tun, um den allzu häufig wieder¬-e- Standpauken und
Ermahnungen zu entgehen und mich taub zu stellen. Das alles würde
- gehen, wenn der Herr nicht auch noch ein großer Petzer
wäre und sich ausgerechnet Mutter as Beschwerdestelle ausgesucht hätte. Wenn
ich von ihm gerade den Wind von vorn abbekommen Imame, setzt Mutter noch eins
drauf, und ich kriege also den Wind von hinten, und wenn ich dann
ach besonders großes Glück habe, ruft Frau van Pels mich
fünf Minuten später zur Verantwor-rg., und der Wind bläst von oben! r28.
November 1942
anderen haben an Annes Benehmen oft etwas
_-etzen. Im Tagebuch macht sie ihrem Herzen Luft.
IC — achte Mutter, Margot, van Pels, Pfeffer und auch Vater
anschreien:,,Lasst mich in Ruhe! 1. s: mich endlich mal eine Nacht schlafen,
ohne dass mein Kissen nass von Tränen ist, meine ..Agen brennen und Schmerzen
in meinem Kopf hämmern! Lasst mich weg, weg von allem,am
festen weg von der Welt!" Jeder findet mich
übertrieben, wenn ich was sage, lächerlich, wenn ich eaeige, frech, wenn ich
eine Antwort gebe, gerissen, wenn ich eine gute Idee habe, faul, wenn müde bin,
egoistisch, wenn ich einen Bissen zu viel esse, dumm, feige, berechnend usw.
usw.
Dee ganzen Tag höre ich nichts anderes, als dass ich ein
unausstehlicher Fratz bin. Und obwohl darüber lache und tue, als wäre es mir
egal, macht es mir sehr wohl etwas aus, würde ich Gott itten wollen, mir eine
andere Natur zu geben, die nicht alle Leute gegen mich in Harnisch bringt. ber
das geht nicht, meine Natur ist mir gegeben, und ich kann nicht schlecht sein,
ich fühle es. So wird es 1943. Überall werden Juden verhaftet und abtrans-
portiert. Die Nazis wollen die gesamten Niederlande von
den Juden „säubern". Wenn Anne daran denkt, ist sie
sehr
bedrückt und fühlt sich hilflos. Immer öfter fliegen nachts
alliierte Flugzeuge über Amsterdam. Sie sind unterwegs
nach Deutschland, um dort Städte und Fabriken zu bombar-
dieren. Über den Niederlanden werden sie von der deutschen
Flugabwehr beschossen. Anne steht Todesängste aus.
Ich habe meine Angst vor Schießereien und Flugzeugen noch
nicht abgelegt und liege fast jede
Nacht bei Vater im Bett, um Trost zu suchen. Das ist
vielleicht sehr kindisch, aber du müsstest das
mal mitmachen! Man kann sein eigenes Wort nicht mehr
verstehen, so donnern die Kanonen.
Ich zitterte, als ob ich Fieber hätte, und flehte Vater an,
die Kerze wieder anzumachen. Er war uner-
bittlich, das Licht blieb aus. Plötzlich schossen
Maschinengewehre, das ist noch zehnmal schlimme
als Kanonen. Mutter sprang aus dem Bett und steckte zu Pims
(Vaters) großem Ärger die Kerze an.
Ihre resolute Antwort auf sein Murren war:„Anne ist doch
kein alter Soldat!" Damit basta!
Helfer haben unterschiedliche Aufgaben: Johannes
Kleiman und Victor Kugler führen den Betrieb und sorgen
dafür, dass Geld für den Lebensunterhalt der Untergetauch-
ten da ist. Miep Gies und Bep Voskuijl kümmern sich um
Essen, Trinken, Kleidung und noch viele andere Dinge. Miep
Gies bringt oft Bücher aus der Bibliothek mit.
Sehnsüchtig warten wir immer auf den Samstag, weil dann die
Bücher kommen, wie kleine
Kinder auf ein Geschenk. Normale Leute können nicht wissen,
was Bücher für einen Eingeschlos-
senen bedeuten. Lesen, Lernen und Radiohören sind unsere
einzige Ablenkung. Auch die anderen Helfer bringen manchmal Bücher, Zeitungen und
Zeitschriften mit. Am besten gefällt Anne die Zeitschrift Cinema & Theater,
die ihr Victor Kugler jede Woche mitbringt. Die anderen halten das für
Verschwendung, wundern sich aber jedes Mal, wenn sie merken, was Anne alles
über Filme und Filmstars weiß.
Bep Voskuijl hat unter ihrem Namen Fernkurse für die
Unter-getauchten bestellt. Margot, Peter und Anne machen einen Stenokursus.
Steno ist eine Spezialschrift, um schnell mitzu-schreiben, was jemand sagt.
Anne findet es anfangs sehr spannend, Steno zu lernen: Es ist wie eine
Geheimschrift. Trotzdem hört sie bald damit auf, weil sie mehr Zeit für ihre
anderen Fächer braucht. Außerdem hat sie Probleme mit den Augen. Eigentlich
braucht sie eine Brille. Buh, wie eulenhaft werde ich aussehen!, schreibt sie ins
Tagebuch.
Mien ist bereit, sie zu einem vertrauenswürdigen Augenarzt
zu bringen. Anne hat große Angst, auf die Straße zu gehen, obwohl sie gern
endlich einmal nach draußen möchte. Sie nimmt schon ihren grauen Mantel aus dem
Schrank, merkt aber, dass er ihr viel zu klein geworden ist! Aus dem Plan wird
letztlich nichts, weil alle meinen, das Risiko sei viel zu groß. Außerdem
glauben die Untergetauchten, der Krieg würde nicht mehr lange dauern.
Im Hintergrund erledigt Otto Frank noch viel Arbeit für die
Firma. Kugler und Kleiman besprechen alle wichtigen Dinge mit ihm. Eines Tages
kommen Geschäftspartner aus Deutsch-:and zu einer Besprechung über die
Lieferungen von Opekta. Otto Frank wäre bei diesen Verhandlungen im
Direktionsbüro tern dabei. Das geht natürlich nicht, aber wenn er sich im Raum
darüber auf den Fußboden legt und das Ohr an die Dielen hält, bekommt er alles
mit. Er bittet Margot, mitzu¬machen, weil zwei mehr hören als einer. Die
Besucher aus Frankfurt kommen morgens an. Margot und ihr Vater liegen :en
ganzen Vormittag lauschend auf dem Boden. Die Besprechungen gehen nachmittags
weiter, aber Otto 77ank hält es in der unbequemen Stellung nicht mehr aus.
'rine nimmt seinen Platz ein. Sie findet es jedoch so lang¬., eilig, dass sie
schon bald einschläft. Weil sie kein Geräusch machen will, traut Margot sich
nicht, sie zu wecken. Erst nach .'zier halben Stunde wacht Anne erschrocken
auf. Zum Glück Witte Margot besser aufgepasst, schreibt sie ins.
Am 12.6.43 wird Anne vierzehn. Es ist ihr erster Geburts¬tag
im Hinterhaus. Von ihrem Vater bekommt sie ein schönes Gedicht und von den
anderen viele Geschenke, darunter ein Buch über griechische und römische
Götter. Anne findet, dass es manchmal ganz gut ist, die Jüngste zu sein, denn
die anderen werden an ihrem Geburtstag nicht so verwöhnt!
Und so vergehen die Tage, Wochen und Monate. Manchmal
malen sich die Untergetauchten aus, was sie als Erstes tun
werden, wenn sie wieder frei sind.
Margot und Herr van Pels wünschen sich am meisten ein heißes
Bad, bis zum Rand gefüllt, und wollen darin mehr als eine halbe Stunde bleiben.
Frau van Pels will am liebsten sofort Torten es. Pfeffer kennt nichts als seine
Charlotte und Mutter ihre Tasse Kaffee.Vater geht zu Voskuijls, Pet in die
Stadt und ins Kino, und ich würde vor lauter Seligkeit nicht wissen, wo
anfangen. Am mei! sehne ich mich nach unserer eigenen Wohnung, nach freier
Bewegung und endlich wieder nach Hilfe bei der Arbeit,also nach der Schule!
/23. ,,,/z/ 1943)
Seit mehr als einem Jahr sind die Verfolgten nun im
Hinter¬haus eingeschlossen. Anne ist oft traurig und verzweifelt. Verzweifelt
wegen der aussichtslosen Lage, aber auch über sich selbst. Obwohl sie sich
vornimmt, nicht frech zu sein, gelingt das nicht immer. Sie beschließt, anders
umzugehen mit Dingen, über die sie sich ärgert.
Meine eigene Meinung finde ich nicht blöd, die anderen tun
das aber, also kann ich sie genauso gut für mich behalten. Ebenso mache ich es,
wenn ich etwas essen muss, was ich überhaupt nicht ausstehen kann. Ich stelle
den Teller vor mich und bilde mir ein, es sei etwas sehr Leckeres, schaue
möglichst wenig hin, und ehe ich mich versehe, ist es aufgegessen. Morgens beim
Aufstehen - auch etwas, was nicht angenehm ist - springe ich aus dem Bett,
denke mir„du legst dich gleich wieder gemütlich rein", laufe zum Fenster,
mache die Verdunklung weg, schnüffle so lange an dem Spalt, bis ich ein
bisschen frische Luft spüre, und bin hellwach. Das Bett wird so schnell wie
möglich auseinander gelegt, dann ist die Verführung weg.Weißt du, wie Mutter so
etwas nennt? Eine -ebenskünstlerin. Findest du das Wort nicht auch witzigdiesem
Sommer des Jahres 1943 entdeckt Anne, wie viel paß ihr das Schreiben macht. Von
diesem Zeitpunkt an i.hrt sie nicht nur Tagebuch, sondern schreibt auch kleine
en I.-eschichten.
Eine davon heißt „Das beste Tischchen". Es geht
eine heftige Auseinandersetzung, die sie mit Fritz Pfeffer
- ritte. In ihrem gemeinsamen Zimmer steht nur ein kleiner
sch. An dem sitzt Anne oft, arbeitet und schreibt Tagebuch.
-r auch Fritz Pfeffer möchte an diesem Tisch arbeiten.
lernt Spanisch und Niederländisch. Anne darf den Tisch
von halb drei bis vier benutzen, wenn Fritz Pfeffer
::agsschlaf hält. Zu anderen Zeiten darf sie tagsüber nicht
las Zimmer. Sie fragt höflich, ob sie den Tisch zweimal in
.Voche auch von vier bis halb sechs benutzen dürfe. Fritz
-fer will davon nichts wissen und wirft ihr alles Mögliche
',rine ist schrecklich wütend.
einen Augenblick dachte ich:Ich schlage ihm direkt aufs
Maul, dass er mit seinen Lügen
regen die Wand fliegt! Und im nächsten Augenblick sagte ich
mir: Bleib ruhig, dieser Kerl ist es
clt wert, dass du dich so über ihn aufregst. D3_3Jah
Anne beklagt sich bei ihrem Vater und bittet ihn, mit
Pfeffer zu reden. Nach langer Diskussion gibt dieser nach: Anne darf nun zwei
ganze Nachmittage in der Woche an dem Tisch arbeiten. Fritz Pfeffer ist jedoch
so wütend, dass er zwei Tage lang nicht mit Anne redet. Er hält sich auch nicht
an die Vereinbarung und beansprucht den Tisch trotzdem regelmäßig von fünf bis
halb sechs. Pedantisch und kleinlich, folgert Anne.
Eines Nachts hören die Untergetauchten Lärm im Büro.
Totenstill und zitternd vor Angst merken sie, dass die Geräu¬sche gefährlich
nahe kommen. Wird man sie entdecken? Nach einer Weile wird es still und sie hören
nichts mehr. Zur Sicherheit bleiben sie noch eine ganze Zeit regungslos sitzen.
Am nächsten Tag stellt sich heraus, dass ins Büro eingebro¬chen wurde. Die
Helfer berichten, dass immer mehr Leute aus Verzweiflung stehlen und
einbrechen, weil sie nicht genug zu essen haben. Auch Sachen wie Kleidung und
Schuhe sind durch den Krieg sehr knapp und teuer geworden.
Die Angst vor Entdeckung und Verrat wird größer, als Willem
van Maaren im Februar 1943 als Lagerarbeiter in der Firma anfängt. Natürlich
erzählt ihm keiner von den Untergetauch¬ten, doch er stellt öfter Fragen über
das Hinte
Noch etwas trägt nicht zu unserer Erheiterung bei, der
Lagerarbeiter van Maaren ist misstrauisch geworden, was das Hintergebäude
betrifft. Es könnte uns egal sein, was Herr van Maaren von der Sache hält, wenn
er nicht als unzuverlässig bekannt und sehr neugierig wäre. r16.Septembea 1943.
Die Untergetauchten beschließen, tagsüber besonders leise
und vorsichtig zu sein.
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